Der vierte Stand...

Hört aus der dunklen Tiefe die Rufe: Wir sind der vierte, neue Stand.

Noch stehen wir auf der untersten Stufe, noch namenlos und unbekannt.

Doch nicht als Bitter und als Knechte, vom Spruch der Mühe stumpf und alt: Wir fordern wieder Menschenrechte mit donnernder Gewalt.

In uns find Nächte aufgerissen. Die Sonne warf ihr Herz zu Tal. Wir sind das neue Weltgewiffen, das mächtig leuchtende Faual.

Der Taft der Kolben und Maschinen gibt dem Gesez des Lebens Wucht, und aus dem Pflichtenspruch vom Dienen wächst Freiheit als die reife Frucht.

Noch stehen wir auf tiefer Stufe, noch namenlos und unbekannt. Hört aus der Tiefe unsere Rufe: Wir sind der vierte, neue Stand. Alfred Thieme .

Der erste Lohn.

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Boll freudiger Erwartung ging Frig feiner Arbeitsstätte zu, denn heute sollte er zum erstenmal Lohn bekommen. D, wie er sich auf dieses so schwer verdiente Geld freute! In Gedanken malte er sich aus, was er alles dafür kaufen wollte. Er sah nicht mehr die Straße, auf der er ging, sondern vor sein inneres Auge trat sein Zuhause. O, fehr schön war dies nicht. Eine niedrige Küche, die augleich Wohnzimmer war, und eine fleine Kammer als Schlafftube war feine Heimat. Troßdem alles vor Sauberkeit blißte, trium­phierte doch über allem die Armut. In einer Ecke der Küche saß ja wie fonnte man nur sagen? eine Menschenruine in Ge­danken verfunken. Es war Frigens Vater. Ja, wenn der noch ar­beiten könnte! Doch dies würde wohl niemals wieder geschehen, denn der Vater war in dem gräßlichen Völkermorden zu einem elenden Krüppel geworden. Dem Jungen durchschauerte es, als er Joweit in feinem Gedankengang gekommen war. Was würde er nicht alles tun, wenn er dadurch den Vater wieder zu einem kräfti­gen, lebensfrohen Menschen machen könnte. Doch das war wohl alles vergeblich. So wollte er wenigstens etwas zum Lebensunter­halt der kleinen Familie beitragen, damit sich seine gute, tapfere Muiter nicht mehr so zu plagen brauchte.

Noch heute nach Arbeitsschluß wollte er tüchtig einkaufen. Erstens mal einen feinen Braten, und da morgen Sonntag war, Ruchen, wie er überall in den Bäckereien ausgestellt war. Dazu Milch. Er fonnte sich gar nicht ausdenken, wie dies schmecken würde, denn so etwas Herrliches fonnten sich die armen Leute nicht leisten! Dann wollte er noch ein warmes Gewand für den Vater holen( weil der Immer so schrecklich fror). Und für die Mutter ein neues Kleid. Dann mußte morgen Miete und Lichtrechnung bezahlt werden. Was würden die Eltern für Augen machen, wenn dies alles schon bezahlt

mar.

Viel zu lang währte ihm heute die Arbeitszeit, die Uhr schien gar fein Erbarmen zu haben. Endlich begann die Geldauszahlung. Am liebsten wäre er hingesprungen, um sein Geld in Empfang zu nehmen. Doch zuerst bekamen es die Welteren. Endlich wurde auch er aufgerufen. Erwartungsvoll eilte er zur Kaffe. Mit einer groß­zügigen, hochmütigen Miene überreichte ihm der Meister fünf Mark für eine Woche Schuften und Plagen. Kaum ein gepreßtes Dante, wie es ihm die Gesellen eingetrichtert hatten, entschlüpfte Frizens Lippen, dann machte er schnell, daß er hinaus und weit weg kam. Ohne Ziel rannte er von dannen. Erschöpft sank er außerhalb der Stadt auf der Landstraße hin. Sein ganzer Körper erbebte unter heftigem Schluchzen. Was war aus all seinen Träumen geworden!? Rein einziger konnte in Erfüllung gehen, denn das Geid langte ja nicht einmal zu der noch schuldigen Bezahlung seines Arbeitsan­juges, den er sich hatte taufen müssen. Laut stöhnte er auf. Wie follte er nur so nach Hause gehen? Kein Geld bringend, sondern noch um den Rest des Anzugpreises bettelnd?

Jetzt entfann er sich eines furzen Gespräches mit einem früheren Schulfameraden. Dieser hatte ihm erzählt, daß er in die

fozialistische Jugendbewegung eingetreten war, um dort gemeinsam mit vielen Jugendlichen für das hohe Ziel der Menschengleichheit und Klassenlosigkeit zu fämpfen. Friz wußte jetzt, was er madjen müsse. Auch er wollte Mitglied dieser Organisation werden, Zwar mußte er sich fagen, daß es bis zur Erreichung dieses hohen Zieles, nach Menschenleben gerechnet, noch lange dauern würde, zumal noch so viele abfeits stehen und erst noch für den Kampf zu gewinnen find. Doch wußte er auch, daß es in vielen Jahren teine Menschen mehr gibt, die nicht wissen, woher das Geld für den nötigsten Lebensbedarf zu nehmen und teine Menschen mehr, die zeitlebens durch unsinniges Dahinmorden, was wir Krieg nennen, zu elenden, den anderen Mitmenschen und sich selbst zur Last fallenden Krüppeln werden. Wieder etwas gefestigt trat er nun seinen Heimweg an. Einige Blumen, die am Wege standen, wand er zu einem Strauß, um wenigstens damit seinen Eltern eine kleine Freude zu bereiten. Lotte Schön, Rötha bei Leipzig .

Gewerkschaftliche Jugendbildung.

Die Existenzberechtigung der gewerkschaftlichen Jugendbewegung dürfte heute wohl taum mehr umftritten sein. Sie hat sich ihren Play neben der SAJ. gesichert und zwischen beiden besteht heute in vielen Fragen, die das allgemeine Intereffe der werftätigen Jugend berühren, eine erfreulich innige Arbeitsgemeinschaft. Auch unfere proletarische Jugend braucht eine den bei jungen Menschen so verschieden gelagerten Intereffen gemäße Mannigfaltigkeit der Organisationsformen. Warum sollte denn nicht dem weniger pol bisch, aber um so stärker beruflich interessierten jungen Arbeiter eine berufliche Fortbildungsmöglichkeit geschaffen werden, deren Träger die Arbeiterorganisationen, die Gewerkschaften selbst find? So haben wir also heute gemäß dem organisatorischen Aufbau unserer deutschen Gewerkschaften eine nach Berufen gegliederiz gewerkschaft­liche Jugendorganisation, die damit schon wegen ihrer Organifa Arbeiter entgegenkommit. Schließlich nimmt denn auch die fach­tionsform den Bedürfnissen der mehr am Beruf intereffierten jungen liche Bildungsarbeit in der gewerkschaftlichen Jugendbewegung einen verhältnismäßig breiten Raum ein. Ein großer Teil der Gewerk­schafts- Jugendzeitungen find in ihrem Inhalt hauptsächlich auf das betreffende Fachgebiet eingestellt.

Diese Unterstützung des Jugendlichen in seiner beruflichen Aus­bildung dient natürlich ebenfalls den allgemeinen profetarischen Be­langen. Denn es ist eine alte gewerkschaftliche wie politische Cr­fahrung, daß im Kampfe steht seinen Mann, wer auch im Beruf etwas leisten fann!" Auf Fachfimpelei allein darf sich freilich die gewerkschaftliche Jugendbildungsarbeit nicht beschränken. Denn sie iſt ja gleichfalls für die Heranbildung eines geeigneten Nachwuches von Funktionären der Arbeiierschaft mitverantwortlich. Eine gründ­liche Erziehungsarbeit zur fozialen und politischen Einsicht muß also neben der beruflichen Bildungstätigkeit geleistet werden. Hier bei darf insbesondere auch die Politik keineswegs zu kurz foniment. Wohl die meisten Jugendvereine sind Kameradschaften und erfassen fomit den ganzen Menschen. Eine entsprechende Aufte lung der profetarischen Jugendbildung etwa zwischen Gewerkschaftsjugend und SAJ. läßt sich daher selten durchführen. Wie die SAI. ihre Mitglieder auch für gewerkschaftliche Fragen zu interessieren hat, so die Gewerkschaftsjugend für politische.

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Dagegen ist aber die Zufammenfassung der beruflich geglieder­ten gewerkschaftlichen Jugendvereine in einer gemeinsamen Fach­organisation, der FBI."( Freie Gewerkschaftsjugend) zum Zwecke der Allgemeinbildung durchaus notwendig. Biele Berufsgruppen tönnten sonst wegen der geringen Zahl der am Orte vorhandenen Lehrlinge des einen und felben Berufes weder leben noch sterben. Diese nun vorherrschende organisatorische Gliederung der Gewerk schaftsjugend in Jugendabteilungen der Verbände und vor allem lokale Zusammenfaffung in der FGI. hat sich so gut bewährt, daß die FGI. heute überall mit als richtiges Glied unferer proletarischen Jugendbewegung betrachtet wird. Georg Raible.

Zehnjahrfeier der dänischen Jugendorganisation.

8. Februar in einer großen Veranstaltung ſein zehnjähriges Be­Der dänische Sozialdemokratische Jugendverband feierte ant stehen. An der Feier nahm der dänische Ministerpräsident Genosse Stauning teil. Die Feier wurde durch Radio über das ganze Land verbreitet. Der Verband zählt gegenwärtig 147 Ortsgruppen mit rund 13 000 Mitgliedern, das bedeutet eine Zunahme von 21 Grap­pen mit 2300 Mitgliedern im Laufe des lépten Jahres. Der Ver­band ist gegenwärtig die stärkste Jugendorganisation Dänemarts. In der letzten Zeit ist eine erhebliche Verjüngung der Mitglieder eingetreten. Beim lenten Kongres waren 35 Broz. der Mitglieder unter 18 Jahren, 43 Proz. standen im Aster von 18 bis 22 Jahren, während 22 Pro3. über 22 Jahre alt waren. Diese Zahlen haben fid) in der neuesten Zeit weiter zugunsten der jüngeren Jahrgänge verschoben.