Mr. 4.

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Diese Beitung erscheint drei Mal wöchentlich, und zwar: Dienflags, Donnerstage n. Sonnabends Abends.

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Berlin  , Sonntag, den 11. Janua: 1874.

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Social- Demokrat

Eigenthum des Allgemeinen deutschen   Arbeiter- Bereins.

Zeitbetrachtungen am Wahltage.

H. In dem Augenblid, wo die Mehrzahl unserer Leser die heutige Nummer erhält, wird die Wahl schlacht beendet sein. Die aufgeklärten socialistischen Arbeiter Deutschlands   haben damit einen neuen An­Lauf gemacht gegen das Bollwerk der gewalthabenden Klaffen, und die Bresche ist erweitert, welche in den Wall der Borurtheile, der Feigheit und Dummheit gen, gebrochen wird. Lauter wie vor drei Jahren tönte In diesmal der Schlachtraf: Hie Arbeit! Hie Kapi­it tall Und mächtiger gingen die Wogen der socialen Bewegung.

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Mag das Ziel auch noch weit entfernt sein, wel­thes wir uns gefledt haben, nämlich die Mehrheit des Bolles aufzuklären und zu vereinigen, damit fie die den volle Freiheit auf socialem und politischem Gebiet fich erringe Niemand kann es uns bestreiten, daß ein neuer, träftiger Shritt vorwärts gethan ist, daß die Social Demokratie nimmermehr erlahmen wird.

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Die moderne Gesellschaft geht unaufhaltsam ihrem Untergange entgegen; die beispiellos wachsende Aus. bentung der Boltsmaffen, die verheerenden Krisen auf der einen Seite und der nichts achtende Uebermuth, denn die Berläugnung aller Sittlichkeit auf der anderen beweisen Jedem, welcher sehen will, daß die im Glanze der Macht ftrahlenden Herren der Welt auf dem glimmenden Bultan tanzen, welcher jeden Augenblic feinen Schlund öffnen kann, um sie zu verschlingen.

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Welche Lehren haben uns doch die Jahre seit der legten Wahl gebracht!

Da sahen wir zuerst das gewaltige erschütternde atens Schauspiel der Parifer Commune, den Riesen­Tampf des zur Berzweiflung getriebenen Proletariats, welcher nach den furchtbarsten Zudungen, nach lange schwankender Entscheidung endlich im Blute des Voltes erflidt wurde. Und doch sind die Machthaber Frank arme reichs thres Sieges nicht froh geworden; noch immer schwelgen fie ein unerhörtes Beispiel in der Welt­geschichte im Morde der Gefangenen, und die Angst vor einer dereinstigen Sache des Boltes treibt and fte zu den entsetzlichsten Gräuelthaten an. 25.) Und in Deutschland   hat sich ein nicht weniger chte lehrreiches Drama abgespielt. Die Bourgeoisie hat,

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hingeriffen vom Taumel ihrer neuen Machtstellung, eine Epoche des Schwindels und der Ueberproduktion hervorgerufen, durch welche alsbald die nothwendige meb Folge, eine folossale Handelskrise, entstanden ist. mnat Der militärische Siegesjubel hat dem socialen Noth­ftand in kurzer Zeit Plat gemacht. Lauter denn je pocht das Elend an die Thür der Arbeiterhütte.

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In Frankreich   wurde das arbeitende Bolt nie. dergemezelt durch die Ausbeuter. In Deutsch­ land   wurde es durch sie ausgeplündert. Das tigen ist die bittere Lehre der verflossenen drei Jahre.

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Nun wohl, das arbeitende Bolt hat nicht um= sonst dies theure Lehrgeld gezahlt; die sociale Auf­lärung, das Klaffeninteresse des vierten Standes und der Durst nach Freiheit wachsen von Tag zu Tag. Die gesellschaftlichen Zustände selbst agitiren für sen Socialismus.

Und so stärkt fich denn auch die Organisation den Ferdinand Lassalle's  , so mehren sich die Ar­beiterbataillone tros aller Wuth der feindlichen Ausbeuter.

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Immer erbitterter wird der Klassenkampf. Die jetzige Wahl zeigt uns weit mehr noch als alle früheren, daß sich die sämmtlichen Parteien, so sehr fie fich untereinander auch haffen mögen, vereinigten gegen die Social Demokratie. Ein allgemeiner Mischmasch von Parteien, voll reaktionären Haffes mie gegen die Freiheit und voll kapitalistischer Ausbeu­tungssucht, geftaltet sich aus unseren Feinden die gehäffigste, aber auch die kläglichste Erscheinung.

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Doch, kann uns dies wundern? Sicherlich nicht! Das ist vielmehr die nothwendige Entwicklung der Bourgeoisgesellschaft.

Die alten herrschenden Stände gehen auf in der Bourgeoifle, der Mittelstand wird von ihr erdrosselt Bel und in's Proletariat hinabgedrückt, und so flafft denn schon unüberbrückbar der Abgrund, welcher die zwei

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großen Klaffen der Gegenwart, die Enterbten und die Genießenden, die Arbeitsbienen und die Drohnen scheidet.

Die Socialisten haben diese Entwicklung schon vorausgefagt, als man fie taum ahnte welcher Lärm erschallte beispielsweise aus der Fortschritts­partei, als Laffalle ihr geradezu erklärte: alle Bar teien find der Arbeiterpartei gegenüber eine einzige reaktionäre Masse. Was die angeblichen Frei­heitsmänner vor zehn Jahren verläugneten, das pre­Digen fie jest öffentlich, und das bestätigt der jetzige Wahltag.

Wohlan denn, ist unsere Voraussage eingetroffen, daß sich die Gesellschaft unabwendbar spaltet in die Arbeiterklaffe und die befizende Klaffe, daß zwischen Beiden um das Mein und Dein, der ingrimmige Klaffenkampf losbricht- dann wird auch unsere fernere Boraussage in Erfüllung gehen; Der Kampf wird enden mit dem Triumph der Arbeit über das Kapital; die große tulturgeschichtliche Bewegung wird fich ganz vollziehen, und an Stelle des Lafters, des Elendes und des Klassenhaffes wird, wenn die Arbeit Königin geworden, Sittlichkeit, Reich thum und Brüderlichkeit die ganze Menschheit beglücken.

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Politische Uebersicht.

Berlin  , 10. Januar.

In Carthagena ift man noch immer guten Muths. Nach neueren Nachrichten hat das Bombardement, troßdem es in lepterer Zeit ununterbrochen fortge­sezt wurde, sehr wenig Schaden an den Befestigun­gen verursacht. Die Belagerten erwiderten das Feuer lebhaft, und die Nachricht von der Regierungs­änderung hat ihnen neuen Muth gebracht, da ste hoffen, daß die Gesinnungsgenossen im ganzen Lande fich endlich erheben werden, um der Herrschaft der ausbeutenden Klaffen ein Ende zu machen. Wie es aber heißt, laffen sich die Freiwilligen der Freiheit" ruhig von den Regierungstruppen entwaffnen; das Bolt aber hat keine Waffen. So müssen sich also die tapferen Vertheidiger von Carthagena auch ferner auf ihren eigenen Muth und ihre Standhaftigkeit verlaffen. Wie einem italienischen Blatte geschrieben wurde, befanden sich in der Junta bisher 25 Fran zofen, 16 Belgier, 18 Engländer, 3 Russen und 5 3taliener ein Beweis, daß die Kämpfer von Carthagena wiffen, daß fie für gemeinsame, hohe Zwede und nicht für partikularistische Bestrebungen in's Feuer gehen, indem fie die besten Kräfte, ohne Unterschied der Nation, auf solche Vertrauenspoften berufen.

Die Blätter bringen folgende Notiz über die An­gelegenheit des Kulihandels:

Dem ,, Journal de St. Petersbourg" wird aus Beding  mitgetheilt, daß die chenefische Regierung gleichfalls sehr ernste Maßnahmen gegen den Kulihandel ergriffen habe. Sie manifeftirte dies besonders dem Präsidenten von Peru   gegen über, welcher in der Abficht, die Beziehungen seines Landes zu Japan   und China   zu regeln, nach Yeddo und Beting in der Person des Deputirten Aurelio Garcia y Garcia einen außerordentlichen Gesandten abgeschickt hatte, um mit diesen Ländern Verträge zu schließen. Nach Erledigung seiner Ge schäfte mit Japan   erbat dieser Letztere in Shangai die Ver mittelung der Bertreter Frankreichs   und der Bereinigten Staaten, um mit der chinesischen Regierung in Verhandlung treten und namentlich einen Bextrag über die Auswanderung der Kulls schließen zu können. Die chinesischen Minifter weigerten fich fategorisch, in freundschaftliche Beziehungen au Pera zu treten, che nicht der letzte Kuli wieder nach China  zurück gebracht sei. Der Gesandte erwiderte, daß eine solche Antwort auf die friedlichen Eröffnungen Perus   allen diplo matischen Gebräuchen zuwiderlaufe, und daß China   durch Ablehnung feiner Vorschläge fich des legten legalen Mittels beraubte, die Auswanderung zu fontroliren, und wenn end­lich China   jeder Transaktion über die Kulifrage abgeneigt set, so lege hierin noch kein Grund, einen Vertrag mit einer unabhängigen Macht zu verweigern, welche den Wunsch nach einem solchen äußere. Die chinesischen Minister blieben un­e schütterlich und trafen ihre Maßnahmen, um die Peru­vianer zu verhindern, nach Beting zu tommen, so gut, daß, als der Sekretär des Gesandten Garcia diese Reise im Ge­folge eines franzöfifchen Kaufmannes antreten wollte, er in Etentfin verhaftet und zur Umkehr nach Shangai gezwungen wurde. Gleichzeitig trifft die chinesische Regierung die

4. Jahrgang.

Medaktion u. Expedition Berlin  ,

Dresden   erftraße Rr. 63.

Bestellungen werben auswärte bei allen Bostämtern, in Berlin   in der Expebi tion, sowie bei jebem Spebiteur ent gegengenommen. Inserate( in der Errebition aufzugeben) werben pro breigespaltene Petit- Betle ober beren Raum mit 4 Sgr. berednet Arbeiter- Annoncen bie breispaltige Zeile oder beren Raum 1 Sgr.

frengßten Maßregeln im Süden des Landes, um die Kali­ausfuhr zu hindern, nad hofft dieselbe endlich auf Macao   zu beschränken, über welches fie jedoch keine Autorität hat. Be­tanntlich hat die portugiesische Regierung in Macao  , ent sprechende Maßnahmen verfügt."

Dieser abscheuliche Menschenhandel wird also nun enolich aufhören, und die Lebensbedürfnisse der ame­ritanischen Arbeiter nicht weiter durch die Konkurrenz dieser bedürfnißlosen Arbeitsthiere herabgedrückt. Die chinesische Regierung wird freilich nicht aus die­sen Motiven zu der energischen Handelsweise getrie­ben ihr geht es nur darum, daß ihre Ausbeu­tungsobjekte hübsch im Lande bleiben und sich dort redlich bei schwerer Arbeit von Reis und Mäusen nähren!

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* Die ,, Kreuz- Zeitung  ". schreibt:

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Eine von Berliner   Social Demokraten( Lassalleanern) einberufene Beltsversammlung", in welcher unter anderen Rednern auch Herr Hafenelever fich als Wahlkandidat der Arbeiterpartei vernehmen ließ, wurde es durch eine Resolu tion für Pflicht der Arbeiter erklärt, den 10. Jannar   zu einem Feiertag zu machen und für den Arbeitertandidaten Safenclever zu fimmen. Die Bersammelten trennten sich mit den lebhafteßten Hochs auf den Kandidaten." So berichtet ber hiesige Sociol Demostrat", und da dies Blatt Herrn Hasenclever zum Leiter hat, so zweifeln wir nicht an dem Superlativ der Hehe auf Herrn Safeuclever, zu deren ge brudtem Eche fich der Ssc.- Dem." macht. In derselben Nummer versichert bas rothe Blatt: daß die Abonnentenzahl fich in diesem Onartal auf 17-18,000 erhöhen werde," unk es falipft daran den frohleckenden Sat:

" Der Zuwachs von 8000 Abonnenten in dieser Belt der Arbeitsnoth giebt uns aber auch die Berechtigung, zu glan  ben, daß am 10. Jaunar bei ernftem Willen und großet Thätigkeit unsere Partei einen bedentenden Wahlfieg erfechten wird."

Nun, der als Feiertag in Aneficht genommene Wahltag wird ja zeigen, sb für die Social Demokraten bereits die Zeit da ift, die Früchte der Anesaaten des Liberalismus in ihre Schennen zu bringen. Zum Dreschen" ist es bekannt­lich hie und da schon gekommen, und der Zuwachs an Abon­nenten, auf welchen der Berliner   ,, Social Demokrat" seine rothen Hoffnungen bant, ist doch auch ein nicht zu unter­schäßendes Symptem dieser Zeit."

Die Kreuz- Zeitung ärgert fich fichtlich darüber, daß auch andere Leute, als Könige und Fürsten  , vom Volle mit Hochs bedacht werden!

Das rothe Blatt" und die rothen Hoff­nungen erinnern lebhaft an das bekannte Gedicht vom Morgenroth!- 3m Uebrigen find die Social­Demokraten bescheidener, als die Krenz- Zeitung" fich vorstellt; auf" Früchte" machen sie noch teinen Anspruch; fie find damit zufrieden, einige Bertreter in die gesetzgebende Versammlung zu bekommen, da­mit das Elend des arbeitenden Bolles von der wich­tigsten Stelle im Reiche herab enthüllt wird, und die herrschende Klaffe nicht länger einen großen Theil des Volkes in Unkenntniß von dem Streben ihrer Brüder halten kann.

Wir sind noch am Säen", und gedroschen" wurde bis jetzt nur von anderen Elementen; wir brauchen nur an den Friedrichshain  " zu erinnern und an das öftere Einschreiten" des Militärs bei Strites.

* Die ,, Elberfelder Zeitung" schreibt:

,, Die ultramontane Kölnische Bolts Zeitung" bringt unter allerlei feinen Ausfällen auf die Elberfelder Zeitung" eine neue Korrespondenz von ihrem mehrerwähnten Elber­felder Berichterstatter, worin derselbe die Wähler des Herrn Dr. Lieber dagegen verwahrt, daß dieselben in einer mög lichen engeren Wahl zwischen dem Socialdemokraten Haffel­mann und dem liberalen Kandidaten Justizrath Stader nicht so prinzipien und daratterlos" fein wiirden, ein schwarz­rothes Bündniß" einzugehen. Der Leckerbiffen" würde uns niemals vorgesetzt werden, deffen dürfte der Korrespondent uns versichern. Wir nehmen selbstverständlich von dieser Berficherung hier gern Notiz, und werden die hiesige ultra­montane. Bartel s. z. daran erinnern."

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Jedenfalls ist die Partei der Elberfelder Zei­tung" auf den Lederbiffen"( 1500-800 Stimmen) fehr erpicht. Sollte es aber den social- demokratischen Arbeitern auch nicht gelingen, im ersten Wahlgange sämmtliche Gegner zu überwinden, so werden die fatholischen Arbeiter wissen, was sie zu thun haben. Höchst merkwürdig wäre es, wenn dieselben einem Ausnahmegefeßfabritanten" ihre Stimme gäben, be= sonders Angesichts der bevorstehenden Verhandlungen über das Preßgesetz.