Wissen und Schauen
Einige Zahlen von Riefentieren. Als Riefentiere bezeichnet Pütter solche Tiere, deren Gewicht eine Tonne übersteigt. Solche Tiere sind selten gewogen worden, und so wurde auf Grund vorhandener Maße an ber Hand eines verkleinerten Modells aus Plastilin das Gewicht errechnet. In welchen Tiergruppen werden nun Riesentiere gefunden? Zunächst wären die Riesentintenfische oder Kraten zu nennen, jene sagenhaften, riesigen Geetiere mit den mit Saugnäpfen befehten Fangarmen. Sie dürften ein Gewicht von 2 bis 5 Tonnen erreichen. Unter den Haifischen kommen verschiedene Riefenformen vor. Rhinodon, ein wahrscheinlich pflanzenfressender Hai, der 15 bis 20 Meter Länge erreicht, soll eine Schwere von 100 Tonnen besigen. Unter den eigentlichen Fischen, den Lurchen und den Vögeln gibt es teine Tiere von so großer Ausdehnung. Die Kriechtiere jedoch haben in den ausgestorbenen Sauriern Vertreter mit solchen Ausmaßen. Für den Fischsaurier( Ichtyosaurus), der als Meerestier in der Jurazeit eine Länge von 12- Meter erreichte, wird ein Gewicht von 13 Tonnen, und für den großen Diplodocus, dessen Skelett als Gipsabguß im Lichthofe des Museums für Naturkunde in Berlin steht und eine Länge von 25 bis 30 Meter hat, werden 132 Tonnen errechnet. Unter den Säugetieren übertreffen das Tonnengewicht: Rinder Bison, Elch, Antilopen und Walroß. 2 bis 3 Tonnen erreichen Flußpferd, Nashorn und Elefantenrobbe. Die größten Elefanten wiegen 6 bis 8 Tonnen. Die bei weitem mächtigsten Riesentiere, die auch die ausgestorbenen Saurier um ein Bedeutendes übertreffen, finden sich aber bei den Walen. Die fleineren Arten( Schwertwal, Dögling, Finnwal) haben ein Gewicht um 10 Tonnen herum. Für die Blauwale, die die Meeresteile bewohnen, die die Nordküften von Europa , Asien und Amerika bespülen, werden mit ihrer Körperlänge von 31 bis 33 Meter 800 Tonnen in Rechnung gestellt, so daß sie als die größten Tiere anzusprechen sind. Ihre Länge übertrifft die unseres kleinsten Säugetieres, der 4 Gramm schweren Zwergfledermaus, um das 500fache. Jedoch ist die sprichwörtliche Speckschicht der Wale auf ihren Körper berechnet im allgemeinen nicht dicker als die eines fetten Menschen mit 3 Zentimeter. Gewaltig sind die Kräfte, die ein Wal in seiner Schwanzflosse entwickelt. Pütter stützt sich auf eine Angabe, daß ein harpuniertes Tier imftande war, einen Dampfer, dessen Maschine mit 230 Pferdekräften mit 12 Knoten rückwärts lief, mit einer Geschwindigkeit von 12 Knoten stundenlang vorwärts zu ziehen. Daraus ergibt sich für ein Tier von 27 Meter Länge und 290 Tonnen Gewicht eine Leistung von 460 Pferdestärken. Um eine solche Leistung hervorbringen zu können, muß ein Verbrauch von 3330 Liter Sauerstoff in der Minute angenommen werden. In der Ruhe würde sich diese Zahl auf 900 Liter erniedrigen.( Der Mensch verbraucht in 24 Stunden 520 Liter.) Die großen Furchenwale tönnen bis etwa 30 Minuten tauchen. Sie müssen dabei 27-30 Rubikmeter Sauerstoff mit in die Tiefe nehmen. Zu diesem Zwecke muß die Lunge 100 bis 115 Rubikmeter Luft speichern fönnen. Das Herzgewicht eines großen Wales erreicht 1500 Kilogramm, die Blutmenge etwa 118 bis 29 Tonnen( beim Menschen 6 bis 10 Kilogramm), jedoch beträgt der Blutdruc nur ein Drittel von dem des Menschen. A. P.
Himmelskunde
Der veränderliche Stern im Walfisch.„ Mira Ceti" heißt in nicht ganz einwandfreiem Latein der wunderbare Stern, dessen Helligkeit zwischen der zweiten und der neunten Größe schwankt. Innerhalb 330 Tagen wird er schwächer und schwächer und dann wieder stärker. Er ist der bekannteste der ziemlich zahlreichen veränderlichen Sterne und war, seit ihn im Jahre 1596 der holländische Geiftliche Fabricius entdeckte, stets Gegenstand eifriger Beobachtung. Sein Speftrum ist das eines roten Sternes, aber man hat daneben cuch, abweichend von diesem Typus, Wasserstoffftrahlen gefunden. Vor ein paar Jahren glaubte Dr. Jon auf der Sternwarte des Mount Wilson in Amerika , zur Zeit des schwächsten Ansehens der Mira daneben noch ein ganz fleines blaues Sternchen zu entdecken, war aber seiner Sache nicht sicher. In der klaren Luft Kaliforniens bat nun Professor Aitken auf der Lick- Sternwarte die Beobachtung bestätigen können. In einer Bogensetunde Entfernung stand neben dem Stern Mira ein Sternchen, das etwa halb so groß sein mochte, mit blauem Licht. Seine Entfernung wird auf 8000 Lichtjahre geschätzt. Man vermutet also, daß der veränderliche Stern eigentlich ein Doppelstern ist, und daß die Schwankungen in der Helligkeit, die ja sehr start sind, auf ein gemeinsames Kreisen der beiden Sterne um einen Schwerpunkt zurückzuführen wären.
Kulturgeschichte
111.
Der schöne Teufel vom Wedding . Im Jahre 1728 wurde dem hohen Criminalcollegium zu Berlin ein Mädchen von 22 Jahren vorgeführt, gegen das Verdacht cufgekommen war, daß sie mit dem Teufel einen Paft abgeschlossen habe. Das Mädchen wurde vom hohen Criminalcollegium gehörig ausgeforscht und gestand schließlich auch ein, daß sie sich dem Teufel verschrieben habe, daß sie also eine Here fei. Vor einiger Zeit, so ungefähr fagte das Mädchen aus, habe sie auf dem Wedding einen hübschen Kerl mit blauem Rock und gefickter Weste fennen gelernt, der mit ihr spazieren gegangen sei und mit ihr schön getan habe. Er gab ihr auch Geld und stellte sich schließlich als der leithafiige Teufel vor. Nun mußte sie ihren Leib und ihre Seele dem Teufel verkaufen. Dieser drückte aus den Fingern des Mädchens Blut heraus und mit diesem Blut wurde der
Pakt mit dem Mädchen und dem Teufel unterschrieben. Dafür erhielt das Mädchen einen Zettel mit drei roten Buchstaben. Diesen Zettel sollte das Mädchen stets auf dem Leib tragen und war damit, nach den Angaben des Teufels, gegen jede polizeiliche und gericht liche Nachstellung gesichert. Später habe sie den schönen Teufel vom Wedding nur noch einmal gesehen und zwar an der langen Brücke.
Man fonnte eigentlich dem Mädchen nichts nachweisen. Da sie aber mit dem Teufel ein unzüchtiges Verhältnis begonnen, von ihm Geld genommen und sich ihm verschrieben hatte, so hielt hohes Criminalcollegium dafür, daß das Mädchen mit Schwert oder Feuer zu bestrafen sei. Da aber die peinlich Angeklagte zum Teil aus Not gehandelt habe, nur geringen Verstand befize und augenschein lich auch von Melancholie" befallen sei, wolle es hohes Criminal collegium dabei bewenden lassen, die Verbrecherin lebenslänglich in das Spinnhaus nach Spandau zu sehen, wo sie bei„ leidlicher weiblicher Arbeit und geistlichem Zuspruch" das Leben beschließen fönne. Das Urteil wurde am 10. Dezember 1728 gefällt und vom preußischen König bestätigt. So mußte die einstige Freundin des fchönen Teufels vom Wedding in das Spinnhaus nach Spandau . Der Teufel mit dem blauen Rod und mit der feinen gestickten Weste ist nie ermittelt worden. Es scheint ein ganz durchtriebener Teufel gewesen zu sein.
口 回
Völkerkunde
A. M.
Die Entdeckung eines Amazonenstaates in China . Ein Staat von Amazonen, die über die Männer ihres Stammes unumschränkt herrschen, ist in China von dem Leiter der Expedition, die die amerifanische Geographische Gesellschaft ausgesandt hat, Frederic R. Wulfin, entdeckt worden. Die Bewohner dieses Staates find mongolischer Abstammung, heißen To- Runs und haben sich seit uralten Zeiten in dem wenig bekannten Teil Westchinas angesiedelt, in dem die Quellwasser des Gelben Flusses liegen. Aus ihren Rassenmertmalen schließt man darauf, daß das Quellgebiet des Gelben Flusses einer der wichtigsten Mittelpunkte der frühen asiatischen Bölkerwanderungen war. Die Frauen sind in diesem Staat die eigent lichen Herrscher, und zwar halten sie die Männer nicht etwa durch Jugend und besondere Schönheit in ihrer Macht, sondern auf Grund eines uralten Mutterschaftsrechts, das den alten Frauen die höchste Würde verleiht. Da der anbaufähige Boden spärlich ist, so können nur wenige Familien ihren Unterhalt finden. Die Frauen haben daher das Recht, mehr als einen Mann zu ehelichen, und sie schließen Heiraten auf Zeit ab, die sechs Monate, sechs Wochen oder auch sechs Lage währen. Die Nachkommenschaft aus diesen Ehen sieht in dem Mann ihren Vater, den ihr die Mutter als folchen vorstellt. Die anderen Männer der Frau gelten als„ Onkel" der Kinder. Familiennamen find unbekannt und von den Kindern wird als dem Sohn oder der Tochter der oder jener Frau gesprochen. Kaufen und Verkaufen ist nur den Frauen gestattet oder darf jedenfalls nur mit ihrer Einwilligung erfolgen. Sie führen den ganzen Haushalt. In einigen Teilen des Landes gilt die hut wahl", die auch bei manchen anderen Mongolenstämmen vorkommt. Ein Mann darf den Hut einer Frau, die er auf dem Tempelgebiet antrifft, fortnehmen, und sie wird dann ohne weitere Zeremonie feine zeitweilige Frau. Männer und Frauen rauchen ein Kraut, das dem Tabak ähnlich ist. Als Geld werden zusammengepreßte Teemengen in Ziegelform verwendet, und mit ihnen läßf sich jedes Verbrechen wieder gutmachen. So tostet z. B. die Er. mordung eines Priesters 200 Tecziegel, während für das Leben eires Fremden nur 2 bis 3 Teeziegel gezahlt werden. 回
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Naturwissenschaft
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Neue Untersuchungen über den Winterschlaf. Den rätselhaften und merkwürdigen Vorgang des Winterschlafes der Tiere hat man in neuester Zeit auf Vorgänge in den Drüsen zurückgeführt. Die Untersuchung von Schilddrüsen der Fledermäuse und Igel im Winterschlaf zeigte eine Rückbildung, während zur Zeit des Erwachens im Frühjahr ein Wiederaufleben der Drüsenprozesse festgestellt wurde. Man suchte also schlafende Tiere durch Zuführung von Schilddrüsenstoffen aufzuweden, und dies gelang auch bei Igeln. Ist diefe Er. wedung aus dem Winterschlaf aber eine spezifische Wirkung des Schilddrüsenertraftes? So frogt Dr. Bernhard Zonded in der„ klinischen Wochenschrift" und teilt die Ergebnisse seiner Versuche mit, die zu überraschenden Schlüssen auf den Wert solcher Organertrakte führen. Er konnte auch mit einer ganzen Reihe anderer Organertrafte die gleiche Wirkung erzielen wie durch den Schilddrüsen extraft. Immer wurden die Igel in gleicher Weise im Berlauf von einigen Stunden aus dem Winterschlaf erweckt. Die Substanzen, die auf den Igel wirken, müßten also in allen Extratten vorhanden sein. Weitere Untersuchungen zeigten aber, daß es gar nicht auf den Egtraft ankommt, den man dem Igel einsprigt, sondern nur auf die Temperatur der dabei verwendeten Flüssigkeit. Injiziert man dem 3gel eine Flüssigkeit, die 3 bis 8 Grad höher ist als seine Bluttemperatur, so wacht der Igel nicht auf. Ist aber die Flüssigkeit mehr als 8 Grad wärmer, dann wacht der Igel auf. Es handelt sich danach lediglich um Wärmeeinflüsse. Das Wärmezentrum des schla fenden Igels ist so fein eingestellt, daß diese Reize genügen, um bel ihm die ungeheure Wirkung zu entfalten, die aus einem Kaltblüter einen Warmblüter macht. Es ist also nur Zuführung von Wärme notwendig, um den Joel aus dem Winterschlaf zu erwecken, und damit fällt die ganze Theorie von der Einwirkung der Drüsenvorgänge in sich zusammen.