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Schlittenfahren in alter Zeit.

Bon Dr. Johannes Kleinpaul

Nichts töftlicher, als eine Schlittenfahrt an frostffaren inter  tagen, wie sie uns jetzt wieder der Winter beschert. Ursprünglich wear freilich auch der Schlitten reines Berkehrsmittel und auf dem flachen Lande ift er es noch jetzt, wovon freilich viele von uns, in den großen Städten, nichts mehr zu spüren bekommen. Noch immer warten in Oftfriesland die Meertente" fehnlich darauf, daß die Bäffer ihrer weiten Riederungen gefrieren und sie sich die Schlitt Schuhe unterschnallen fönnen, um ihre Flechtförbe auf großen Siebeschliffen in die Stadt zu bringen und endlich abzusehen. Mehrfach wurden auch in früherer Seit große gemeinsame Schlitten­fahrten vom Feftlande nach den Rordfeeinseln unternommen, um fie mit dem Nötigen zu versorgen, und andererseits, über die Off­fee hin und her um den arglofen Nachbar plötzlich mit Heeres­macht zu überfallen. Ein besonders eigenartiger Schlittentransport ereignete fich im Februar 1721, wo man die ganze, damalige fürft­hche Bibliothek von Zeih auf 78 Schlitten nach Dresden   überführte.

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Doch alles das liegt jetzt weit zurüd. Ebenso gehören aber auch der Vergangenheit die großen, meift überaus pompöken Echlittenfahrten en, die höfifche und bürgerliche, unter letzteren namentlich auch Studentenkreise, zu eigenem und allgemeinem Ber­gnügen veranstalteten. Aus Alt- Jena hat sich ein Dedfarbenbild in einem Studentenstammbuch aus dem 18. Jahrhundert erhalten, das einen fbarten Schlittenforfo zeigt, bei dem die Musenföhne den großen Brunnen auf dem Markte mit ihren Herzallerliebsten immer wieder umrunden, und aus Mt- Marburg   ein ausführlicher Bericht über eine noch niemals hier gefehene foftbare Studentenschlittenfahrt", ble am 18. Februar 1731 ftattfand. Am Schlusse der Schilderung Diefes Umzugs, der etliche Stunden" dauerte, heißt es: Dabei machten auch zwei mestierte Bauern zu Fuß, welche in ihrem Nanzen Hühnereier ufw. hatten und solche Stücke unter die Leute warfen, ein großes Auffehen". Was waren das für Zeiten und was für Sitten!

In Dresden   veranstaltele die Hofgesellschaft schon im Zeitalter des Dreißigjährinen Krieges bisweilen recht ausgedehnte Schlitten­fahrten bis nach Meißen  , Birna oder auf die Bastei  , von denen man Dann abends bei Fackelbeleuchtung zurückkehrte und die schläfrige Einwohnerschaft nochmals auf die Beine brachte. Auch dohci hatte jeder Kanalier feine Dame vor oder neben sich auf den Sih, und wenn diefe Bergnügungen in die Fastenzeit fielen, machte man durch Beranstaltung historischer und allegorischer Maskeraden mit opern­haflem Auspuh und Mummenschanz auch den ganzen Olymp mobil. Manchmal wurde auch ein vergnüaliches Damenrennen damit Derbunden, wobei die Schönen mit der Lanze nach dem Ringel" fachen, mit dem Jovelin" nach der Scheibe worfen oder mit dem Tegen Mepfel oder Apfelsinen von der Erte aufspießten. Derartige Veranstaltungen waren bestimmt, die Macht und den Reichtum des Hofes aller Aunen fund zu tun, und je prächtiger die Schlitten, Je größer der Aufzug, je mamififer der Comitat, je regulärer die ganze Ordnung, defto anlehnlicher und folenner waren die Schlitten­fahrten", wie es in alten Blättern heißt.

Freilich, nicht immer, wenn man schlittenfahren wollte, lag Schnee. Go in Dresden   Anno 1721 um Fastnacht. Da mußten denn liber 100 Bauern aus den umliegenden Dörfern an 2000 Fuhren Snee in den Großen Garten schaffen und ausbreiten, worauf der Rorso in gewohnter Weise vor sich ging. Und ein andermal, furz nochdem erft her Starfe Pie Dreshener bürürfe. hie feithem Augustusbrüde" hieß, neu herrichtete und mit einem Gelände verfchen Heß, weil turz vorher der Wind emen Bauern mit seinem Schlitten in die Elbe hinabgeweht hatte, wurde auch darauf mühsam Schnee geschüttet. damit der Fastnachtszug darüber hinweg nach Pillniz oder Moritzburg   gehen fonnte.

Aber nicht nur Schnee! In Theodor Fontanes Schach von Muthenow lefen wir, daß das Regiment Gendarmes  " ein ganzes Berliner   Stadtviertel für eine Schlittenfahrt herrichtete, indem es die Hauptstraßen mit Salz beftreven ließ, morauf es dann der Faschingszug mehreremal in voller Fahrt umrafte.

War dies nun Mär oder Mehr, jedenfalls gibt es dazu ein gefchichtlich beglaubigtes Gegenstück: die Jarin Alexandra Feodo romna, die Gemahlin Nitolaus I., äußerte eines Tages, mitten im Sommer, in Gegenwart des Barons Stiegfik, des millionenreichen Bräsidenten der ruffischen Reichsbant, den Wunsch, eine Schlitten­fahrt au unternehmen.

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Majestät haben nur zu befehlen!" erwiderte ihr der Baron  . Wirklich, bei dieser Hibe?" fragte die Kaiferin erstaunt. Benn Em. Majestät geruhen, mich nächsten Sonntag mit Ihrem hohen Besuche zu beehren, so wird eine Schlittenpartie zu­ftande gebracht!"

Die Zarin willigte ein, und die eigenartige Beluftigung fand tatfächlich statt. Allerdings fuhr man nicht auf Schnee und auch nicht auf Sets, sondern auf Suder! Der Boron   belah nämlich die größte Zuckerfobrit in Ruhland und hatte feine Vorräte auf die Alleen leines Partes schütten laffen. Für das Wearäumen bes unitschnees" brauchte er hinterher nicht zu forgen. Nach der Fahrt gab er den Zucker dem Bolte, frei, und diefes holte ihn fo schnell und fo gründlich weg, dah die Barin ihre Heimfahrt schon wieder zu Wonen antreten mußte

Auch abgesehen von diefen egteren außergewöhnlichen Fällen blieben jedoch alle diele Veranstaltungen überall auf die ersten Ge­fellschaftskreise beschränkt. Selbst dem wohlhabendsten Bürger

wurde es in diesem Zeitalter der Standesunterschiede und Stangsirel isteken verwehrt, sich auf jo harmlose Weise zu ver gnügen. Go wurde i. 3 1658 vom Fistal( dem heutigen Staats­anmalt) eine Untersuchung gegen mehrere Bürger zu Baugen in puncto prächtigen Echlittenfahrens" eingeleitet. Leider ist unbe fannt, mas ihnen schließlich geschehen ist. Wahrscheinlich ist, daß der Prozeß sich in gewohnter Weise mehrere Jahre lang hinzog, und daß die endliche Folge jene Schlittenfahrtsordnung" war, die Kur­fürst Johann Georg II.   von Sachfen am 12. Februar 1682 erließ. Darin war genau bestimmt, war mit Geläute und ohne Geläute, mer ancifpännig oder nur in Rennschlitten fahren sollte, und- wer nicht.

Winter.

Bon Mag Dotin.

Die Floden fchweben.

Die Floden wirbeln, faufen, flattern, hufchen und brennen. Und der Wind durchraft feine Floden.

Ganze Flockenwolfen. Glockenstaub. Zerriebene Floden. Der Wind zerrieb sie.

Und ein Musiker ist der Mind. Hei, er sitzt auf den Zelegraphen­drähten und er pfeift auf einem Eiszapfen.

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Und der Fluß treibt grün.

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Durch den Fluß hin glaflge Inseln- Schneeinfeln- die treiben nun zum Wehr. und da rutschen sie glatt hinüber -und das Wehr perlet- Eilberglanz- Rigenzauber­Duft und Schönheit.

Erlen schauen unter den weißen Augenbrauen fchwarz hervor.. Die Birte trägt ihren neuen Belz. Die Tannen felern mit.

Alles feiert.

Die Gärten felern atlasmeiß

Und die Häufer felern allasweiß. Eine große Blütenliebe. Winterflebe.

Relnes heiliges Weiß.

Aber die Böglein?

Aufgeplustert die Amsein. Hufchend die Meifen. Kein Rabe. Keine Eule. Kein Specht.

Der Bahnhof.

Starfe Männer Schaufeln Schnee.

Starte Maschinen branjen nüfternschnaubend daher.

Und aus der Bahnhofsholle heraus Jäger

nun auch noch diese Not!

Hei, wie pfeift der Wind.

Enge Allstadtgaffen.

arme Hafen

Häuserlein und Häuschen drücken fich fest aneinander-- Schulter zu Schuller.

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Der Schupomann geht wie ein Storch. Grün und blank. Zmel Hunde mirbeln im Schnee herum ganze Wolfen von Schnee wirbeln fle auf. Konkurrenz dem Minde Aber nein! Der Wind versteht's beffer, von den Dächern heräb fchüttet er Lawinen- leife, feine, ungefährliche Schnee. laminen.

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Wo aber der Berg fich fenft dort ist Kinderparadies. Feln! Die neuen Schlitten. Fein! Die neuen Halsschals. Geint Der Winter.

Juchhe und juchhelder Schlitten fliegt und die Kinder feele fliegt mit.

Du gehst weiter.

Du gehst im Teppich-im perfifchen Weißwollteppich. Dein Auge wird rot:

Da steht es frisch- blutig- riesengroß:

Die R. P. D. lebt!"

,, Ebert? Was machst du??"

Und mein Herz bekommt einen Riß: Menschen! unvollkommen.

Menfchen! Kampf.

Menschen! Haß.

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Und dennoch: Es lebe die Liebe. Rein Blut nein weiße, weiße Schönheit. Milde. Hoffnung. Gemeinschaft. Und lelle geht fle nun neben mir: Gerda! Dornröschen! Die Lenztochter. Gerda. Frühling. Werde.

Jal Sonne. Liebe. Lenz.

Und einmal wird Lenz fein bel den Menschen. Gerbal Gerdal ich liebe dich.

Weißer schöner Schnee.