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Wissen und Schauen

Eigenartige Namen. Der englische Major Armbruster hat jetzt Den ersten Teil feines amharischen Wörterbuches erscheinen lassen. Amharisch ist die Sproche, die in Abessinien gesprochen wird; fie gehört zur semitischen Sprachfamilie. Eigentümlich ist, daß diese Sprache eine Gewohnheit beibehalten hat, die direkt an die assyrischen und babylonischen Königsnamen anknüpft, nämlich die Sitte, Per­fonennamen durch ganze Säße zu bilden. So heißt ein abeffinischer Männername: Wer bich anfleht, soll zittern!" Ein weiblicher Name bebeutet: Du bist eine Berle!", ein anderer: Wer ist über dir?" Auch der berühmte Name Menelik oder Menilet findet so feine Er. lärung. Armbruster leitet ihn von der Form Mentette, einer Ab. türzung von Mentetatlan, was bedeuten foll: Was für ein Maß hat er!", d. h. wie groß ist er! Die sonst vielfach gegebene Erklärung des Wortes Menelit als Sohn des Weisen", d. h. Salomos, hält ber englische Forscher für eine spätere fünftliche Konstruktion.

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Kants Tapete. Rant war in feiner Wohnung fehr puritanisch und begnügte sich mit einfach geweißten Wänden. Infolge des Staubes und der Dampfwolfen seiner Tabatspfeife erhielten die Wände allmählich eine graue Schicht. Als man sich eines Tages angeregt unterhielt, wischte der Kriegsrat Scheffner in der Ber­streutheit mit dem Finger über die Wand und legte dadurch einige Stückchen des ursprünglichen weißen Untergrundes fret. Darüber aber war Rant ungehalten. Lieber Freund", sagte er, warum wollen Sie den Altertumsrost meiner Wände zerstören?" Ift eine solche von selbst entstandene Tapete nicht besser als eine für teures Geld gekaufte?"

Naturwissenschaft

Der Einsamkeitsfob der Insekten. Bei gewissen Insektenarten, deren ganzes Leben sich in engster Gemeinschaft mit ihren Be nossen vollzieht, ist das foziale Empfinden" fo start, daß fie allein nicht leben fönnen. Beobachtungen über diese Abhängigkeit fo­zialer Insekten vom Nest" hat Wilhelm Goetsch gemacht und ge. währt uns einen tiefen Einblid in das Wesen dieser Tiere, die R. v. Frisch in den Naturwissenschaften" mitteilt. Der Bienen. fenner weiß bereits seit langem, daß Bienen, die aus dem Bienen. stock genommen und in Enzelhaft gehalten werden, nach kurzer Zeit eingehen, auch wenn sie Honig im Ueberfluß haben und für ihr leib. liches Wohl auf das beste gesorgt wird. Sie können die Trennung von ihren Stodgenossen nicht lange überleben. Goetsch hat nun über diese Erscheinung eine Anzahl Versuche mit Bienen, Hummeln und Wespen angestellt. Blenen, die allein oder zu zweit in Be hältern verschiedenster Art gefangen gelegt wurden, starben auch unter günstigsten Lebensbedingungen nach 1-5 Tagen. Dabei macht es feinen Unterschied, ob man alte Flugbienen nimmt oder junge Tiere. Fast ebenso schnell sterben die Arbeiterinnen der Hum. mein und Wespen bei Einzelhaft. Dagegen laffen fich Tiere der gleichen Art, die nicht auf foziales Leben eingestellt sind, unter den gleichen Bedingungen wochenlang am Leben erhalten. Dies ge­lingt 3. B. bei überwinterten Hummel - und Wespenweibchen, die im Frühling allein zur Neftgründung schreiten oder bei nahverwandten Formen, die einzeln leben, wie den solitären Bienen. lim bie Gründe für diese Erscheinung genauer festzustellen, machte Goetsch feine Versuche mit Ameisen, ble sich wegen der einfacheren Kultur bedingungen dazu besser eignen als Bienen, Hummeln oder Welpen. Es ergab sich nun, baß nicht das Alleinsein den Tod der Tiere verursacht, sondern der Einsamkeitstod" wird vielmehr dadurch hervorgerufen, daß die Insekten nicht die Möglichkeit haben, ihren Bau- und Brutpflegeinstinkt auszuüben. Auch einzeln gehaltene Ameisen leben wochenlang, wenn sie die Gelegenhelt haben, ihre Brut zu pflegen, und ihnen Erde zum Bauen zur Berfügung steht. Fehlt ihnen eins von beiden, so wird ihr Leben dadurch wesentlich abgekürzt; fehlt ihnen beides, so sterben fie schon nach wenigen Tagen, selbst wenn man sie in Gesellschaft zu 2-4 hält. Als ein weiterer Faftor, der auf die Ameisen lebensverfürzend wirkt, ist das Fehlen einer Königin hervorzuheben. Diese Befunde bei Ameisen scheinen in ähnlicher Weise auch bei Bienen, Hummeln und Wespen zu gelten.

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Vorsichtsmaßregeln in der Tierwelt. Die asiatischen Wild pferde haben einen geregelten Sicherheitsdienst. Wenn fie in Rudeln grafen, stellen sie stets ein Tier als Schildwache auf. Dieses nimmt feine Aufgabe fehr genau, felbft die üppigfte Beide wird es nicht verführen, von seiner Wachfamfeit abzulassen. Droht Gefahr, fo gibt es durch Wiehern und Aufftampfen mit den Sufen ein War nungssignal, und das Rubel ordnet sich sofort zur Flucht. Die Affen Südafrikas schicken auf ihren Wanderungen fiets einen Stammesangehörigen, vermutlich den erfahrensten, als Borhut voran; dieser gibt im Notfalle durch helferes Bellen ein Zeichen, worauf sich sofort die übrigen Affen sammeln und der Bormarsch stockt, bis ein weiteres Zeichen das anzuratende Berhalten angibt, ob weiter zu gehen ist oder ob man rückwärts oder seitwärts ficherer ist. Aeußerst scheu und vorsichtig ist der forfitanische Moufflon, eine Art Gebirgsschaf. Wenn die Herde auf den Höhen weidet, steht auf der höchsten Spitze immer ein Tier, das sorgsam die Umgegend be obachtet und durch ein Aufstampfen warnt, wenn sich Berdächtiges zeigt. Eine ganze Reihe von Schildwachen stellen die südameri­banischen Präriehunde aus, fleine braune Tiere, die sofort unter die Erde verschwinden, wenn die Wächter ihr scharfes Bellen ertönen

ließen. Während vorher die ganze Prärie braun von den kleinen Tieren war, ist plötzlich die ganze Schar wie weggeweht. Daß auch unsere Tiere, z. B. die Füchse, ihre Jungen beim Herannahen einer Gefahr wirksam zu warnen verstehen, weiß jeder Jäger.

wohl der Kuckuck der lauteste; man fann ihn zuweilen auf Kilometer. Der lauteste Vogel. Unter unseren gefiederten Sängern ist weite hin vernehmen. Aber weit übertroffen wird unser Kudud an Tonftärke von dem in Südamerika und Afrita lebenden Glocken. pogel, dessen Schrei nach einem Bericht in Reclams Universum" 5-6 Kilometer weit zu hören ist. Wahrscheinlich bringt dieser Schreihals", der im Berhältnis zu seiner Größe sicherlich der lauteste Vogel ist, diese weithin schallenden Töne mit Hilfe von schwellbaren Hautwucherungen an der Schnabelgegend hervor, die die Aufgabe eines Resonanzwerkzeuges haben. Man hat den Eindrud, wenn man den Glockenvogel beobachtet, daß er beim Rufen alle Kraft auf­bietet. Das taubengroße Tierchen öffnet dabei den Schnabel so meit wie nur möglich und stößt den Kopf nach vorn, als ob es auf einen Gegner einhaden wollte. Diese Bewegung ist derart trampf­artig, daß es so aussieht, als habe der Vogel Mühe, sein Gleich gewicht zu behaupten Jedenfalls ist es für einen so fleinen Bogel eine erstaunliche Leistung, daß er sich auf 5-6 Kilometer hin be merkbar machen kann. Der Ruf selbst wird von verschiedenen Be obachtern sehr verschiedenartig charakterisiert. Auf die einen wirtt er wie ein starter Glodenton, auf die anderen mehr wie ein dumpfer Schlag, dem ähnlich, ben eine Art auf hartem Holz hervorbringt.

Völkerkunde

Indirekte Kannibalen . Der englische Professor Mc. Govern berichtet in feinen Erinnerungen aus Tibet : Die abscheulichste Sitte der Tibetaner ist die, wie sie sich ihrer Toten entledigen. Das ganze Land ift felsig und der vorhandene fruchtbare Erdboden ist zu gering, als daß er für Friedhöfe verwendet werden sollte. Rrematorien zu errichten, geht nicht an, da es nur wenig Heizmaterial in Tibet gibt, also schneiden die Tibetaner thre Toten einfach in Stücke und legen diefe außerhalb ihrer Ansiedlungen, den Raben, Hunden und Schweinen die weitere Fürsorge überlassend. Deshalb sehen die ti­betanischen Schweine und Hunde, ble bet der Bevölkerung als 3m Leckerbissen gelten, dann auch immer sehr gut genährt aus. übrigen leben bie Tibetaner von Gerstenmehl und Tee. Lekterer ist eine scheußliche Brühe, denn er wird mit Fett, Soba und Salz ver­mischt. Troßdem waren wir gezwungen, ihn zu trinfen, um nicht aufzufallen. Die armen Tibetaner essen bas Fleisch roh, die reichen bereiten es durch Kochen und Braten am Spieß zu."

Die Erdeffer. Im Sudan und in anderen Teilen Afritas, in Güdamerika und in Westindien sind es nicht bloß Kinder, sondern auch Erwachsene, die Erde effen. Die vom Nil mitgeschleppte Erde gilt als bekömmlich, und deshalb wird sie in Form von Figuren, die an unsere Badwerffiguren erinnern, vertauft. Besonders find es bleichsüchtige Männer und Frauen, die sie effen, weil man glaubt, die Erde sei gut gegen Bleichsucht, während gerabe umgefehrt ble Bleichsucht durch das Erdessen verursacht wird. Die Gewohnheit entsteht wahrscheinlich schon bei den fleinen Kindern. In Laos , dem franzöfifchen Protektorat in Hinterindien , wird dem Erbessen fo bat., Altohol- oder Opiumgenuß. Dort wird übrigens die Erbe eigens eifrig gehuldigt, daß es geradezu eine Leidenschaft ist, wie der Ta zubereitet: Man nimmt Lehm aus den Flüffen, trodnet ihn an der Sonne, zerreibt ihn, feuchtet ihn wieder an, bedeckt ihn mit Reifig und Erde und brennt ihn wie Holzkohlen. Er steht dann aus wote Schokolade und wird auf den Märkten verkauft. Die Armen nehmen einfach den Lehm aus den Flüssen und essen ihn ohne weitere Zu bereitung. Obschon das Erdeffen sehr nachteilige Folgen für die Ge­fundheit zeitigt, laffen die Einheimischen nicht davon ab.

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Vom Menschen

Wozu dient die Thymusdrüse? Der amerikanische Gelehrte Dr. Oskar Riddle von der Carnegic- Station für Entwicklungs. geschichte zu New York veröffentlicht eine wichtige Arbeit über die Thymusdrüse. Man wußte bereits, daß sie Einfluß auf den Knochen­bau hat und auch ble innere Sefretion beeinflußt. Jeht hat sich er­geben, daß die Wirbeltiere, mit Ausnahme der Säuger, ohne ble Thymusdrüfe ihre Art überhaupt nicht fortpflanzen können. Von ihr hängt die Bildung der Eierschalen und Eimembrane ab. Wenn man Tauben, die minderwertige und mißgestaltete Eier legten, etivas Thymusdrüsenfaft gab, begannen fie alsbalb normal zu legen. Die Untersuchung ergab, daß ihre eigene Thymusbrüfe defekt war. Die Thymusdrüse liegt zwischen Herz und Brustbein, sie ist in der Jugend sehr groß, nimmt später an verhältnismäßiger Größe ab, bleibt aber dem Menschen während feines ganzen Bebens erhalten. Sie hat jegt eigentlich für die Menschheit feinen Wert mehr, aber in früheren Stadien der Existenz des Menschen war sie wichtig. Wenn wir von Wesen abstammen, die einmal im Meere lebten, so hat bei diefen die Thymusdrüse ble Eischale und die Eihaut für die Jungen geliefert, und ohne sie wäre die Entwicklung des Menschen­geschlechtes nicht möglich gewesen. Wir würden nicht leben, wenn unfere Borfahren teine Thymusbrüse beseffen hätten, aber unsere Nachkommen fönnten allerdings die Rasse fortpflanzen, wenn wir die Drüse verlören. Es sei denn, daß nicht doch noch eine ver. borgene Funktion vorhanden wäre; die innere Sefretion und was damit zusammenhängt, fann noch leberraschungen bringen.