Nummer 3� Heimwelt 26. Juli 1�23 —--—- � ilnterhaltunßsbeilatze öes Vorwärts Wenn es wo brennt. Von Oskar Maria Graf , München . Hüte dich, lieber Leser, jemals Kritik zu üben an— beispielsweise— unserer ländlichen bayerischen Feuerwehrl Es könnte dir dabei wirklich ergehen, wie es dem Brittinger-Anton ergangen ist, damals, als der Friedlbauernltof in Osfelfing ein Opfer der Flammen wurde. Die Geschichte ist ebenso lehrreich für einen Fremden, der zu- fällig in unser Land kommt, als ausschluhreich für den Erforscher der bäuerlichen Seele, des berühmten bayerischen Gemüts. Offelfing liegt tn einer kleinen Mulde, aber doch Häher als die umliegenden Dörfer. Rechts, Atzing zu, ist Wald: links, gegen Heimertshausen, breitet sich freies Feld aus. Das ganze Dörflein besteht aus acht Häusern, das heißt: eigentlich ist nur der Friedibauernhof dort erwähnenswert: was da sonst noch herumsteht, hat höchstens zwei, drei Tagwerk Wiesengrund und schließlich ebensoviel Holz. Der Friedl darf, gering gerechnet, auf siebzig Tagwerk Waldung und sechzig Tagwerk Wiesen- und Ackerland eingeschätzt werden. In Atzing wachte eines Nachts die Riedl-T�eres auf und sah in der Offelsinger Strichweite Feuerflammen. Sie weckte den Adam. Man schaute ein« Zeitlang in die Gegend und kam dann überein, daß das in Offelfing sein könnt«. Der Adam zog sich vollends an und weckte den Schmalzinger-Pauli und schlug dann allgemein Im Dorf Lärni. Um es kurz zu sagen, es kamen also, im Verlauf einer Stunde, die meisten Atzinger Feuerwehnnannen zusammen und schauten in die Gegend. „Dös ist z' Offelfing, spannt's ein, Pauli," sagte endlich der Adam, und der Brittinger-Anton tat sich besonders wichtig. Er war fünf Jahr« bei der Marine und hat überhaupt ein großes Maul, wenn was los ist. „Dös ist doch seiner Lebtag nicht z' Offelfing!... Ahl... Dös is doch, meiner Schätzung nach fein» acht Stund wegl... Dös ist z' Ampfelberg droben, jag ich!" erklärte der Pauli. Und all« schauten wieder in die Gegend. Im Psarrdorf Allkirchen fing es inzwischen zu läut«n an. Sonst war es weit und breit still.„Hört's ihr's denn nichtl... Dös is z' Ofselfing, sag ich!" rief der Brittinger-Anton und setzt« hinzu:„Wenn's z' Allkirch' läuten, muh doch in der Näh' feinl" Aber der schwatzt viel, wenn der Tag lang ist. Es entwickelte sich nun im Verlauf der nächsten halben Stunde folgendes Gespräch zwischen den Atzinger Feuerwehrleuten. Nachdem der Schmalzinger-Pauli den Anton einmal gründlich zurechtwies, ob er vielleicht glaube, daß sein«„Ross" überhaupt nicht zu rasten brauchen, sagte der Argelsberger gelassen:„Wie sowas den Himmel färbt, hmhm!... Dös muß scho ein hübscher Hof seml' Darauf der Penzinger:„Da, mein' ich, brennert'« ausdroschene jkorn auch mit, weil'? gar fo speibt,» Feuer." .Iaja... siehcht ganz danach aus," antworteten einige. „Dös is überdaupt viel weiter weg noch... dös ist im Gebirg droben, sag ich... Ich weit' meinen Kopf, daß'» im Gebirg droben ist," hierauf der Schmalzinzer-Pauli. „Ich möcht' doch annehmen, daß wenn's z' Offelfing brennert, daß nachher die Reimertshausener Feuerwehr zu hör'n oder zu sehen wär ," warf der Penzinger hin und alle nickten. „Freili, steili... so mir nichts dir nichts treibt man doch bei der Nacht d' Rofs' nicht raus," meinte der Pauli wiederum. „Muß, scheint sich doch in der Näh' sein," wagte der Riedl-Adam einzuwerfen. „Hahm, hahm. es brennt... es brennt wirklich," brümmelte der Ampletzer-Andres vor sich hin. „Aufpaßt werden'? halt wieder nicht haben... Mit'm Licht in 'n Heustadel gegangen sein," weiiite der Penzinger, und der Pauli wiederholte, daß die Brandstell« mindesten« acht, wenn nicht gor zehn Stunden' weit weg sei. „Ja, Himmiherrgottl... Wird jetzt eing'spannt oder nicht?!... Ich stell' mich doch nicht die halbe Nacht in die Kälten raus, Kreuz- kruzifixl" donnerte plötzlich der Brittinger-Anton und rief damit ein« Erregung hervor, die man sonst nicht gewohnt ist in Atzing. „Da!... horcht's!... Dös ist di« 5)eimertshausen«r Feuer- wehr!" schrie während des Streitens plötzlich der Riedl-Adam, und tatsächlich hörte man auch ein Wagenrollen und ein Trompeten den Allkirchener Berg hinunter. „Ich mein'... spann'n mir doch ein, Pauli?" sagte Zcht der Argelsberger gelassen, und schließlich und«Mich fuhr die Atzinger Feuerwehr zum Dorf hinaus. Es war stockdunkel. Man fuhr vor- sichtig im Schritt. Man unterhielt sich eifrig. „Hahm... wirklich brennt's, hahahm," brummte der Ampletzer- Andres in einemfort. „Wenn's z' Offelfing ist, warum sagt man uns denn dös nicht!" räsonierte der Pauli mißmutig.„Kunnt'n doch wissen, daß man seine Ross' rasten lassen will... Aber ich sag' einmal soviel—— es ist nicht z' Offelfing. Dö Heimertshauser fahr'n ja wegen jedem Scheißdreck, dö protzerten Hengl, dö protzerten... Mit ihrem neuen Feuerwehrwagen kann's der Teufl mehr aufhalten...!" „Jetzt, ich sag soviel, sowas muß bei der nächsten Gemeindever- sannnlung auf's Tapett kommen," forderte der Argelsberger und der Pe.rzingcr stimmte bei. „Werd's es sehn, daß ich recht g'habt lfab... mir sahrn auf Offelfing und im Gebirg droben brennt's!" rief der Pauli beharrlich, und als man bereits in die Riechweit« des Feuers kam und der Brittinger-Anton triumphierend schrie, wer jetzt recht gehabt hätte, wurde der Schmalzinger derart wütend, daß er ihm nahelegte, wenn er jetzt nicht bald das Maul halte, kehre er ganz einfach um. Als man auf der Brandstätte ankam, hatten die Flanunen bereits den ganzen Friedlhof eingeäschert. Wüteng sprang der Pauli vom Wagen und auf den Friedlbaucrn los und schimpfte ihn nicht wenig zusammen. „Sowas gibt man uns doch zu wissen, beim Teifl nein!.., Hast' denn ganz und gar kein Hirn nimmer?" schrie er, und al» der jammernde Friedl nichts darauf erwiderte, wandte er sich an die Atzinger Mannen und kommandierte:„Antreten, spritzen!" Es dröhnte über allen Lärm hinweg. Dummerweise aber hatt« man die Schläuche vergesien, und als der Pauli das fad, schlug er mit aller Wucht dem Brittinger-Anton ein« ins Gesicht und schrie wie ein Irrsinniger herum. Die beiden gerieten in ein Handgemenge und mußten mit Gewalt auseinandergerisien werden. Der Gendarm von Roufchenbach, der zugegen war, wollte sich einmischen und drohte mit„Aufschreiben". „Wos?t... Wos willst?!" schrien mit einemmal die beiden Rauser und nahmen eine drohende Haltung gegen den Gendarm an. „Wos, Du stinkfauler Brotfreffor, Du.... Du möchst dö» große Wort da führ'», Du...!?" bellte der Pauli, und der Be- schimpfte hielt es schließlich für ratsam, in der Dunkelheit zu ver- schwinden. Die Sache endete damit, daß der Pauli unter Protest bekannt- gab, so was, daß ein Gendarm bei einem Brand dabei fei, dürfe absolut nicht mehr vorkommen. Alsdann wendete er sich dem Friedl zu, denn er gehört in unserer Gegend zu den führenden Persön- lichkeilen, der Schmalzinger-Pauli. „Rindviech, jaudumm'sl" schrie«r den Friedl an,„wenn ich so einen Hof Hab, geh ich doch in die Rückversicherung!... Ich wär froh, wenn's mir mein' Hof abbrennen täten.... Jetzt flennst und jammerst, so hättst ein nagelneues Haus herbaut kriegt.... da hast es jetzt!" Und nachdem man allgemein zur Ansicht kam, daß hier nichts mehr zu retten war, fuhr man schiedlich und friedlich wieder nach Atzing zurück. „Ich Habs ja gleich g'sagt, daß brennt!" mar das letzte Wort des Ampletzer-Andres, als man endlich in tiefer Nachtstunde alles wieder unter Dach und Fach gebracht hatte und auseinander ging. Nichtsdestoweniger beschloß man bei der nächsten Gemeinde- oersammlung, di« sehr stürmisch verlief, überhaupt nicht mehr ein- zuspannen, wenn nicht vorher gemeldet würde, daß und wo es brenne.—
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten