Nr. 36.
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Neuer
Social- Demokrat
Eigenthum der Lasalleaner.
5. Jahrgang.
Redaktion und Expedition:
Bertin,
Oranienstraße Rr. 8, SO.
63
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An unfere Abonnenten und Leser. Wir stehen am Ende des ersten Duartals und können Stolz und mit Genugthuung auf unsere Thätigkeit im verfloss fenen Quartal zurückblicken. Doch allein haben wir dies Resultat nicht erzielt, sondern alle Leser und Abonnenten des Neuen Social- Demokrat" haben durch Opferwilligkeit, Ausdauer und zahlreiches Abonnement mit zu diesem günstigen Resultat beigetragen. Wir rechnen Eud Parteigenoffen dies um so höher an, weil wir wissen, welchen Drud der große Rrach" gerade auf Euch, auf unseren Beserkreis, ausübt.
Es ist ja bekannt, wie gerade der Arbeiter die Sünden ver heutigen Gesellschaft büßen muß, und deshalb gerade wird Euer Opfermuth bei alle Denen, die es fich zur Aufgabe gemacht haben, für Eure Rechte, für die Nechte des vierten Standes, zu kämpfen, um so mehr Hochachtung und Anerkennung finden.
Es wird für uns ein neuer Sporn sein, im kommenden Duartal mit erneutem Muth an die Arbeit, in den Rampf zu. gehen, und hoffen wir dann von Euch, daß ihr uns auch ferner mit Opferfreudigkeit entgegenkommt; dies aber könnt Ihr nicht beffer bethätigen, als durch ferneres zahlreiches Abonnenicht beffer bethätigen, als burch ferneres zahlreiches Abonnement auf den„ Neuen Social- Demokrat" und die„ Socialpolitischen Blätter". Die Breffe, wie sehr fie auch noch beschränkt ist, ist doch unsere gewaltigste Waffe. Darum von Neuem zum neuen Quartal frisch auf zum Abonnement!
Alle Postanstalten nehmen Bestellungen entgegen auf den Neuen Social- Demokrat", pro Quartal für 1,60 m.( 16 Sgr.), in Berlin alle Zeitungsspediteure pro Duartal 1,95 M. ( 19% Sgr.), pro Monat 65 Pf.( 62 Sgr.) Die Socialpolitischen Blätter" kosten pro Quartal bei der Poft 1 Mark ( 10 Sgr.). Die Redaktion und Expedition.
Inbalt.
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Fabrikantenspiegel.( Fortsetzung). Politische Uebersicht: Aus dem preußischen Abgeordnetenhause. -Arbeiterelend. Fabrikantenhumanität. Zur Korruption in Defter Die ,, Berliner Bürgerzeitung. Die ,, Lasalle'sche Westentaschen- Zeitung" kein Verein.
retch.
( Fortfeßung.)
berg.
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Biemardomanie.
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Korrespondenzen: Wandsbed.-Ottensen. Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. Bremen. Mühlheim a.. Schmölln . Grafen Riel.
Cöln.
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Cöthen.
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Ein Obertribunalsbeschluß.
Vermischtes.
Feuilleton: Bux Gründerwirthschaft.
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Fabrikantenspiegel.
III.
( Arseitelohn und weiße Nigger.)
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Meine Rigger finb gottverdammt luftig" eine andere Antwort hat wohl niemals ein Mensch von einem ameritanischen Plantagenbefizer bekommen, wenn derfelbe nach der Lage
Zur Gründerwirthschaft.
Mittwoch, den 17. Februar, Abends 8 Uhr, war von einem Herrn Fechner eine Versammlung der Aktionäre der Wöhlert's en Maschinenbau- Altiengesellschaft im Café Humboldt in Berlin berufen, um angeblich Enthüllungen zu machen über die Art und Weise dieser Gründung", refp. der gegenwärtigen Berwaltung des Etablissements.
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Die Enthüllungen beftanden nun im Wesentlichen in folgenden drei Punkten:
feiner Sclaven gefragt wurde. Und wenn die Schwarzen Abends nach vollbrachter Arbeit am Herrenhause vorbei nach ihren Hütten getrieben wurden, dann fangen fte allerdings die luftigfien Lieder, und hatten dazu den besten Grand, denn wer nicht mit fang, nnd eine märrische Miene jog, machte ganz bestimmt mit der Bespeitsche Bekanntschaft; weshalb sollte er da nicht Iuftig sein! Nicht wahr, 3hr Herren Fabrikanten? , 3a, das waren Negersclaven; was gehen die uns an; wir beschäftigen freie, glädliche Arbeiter von weißer Hautfarbe" wir wiffen schon, so wird die Antwort lauten; aber halt, gerade das ist die Redensart, welche der wahrhafte Fabritantenspiegel wiederspiegeln soll. Ein Fabrikant, der über seine rbeiter ein anderes Urtheil fällt, als daß es ihnen beispiellos ut geht, daß fie bei mäßiger Arbeitszeit die höchstmöglien völlig auskömmlichen Löhne beziehen, daß fie jederzeit fparen fönnen, daß es nur an ihrer Trägheit und Lieder ligkeit liegt, wenn fie in Roth gerathen ein solcher Fabritant ist aus der Art geschlagen, er ist ein weißer Rabe. Gottverdammt luftig," müffen die Kerle sein, und wenn fie es nicht find, nun dann haben nur die social- demokratischen Hezer" die Schuld.
Nan, The Fabrikanten, was die Lage Carer Arbeiter betrifft, da spiegelt fie zunächst nur einmal direkt gegenüber den materiellen Berhältnisse jener einftmals so viel bejammerten Regermänner vorführen, welche selbst in Sclavenstaaten aufgewachsen fclaben. Und wir wollen hier die Aussagen einiger Gewährs. find, doch aus moralischen Gründen die Sclaverei verdammen.
Herr Sils , Sohn eines Plantagenbesizers im Staate Georgien , giebt folgende Thatsachen an: Die Negersclaven der Baumwollenplantagen find in der verhältnißmäßig schlechtesten age, fie erhalten nichts destoweniger meist jeden Tag, in der Zeit der Baumwollenernte, Fleischloft; ihre tägliche Arbeitszeit dauert für gewöhnlich fieben Stunden, nur in der Erntezeit elf Stunden täglich.
Herr Lethe, Sohu eines deutschen Arztes in Brafilien und Direktor diner Geschüßgießerei in Rio de Janeiro , theilt mit: Die Neger bekommen täglich drei Mahlzeiten und jedesmal Fleisch, meist freilich getrodaetes; die Arbeitszeit ift Morgens vier bis fünf und Abends drei Stunden täglich; vor Auf- und nach Untergang der Sonne wird geruht.
Was fagt Ihr zu solchen Zuständen, Ihr Herren FabriTanten? 06 Eure weißen Arbeiter wohl folche Arbeitszeit und täglich kräftige Fleischkoft haben, wie die„ Nigger"?
Natürlich, eine ganze Flath von Schilderungen der Schwelgerei unserer deutschen Arbeiter müffen wir als Antwort hören. Da sagt 3hr: Da sagt Ihr: Die Berliner Steinträger verdienen 6 Thaler täglich und trinken Champagner aus Weißbiergläsern" da zitirt Ihr Euren Harkort, der led behauptet, ein Düsseldorfer Maurergesell habe beim Geburtstagsschmanse 10 Flaschen Rüdesheimer und 6 Flaschen Champagner verpraßt"- und nun meint 3hr, mit solchen elenden Zeitungs- und Kalenderwigen hättet 3hr bewiesen, der deutsche Arbeiter lebe herrlich und in Freuden, der weiße Nigger fei gottverdammt luftig."
Nan, wir führen andere Beweismittel in das Feld: Der preußische Finanzminister von Camphausen bat erklärt, auf Grand amtlicher statistischer Erhebungen, daß fechs und eine halbe Million llaffenfleuerpflichtiger Preußen weniger als 140 Thaler an jährlichem Einkommen hat. Die Autoritäten der medizinischen Wissenschaft haben tonftaIII. 3m vorigen Jahre habe man 500,000 Thaler Hypothefen aufgenommen seitens der Direktion; und von diesen feten in der That die Dividenden gezahlt worden; in Wirklichkeit fei gar kein Geld zur Bertheilung von Di videnden vorhanden gewesen.
Von einem Harru, dessen Name uns entfallen, warde nun dagegen eingewendet, daß man, so weit es die Betheiligung des Dr. Braun anlange, fich davon überzeugen lönne, dag dieser wirklich betheiligt gewesen sei.
Man brauche nur zum Handelsrichter zu gehen und würde finder, daß Dr. Braun's Unterschrift dort wirklich in den Alten vorhanden, und zwar nicht allein in dem Verkaufsinstrument, fondern auch in dem Prospekt, der damals veröffentligt sei; bei legterem fehle jedoch die Legalisirung.
Fechner behauptete: I. Die Gründer hätten den Namen des Juftigeath und Reichstagsabgeordneten Dr. Braun ohne deffen Zuftimmung unter den feiner Zeit erschienenen Prospett gefeßt; das sei also Namensfälschung; welche Behauptung Fech ner dur 2 Briefe von der Hand des Dr. Braun zu beweisen versuchte. In dem erften dieser Briefe behaup tete Dr. Braun, er sei niemals an genannter Gründung betheiligt gewesen; im zweiten sagte er, er habe sich nach Die Handlung des Einberufers der beutigen Versammlung Darchficht der Atten überzeugt, daß er zwar Anfangs verliere aber wesentlich an Werth, wenn man wiffe, wie dieser daran betheiligt gewefen, aber bald zurüdgetreten fei, fon seit langer Zeit versucht habe, eine Preffion auszuüben auf weil ihm ein Prospekt in den Zeitungen zu Geficht ge- den Direktor Müller, resp. auf den alten Herra Wöhlert, ihm tommen, worunter fein Name gestanden hätte.( Wert- seine Attien( diefelben stehen jest auf 40) al pari retour zu würdig!) laufen; als ihm dies aber nicht gelungen, als man ihm im GeII. Der Generaldirektor der Fabrik, Herr Müller, sei Bergentheil nur 70 geboten habe und schließlich die Berhandlungen waltungsrath and Mitglied vieler anderer Aktiengesell- ganz abgebrochen wurden, habe er diese Bersammlung einberufen, schaften, so unter anderen einer, die der Wöhlert'schen wodurch er jedenfalls nicht sich nur, sondern allen Aktionären und Gesellschaft die Feilen liefere.( Gate Geschäfte!) Außer dem ganzen Unternehmen schade; denn die heutige Bersammlung Außerdem dem sei genannter Direktor im Prospekt ihnen angeprie- tönne leicht Ursache werden, daß morgen die Aktien auf 30 fielen, sen ale derjenige, der schon seit 23 Jahren die technische während sie heute noch 40 ständen und hoffentlich wieder höher Leitung der Fabrik habe; dies sei ebenfalls eine Lüge fleigen würden, sobald man nur der Fabrik nicht das Bertrauen) gewesen, denn es könne nachgewiesen werden, daß dies entzöge. Er lenne nur ein Mittel, das Unternehmen sofort zu noch vor ca. 10 Jahren ein Anderer gewesen sei. hrben, und das sei kein anderes, als daß die Herren Aktionäre
Im Uebrigen sei es ja leicht möglich, daß Dr. Braun bei der Vielseitigkeit seiner Thätigkeit auch bei Gründungen vergessen babe, daß er auch bei dieser Gründung betheiligt gewesen. ( Originell.)
tirt, daß die bei Weitem große Mehrzahl der Krankheiten und Sterbefälle, durch die Mangelhaftigkeit der Wohnungen und der Körperpflege, durch schlechte Nahrung bei gefährlicher, allzufrüher und allzulanger Arbeit erzeugt wird, Alles Folge des Noth standes, und daß daher im Durchschnitt, wie neuerdings die englische Statiftit erwiesen hat, nur halb so viel Menschen ans der Arbeiterklaffe als von den Wohlhabenden das dreißigste Lebensjahr erreichen.
Wer magt es, die Beweistkaft solcher Thatsachen zu exschüttern?
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Das Arbeiterleben nimmt, turz gesagt, diesen Berlauf: Auf Stroh geboren, von kränklicher Mutterbruft gefäugt oder als Salterind aufgepäppelt, entrinnt das Broletariertiub kaum dem Bethlehemitischen Kindermord der heutigen Gesellschaft. Das Proletarierkind, dem Hanger und Kummer die frühestens Lebensjahre schon verpesten, lernt im beften Fall mit laapper Noth lefen und schreiben und um so mehr Bibelsprüche, vielleit auch durch die Lehrmeisterin Noth Betteln und Stehlen. Sobald das Kind die Hände regen kann, da heißt es, fort in die Fabrit oder hinaus auf's Feld, da wird geklöppelt, oder es werden Aegren gelesen, aber das frische Jugendleben wird gemordet, um einiger armseligen Pfennige wegen. Der Kaabe reift zam Jüngling und zum Mann; wenn's Arbeit giebt, fo wird fich für das nadte Leben geplagt, daß die Kraft bald auch teine Arbeit, es wird gehungert; und bei alledem heißt es: ausgemergelt wird; wenn's einen Börsentrach giebt, da giebt's ,, Fürchte den Herrn, der Gewalt über Dich hat". Das Mäd hen reift zur Jungfrau; wenn's Glüd 3hr günstig ist, dann arbeitet sie angeftrengt gleich deat Manne, nur um noch largeren Lohn; wenn nicht, dann mag fie ihren Leib für's Brod verkau Die fen, fich wüstlingen preisgeben, an denen es nicht fehlt.- Arbeiterfamilie wird gegründet, schönes Familienleben das, wenn mann, Weib und Kinder fich faum sehen, in Fabriken ar beiten müssen und bei jeder Krankheit, bei jedem Unfall das legte Hab und Gut in's Pfaudhaus wandert. Und hat dem Proletarier im Laufe der Belt nicht eine Arbeiterkrankheit oder ein Arbeiterunglüd rasch und schrecklich den Lebensfaden zerschnitten, dann winkt dem Greis am Lebensabend, nachdem die Sparpfennige verzehrt find, das gaftliche Armenhaus.
Zeigt mir, wenn Ihr es könnt, daß das Proletarierloos ein anderes ift! Doch Ihr müßt verstummen! Auf die Hautfarbe tommt es nicht an, um, Nigger"
zu sein!
Politische Uebersicht.
* Die Sigung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 18. März, auf deren Tagesordnung die zweite Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch- katholischen Bisthümer und Geistlichen fland, war auf jeden Fall eine der innteressantesten der bisherigen Session. Abgesehen davon, daß wir in ihr wieder ein Stückchen Kulturkampf" zwischen Staat und Kirche erbliden, fand auch wieder einmal eine Citation des rothen Gespenstes" statt, die, wie es scheint, im Abgeordnetenhause von den verschie denen Parteien zum„ Graulichmachen" der Gegenparteien uun mehr öfter angewandt werden soll. Im Uebrigen erregte die fich dazu bequemten es würde Ihnen zwar schwer fallen, es sei aber das einzige je zwei Attien zu einer zusammenzuschmelzen, das heißt, das Aktienkapital auf die Hälfte zu reduzi ren, dann würde man nächstes Jahr mindestens 8 pet. Dividende erhalten. Durch solche Versammlungen, wie heute, und durch solches Vorgehen, wie das des Herrn Fechner, werde di: Sache nicht gefördert, sondern nur derfelben geschadet.
Zum Beweise seiner Behauptungen, daß Herr Fechner nicht das Jateresse der gesammten Aktionäre wahre und nie habe wahren wollen, verlas er einen Brief, den derselbe an Herrn Wöhlert geschrieben, und worin derselbe sich erbot, über Alles, was er zum Nachtheile des Unternehmens wiffe, zu schweigen, so bald man ibm für seine tien in Summa noch 160 Thaler mehr zahle, wie man ihm geboten habe.
Hieraus gehe jedenfalls zur Erwiderung hervor, daß Herr Fechner nur ftets für sich gesorgt habe, und er hätte gewiß diese Bersammlung nicht einberufen, auch keinem ein Wort von seinem Mißtrauen gesagt, hätte er nur das geforderte Geld bekommen; es sei deshalb jedenfalls seitens der Versammlung rathsam, nicht auf die Berdächtigungen des Herrn weiter einzugehen, denn das durch würden sie nur ihr eigenes Interesse schaden; man möge, da Herr Fechner nur so wenig Interesse für die Gemeinsamkeit gezeigt, aach ferner ihn für sich selbst sorgen laffen, und sich nicht von demselben als Werkzeug seiner Pläne brauchen lassen.
Der zweite Bunkt in Betreff des Generaldirektors wurde zugegeben, aber nicht als wesentlich hingestellt; wenn derselbe auch nicht gerade feit 23 Jahren technischer Leiter der Fabrit, so sei es doch erwiesen, daß derselbe seit seiner Lehrzeit, die er imm Etablissement beendet, die sogenannte rechte Hand des alten Herrn Wöhlert fei, was jedenfalls beweise, daß er ein bedeutendes Vertrauen genießt.
Der dritte Bankt, betreffs Aufnahme von Hypotheken and