männer so fahredlich nervös sind und weil es immer noch besser ist, einen nervösen Mann zu haben, als gar feinen, und die Kinder, bie nervös" noch eher aussprechen lernen, als„ Pappi" und Mammi", glauben, es gehört zum Attribut der Bäterlichfeit, nervös zu sein und träumen nachts von einem schrecklichen Ding, das die Großen Nerven nennen, und wo dann die Kinder ruhig siken und nicht mehr spielen dürfen und die Mutter nichts zum Vater reden darf, weil er dann immer sagt, das Gefrage mache ihn nervös. O, es sind gräßliche Träume, welche die Kinder träumen! Und dann sehnen fie fich danach, auch schon bald groß zu sein, weil sie dann auch so nervös sein dürfen, wie der Vater und weil es dann feine Schelte mehr gibt, denn, wenn man nervös ist, darf man alles ungestraft machen und feiner traut sich zu sagen, daß es nicht recht war.
In der Eisenbahn zum Beispiel fann man sich ruhig mit allen Leuten verfeinden, denn man sieht sie ja nie mehr im Leben und fie fönnen einem, wenn man noch so grob zu ihnen war, doch nicht Schaden. Deshalb ist es am allerschönsten, in der Eisenbahn nervös zu fein. Es ist schließlich wirklich ganz wurscht, ob das Fenster auf diefer oder jener Seite geöffnet wird, ob das Bisavis die Beine etwas gemütlicher von sich streckt, ob einer eine verbotene Bigarette raucht, ob man dreimal revidiert wird... Aber Herrgott, die Leute follen doch sehen, daß fie feinen Bauern vor sich haben, fondern schließlich einen Menschen mit Nerven und das erreicht man am besten, indem man so efelhaft als möglich ist! Nicht wahr, Hieber Mitmensch?
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Im Restaurant sind die Kellner angewiesen, den Gästen unter feinen Umständen zu widersprechen. Hallo hier kann man alfo feine überschüssigen Nerven weiden lassen. Bist du wo zu Besuch und willst du Eindruck schinden, dann vertilgst du ohne Murren den effigsten Fraß. Denn in gute Gesellschaft nimmt man feine Nerven nicht mit. Je gröber du aber zum Kellner bist, um so großartiger kommst du dir vor. Auch die Untergebenen follen fühlen, daß man nicht ihresgleichen ist und mehr Verantwortung trägt, als fie alle zufammengenommen. Die Nerven gehen eben durch was läßt sich da machen? Im Chefzimmer muß man hübsch ruhig blei ben, denn der unausstehliche Kerl peinigt einen mit seiner Nervosität! D, wieviel hat man so tagsüber einzustecken! Da follen es die andern nun auch fühlen, daß Nerven ein schreckliches Ding find und daß nicht alles in der Welt so rofig aussicht! Für seine Nervofität fann man eben nichts.
O, ihr Nervösen, ich durchschaue euch! Wißt ihr, was ihr feid? Ihr seid Cäsarenwahnsinnige im Taschenformat! Aber ihr feid doch wieder die flügften Menschen. Denn ihr vergeßt euch nie und irrt euch nie zwischen Menschen, die es fich gefallen laffen müssen und Jenen, die euch grob fommen fönnen! Nie!
Wenn mir es nicht mein medizinischer Bruder, der fürzlich ins anatomische Eramen stieg, auf Ehrenwort versicherte, so würde ich die Behauptung aufitellen, es gäbe überhaupt keine Nerven! Nur eine unglaubliche Portion Bosheit!... In der Eisenbahn, im Restaurant und ganz besonders in der Familie!
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Na, ich werde euch nicht ändern, ihr lieben Mitbürger!
Frühlingskünder des Laubwalds.
Bon Johann Charlet.
Winterftürme wichen dem Bonnemond!" Der Lenz ist jetzt endlich gekommen. Die Erde legt ihr Blumengewand an, um ihn zu begrüßen: Wiese und Rain sind geschmückt mit Blüten, die aus dem Grafe hervorleuchten. Und auch der Waldboden will nicht zurückstehen in diesem Freudenreigen, auch er sendet seine Kinder empor zum Licht, den Frühling zu tunden.
Am Blumenteppich des Laubwaldbodens wirken die verschie densten Pflanzen mit. Nur die Frühlingstage find geeignet, die Blüten zu entfalten. Jetzt fällt das Sonnenlicht noch unbehindert durch die unbelaubten Bäume und gelangt bis auf den Waldboden hinab. Schreitet die Jahreszeit weiter fort, dann wölbt sich das grüne Dach des Waldesdoms und läßt die Sonnenstrahlen nicht mehr hindurch. In Dämmerung gehüllt liegt dann der Waldesboden. Also heißt es für die Pflanzen, die hier gedeihen wollen, sich beellen, denn sie sind alle Sonnenfinder. Sonne, Sonne brauchen fie, um blühen zu können. Deshalb blühen die Bodenpflanzen des Baubwalds im Frühling, wenn die Sonne sie noch erreicht. Am beften fommen fie fort, wenn der Bald reich an Unterholz ist. Hier durch werden die Lichtverhältnisse günstiger. Je dichter dagegen die Baumkronen sich schließen, desto schwieriger ist es für die lief unter ihnen wachsenden Bodenpflanzen, sich behaupten zu können. Außerdem wird in solchem dichten Walde durch den jährlichen Laubfall der Boden mit einer dicken Schicht welter Blätter bedeckt. Die Wurzeln der fleinen Pflanzen fönnen nicht atmen, und die Pflanzen müssen ersticken.
Im Pflanzenreich finden sich immer unter bestimmten gleich artigen Berhältnissen des Klimas, der Bodenbeschaffenheit und der Beleuchtung die gleichen Pflanzen zu einem natürlichen Pflanzenverein zusammen. Wenn uns an einer Stelle einige Pflanzen eines folchen Vereins begegnen, dann können wir sicher sein, auch noch andere Vereinsmitglieder zu finden. Am ursprünglichsten sind diese Pflanzenvereine oder Pflanzengemeinschaften erhalten, wo der Mensch mit seiner die natürlichen Verhältnisse umgestaltenden Kultur gar nicht oder nur sehr wenig hingekommen ist.
Besuchen wir in der jezigen Jahreszeit einen Laubwald, dann werden wir bald die weiße Osterblume oder das Busch windräschen( Anemone nemorosa) finden. Allenthalben
[ prießen die häufig etwas hängenden, zarten weißen Blüten aus dem Waldboden auf. Auch den Sauerflee( Oxalis acetosella) bemerken wir. Seine dreiteiligen Blätter erinnern an die des Klees. Eine Eigenart der Blätter ist die fogenannte Schlafstellung. Die Blättchen sind am Tage wagerecht ausgebreitet, während der Nacht jedoch nach unten an den Blattstiel geklappt. Auch an sonnigen Stellen flappen sie oft zusammen. Die Pflanze schützt sich dadurch vor zu starter Abkühlung während der Nacht und vor zu starter Sonnenbestrahlung. Der Gehalt der Blätter an oralsaurem Kali verleiht ihnen einen säuerlichen Geschmack. Die Blüten des Sauerklees sind kleine, hängende Glocken von weißlich- blauer Farbe und außerordentlicher Empfindlichkeit.
Ein steter Buchenwaldbegleiter ist der Waldmeister ( Asperula odorata). Er fällt uns auf durch seine quirlig gestellten Blätter und seine weißen Blüten. Die Blätter enthalten einen an genehm riechenden Duftstoff, das Cumarin, dem der Waldmeister seine Beliebtheit für die Maibomle verdankt. Auch anderen Pflanzen ist diefer Stoff eigen, so dem Ruchgras, von dem das Heu seinen Wohlgeruch erhält.
Der Hahnenfuß( Ranunculus auricomus) sowie die Primel oder das Himmelsschlüffelchen( Primula offi cinalis ) find unter den Frühlingstündern des Baubwalds ebenfalls vertreten; sie blühen gelb.
Aus der Familie der Liliengewächse sind vier Gattungen zur jezigen Jahreszeit auf dem Boden des Laubwalds blühend anzu treffen. Da ist zunächst die Schattenblume( Majanthemum bifolium) mit ihrer weißen Blüte, die aus der Verlängerung des Stengels wächst, und den beiden herzförmigen Blättern. Blüht die Pflanze nicht, dann ist nur ein Blatt vorhanden. Weiter das mai glöd chen( Convallaria majalis ), das an den bezeichnenden zwei Blättern zu erkennen ist, auch wenn es nicht blüht. Eine nahe Verwandte des Maiglöckchens ift tie große Maiblume, das Salomonssiegel oder der Waldweißwurz( Polygonatum multiflorum). Die Pflanze ist verhältnismäßig groß und hat zwei Reihen etwas herabhängender Blätter. Die fleinen Blüten hängen ebenfalls herab, fie find grünlich- weiß und von glockenförmi ger Gestalt. Die vierte der Famille ist die vierblättrige giftige Einbeere( Paris quadrifolia). Bei ihr sind die Blätter und Blütenteile vierzählig, im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern der Familie, bei denen die Dreizahl vorhanden ist( 3 Blumenblätter, 3 Staubgefäße usw.). Die Einbeere befißt eine Infetten- Läusch blume. Diese fondert feinen Honig ab; der dunkelgefärbte Frucht fnoten glänzt jedoch täuschend, als wenn er feucht wäre. Die Infetten werden dadurch angelodt, sie befriechen den Fruchtfnoten und tommen mit den Blütenorganen in Berührung, wobei fie die Befruchtung bewerkstelligen.
Die erwähnten Pflanzen bilden in der Hauptsache den natür. lichen Pflanzenverein des Laubwaldbodens. Sie sind die Frühlings. fünder des Laubwalds . Zeitig im Jahr blühen fie, sobald der Lena feinen Einzug bei uns gehalten hat.
Die nördlichsten Menschen.
Wir wissen, daß die eisigen Einöden der Arktis nicht völlig menschenleer find. Besonderrs die Bevölkerung von Grönland hat man eingehender tennen gelernt, und sie hat in Knud Ras mussen, dem kühnen dänischen Forscher, der selbst auf Grönland geboren ist, einen liebevollen Schilderer ihrer Wefensart und ihrer Lebensverhältnisse gefunden. Doch die Bevölkerung der ungeheuren vereisten Insel, die sich vom 60. Breitengrad an Ihrer Südfpize, also aus der Breite von Stockholm und Christiania , norbwärts bis meit über den 80. Grad hinaus erstreckt, bildet feineswegs einen einheit lichen Stamm. Schon als Knabe hatte Rasmussen von den Bolarestimos gehört, die im äußersten Norden der Insel wohnten, die aber im südlicheren Grönland nie jemand zu Gesicht bekommen hatte. Denn sie waren von den übrigen Grönländern durch die unüber steigliche Barre des mehr als 1000 Meter hohen Inlandeises getrennt, und nur zu Schiff wäre es möglich gewesen, zu ihnen zu gelangen. Rasmuffen widmet in feinem foeben( bei Brockhaus in Leipzig ) erschienenen, tertlich und illustrativ übrigens vorzüglich auss gestatteten Reisewert über die zweite Thule- Expedition 1916/18 diefen nördlichsten Menschen der Erde eingehende Kapitel, und seine Liebe zu diesem kleinen, aber zähen und intelligenten Böttchen ist so groß, baß er feinem Buch den Titel In derr Heimat des Polar menschen" gegeben hat. Hundert Jahre sind es erst her, daß die Kulturweft Verbindung mit diesem Estimovolt erlangt hat; denn wenn auch der erste historische Bericht über ihr Land schon aus dem Jahre 1616, dem Jahre, in dem es von Baffin entdeckt wurde, stammt, so tam doch erst im Jahre 1818 James Roß mit dem Stamm in Berührung, von dem im füdlichen Grönland noch bis in die legten Jahrzehnte hinein uralte Sagen umgingen. Diese wußten von wilden Menschenfressern und gefährlichen Jägern zu berichten, die oben in der Heimat des Nordwindes wohnten, wo immer Nacht herrscht, und wo fein Sommer, so meinte man bei den Südgrönländern, das Eis des Meeres zum Schmelzen bringt. Rasmussen hat, feinem schon in Knabenjahren gefaßten Borfaß getreu, den Bolarmenschen in feines Heimat mehrfach aufgesucht, hat Jahre unter ihm gelebt, mit seinen Männern gejagt und ist schließlich, als Freund und Jagdkamerad, in ihren Stamm aufgenommen worden, der überhaupt nur 250 Köpfe zählt.
Die Polarestimos find Nomaden, die ihrem Jagdwild auf seinen Zügen und Wanderungen folgen. So beginnt der Polarestimo fein Leben auf Reisen, wie er es auch auf der Wanderung endet. Schon