Mtlei»!- Reckt! Elegant gekleidete Menschen sitzen in den ersten Rechen des Theaters. Sie lehnen stch zurück in die weichen Polster und lauschen den qualerfüllten Puccini -Melodie». Heute gilt ihr Mitleid jenen jungen Künstlern, die in elenden Räumen ihren Kamps führen um Ruhm und Geld, manchmal auch um wahres, großes Künstlertum. Wie ist der junge Dichter dort aus der Bühne doch zu bedauern, den bitterste Not zwingt, an das Mitleid jener Satten und Reichen im Parkett zu appellieren. An das Mitleid von Menschen, das erst geweckt werden muß durch die Gestalten, die die Phantasie des Dichters geboren, das aber unberührt bleibt von der Not der Taufende, die tagaus und tagein den gleichen verzweifelten Kampf kämpfen. Im Morgengrauen könnt ihr es sehen, wie die gierig auf- gerissenen Fabriktore die jungen, abgehetzten Menschenkinder ver- schlingen. Erst in den Abendstunden werden sie dem Leben wieder zunickgegeben, au�epreht und ausgesogen. Und sie alle sind doch auch junge Menschen, in denen es brodelt und gärt, in Venen Sehn- sucht nach Freude und Licht lebt. Aber sie können nicht hingehen und thr Leben leben, sie sind eingespannt in das harte Muß des Alltags. In heimlichen Minuten nur können sie ein Lied singen von Sehnsucht und Leid. Ihrer denkt niemand! Keine der geschmückten Frauen, deren Tränen angesichts des Elends auf der Bühne so reichlich fließen, verspürt den Willen, auch nur eine Seele der Maschinenskloven zu befreien, daß sie aufjubelnd ins Licht entfliehen kann. Nein, wir wollen auch kein Mitleid, wir wollen Recht! Und wo wir es nicht freiwillig erhalten, da werden wir es uns er- Eingen. In unserer Gemeinschaft der sozialistischen Bewegung äffen wir am neuen Werk, das uns die Freiheit gibt, damit auch Seelen der arbeitenden Menschen sich frei entfalten und ins Helle steigen können. Senta Petzon. Spaltung öer Bei den Kommunisten herrscht eitel Freude. In ihren Zeitungen berichten sie über Masienausschliisse und Massenaustritte bei der KAI., ja, sie erwarten deren Spaltung. Was ist in Wahrheit vorgefallen? In Berlin und Westsachsen haben sich die dortigen Gruppen einiger Störenfriede entledigt, nachdem die Bersuche, mit diesen Leuten trotz gewisser Meinungsverschiedenheiten kameradschaftlich zusammenzuarbeiten, immer wieder fehlgeschlagen waren und die Betreffenden alle Mahnungen und Warnungen wegen der Folgen ihres Treibens mißachtet hatten. Die Anführer derOpposition", in Leipzig der Genosse Otto und in Berlin ein gewisser Goldenberg, hatten in ihren Gruppen einen kleinen Anhang gesunden, der sich leider erst im letzten Augenblick, wo er den vollen Ernst der Sach- läge und zugleich auch den wahren Hintergrund der Opposition er- kannte, von den Anführern trennte. Angeblich richtet sich die Opposition gegen die falsche Verbands- taktik, gegen Verwässerung des Kampfgedankens in der SAJ. Man forderte mehr politische und wirtschaftliche Aktivität und besonders auch den Abbruch jeglicher Zusammenarbeit mit bürgerlichen Iugendverbänden. Ueber diese Dinge kann man sich in der SAI. durchaus auseinandersetzen, ja, In diesen und jenen Gruppen- und Bezirkskonferenzen: auch in Reichskonferenzcn sind diese Fragen diskutiert worden. Die Debatten endeten in allen Fällen mit Mehrheit«- beschlllssen, die dann selbstverständlich die Grundlage der Verbands- arbeit bildeten. Trotz dieser Entscheidungen kann man natürlich auch einer nur kleinen Minderheit nicht das Recht verwehren, ihre Ansichten bei all den Gelegenheiten immer wieder vorzutragen, wo grundsätzliche Entscheidungen über die Vetbandsarbeit zu fällen sind. Es muß jedoch die gesamte Organisationsarbeit empfindlich stören, wenn einige wenige Leute, die mit Ihren Ansichten immer wieder in der Minderheit blieben, einen Kampf innerhalb der Organisation beginnen. In Berlin gab es z. B. nicht nur Oppositionskonferenzen, es gab auch gedruckte Willenserklärungen der Opposition und schließlich sogar eine besondere Zeitung. In Leipzig gab Otto, der sein Amt als Vorsitzender des Bezirks Westsachsen bisher immer mit Hilfe eines für seine Zwecke gut konstruierten Delegations- fystems für Bezirkskonferenzen hatte halten können, ein Flugblatt > gegen seine eigene Organisation heraus, in dem rein kommunistische Gedankengänge propagiert und entsprechende Forderungen gestellt wurden. Der Führer der Berliner Opposition hat zugeben müssen, daß er der kommunistischen Presse Material zu Artikeln gegen die SPD. und SAJ. geliefert hat. Die hier zutage tretende geistige und organisatorische Verbindung zu den Kommunisten war wenig- stens für die führenden Leute die eigentliche Triebkraft chres Handelns. Diese Feststellung wird besonders erhärtet dadurch, daß auf dem Parteitag der Kommunisten in Essen die Leitung des kommunistischen Jugendoerbandes die O�osition in der SAJ. als das Ergebnis ihrer Arbeit, ihrer direkten Verbindungen mit Mit- gliedern und Mitarbeitern der SAJ. darstellte und in der Debatte diese Behauptung der kommunistischen Jugcndzentrale noch mehr- fach unterstrichen und bekräftigt wurde. In dem Augenblick, als diese Zusammenhänge vollständig klar wurden, war natürlich für die betreffenden Ortsgruppenleitungen der Zeitpunkt für energisches Zugreifen gekommen. Die verant» wortlichen Führer der sogenannten Opposition wurden von Partei- und Jugendorganisation ausgeschlossen. Die erste Tat des Berliner Führers Goldenberg war die Einberufung einer Versammlung in Berlin , in der er über das Thema:Mein Weg zur kommunistischen Partei" referierte. Von den zur Versammlung erschienenen rund 65 jugendlichen Teilnehmern schieden über die Hälfte noch vor Beginn der Versammlung wieder aus, weil sie nun das Spiel durchschauten. Die SAJ. hat durch diesen Vorfall keinen auch nur irgendwie nennenswerten Schaden erlitten. Die paar Dutzend Jugendliche, die sich in Berlin und Leipzig von ihren Anführern nicht trennen wollten, werden wir oerschmerzen müsien. Es kann einem nur leid tun, daß sich immer noch wieder Menschen finden, die sich von einigen unverantwortlichen Leuten aus der großen sozialistischen Bewegung herausziehen lassen. Die Kommunisten aber werden ihre Fahnen bald wieder auf Halbmast senken müsien. Ihr augenblickliche» Freudengefchrel ist lediglich Taktik und hat in den wahren Vorgängen bei der SAJ. keine Begründung. Sie möchten gar zu gern»ine Panik erzeugen, aber sie werden sehr schnell ersahren, wie die SAJ. über Ihr Treiben lacht. Die Onkel und öle Tanten. Wem von den Burschen und Mädel der proletarischen Jugend- bewegung wäre es nicht schon einmal so gegangen: Wenn wir nach der Schulentlassung einige Jahre in Lustix.kett und Freude, aber auch in Kampf und Kampfbereitschaft inmitten der sozialistischen Jugend- bewegung verbracht haben, kommen eines Tages die Onkel und Tanten zu uns und wollen uns überzeugen, daß diesesVagabunden- leben" nun mal ein Ends haben müsse. Ueberhavpt sei es be­haupten sie weiter für einen 18- oder Lvjäihrigen Burschen nicht mehr schicklich, in Kniehose und Schillerhemd herumzulaufen. Und übrigens feien Tabak und Alkohol, mitMaßen" genossen, keines- wegs schädlich. Im Gegenteil: Das mache erst den richtigen Mann aus. In einem solchen Alter müsse man mal an ordentliche Ler- gniigen denken(das kommendeVergnügen" des Sparoereins .Mauerblümchen" imBlauen Roß" z. B. sei ein solches). Untere Beschäftigung mit politischen Fragen führe ja doch zu nichts GuW,. Die Mädel müssen hören, daß es gar kein anständiges Leben sei, mit Burschen in der Welt herumzuziehen. Was soll aus so einem Mädel werden, wenn es sich dazu noch um Politik und Wissenschaft kümmert. Ja früher, da..... Und so räsonnieren die guten Onkel und Tanten und warnen und mahnen. Und wir? Lachen herzlich über ihre Sorgen und bekennen frei- mütig, daß es für uns kein größeres Vergnügen gibt, als so ver- nünftig und so bequem wie möglick gekleidet Sonntags lustig In Feld und Wald herumzustreifen, unser« freie Zelt in froher Geselligkeil und emsiger Selbstschulung zu verbringen und unsere lunxe, frische Kraft für bessere Gesells-baftszustände einzusetzen. Und das Rauchen und Trinken, der Tanzsaal- und Kneipenbesuch? Wir sehnen uns nicht im geringsten danach und halten es mit unserem Vorkämpfer Lasiall«, der schon gesagt hat, daß dem aufstrebenden Proletariat nicht di« Laster des Bürgertum» zieme.i. Ja, wir versichern zum Entsetzen der besorgten Onkel und Tanten, daß wir diese liebgewonnenen Lebensformen, weil sie uns gesund, frisch und tapfer machen, bi« in» hohe Alter hinein zu bewahren gedenken. Und gerade weil uns die heutige Gesellschaftsordnung hindert, in jeder Beziehung nach unseren Idealen zu leben, nehmen wir regen Anteil am Befreiung». kämpf der Arbeiter gegen ihre Ausbeuter. So antworten wir. des rechten Weges wohl bewußt, den lieben Verwandten. Wenn sich aber nun zu ihnen di« Eltern gesellen, viel- leicht, weil sie keine überzeugten Sozialisten sind und unser Tun nicht verstehen? Mit ihnen sind wir unmittelbar verbunden. Wir müssen versuchen, ihrer Einstellung Verständnis abzugewinnen und ihre aus mancherlei Enttäuschungen entstandene Resignation zu b«. greifen. Wir probieren es ihnen zu erklären, daß der Sozialismus nicht nur neu« Wirtschaft, sondern auch neue Menschen verlangt""d daß wir als Jugend ernstlich beginnen müssen, neben dem Wirtschaft, liehen Kampf auch die Kulturziele de» Sozialismus nach Möglichkeit in die Tat umzusetzen. Und die haben nichts mit dm Idealen des bequemen Spießbürger« zu tun, sondern setzen neue Lebensanschau- ungen, neue Lebensformen voraus. An uns Jungen liegt es, durch persönliches Beispiel zu beweisen, daß unser Streben doch kein leerer Wahn, sondern lebendig, erfüllbar ist. Wenn wir uns so bemühen, die Resignation der Altm zu begreisen und daneben unsere Achtung und Kindesliebe für sie noch verstärken, dann werden sie uns, wenn nicht ganz verstehen, so doch unsere eigenm Wege gehen lassen, die uns augenscheinlich so glücklich und froh machen. Freilich: Nicht alle von uns stehen io fest. Manch' einer oder eine hat sich still aus unseren Reihen geschlichen und ist zum größten Jubel der Onkel und Tanienvernünftig" und ein richtigerHerr", eine feineDame" geworden. Vergessen sind die Ideale: wie ein Strohfeuer sind sie niedergebrannt, und übriggeblieben ist nur ein schwaches Menschenkind, das, am Gängelband desHerkömmlichm"