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Nr. 134.
Diese Zeitung erscheint
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Freitag, den 12. November 1875.
Neuer
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5. Jahrgang.
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Inhalt.
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denn eben so gut fönnen weitere Millionen dem InvalidenFonds verlustig gehen.
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Nun fagt vielleicht ein„ Gründer- Patriot": Den In validen wird der Staat auf alle Fälle gerecht werden, sie Neuer trifft also dieser Schaden nicht. Dem ist aber nicht so, denn die Invaliden- Pensionen sind wenigstens für die gemeinen Soldaten" so karg berechnet, daß der Invaliden Fonds bei guter Verwaltung jedenfalls noch Ueberschüsse über die verausgabten Pensionen abgeworfen hätte und alsdann hätten die Gesetzgeber sich einer Erhöhung der Pensionen auf die Dauer nicht widersetzen können. Natürlich, wenn der Invaliden- Fonds vom Börsenkrach mit in Anspruch genommen wird, wenn Millionen durch Coursverluste draufgehen, dann hat es mit der Pensions- Erhöhung gute Wege.
Die Herrschaft des Kapitals.( Fortsetzung.) Vermischted. Feuilleton: Ueber die Kost in den öffentlichen Anstalten.( Forts.)
Wie steht es mit dem Invaliden- Fonds?
Der für die Invaliden geradezu verhängnißvolle Zu stand der Verwaltung des Invaliden- Fonds und die Belegung seiner Gelder zu Gunsten der Eisenbahn- Könige in Eisenbahn - Prioritäts- Obligationen soll nach dem in voriger Nummer schon besprochenen Gefeßentwurf bis zum 1. Juli 1880 verlängert und damit gewissermaßen verewigt werden. Der Reichstag ist dabei in der kläglichen Lage, die Kaze im Sad kaufen zu müssen, denn außer der unerquicklichen Nachricht, daß 171 Millionen Mark in derartigen schwerverkäuflichen" Papieren angelegt sind, fehlt jeder Nachweis darüber, welche Eisenbahn- Könige jetzt die glücklichen Geschäftsfreunde" des Invaliden- Fonds sind und wie hoch sich bereits die Verluste belaufen. Ein Abgeordneter blickt den andern verwundert und rathlos an und das allgemeine Versteckenspiel der Reichsboten soll damit enden, daß in einer Kommission die figliche Sache hübsch säuberlich vergraben wird, damit schließlich ein harmloser Kommissionsbericht Alles in Gemüthlichkeit auflöſe.
Das Gesetz über den Invaliden- Fonds spricht aller dings klar genug in seinem§ 14:
,, Bei dem jährlichen Zusammentritt des Reichstages erstattet die Reichsschulden- Kommission Bericht über ihre Thätigkeit, sowie über die Ergebnisse der.... Verwal tung im verflossenen Jahre. Diesem Berichte ist eine Uebersicht der zeitigen Aktivbestände des Reichs- InvalidenFonds beizufügen."
Vergebens aber suchen wir nach diesem Bericht, der allein zum Leitfaden im gegenwärtigen Labyrinth werden tönnte. Der Reichstag ist im Begriff den Eisenbahnkönigen die 171 Millionen Staatskredit zu gewähren und hat die Aussicht, erst hintennach zu erfahren, wer der Glückliche ist, den er mit der Staatshülfe bedacht hat. Was mag da Alles hinter den Coulissen spielen, wie mögen die„ Eisenbahngründer" im Reichstage, deren Prioritäten" im Invaliden- Fonds liegen, wühlen und schieben, um zu ihrem Ziele zu gelangen!
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Nur gut, daß ab und zu ein Lichtstrahl in dies Treiben fällt und daß„ Eingeweihte" in den Börsenblättern geplaudert haben. Vor einigen Wochen theilte nämlich die Berliner Börsenzeitung" mit, daß unter den im InvalidenFonds aufgestapelten Eisenbahn- Prioritäts- Obligationen am 28. Februar 1874 sich folgende Werthe befunden hätten: 14,400,000 Mark der Magdeburg - Halberstädter Bahn, 7,281,000 Mark der Hannover - Altenbeckener Bahn, der Gründung des Führers der Nationalliberalen Bennigsen, 90,000,000 Mark der Bergisch- Märkischen Bahn und 46,500,000 Mark der Köln- Mindener Bahn; EisenbahnPapiere in der Höhe von dreizehn Millionen Mark, find namentlich hier nicht aufgeführt. Das Schlimmste ist nun eine Berechnung jener Zeitung, wonach diese Papiere im Laufe der Zeit bedeutend entwickelt sind von 3 bis 13 Prozent so daß der Verlust für den Invaliden- Fonds nach einer oberflächlichen Berechnung fich auf 6,963,000 Mart, in runder Summe auf sieben Millionen Mark belaufen muß. Hierbei ist der Coursverlust von 13 Millionen Mark, der wohl auch eine Million betragen mag, noch außer Acht gelassen.
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Wir geben zu, daß kleine Irrthümer bei dieser Berech nung mit unterlaufen mögen, aber die Börsenzeitung ", das ausgesprochene Organ der Herren von Bennigsen und Miquel, welche jene Berechnung benutzte, um für den eben jetzt vorliegenden Gefeßentwurf Propaganda zu machen, wird die Sache nicht zu schwarz dargestellt haben. So finden wir denn, daß die„ Gründer" und ihre Genossen den Invaliden bereits an die sieben Millionen Mark ,, weggetracht" haben! Bei solchen fetten Bissen verlohnt es sich schon für die großen Börsenmänner„ pa= triotisch" und" reichsfreundlich" zu sein. Es wird jetzt im Reichstage zwar wacker geredet und kühnlich behauptet, daß, wenn der Invaliden- Fonds seine Staatshülfe nur noch weitere Jahre den Eisenbahn- Königen gewährte, die betreffenden Börsenpapiere wieder steigen würden; dus find aber nur fromme Wünsche und Verheißungen,
Dieser Zustand wird freilich beispielsweise den zwölf preußischen Generalen, welche pensionirt sind, und insgepreußischen Generalen, welche pensionirt sind, und insgejammt 170,000 Mart an Pension beziehen, nicht allzusehr Kopfschmerzen machen. Aber die 40,000 preußischen„ geKopfschmerzen machen. Aber die 40,000 preußischen gemeinen" Invaliden, die durchschnittlich 235 Mart pr. Mann, also 65 Reichspfennige täglich, zu verzehren haben, ist also 65 Reichspfennige täglich, zu verzehren haben, ist es für sie eine Bagatelle, wenn sieben Millionen Mark dem Invaliden- Fonds abgezapft werden? Das ist eine Summe, welche ungefähr einer halbjährlichen Unterstüßung sämmtlicher Invaliden, Wittwen und Waisen der niederen Soldatentlasse in Deutschland entspricht!-
Nach dem Krankenkassen- Gefeßentwurf soll den ArbeiterHülfskaffen die freie Verfügung bei Belegung ihrer Gelder verwehrt werden. Die Staatsgewalt drängt sich ihnen als Lehrerin auf. Nun, wir möchten billig bezweifeln, ob es mit der Mehrzahl der Arbeiterfassen so trübe aussieht, wie mit dem Invaliden- Fonds. Auf jeden Fall aber würde die General - Versammlung solcher Arbeiterkaffen kurzen Prozeß machen und fofortige specialisirte und öffent liche Klarstellung der Belegung der Gelder, des Gewinns und Verlustes fordern, während die Reichsboten bis jezt um den Kern der Sache herumgeschlichen sind, wie die Kaye um den heißen Brei.
Freilich wird es wohl nicht besser, so lange Eisenbahn- Könige im Reichstage sizen und die Abgeordneten der Arbeiterpartei mundtodt gemacht oder bei der Abstimmung niedergestimmt werden. Ein Denkzettel für die nächsten Wahlen.
Ein Zeichen der Zeit.
Vom 30. bis zum 31. Oktober fanden in Berlin acht Selbstmorde statt" Selbstmorde statt" so stand in dürren Worten vor einigen Tagen in sämmtlichen liberalen Berliner Zeitungen unter der bekannten Zeitungs- Rubrik„ Vermischtes" zu lesen. Acht Selbstmorde, was haben sie bei einer Bevölkerung von einer Million zu bedeuten? Der Alltagsmensch wird freilich auf diese Frage nur ein Achselzucken oder ein mitleidiges Lächeln haben. Acht Menschen spielen ja nach seiner Meinung in dem großen Getriebe einer Stadt, wie Berlin ist, keine Rolle. Und wenn auch wir zugeben, daß es natürlich für eine Millionen- Stadt ohne Bedeutung ist, ob acht Menschen mehr oder weniger innerhalb ihrer Mauern hausen, so müssen wir uns doch fragen, aus welchen Gründen wurden diese Unglücklichen zu einem solchen Schritt bewogen? Weder aus irgend einem sogenannten religiösen Beweggrunde oder in Folge krankhafter Sentimentalität sind diese Selbstmorde so können wir zur Antwort geben erfolgt, sondern mit einer einzigen Aus❘nahme war es die Noth, die keine andere Wahl übrig zu lassen schien. Die Lobhudler unserer heutigen Zustände Die Lobhudler unserer heutigen Zustände „ beweisen" uns so oft auf welche Weise aber, wollen wir hier unerörtert lassen daß, wer nur arbeiten will, Arbeit erhält. Hier zeigt uns nun die Wirklichkeit das gerade Gegentheil von dieser Behauptung.
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Und ist es denn in der That so etwas Wunderbares, wenn gegenwärtig der Arbeiter oder der kleine Handwerker, der die Sünden der Strousberge büßen muß, zuletzt kein anderes Mittel sieht, seinem elenden Dasein ein Ende zu machen, als sich eine Kugel durch den Kopf zu schießen, oder an einem Stricke aufzuhängen.
Sehen wir uns doch einmal die gegenwärtige Geschäftslage mit unbefangenen Augen an. Waren früher die Arbeiter schon so gestellt, daß sie sich gerade vor dem Verhungern schützen konnten, so ist jetzt die wirthschaftliche Lage doch dermaßen verschoben, daß der Arbeiter nur in wenigen Fällen überhaupt noch Arbeit bekommt.
Ebenso ergeht es dem Kleinmeister und SubalternBeamten. Die Lebensmittel steigen fortwährend im Preise, die Gehälter erfahren aber nur höchst selten und dann ohne Verhältniß eine Aufbesserung. Und eigenthümlich, ja als ein Zeichen der Zeit ist es anzusehen, daß jene sie ben Selbstmörder sämmtlich Beamte oder kleine Handwer ter waren.
Wer lernen und denken will, der kann viel aus dieser scheinbar trockenen Zahl lernen. Noch neulich hatte eins der bedeutendsten liberalen Organe der Berliner Presse versucht, den Beweis zu führen, daß der Handwerkerstand in den letzten Jahren, thatsächlich eine Hebung seiner Lage erfahren habe, war aber nur einige faule Bemerkungen zu machen im Stande. Daß in Wirklichkeit die Dinge ganz anders liegen, zeigt uns diese Selbstmordstatistik. Ein unterer Beamter oder ein sogenannter Kleinmeister ist überhaupt von Hause aus eine sehr ängstliche und auch bedürfnißlose Natur. So lange es nur irgend„ geht", so lange er nicht direkt mit Füßen getreten wird oder verhungern muß, so lange thut er den Mund zu keiner Klage auf, viel weniger nimmt er zum Selbstmorde seine Zuflucht. Der deutsche Philister ist stolz auf sein Geschäft und seine Haushaltung. Selbstständig" ist seine Parole, und ehe der Meister" sich zum Arbeiter erniedrigt, ehe er sein Geschäft" schließt, müssen Zustände und Verhältnisse eintreten, mit denen man sonst nicht gewohnt ist, zu rechnen.
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Daß diese Verhältnisse zur Stunde da sind und mit harter Stimme die Wahrheit verkünden, daß die heutige Produktionsweise erbarmungslos Diejenigen unter Schutt und Trümmern begräbt, die nicht den Schwindel" verstehen, sehen wir aus den vorgeführten Zahlen. Wenn sich durchschnittlich in zwei Tagen sieben Menschen aus Noth das Leben nehmen, so müssen nach dieser Berechnung ca. 100 Menschen in einem Monat in einer Stadt wie Berlin
zu Selbstmördern werden.
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Unsere Manchester Männer mögen predigen, was sie wollen. Sie mögen um das goldene Kalb die wildesten Tänze aufführen, sie mögen über die Vortrefflichkeit unserer gegenwärtigen Verhältnisse entzückt" sein, es hilft nichts.
Unerbittlich und unaushaltsam fordert die heutige Produktionsweise ihre Opfer. Erst treibt sie den Arbeiter in die Wogen des Alles verschlingenden Angebotes von Arbeitskraft und Nachfrage, dann tritt sie mit der freien Konkurrenz an den kleinen Geschäftsmann heran und ergreift zuletzt den, der noch so thöricht sein konnte, ein rechtschaffener Mann zu sein.
Wohl ist unsere Zeit eine böse" Zeit, aber sie ist eine treffliche Lehrmeisterin. Die Worte und Wahrheiten des Socialismus sind oft verlacht und werden es auch noch heute. Aber schon bricht sich durch die Nacht des Irrthums das Licht der Erkenntniß. Was vor Jahrzehnten noch Wenigen klar, vor Jahren nicht Vielen verständlich, das ist schon heute Eigenthum der Massen geworden, und mit Donnerstimme halt es wieder und ruft: Beseitigt die heutige Produktionsweise, die ihr nicht das Elend und den Untergang des Volkes wollt.
Noch ist sie Königin und herrscht auf ihrem Throne, die heutige kapitalistische Produktionsweise. Aber schon dämmert der Morgen der Freiheit, schon erwacht das ar beitende Volk, und die Macht des erwachten Volksgeistes duldet nicht mehr die Gößenbilder des falschen Gottes noch die Tänze um das goldene Kalb.
Als am Freitag in der Sigung des Reichstages Bebel Namens der social- demokratischen Abgeordneten seine Ansichten über das Hülfskaffengesetz entwickelt hatte, verbreitete sich im Hause die Ansicht, daß die Wahl eines eigentlichen Arbeitervertreters in die zur Vorberathung des Gesetzes zu wählende Kom= mission eine Nothwendigkeit sei. Bebel selbst wurde seitens des Abgeordneten Miquel, als Vorstandsmitgliedes der nationalliberalen Partei, die Frage gestellt, ob er geneigt wäre, eine Wahl in die Kommission anzunehmen, da ja selbstverständlich" einer von uns hineingehöre. Bebel erklärte in Uebereinstimmung mit den anwesenden Gesinnungsgenossen seine Bereitwilligkeit dazu, und eine Reihe von Korrespondenzen in liberalen Zeitungen betrachtete diese Wahl so gut als sicher. Allein im Rathe der Reichstags= götter wurde es anders beschlossen. Heute kurz vor Anfang der Abtheilungssigungen, in denen die Kommissionswahl vorgenom men werden sollte, eröffnete der Abgeordnete Miquel Bebel, daß der Vorschlag, ihn in die Kommission zu wählen, in der Fraktionsfizung der nationalliberalen Partei auf heftigen Widerstand ge= stoßen und feine Wahl unmöglich sei. Er rieth ihm, sich an das Centrum zu wenden, das ihn höchst wahrscheinlich wählen würde. Bebel erklärte, daß er es unter seiner Würde halte, um einen Sitz in der Commission zu betteln, wähle man ihn, so sei es gut, wähle man ihn nicht, so sei es ihm ebenfalls recht, er, wie die Partei, habe im letzteren Falle feinen Schaden. Für die mit der parlamentarischen Comödie nicht näher Vertrauten sei hier zur Erläuterung bemerkt, daß die gesammten Mitglieder des theilungen alle Kommissionen gewählt werden. Jede Abtheilung Reichstages in sieben Abtheilungen verlooft und in diesen Abwählt gleichviel Mitglieder, und deshalb wird die Zahl der Commissionsmitglieder stets so normirt, daß sie durch sieben theilbar ist. Da nun in der Commission in Folge des Loosens das Parteiverhältniß rein vom Zufall abhängt, so sind die parlamentarischen Parteien, deren es im Reichstage officiell sechs giebt Fort