Aber mit wem hatte er es versucht— und wann?— DieFrage» brannten ihr im Hals« und erstickten sie soft.„Hast Du— hast Du wirtlich"— sagte sie leise und tonlos—und fühlte voller Scham die erniedrigende Träne der Eisersucht inden Augenwinkeln brennen.Cr hielt inn« in seinem rastlosen Gang.„Ja, das habe ich,"sagte er immer noch kurz, fügte aber in erklärendem Tone hinzu:.Ich habe mich nur schwarz dabei gemacht."„Du hast Dich schwarz dabei gemacht?" wiederholte sie undklammerte sich in wirrem Jammer an den Stuhl, während sürchtcr-liche Bilder von tanzenden Negermädchen in ihrer Phantasieherumwirbelten.„Ja, als ich den Rost anfaßte," sagte er ruhiger und verstandnoch weniger als j/ ihr merkwürdiges Betragen.„Ich versuchteihn einzusetzen, konnte es aber nicht. Ich habe mich nur schwarzdabei gemacht.Sie schnappte einen Augenblick nach Lust und sing dann zulachen an, ein kurzes verstörtes Gelächter, das ohne vernünftigenUcbergang zu richtigen Tränen wurde.„Aber mein Liebstes," sagte er unglücklich und nahm sie insein« Arme,„was ist denn, was ist denn nur!" Und wenn es ihmnicht vorher schon ganz klar gewesen wäre, daß sein« Braut die merk-würdigste und entzückendste Frau von all den- rätselhaften Frauenwar, würde ihn dieser plötzliche Weinanfall, weil er den Ofenrostnicht hatte einsetzen können, doch davon überzeugt hoben.„Ich werde es noch einmal versuchen," sagt« er ganz unglücklich,„weine nicht, ich werde es noch einmal versuchenl"Aber dann fing sie plötzlich an zu lochen.„Rein, um Gottes willen," sagte sie und sckmncgte sich an ihn,„versuch es bloß nicht noch einmal!" Dann platzte sie los:„Dasheißt, mit dem Rost kannst Du es gern versuchen, aber-- achGott sei Dank, Gott sei Dank, ich bin so glücklich."Worauf sie den Kops ganz in seiner Weste versteckte und ihmilberließ, das Weitere ins Reine z» bringen.Wäre es etwas Unangenehmes gewesen, was ihm zugestoßenwar, so hätte er sich stehenden Fußes eine Erklärung auspebeten.Aber so, wie die Dinge einmal lagen, fand er keine Veranlassung,das Schicksal mit unnötigen Fragen herauszufordern. Dagegen be»nutzte er den Anlaß, in das klein« Ohr, das fast ganz unter brgunenLocken versteckt war, zu flüstern, ob nicht trotzdem die Rede voneiner baldigen Hochzeit sein könnte.Was sehr leise bewilligt wurde.In der übertriebenen langen Dämmerpause, die darauf folgte.stand der Ofen steis, aber etwas verlegen da und schielte zornig ausseinen Rost herunter: wie ein alter zahnloser Herr, dessen Knie ihmnicht gestatten, sich nach seinem Gebiß zu bücken.Aber der Rost lag auf dem Boden und grinste.<tB«rechIiote Ueberlrea»»« oh« dem Diinische»»og Feld« C. Bogel.)Der Kurfürstenüamm von Pompeji.Die neuen Ausgrabungen m Pompeji, die 1911 nach denGrundsätzen der modernen Archäologie begonnen wurden, sind jetztbeendet und dem Publikum zugänglich gemacht. Der Stadtteil, deraus dem fast zroeitausendjährigen Schlummer erweckt worden ist,umfaßt die Via d-ll' Adbondanza. Diese„Straße de» Reichtums"war ein Viertel, in dem sich die neuen Reichen niedergelassen hattenund wo infolgedessen allerlei Luxusgeschäfte entstanden waren. Mankann sie daher den pompejonlschen„Kurfürstendamm" nennen. DieHäuser wäre,» Paläste mit mehreren Stockwerken, Säulenhallen,großen Fenstern und Terrassen. Läden wechseln mit Villen, und diezahllosen Schenken stehen in engster Rachbarschaft der Heiligtümerder Laren oder Hausgötter, sowie auch heut« noch in Süditalienneben der Kirche die Gastwirtschast nicht sehlt. Einer der elegan-testen Läden ist der eines Händler« mit Reiseutensilien. An Stell«•ine» Schaufensters ist die Außenwand des Laden» mit einer Reihevon Fresken geschmückt, die das geschäftliche Treiben drinnen illu-strieren sollen. Da sehen wir den Schutzgott der Reisenden, Merkur,der hüchst selbst bemüht ist, um den Käufern der Reiseausstattun-gen seinen Segen zu spenden. Des weiteren sehen wir den Ge-schästsinhaber und seine Frau, mngeben von einer Schar von An-gestellten, die eifrig mit Vorlegen und Verkaufen der Sachen be-fchästigt find. Nicht weit davon ist das Waschhaus eine» Walk-Müllers. Durch die Eintrittsholle gelangt man in den arotzenWaschraum, wo noch die Waschtrög« stehen, und dann auf die Ter-rassen, wo die Wäsche ausgebreitet und getrocknet wurde. Unter denKochtöpfen in der Küche befindet sich noch einer mit Stücken einesLammes, das eben gekocht werden sollt«. An der Mauer kann maneinen Wahlaufruf zugunsten des Besitzers lesen:„Alle Walkmüllerstimmen für Lucius Holconius!"An einer Villa sind zahlreiche Wohl- und Theaterantündigungenangeschrieben. Da wird z. B. verkündigt, daß groß« Gladiatoren-kämpfe zu Putteoli„auf Kosten des Kaisers" stattfinden: auch derBesuch eines Kampfes zwischen w'lden Tieren wird empfohlen: dabeiist ausdrücklich angegeben, daß das Publikum durch Zeltdächer gegendie Sonnenstrahlen geschützt wird. Unter den Gebäuden ist dasglänzendste das des Messius, ein großer Palast mit roten und gelbenHallen, die mit mythologischen Gemälden und den Bildnissen dervier Töchter des Besitzers qeschmückl sind. Bescheidener, aber inter-cssanter ist die kleine Villa des„Moralisten" Hymenäeus. In,Speisezimmer sind die Lager, die beim Esien benutzt wurden, anden drei Seiten eines Dreiecks angeordnet. Die Lampe befindetsich in der Zwischenwand und wird durch ein« Kristallglocke in ihremLicht gedämpft. Di« Wände sind mit lehrhasten Sprüchen geschmückt,die die Gäste ermahnen, sich zu benehmen, sich nicht zu zanken usw.:„Wende Deine Augen ab von frechen und schamlosen Gesichter»:"„Sprich nicht schlecht von Deines Nachbarn Frau." Leider muß abergesagt werden, daß der„Moralist" selbst nicht noch diesen Sitten-regein handelte, sondern es befinden sich im oberen Stockwert kleineZimmer, die mit Venus- und Amorettendarstellungen verziert findund deren Inschriften das Gegentcil von den keuschen Texten desSpeisezimmers verkünden. Nach diesen„Qiomdres separces"wurden die Speisen durch«inen besondere» List hinaufgebracht.Zwischen diesen Stätten des Vergnügens finden sich nun zahlreich«kleine Tempel, die ebenso wie die Restaurants mit bacchischenSymbolen geziert sind, mit Echutzgeistern, die grün« Zweig« umihr Haupt geschlungen haben und kurz« gelbe Röckchen tragen, ähn-lich denen unserer Ballettdamen. In einem geheimnisvollen, prächtigausgeschmückten unterirdischen Raum wurden fünf tote Körper ge-sunden, die man mit irgendeinem dionysischen oder orientalischenGeheimkult in Zusammenhang bring».Di« Ausgrabungen w«rs«n eine überraschend« Fülle von neuemLicht auf das Leben dieser römischen Stadt und die antike Kulturüberhaupt, und man darf mit hohen Erwartungen der Wissenschaft-lichen Beschreibung entgegensehen, die demnächst erscheinen soll.Die Aufgaben öer Eugenik.Von Dr. med. Norbert Marx.Das Wort„Eugenik" stammt aus dem Griechischen undhcißt eigentlich.wohlgeboren", aber nicht im Sinne der bürgcr-lichen Phrase im Gegensatz zu dem ohne soziale Stellung nur alsNummer geborenen Proletarier, sondern wird von der Medizin zurBezeichnung der Teilwissenlchaft verwendet, die sich mit der Unter»suchung der Borbedingungen für eine gesunde und lebenstüchtigeNachkommenschaft besaßt. Die Eugenik nahm ihren Ausgang vonden Lehren Darwins, dessen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Ent»artung und Zuchtwahl der Tiere und Pflanzen aus den Menschenangewendet werden, um damit unsere Ausdrucksweise vom Wachsen,Blühen und Vergehen der Völker z« begründen. Dieser„organi-zistischen" Betrachtung eines Volkes liegt der Fehler zugrunde, daßman da» Volk als ein Individuum, als ein Organ betrachtet, alsoeine Einheit, die vergänglich ist, während sich doch das Volk auseiner Unmenge von Einzelwesen zusammensetzt, die zwar in ihremkleinen Ich, ihrem Wejgn vergänglich sind, aber durch ihre Zu-sammensassung und Fortpflanzung dos Volk bilden und deshalbeigentlich unsterblich sein müßten. Es wird hiergegen immer derEinwand gemacht, daß alle großen Völker des Altertums vcr»fchwimden feien, der Völkertod also ein physiologischer, d. h. einnatürlicher Vorgang sei. Dagegen ist einzuwenden, daß diese Völkernur durch lhr naturwidriges Leben ihren Untergang verschuldeten,indem die besitzenden, herrschenden und tonangebenden Klassen ein«übermäßige Geburtenbeschränkung trieben und von ihren Sklavenund Leibelgenen, die aus den unterworfenen Völkern stammten,ein« möglichst groß« Nachkommenschaft sprolez Masse, davon Proletarier) verlangten, um so ihren Besitz zu vermehren: ander«Völker gingen durch Seuchen, deren Bekämpsuna damals noch un»möglich war, zugrunde: viele aber auch durch Ihre unausgesetztenKriegs- und Beutezüge. Rur ein Volk aus den Zeltvn derPharaonen hat alle Völker de» westlichen Kulturkrcise» bis jetztüberdauert, die Juden. Sie waren durch strenge Religlonsvor-schritten geholten, ein mäßige» Leben zu führen. Aber auch beiihnen ist jetzt die Schicksalsstunde gekommen, denn der Geburten-rückgong ist bei ihnen größer als bei allen anderen Völkern.Durch diesen geschichtlichen Ueberblick sind wir mttten in di«Ausgaden der Eugenik gekommen. Hier wäre noch zu bemerken,daß In Deutschland noch nicht allgemein der von dem EngländerHalten geschaffene Busdruck Eugenik verwendet wird, sondern manmeistens von.Raffenhygiene" spricht. Rassenhyglen« hat,wie Ken. Prof. Grotjohn sehr richtig bemerkt, einen volitischenBeigefchmack, indem man dabei an die Unterwertigkeit der Arierbzw. der Germanen über die anderen Völker des Erdkreises er-innert wird, eine Ausfaflung, die ja die Völkischen oertreten.Die Eugenik oder Fortpslanzungsbygiene fetzt alsodie Annahme einer fortschreitenden. Degeneration oder Entartungdes Menschengeschlechts voraus, indem man„die Vorfahren imVergleich zu den Rachkommen als vollkommen oder doch wenigstensals am Durchschnitt gemessen im wesentlichen fehlerfrei annimmt".Grotjohn schreibt weiter:„Nach vorsichtiger Schätzung dürsten inDeutschland auf 100 000 Einwohner 400 Geisteskranke und Idioten,ISO Epileptiker, 200 Trunksüchtige, 30 Taubstumme, 250 Vcr-krüppelte und S00 Lungenkranke im vorgeschrittenen Stadium an-zunehmen sein. Rechnet man ab�r die Defekte und Körpcrfehlergeringfügiger Art, wie etwa die Cehsehler, mit ein, so dürste dieAnnahme nicht übertrieben sein, daß die Summe aller, diein irgendeiner Weise körperlich minderwertigveranlagt sind, etwa«in Drittel unserer Gesamt-bevölkerung beträgt" Dieser Gedanke ist für den Eugenikerunerträglich, und es müßte in erster Linie festzestellt werden, ob ein«Zunahme oder Abnahme dieser Gebrechen und Fehler stattfindet.Hierfür haben u>r bis sttzt noch keine Anhaltspunkte, da eine lnstema-tische ärztliche Ueberwochung und Kontrolle der Gesamtbcvölkerungnoch nicht durchgeführt ist. Ansätze dafür sind vorhanden in denSäuglings- und Klemkindersürsorgestellen und in den regelmäßigenUntersuchungen der Schulkinder: ferner bietet uns das Dersicherunas-wese», da» einen immer größeren Teil der erwerbstätigen BcvAkc-