Nr. 34.

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Berlin  , Freitag, den 19. März 1875.

Neuer

Social- Demokrat

Eigenthum der Lassalleaner.

5. Jahrgang.

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Berlin  ,

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Inbalt.

Der Friedrichshain   zu Berlin.  ( Gedicht zum 18. März.) Gedanken am 18. März.

Politische Uebersicht: Ledochowsky.- Aus Leipzig  .

burgisches.

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Aus England.

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Zum Arbeiterunglüd in Meißen  . Annoncen als Spiegel der heutigen herrschenden Gesellschaft.

Socialistenprozeß.

Korrespondenzen: Berlin  . Ludwigshafen  . Frankfurt   a. M.- Berlin  .

Ellenburg.

Markovic

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Mecklen

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Freienwalde.

Magdeburg  .. Harburg  .

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- Raffel.

Die traurige Lage der Schleifer.

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Die

Die Todesvollstreckungen des franzöfifchen Convents. Quittung.

Sprechsaal.

Bermischtes.

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G

Sie denken der alten Helden Mit frischem stolzem Math Und spätere Zeiten melden, Daß fte, wie jene so gut!

Gedanken am 18. März.

Unter dem lauten Triumphgeschrei einer Reaktion, die ihres Gleichen sucht, ist der Gedächtnißtag ernster weltgeschichtlicher Er­eignisse, der 18. März, wiedergekehrt. In allen Ländern Europa's   erheben die Feinde der Freiheit und der Arbeit ihr trogiges Haupt und vermessen fich, den Socialismus, die hohe

Feuilleton: Barbès und Blanqui und der Aufstand von 1839. 3dee der Zukunft, niederschmettern zu können. ( Forthegung.)

Der Friedrichshain   zu Berlin  .

Im stillen Friedrichshaine, Da ist ein weites Grab; Man fenkte die Gebeine Gefallener Kämpfer hinab. Hinauf zum Friedrichshaine Wogt' einft ein langer Bag, Als man im Sonnenscheine Hinaus die Todten trug. Wie wußte man da zu melden Bon glorreichem Siegesgefecht, Und von gefallenen Helden, Gefallen für Freiheit und Recht. Wie haben da um die Wette, Gehuldigt die großen Hirrn, Die, mit der goldenen Rette, Und die mit Band und Stern. Im fillen Friedrichshaine, Gebettet talt und hart, Da modern die Gebeine, Die dort man eingescharrt. Und denen von Siegestränzen Die Stirnen einft umweht, Die werden jest sonder Grenzen, Selästert und geschmäht.

Ja, früher waren es Helden, Die tief dort unten ruh'a Und jetzt die Blätter melden Von ihrem eitelen Thun  .

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Bon ihren Leichensteinen Der Fahnenschmud geraubt; An ihrem Grab zu weinen, Selbst das ist kaum erlaubt. Die Alten haben die Fahne Der Freiheit verlassen nun, Und sprachen laut vom Wahne Der Jugend und ihrem Thun  . Die Jungen, fie aber schmüden Die Gräber des Friedrichshain  Und schauen mit hellen Bliden Hinauf zum Frührothschein.

Barbès und Blanqui und der Aufstand von 1839. ( Fortsetzung.)

In unserem legten Feuilletonartikel hatten wir die große Demonstration der Pariser   Arbeiter vom 17. März 1848 ge­schildert, sowie die darauf folgende Kopflosigkeit der provisorischen Regierung.

In der ersten darauf folgenden Woche hätte wenig gefehlt und die Regierung hätte aus Angst vor einer Arbeiterrevolution den Socialisten Konzeffionen gemacht. Schon verhandelte man, wie wir gesehen haben, mit Biarqui über dessen Eintritt in die Re­gierung. Doch endlich flegte die zum äußersten Widerstande ent­schlossene Partei, und nun wurde das früher von uns ausführlich geschilderte Berläumdungskomplott gegen Blanqui in's Wert ge­feßt, um ihn bei Barbès und anderen Socialistenführern zu ver­dächtigen und so eine Spaltung herbeizuführen.

Leider glückte dieses Berläumdungssystem int ersten Moment und wir finden seine Früchte am 16. April bei einer neuen De­monftration. Ja ihrer Schilderung wollen wir wieder Stein folgen; derfelbe schreibt:

Der 7. März, indem er das Proletariat zum ersten Male als selbstständgen Körper der Bourgeoiste gegenüber gestellt hatte, hatte zugleich as Bewußtsein von der Gefahr erwedt, in welcher es schwebte. Die Arbeit des Gedankens war thätig; thätiger noch das Gerücht. Die Wahlbewegungen fingen an, stärker zu Die Borgeoifle ihrerseits begann, sich nach Waffen umzusehen und sich erelt zu halten. Sie wollte um keinen Preis eine Wiederholung der 17. März; sie wollte der Regierung eine fefte Stüße geben.

werden.

Die Kerker find angefüllt von Männern, welche die Wunden der Menschheit aufzudecken und zu heilen bestrebt find; aber die schamlosen Beschöniger des Lasters und der Ausbeutung, die mit wüften Berläumdungen gegen jene geächteten Socialisten in einer knechtischen und bestechlichen Preffe vorgehen, die Fälscher der Se­schichte, die Feinde der Wahrheit bieten mit frechem Sohne Jeder mann marktschreierisch ihr Lügengebräu feil.

Es giebt feinen noch so berüchtigten Hebel des verrofteten Rüstzeuges der Reaktion, welcher nicht aus dem Moder herver­gesucht würde, teine Lüge und Intrigue, welche nicht angewandt würde, um die Sache des Socialismus zu schädigen, welche doch wahrlich Sache aller Menschen sein sollte, denn in jenem Prinzip verkörpert sich aller gerechte Freiheitsdrang, alle brüder­liche Gleichheit, alles Erhabene und Begeisterte, was nur ein Menschenherz erregen kann.

In der ganzen Kulturwelt toben gleichwohl heute Stürme gegen den Socialismus.

Frankreichs   Machthaber find mit den Gewaltmaßregeln, mit dem Belagerungszustand, den Deportationen, der Knebelung des freien Wortes und der Prese noch heute nicht zum Schluffe gekommen. Und dennoch, jeder Tag zerrüttet mehr das Gebäude diefer Regierung. Bajonette find genug da, nur schade, auch Mac Mahon  , der Erstürmer des socialistischen Paris  , merkt die Wahrheit des Wortes: Man fann mit Bajonetten Alles machen, nur nicht sich darauf seßen."

England bietet uns ein gleiches Bild. Der Sunger ist die Waffe, mit welcher die Bergwerkskönige ihre Arbeiter zu Baaren treiben wollen, von denen Zehntausende von der Arbeit ausgeschlossen und brodlos find. Doch, mag auch der Hanger­typhus in die dampfen Hütten sich einniften, die Männer der Arbeit tragen ihr Haupt stolz aufrecht und wanken nicht.

Bei uns daheim in Deutschland   weht im heurigen März wahrlich kein freies Märzlüftchen, wie im Jahre 1848. Es ist die dumpfefte Reaktionsluft, in welcher nur" Reptile" sich wohl befinden. Märzerrungenschaften", das Wort flingt wie Spott! Und dennoch nicht Einen unter den Geächteten und Gehezten, den Socialisten, giebt es, welcher verzweifelte an dem endlichen Triumph seiner 3dee, welcher nicht vertrauensvoll am großen Werk der Zukunft fortarbeitete.

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Ja, Socialistenheze überall aber überall auch ver­gebliche Socialistenhez, aus welcher der für Wahrheit und Recht begeisterte Mensch nur neuen Muth und neue Kraft schöpfen wird.

Wie schön paßt doch der 18. März, der Tag, welcher die Pariser Commune   gebar, den Feinden des Socialismus, um an ihm ihr gesammtes Schimpfwörterlerifon auszuschütten. Ihr Socialisten wollt, daß die Menschen unter einander ran­ben, morden und brennen! 3hr wollt jede Kultur und

Ordnung zerstören!" so erschallt die Anklage in allen er­denklichen Tonarten.

Ihr kläglichen Denunzianten, Care Anfchuldigungen zeugen nur davon, daß Ihr selbst Each für kein erhabenes Biel, für feine reine Idee begeistern könnt! Wir Socialisten wollen, daß die Menschen sich unter einander lieben, daß fie brüderlich arbeiten; daß an Stelle des heutigen Kampfes Aller gegen Wir wollen die wahre so­Alle völlige Eintracht trete. ciale Ordnung, die Drganisation der Arbeit, welche an Stelle der heutigen Unordnung, der planlofen Produktion und gauner­haften Spekulation treten soll. Wir wollen, daß die Kultur und Sittlichkeit der Menschheit sich auf das höchste Maß entwidle. Das ist unsere Antwort auf den Giftschwall unserer Feinde. Und wenn dann troß alledem das höhnende Wort erschallt von Jenen, welche auf die Berfolgungen pochen und von der Socialistenbeße den Untergang der großen Arbeiterbewegung er­warten: Ihr Socialiften, alles Streben nach Gleichheit und nach Abschaffung der überkommenen Machtzustände wird erfolglos sein; die Weltgeschichte zertritt die socialistischen Ideale, und ihre Vorkämpfer gehen für einen Traum nuplos als Märtyrer zu Grunde", nun, dann erheben wir stolz das Haupt, weisen hin auf die großen Männer aller Zeiten, auf Sokrates, auf die Grachen, auf Spartacus, auf Savonarola  , auf Buß, auf Ga­lilät, auf alle 3ene, welche gerungen und gelitten haben für wahre, einft verspottete Ideen, welche heute längst ftegreich und zum Gemeingut Aller geworden find.

"

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Und dann rafen wir lant: So wird auch die Freiheit, fo wird der Socialismus troz aller Opfer aus den Gebeinen der Märihrer der Neuzeit emporwachsen und die ganze Mensch­heit beglücken. Wir vertrauen auf den Sieg der gerechten Sache, wir arbeiten und wirken für ihren Triumph, und sollten wir alle darob zu Märtyrern unserer Ueberzeugung werden, nun, dann bes glüden wir doch tommende Geschlechter!

Politische Uebersicht.

Berlin  , den 18. März. Bapst Pius hat den inhaftirten Erzbischof von Posen und nefen, Grafen Ledochowski, zum Kardinal ernannt. Ein neuer Sieb im Kulturkampf.

Im Stadtkreise Leipzig   findet demnächst wiederum elne Neuwahl zum Reichstage statt, da der bisherige Bertreter" des­felben, Dr. Stephant, sein Mandat niedergelegt hat.

Ja Mecklenburg  , dem Paradiese der Junker, kamen vor Kurzem im Landtage die Unglüdefälle an den landwirthschaft­lichen Maschinen zur Berhandlung. Es ist wirklich kaum glaub­haft, wenn man erfährt, daß die mecklenburgischen Krautjunker dabei entschieden Opposition machten, daß gesetzlich Schußvorrich tungen an ihren Maschinen eingeführt werden. In der betreffenden Sigung tam Folgendes vor: Ale nämlich Bericht über die bean­tragte Berordnung zur Verhütung von Unglüdsfällen durch land­wirthschaftliche Maschinen erstattet und dabei seitens der Bericht­erstattung betont wurde, daß alljährlich Hunderte von Personen Gliedmaßen oder Theile von Gliedmaßen durch landwirthschaft­liche Maschinen verlören und in Folge dessen die Triebräder, Meffer u. f. w. mit einer Ummantelung zu umgeben felen, daß auch ferner teine Kinder bei der Arbeit auf den Maschinen ver wendet werden sollten, erhob fich in den Reihen der Landjunker ein gewaltiger Sturm. Nach heftiger Debatte, in der ein edles Junkerlein die Ansicht aussprach, diese Verordnung sei für die

den Wahlen zuvorkommen. Bielleicht, daß es diesmal gelang, die Regierung zu stürzen.

Die Führer des Proletariats dagegen begannen the Werk auf's Nene. In der Regierung selbst tam es zu heftigen Strei­tigkeiten. Die Anzeichen der Niederlage des socialistischen Ele- Den Anlaß dazu gab die Wahl der Offiziere in der neu ments in den Wahlen mehrten sich. Umsonst arbeitete Ledru organisirten Nationalgarde. Es war den Arbeitern gestattet, vier­Rollin Tag und Nacht, so daß seine Kollegen fich über seine zehn Offiziere zu wählen. Vom Loxemburg aus wurden nun die Abwesenheit in ihren Berathungen beschwerten. Von dieser Seite Gewerke beschieden, am 16. Moril sich auf dem Marsfelde zu ver­war feine Hoffnung. Endlich trug er, auf das Kräftigfte unter sammeln, dort sich über die Wahl zu vereinbaren, und dann auf's fügt von Louis Blanc   und Genossen, nochmals auf Ausfegung Stadthaus zu ziehen, um der provisorischen Regierung eine Be­der Wahlen an. Das Gouvernement hatte sie zuerst für den tition zu übergeben. Die Clubbs fchloffen sich dem an. Eine Anfang April bestimmt. einem heftigen Streite, den felbft große Manifestation bereitete fich vor. N Lamartine nicht verdecken tn, flegte die gemäßigté Majorität über die radikale Partei. Die Wahlen wurden auf den 27. April definitiv ausgeschrieben; die Eröffnung der Kammer auf den 4. Mai feftgefeßt. Jest glaubte die Majorität die Dittatur ab. gewendet zu haben; es tam nur darauf an, bis dahin die Ord­nung aufrecht zu halten.

Die ganze Macht des Proletariate sollte aufgeboten werden. Es hieß, wie auch Proud­hon angiebt, daß Ledru- Rollin   und Cauffidière im Geheimen die Bewegung begünstigten. Dunkle Gerüchte verbreiteten fich in Paris  . Man war in tieffter Spannung.

Indeffen waren die Führer durch den Ansfall des 17. März flüger geworden. Sie wußten, daß dieser Tag durch Mangel an Allein dazu wäre dennoch ein entschiedenes Auftreten erfor- einem bestimmten Plane gescheitert war. Jetzt ward daher ein derlich gewesen. Der 17. März aber hatte einen tiefen Eindrud förmlicher Plan entworfen. Aus den Hauptleitern bildete sich ein auf die Mitglieder der Regierung gemacht. Sie glaubte si nicht geheimer Wahlausschuß, der im entscheidenden Augenblicke die im Stande, dem Proletariate zu begegnen. Die Führer des les- Gewalt in feine Hände nehmen sollte. Es ward eine neue Lifte teren fühlten das heraus und wußten es zu benutzen. Louis der Regierung entworfen; Waffen wurden angeschafft und Alles Blanc, um seine schwankende Pepularität wieder zu gewinnen, zu einem Aufstande vorbereitet. Die Gefahr schien drohender, veranlaßte die Kommiffion dis Luxemburg von der Regierung als je. zu fordern, daß dieselbe auf ihre Roften zwei bis drei Abgeord nete des Loxemburg in die Provinzen sendete, um auf den Geist der Wahlen einzuwirken. Es lag ein großes Bewußtsein ihrer Kraft in dieser Forderung; die Regierung aber, anstatt derfelben entgegen zu treten, gab nach und bewilligte die Forderung. Neue gitationen begannen. Man mußte, so schien es, in jedem Falle

Die provisorische Regierung wußte mehrere Tage vorher um Alles. Schon am 14. April gestanden Louis Blanc   und Albert im Rathe der Regierung, daß sich eine solche Manifestation vor­bereite um entfchiedener die Bertagung der Wahlen und die Beiseitigung sonstiger Beschwerden zu erlangen, als am 17. März. Es waren natürlich leere Worte, als Beide versprachen, so viel an ihnen sei, die Demonstration zu verhindern. Lamartine   selber

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