Wissen und Schauen
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Gute Abficht schlechter Erfolg. Um Schiffbrüchige, die sich auf einsame, unbewohnte Inseln gerettet haben, mit Nahrung zu versorgen, wird mancherlei getan. Einen sehr eigenartigen Versuch hat man in dieser Hinsicht auf der mitten im Indischen Ozean gelegenen Insel Neu- Amsterdam gemacht, indem man Rinder aussette, die gelegentlich vorbeifahrenden Schiffen und Schiffbrüchigen Fleisch liefern sollten. Die gute Absicht ist indessen völlig fehlgeschlagen, denn die Rinder, die sich reichlich vermehrt hatten, sind vollständig verwildert. Als am 4. Januar 1899 die unter Leitung von Prof. Chun stehende Tiefsee- Expedition die Insel besuchte, fielen schon von weitem schwarze und rötliche Punkte auf, die sich zu großer Ueberraschung der Expeditionsteilnehmer als Rinder entpuppten. Die Herden wurden von gewaltigen Stieren bewacht. Prof. Chun schreibt über das Erlebnis:„ Ein rotbrauner Bulle hatte neben dem Flaggstod Posten gefaßt. Auf einen so respettablen Berteidiger der Trifolore gegen germanische Eindringlinge waren wir nun freilich nicht gefaßt. Unsere besten Schützen brannten darauf, den Stier anzugreifen. Der eine Bulle wurde gefehit, ging zum Angriff über und machte erst auf weitere Schüsse Halt, um dann den geflüchteten Kühen nachzueilen. Ein zweiter Bulle fonnte dagegen erlegt werden und lieferte der Expedition nach langer Zeit das erste frische Fleisch wenn auch versichert werden darf, daß wohl niemals einer Hadmaschine durch zäheres Fleisch übler mitgespielt wurde.'" Den Zweck, Schiffe und Gestrandete mit Fleisch zu versorgen, haben diese Rinderherden völlig verfehlt. Sie verschwinden außerordentlich schnell im Innern der vilden, unwegsamen Vulkaninsel, so daß ihnen fein Mensch folgen tann. Die angriffstuftigen Stiere sind zudem äußerst gefährlich, so daß waffenlose Schiffbrüchige durch fie in neue Lebensgefahr tommen fönnen. Ausgesetzte Ziegen würden Daher diesen Zweck viel besser erfüllen.
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Volks=
Boltsspeisungen mit Rumfordscher Suppe. Die Rumfordsche Suppe ist am Ende des 18. Jahrhunderts gelegentlich einer Hungers not in Bayern aufgekommen und auch später dort zu Boltsspeisungen öfter verwendet worden. Die Küchen, in denen die Speisungen stattfanden, hießen Rumforder Suppenanstalten. In Rogebues Pagenstreichen" sagt der schalkhafte Held zum Hanswurst Hans: Ich laffe dir täglich eine Portion Rumfordsche Suppe" reichen. Damals wußte auch wohl noch jeder, woher der sonderbare Name dieser Suppe tam, während diese Kenntnis heute verblaßt ist. Ihr Erfinder war ein Amerikaner namens Benjamin Thompson , der von 1784-1799 in München als bayerischer Staatsrat amtiert hat. Er errichtete außer den Suppenanstalten noch Schulen für Soldatenfinder, Arbeitsstätten für Erwerbslose usw. Wegen seiner Verdienste auf philanthropischem Gebiet ernannte Kurfürst Karl Theodor ihn 1792, und zwar nach dem Namen feines amerikanischen Geburtsortes, zu einem Grafen von Rumford . Seitdem führte die von ihm erfundene billige Volkssuppe gleichfalls diesen Namen, unter dem sie bekanntlich noch heute, nach dem Rezept ihres Erfinders bereitet, im Handel ist. Er selbst hat sich um München noch mit der Anlage des Englischen Gartens verdient gemacht, wo man ihm ein Denkmal errichtet hat.
Völkerkunde
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KO
Das tanzende Afrika. Troß aller Tanzluft unserer Jugend ist bei uns der Tanz doch nur eine Ausnahme im alltäglichen Leben, während er bei dem Afrikaner zu den regelmäßigen Beschäftigungen gehört und für ihn eine notwendige Lebensäußerung ist. Dies befont Leo Frobenius im 1. Bande seines bei D. C. Recht in München erscheinenden Werkes„ Das sterbende Afrika", in dem er noch einmal die ganze Herrlichkeit der alt- afrikanischen Kultur in Schilderungen und Abbildungen vorüberziehen läßt. Bei Vollmand tanzt ganz Afrika ." Dieses Wort entspricht der Wahrheit, denn der afrikanische Bauer muß tanzen, wenn er gefund ist. Weißt du, woran wir ertennen, daß ein Kind fränklich ist und nicht recht aufwachsen wird?" sagte einmal ein Neger zu Frobenius . Daran, daß es nicht schreit. Jedes Wesen muß sich bewegen. Der Hund muß springen, die Ziege muß hüpfen, der Bogel muß fliegen. Das Kind muß von Zeit zu Zeit schreien, der Mensch muß von Zeit zu Zeit tanzen, und wenn er das nicht mehr muß, dann ist es nichts Rechtes mehr mit ihm. Dann ist er alt, Jungsein ohne Tanzen, Arbeiten ohne Tanzen, wirkliches Leben ohne Tanzen ist nicht möglich." Die abendliche Unterhaltung im afrikanischen Dorf schließt meist mit einem solchen Tanz. Beim Fest bildet der Tanz den Höhepunkt. Solch ein bäuerliches Tanzfest unter den schrichten Afrikanern erleben zu dürfen, ist gleich bedeutend mit einem Bad im Jungbrunnen," schreibt Frobenius . Ich kann nicht glauben, daß irgendwo auf der Erde ein stärkeres und gesunderes, ein tieferes und einheitlicheres Freudengefühl eine Gemeinde von Menschen verbinden kann.. Trommler und Bläser treten heran. Männer und Frauen tommen aus näheren und ferneren Wohnungen. Ist der Mond noch nicht da, erhellt schnell ein großes Feuer den ganzen Plak Und dann kann das schöne Erlebnis beginnen. Erst schüchtern. Die Jüngsten beginnen nicht gerne. 25jährige Männer und 23jährige Frauen find wohl meist die ersten Sichwiegenden, Aufspringenden. Aber auch alte Weibsen von 50 und 60 Jahren sah ich der Jugend mit gutem Beispiel vorangehen. Denn die Frauen tanzen hier gern bis an ihr Lebensende, während bie Männer später leicht etwas ihrer Würde zu vergeben fürchten. ( Starken Anreizes benötigt es nicht, um auch bald die Scheu der
Jugend zu überwinden und einen ersten Strudel und Wirbel zustande zu bekommen. Dann aber dröhnt die Erde wieder vom Stampfen und Schreiten und vom herrlichsten Taft in welchem die Afrikaner angeboren talentiert sind, so daß manches Klavier spielende Jungfräulein Europas hier in die Lehre gehen könnte. Wenn du aber meinst, daß hierbei viel gelacht und gejauchzt wird, so bist du in einem großen Irrtum befangen. Solcher Tanz ist eine ernste Angelegenheit, und Männer und Frauen, Jünglinge wie Mädchen verziehen keine Miene. Der Schweiß beginnt in Strömen Biele Atempausen sind nicht Sitte, Unterbrechungen sind seiten, und an den schönfarbigen dunklen Körpern und Gliedern herabzufließen. auch dann geht das Ganze nicht sogleich in eine fröhliche Plauderei über, wie das etwa bei uns nach dem letzten Verklingen eines Walzers oder einer Quadrille natürlich erscheint. Auffallend ist in allem da noch ein bemerkenswerter Zug. Man spricht so oft von den häßlichen, erotischen, unfittlichen Tänzen der„ Wilden". Ich aber, der ich so lange und innig mit so vielen Bölkern des inneren Afrikas befannt war, fann vor allem das eine sagen: so etwas wäre dem Wesen dieser Menschen durchaus entgegengeseßt. Unendlich reich ist die Form der Tänze und Tanzbewegungen. An der inneren Natur der Bauerntänze ändert das aber nichts. Jedoch tritt eine deutliche Steigerung ein, wenn die feierliche Gelegenheit den Tanz zu einer religiösen Kulturhandlung vertieft. Dann werden die Vorschriften straffer. Dann nähert sich das Kleid der Tänzer dem schauspielmäßigen Aufputz der Maste. Das afrikanische Bauernvolt ist damit auf der Höhe der Entwicklung seines Tanzes angelangt."
Naturwissenschaft
Die Mahlzeit des Delphins. Der bekannte dänische Malforscher Dr. J. Schmidt berichtete von einem weiblichen Delphin, der an der spanischen Küste im Mittelmeer erlegt und auf seinen Mageninhalt allem Otolither( logen.„ Gehörsteinchen"), von welchen nicht weniger untersucht wurde. Man fand in ihm gut erhaltene Fischreste, vor als 15 191 Stüd gezählt wurden. Der Delphin het also mindestens 7596 Fische gefressen, da jeder Fisch zwei diefer Gehörsteinchen" Familien der Heringe, Makrelen und Makrelensechte an. Meist besitzt. Die vorgefundenen Steine gehörten 5 Fischarten aus den werden Otolithen nich: häufig im Delphinenmagen vorgefunden, daher ist der Schluß berechtigt, daß die 7596 Fische eine einzige Mahizeit des Delphins darstellen!
Kulturgeschichte
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Die Herkunft der Gurke. Wie die Kürbisse und die Melonen, deren Früchte zu den Riesen des Pflanzenreichs gehören, stammt auch die Gurke aus Asien . All diese Früchte sind noch jezt die Lieblinge der südlichen, besonders aber der östlichen Völker. Von Konstanti nopel fam die Gurke zu den Slawen. Sie gehört noch heute zu den mit Vorliebe genoffenen Nahrungsmitteln der Russen. Ohne Gurfen fann der Groß- und Kleinrusse nicht leben; er verzehrt die in Salzwasser eingemachten Früchte den ganzen Winter. Von den Slawen fam die Gurke erst im 16. und 17. Jahrhundert zu den Deutschen . Der Ausdruck, faure Gurken" war damals nur in dem zum Teil von slawischen Völkern bewohnten Teil Deutschlands üblich und ist erst in neuerer Zeit allgemein gebräuchlich geworden.
Vom Menschen
Warum wir lachen. Die Natur des Lachens" heißt ein Buch des englischen Psychologen J. G. Gregory, in dem er nicht nur die physiologische Natur des Gelächters, sondern auch den Wert des Lachens für das Menschenleben und seine feineren Formen in der Entwicklung des Wizes, der Komik und des Humors zu ergründen sucht. Nach seinen Darlegungen stellt jedes Gelächter in erster Linie eine Erleichterung dar, und das läßt sich am besten an der primitivsten Form des Lachens nachweisen, die dann auftritt, wenn man uns figelt. Das Lachen, das durch Rizeln hervorgerufen wird, ist eine Reaktion der gefizelten Person auf die Berührung, wie jede andere unwillkürliche Bewegung, die zum Schuße des Körpers ausgeführt wird. Das Lachen wird nicht durch irgendein Gefühl des Lächerlichen hervorgerufen, sondern durch die physiologischen Veränderungen, die aus der Erkenntnis herrühren, daß bei der Berührung feine Gefahr zu befürchten ist. Ueber den physiologischen Vorgang sagt Gregory: Der Ansporn zu einer Handlung, mit der jede zum Lachen führende Erregung beginnt, vermehrt den Zucker im Blut Dieser Zucker und die anderen damit verknüpften Abfonderungen führen eine besondere Quelle der Energie herbei. Wenn dadurch eine Handlung ausgelöst wird, so wird diese vermehrte Menge von Energiestoffen verarbeitet. Da, aber bei einer als lächer. lich erscheinenden Situation teine Handlung erfolgt, so würden die Energieftoffe im Körper bleiben und unbenutzt überflüssig werden. Diese überflüssigen Stoffe würden den Körper belästigen. Um also die unnötigen Stoffe sofort wieder fortzuschaffen, tritt an die Stelle der Handlung durch den Körper eine Handlung im Körper, eben das Lachen, die die„ Energiestoffe" aufbraucht." Nach dieser Theorie ist also das Lachen zur Erhaltung unseres förperlichen Gleich gewichtes notwendig, und auch alle die zahllosen seineren Formen, die nicht durch Rizeln ausgelöst werden, bezwecken letzten Endes eine Fortschaffung unnötiger Produkte.