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Nachdem wir uns über die Schallrichtung gceinigt hatten, gingen wir darauf zu. Ikber ein« geraume Weile schimmert« etwas Weißes durch die Stamme: ein Holzfäller in Hemdärmeln! Er war über uns nicht weniger erstaunt als wir über ihn erfreut! Während er uns auf den Weg nach Heiligblut führte, kamen wir mit ihm ins Gespräch. Er erschien uns als ein kräftiger Sechziger, erklärte aber, 82 Jahr« alt zu fein und eine noch«ganz junge Frau" zu haben: es stellte sich dann allerdings heraus, daß dieseganz junge Frau" nur im Verhältnis zu ihm ganz jung war: sie zählte auch schon Sv Jähret und daß dasjung" gleichbedeutend mit kurz verheiratet ,war! Wir hatten in unserem Handgepäck noch«in paar Berliner Butterbrötchen, die wir ihm anboten. Wie wundert« er sich über das weiße Mehl der Brötchen! er sie nicht, er steckte sie ein: dainit wolle er seine Enkel beglücken! Aber als er von unserm Kognak kostete, da ging es wie« n Leuchten über sein Gesicht und seine Zunge schlürft« das«dl« Naß, als wäre es Nektar der Göttertrank! So was Feines hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gekostet! Seine Augen leuchteten, so oft wir ihm anboten. Zuletzt wurde«r ganz gesprächig: seit seiner Jugend, als er sich zur Assentierunq(Rekrutierung) gestellt" hatte, in Cham drüben, war er nicht mehraus dem Walde" herausgekommen! Jahraus jahrein hatte er als Holzknecht gearbeitet: er hatte geheiratet, seine Kinder erzogen, Kinder und Weib begraben allesim Wolde". Er hatte auch noch nie in seinen: Leben eine Eisenbahn gesehen, die Welt da draußen war ihm«in Geheimnis, nach dessen Lüftung er kein« Begierde trug. Die Politik war ihm gleichfalls ein mit sieben Siegeln verschlossenes Buch und da er nicht lesen konnte, wußte er auch nichts von Zeitungen. Aber«ine Kunde war auch in fem« Waldeinsamkeit gekommen: die Kund« von einem Volts- mann, der für dl« Arbeiter gesorgt habe! Man kann sich unser Erstaunen vorstellen, als«f uns den Namen dieses Voltsmannes" nannte: Bismarck ! Bismarck?" Ja. Bismarck! Das sei noch ein rechter Mann! Der habe für die Arbeiter gesorgt! Jetzt brauche«r nur alle Quartal seine Frau aufs Bezirksamteimschicken" nicht einmal«ine Eingabe brauche er zu machen! und da krieg« si« seinePension"! Und wie schön sei das! Früher, wenn so ein Alter, wie er, am Sonntag auch mal ins Wirtshaus gegangen fei und«in oder zwei ..Stamperl" Schnaps getrunken habe, da hätten ihn die Bauern schiach"(scheel) über die Achsel angesehen und voll Verachtung zu verstehen gegeben, daß deralte Schnapser" doch bloß auf ihr« Kostenlumpe": jetzt sei das ganz anders: jetzt verzehre er fein Geld, sein«Pension", könne sich neben den Bürger- Meister setzen, und wenn diesem das nicht paff«, so könne er und nun zitterte der �autochthone Bajuoar«, der nie etwas von Goethe und seinen Götz von Berlichingen gehört hatt«, ganz riehtig und wortgetreu das im ganzen Bayernlande wohlbekannt« Zitat! Nazi konnte natürlich dasFrozzeln" in diesem Augenblicke nicht unterlasien, er kniff sein linkes Aug« zu und sagte ganz Harm- los zu Bebel :Na, August, was saast Du nun?" August lächelte, denn er verstand Nazi's Bosheit! Aber Nazi wandt« sich jetzt an seinen Landsmann und meinte:So, so, Bismarck hat Dir«in« Pension ausgesetzt?"--Na, na," unterbrach ihn der bieder« Waldler.j«der Arbeiter kriegt jetzt so ne Pension!"So, j«ber Arbeiter ober, sag' mal, Host Du nie was von einem anderen Volksmann gehört, von einem August Bebel ?" Von diesem hott« nun der prächtto? Alte nie ein Wort gehört. er wüßt« auch nichts von der Sozialdemokratie und ihren Be- ftrebungenl Als«r uns aus den Fahrweg nach Heiligblut gebracht hatt«, verabschiedet« er sich voll Dank und Freude über das gespendete kleine Trinkgeld, das in seinen Augen viel höheren Wert darstellte als in unseren, und wir gingen fröhlich Heiligblut zu. August mckcnd! Armer August! Wie oft mußt« er in späteren Jahren noch unser« Neckerei ertragen über denVolksmann Bismarck"! Dorfabenö. Von Otto Köhler. lue Glut des Tages ijt vorübergebrcmnt und zerrt matte Schatten huiter sich her. Alles ist M und müde. Nicht ein Vogel schlägt seine Stimm« in die stumpfe, träge Lust, nicht ein Wind bewegt das Achrenmeer, das wie goldgelber Samt über sanfte Hügel und Hänge gebreitet ttegt und nicht«in Wald und nicht ein Busch, der nicht im Warten hängt: im Warien um die Nacht, um den cchlaf. So taub liegt das Schweigen der Lust über allen Dingen, daß sich mein Ruf nicht sortpslanzen kann, so taub, daß auch ich müde werde und benommen. Ick, singe mcht ein Lied, ich denke keinen frohen Ge- danken. Nur schreit« schreiten, langsames, wmrfchloses Schreiten. Ein Prometheus, seftgeschmiedet an den schroffen Felsen der Stim- mung. Und immer wieder nur Schreiten durch Schluchten und Wälder, Weizenpäss« und staubige Straßen in die erstarrte Land- schast. Kiefernwälder und kühle Gärten zu meiner Linken blicken mich mit matten Augen an ml« duftlose, glasige Gemälde alter Mörchenbilder. Langsam sickert die Nacht über die ersten versteckten Dorshäuser, über den nahen glatten See und durch die Linden- baldach.ne der Dorfftraße, in der längst schon das Spiel der Kinder ««rftnninrt ist. Ost könnte ich mir und gut vorstellen: vor den Gärten und in den Friodhösen stünden riesige Zypressen, deren zitternde Kronen bis in die ernstkühlen Bezirk« des blauen Schweigens stechen, irgendwo im dichten Wald« läge«ine verborgen« Ruine, von der aeheimnis- voller Zauber und ängstliche Schreie der Eule zu mir herüber- drängen und fern cnn Horizont gleit« über silberne Rebenhäng« der letzte gelb« Gruß der sinkenden Sonne. Es muh wohl so fein, daß dem Ansässigen, dem Hiesigen, dem Märker immer fremde Bilder und rmmer fremde Sehnsüchte die Ruhe zerreißen: es muß aber auch sein, daß?hm durch alle Farbe», und' Heimaten die eigene, eine Heimat brennt, ewig innen brennt und ihn verzehrt, so«r ihr nickst folgt. Diele haben es fertig ge­bracht, chre Sehnsucht zu unterdrücken, so wie man täglich kleine Uew arten unterdrückt, viel« habe,, sie aus ihrem Leben gewiesen und haben sich selbst dabei des Lebens entsagt und viele wissen deshalb auch nicht um rhre Heimat. Aber Glück und Heimat erkennt man erst, da man es verliert: doch dem wahren Menschen ist Berlore.r- heit Gewinn, so w e ihm Leiden Lehren sind und mütterliche Hände. Ich liebe noch die Sehnsüchte und die Leiden: noch die Mädchen und Blumen und nenn« nur zeitweilig den Namen der Mutter. Morgen die Ferne, heute die Mark, heute die Landstraße, den Dorf- abend mit fernen von Ernten pkmlternden und ruhend rauchenden Bauern vor ihren Häusern und Gärten. Um dies« Zeit ist unter den Männern jeglicher.Haß und Zwiespalt geflohen, wenn sie so noch der Arbeit sitzen. Zu ihren Füßen lagert die Dämmerung und der Feierabend. Kein Fluch unterbricht den Frieden, kein Viehlaut, kein Tanz und keine hitzige Musik:«s ist noch nicht Sonnabend nach den Ernten. Hier inmitten dieser traulichen Häuser duftet es wieder nach Lupinen, denn die bedrückende, beklemmende Lust hat nicht Gemalt, bis m die Gaffen zu dringen, sie liegt wie feindliche Wesen über den Wäldern und Landstraßen, von denen nur zu Zeiten dünnes Ge- rausch später Heuwagen herüberweht. Fern über dem Sc« erhebt sich eine Vahnböschung. auf der ein« einsame, wuchtig« Lor« in den Himmel ragt. Dics« Nacht, diese Dorfnacht nur ist so schön. Man wird weiter draußen bleiben. Kein Laut, kein Windhauch. Denn es ist Nacht. Nur schreiten, schreiten, langsames Schreiten voller Sehnsucht.--- Oer Teufel und öer Menfih. Don Erna Büsing. Ein Mensch tat einen tiefen Schlaf am Fuße eines Berges. Di« guten Gedanken und das gute Wollen der Menschheit gingen als Engel durch seinen Traum. Und die Engel wollten ihn beschen» ken, und sie ließen ihn Menschenleben sehou.> Da war ein alles Mütterchen. Sein« Körperkräft« waren schon stark herabgemindert,«s hatte schwer mit wirtschosttichen Sorge>, zu tämpfsn, und dennoch nahm«s sich eines verlassenen Kindleins an. Es wußte, daß der Vater sich nicht um das Kind kümmert« und die Mutter sich seiner schämte. Als Antwort darauf gab dach alte Mütterchen dem kleinen Wesen seine ganze Liebe. Und da» Kind lächelte froh, lebensunbewußt, und das alte Mütterchen nahm dankbaren Herzens die selbstgewählt« Bürde auf sich. Ein Engel aber neigte sich zu dem Menschen und fragt«:Soll lch Dir das Mitleid schenken?" Darauf sah der Mensch«inen geveiften Mann. Em heimlich«» Feind,«in Freund des Dunklen und der Intrige, hatte ihn unt sein« Stellung und um die Ehr« bei den Menschen gebracht. DockJ nrm gereute den Missetäter sein Tun, und er stand zerknirscht vor dem Manne. Der streckte ihm in Versöhnung seine Hand entgegen, ging aufrecht seines Weges und schuf sich ein neues Leben. Em Engel fragte den Menschen:Soll ich Dir dos Vergeben- können schenken?"! Hernach sah der Mensch einen Jüngling. Der war in Prunk, Wohlleben und Weichheit erzogen.- Aber er verließ sein elterliche» Haus und ging unter fein« Arbeitsbrüder. Er faß hinter Büchern und rechnete, er stand an der Maschine und wurde ihr Handianger,' er verlebte mit einfachen Menschen sein« Feierstunden und horcht« auf. Mit ganzer Seele trat er für seine Arbeitsbrüder ein. IM Zusammengehörigkeitsgefühl mit der Mass« sagte er:Ich veti stehe meine Mitmenschen, daher lieb« ich sie."> Und ein Engel fragte den Menschen:Soll ich Dir das Ber - stehen schenken?" Da kam das eingeschlafen« Gewissen der Menschheit, der Teufel, und zeigte dem Menschen die Gewalt. Und der Mensch grlff zu und Macht wurde sein einziger Gedanke. Im selben Augenblick stand der Egoismus vor allen Menschheitsfragen. Der Mensch stampfte über die Erde, brutal, waffenklirrend, das Gesiihl zertrat er, und den Versiand machte er sich Untertan. Die Gewalt war sein Recht, und sein Erfolg ließ Philosophen erstehen, die. seinen uneingeschränkten Machtrausch alz Guttat an der Menschheit be­gründeten. Des Geldes bemächtigte er sich und der Maschinen, und seine Macht wurde, für sich schaffend, für andere zerstörend. Er raffte und raffte, und um seines Ueberfluffes wegen schwand da» Wohl anderer dahin. Hohn hatte er für die Armen und Schivachen und sagte:Euer Leben und das Leben Eurer Kinder ist nrir v«r- fallen." Immer ichsüchtiger wurde er und betet« schließlich seine» Ratgeber in sich selbst an, und die Leute sagten von ihm, er sei ein Großer im Zeitalter des Kapitalismus .