Jugend- Vorwärts

Nr. 9

Beilage zum Vorwärts

5. Oftober 1930

Mehr Jugendschutz und Jugendrecht

und Neigung, nicht die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung feiner Eltern" maßgebend sein sollen, noch nicht durchgeführt, Immer noch erstrebenswerte Ziele sind, so steht doch der ungeheure Fortschritt gegenüber dem Vorkriegsdeutschland fest. Die Kon statierung diefes Fortschritts genügt jedoch teineswegs zur Gewinnung der Jugend für den

heutigen Staat, für die demokratische Republi

Der Ausgang des Reichstagswahlkampfes hat ganz unzweldeutig| Aufnahme eines Kindes in eine bestimmbe Schule seine Anlagen bewiesen, daß außer bisherigen Nichtwählern große Massen der Jungwähler, derjenigen, die nach Vollendung des 20. Lebensjahres zum ersten Male an die Urne schritten, um von ihrem höchsten staats­bürgerlichen Recht Gebrauch zu machen, thre Stimme den Parteien der äußersten Rechten und Linken gegeben haben. Die Jungwähler haben sich nicht in erster Linie und in überwältigender Mehrheit für die Sozialdemokratie, für die­jenige Partei entschieden, durch deren zielbewußte Wirksamkeit diesen Wählerschichten erst das Wahlrecht gegeben wurde. Der So­zialdemokratie, der Partei des ar beitenden und schaffenden Volkes, ging es hier nicht anders, als mit der Einführung des Frauenmihl rechts: fie wurde, wenn auch richt im Stich gelassen, doch nicht in dem Maße gestützt von den Volks­freisen, denen sie das Wahlrecht ertämpft hat, wie man gere: hter­weise erwarten fonnte.

ARBEITS­NACHWEIS

Das Wahlergebnis beweist aber auch, daß es die Republik  nicht verstanden hat, die heranwachsende Genera tion für sich zu gewinnen. Große Teile der Jugend der Re­publif stehen im Lager ihrer stärk. ften Gegner, bei den Kommunisten und Nationalsozialisten. Diese Tatsache zu ertennen bedeutet nicht, sich damit abzufinden, es sind im Gegenteil die Ursachen festzustellen, und dann ist für Abhilfe zu forgen. Der Gedanke einer Her. aufsetzung des Wahlalters, wie er in der Deffentlichkeit bereits er. örtert wurde, ist völlig abwegig. Ganz abgesehen davon, daß die Sozialdemokratie getreu ihrer Ber­gangenheit und grundsäglichen Ein stellung dieser Maßnahme nie zu­stimmen könnte, würde ein solcher Wahlrechtsraub die heranwachsende Generation in noch stärkerem Maße in die Arme der Rechts- und Linksbolschemisten treiben und von Republik   und Demokratie entfernen. Das Ziel muß sein, die junge Generation für den neuen Staat zu gewinnen und attiv werden zu lassen.

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Die Jugend neigt nicht sehr start zur Erforschung des Gewese. nen, sie ist in die Gegenwart hin­eingestellt und verspürt mit un geheurer Stärke die sie bedrücken­den Nöte. Die Not der Jugend ist heute insbesondere infolge der allgemeinen Wirtschaftsdepression trot besserer Sozialgesetzgebung größer als in der Vorkriegszeit. Es sei nur darauf hingewiesen, daß heute die ihre Lehrzeit beendenden Jugendlichen fast restlos auf die Straße gesetzt werden. Durch die Notverordnung der Bürgerbloc regierung Brüning- Dietrich- Trevi­ranus wurde Jugendlichen, die das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Erwerbslosenunter stügung, den Ausgesteuerten unter 21 Jahren die Krisenfürsorge ge­nommen. Wie deprimierend sich diese Maßnahmen auf den jungen Menschen auswirken, kann nur der ermessen, der täglich mit ihnen zu­Jammenkommt. Will die Republik   die Jugend für sich gewinnen dann muß sie ihr wenigstens den unbedingt notwen digen Lebensraum ge­sehlich sichern. Welche Mindest ansprüche sind zur Gewährung dieses Le. bensraumes für die Ju. [ gend zu fordern? Vor allem sind die von allen Jugendver. bänden ohne Unterschied ihrer Weltanschauung vertretenen sozial politischen Jugendschuhforderungen des Reichsausschusses der Deut­fchen Jugendverbände" gefeßlich festzulegen:

Tut Gourmer 30,

Eine halbe Million erwerbslose Jugendliche gibt es in Deutsch­ land  . Ein schweres unverschuldetes Geschick lastet auf diesen jungen Menschen. Die Sozialistische Arbeiterjugend fordert Beschaffung von Arbeit oder wenigstens ausreichende Arbeits­losen- und Krisenfürsorge für alle jungen Erwerbslosen. Du kannst diese Forderungen unterstützen, indem du Mitglied der SAJ. wirst.

Da ist die Frage am Blaze, was die Republik   bisher zur Gewinnung der Jugend getan hat. Es kann und darf nicht verkannt werden, daß in den 12 Jahren nach der Staats­umwälzung für die geistige, wirtschaftliche und gesellschaftliche För berung der heranwachsenden Generation mehr geleistet worden ist, als in Jahrzehnten des Vorkriegsdeutschlands. Achtstundentag für die Jugend, verstärkter Schutz im Arbeitsverhältms, Schaffung von Jugendheimen, von Spiel- und Sportplägen, Gewährung der Ver­einigungs- und Versammlungsfreiheit, Ausbau der Erholungspflege sind einige der von der Republik   durchgeführten Maßnahmen. Wenn auch nicht verkannt werden soll, daß die Durchführung des Grund­satzes des in der Nachkriegszeit geschaffenen Reichsjugendwohlfahrts. gefezes, wonach jedes deutsche Kind ein Recht auf Erziehung zur Leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit" hat, daß die Bestimmung des Artikels 146 der Reichsverfassung, wonach für die

1. Grundsätzliche Ausdehnung der Schutzbestimmungen für Lehr­linge und Jugendliche Arbeiter und Angestellte auf das Alter vom 14. bis zum vollendeten 18. Jahre;

2. 3 Wochen bezahlte Ferien für erwerbstätige Jugendliche ( einschließlich Lehrlinge) unter 16 Jahren und 2 Wochen bezahlte Ferien für erwerbstätige Jugendliche( einschließlich Lehrlinge) zwischen 16 und 18 Jahren;

3. Festsetzung einer Arbeitswoche von höchstens 48 Stunden einschließlich des Fachunterrichts und der Zeit, die für Auf­räumungsarbeiten beansprucht wird;

4. Beginn der fonntäglichen Arbeitsruhe mit Sonnabend­mittag oder Gewährung eines freien Nachmittags in der Woche; 5. Festsetzung ausreichender Arbeitspausen;

6. Verbot der Nachtarbeit für Jugendliche bis zu 18 Jahren. Darüber hinaus ist mit Nachdruck dafür einzutreten, daß die von der Reichskonferenz des Verbandes der Sozialistischen Arbeiter­