die niederen Beamten in eine solche Lage verjeten, daß sie sich nur eben so gut stehen, wie vor einem Menschenalter, dann muß auch radital geholfen werden; man darf sie nicht blos mit schönen Phrasen abspeisen.
Präsident: Der Herr Abgeordnete Windthorst hat das Wort. Abgeordneter Windthorst: Meine Herren, der Herr Vorredner hat im Allgemeinen die Besoldungsverhältnisse der unteren Beamten besprochen; er hat sich nicht allein auf die hier in Frage stehenden Beamten beschränkt. Es läßt sich allerdings nicht verkennen, daß in den gegenwärtigen Verhältnissen auf dem niederen Beamtenstande eine gewisse Last ruht, ein Druck, von dem ich meinestheils wünschte, wir fönnten ihn mit einem Schlage beseitigen. Wenn man aber solche Wünsche äußert, so muß man sich auch vergegenwärtigen, ob man die Mittel hat, das vollständig zu erreichen, was man erreichen möchte, und sich wohl hüten, die Unzufriedenheit, die in Folge des Druckes entsteht, dadurch zu vermehren, daß man utopische Ansichten äußert. ( Sehr richtig!)
Ich habe die Ueberzeugung, daß die deutschen Beamten sich unter allen Umständen bemühen werden, vollständig und nach allen Seiten ihre Pflichten zu erfüllen. Wenn Sie aber auf die Ideen eingingen, wie der verehrte Herr Vorredner sie dargelegt hat, dann, glaube ich, würden Sie etwas thun, was Sie am allerfichersten in eine noch unglücklichere Lage bringen würde.( Sehr richtig!)
Ich bin, wenn ich dieses äußere, darum aber nicht der Meinung, daß die Beamten sich absolut beruhigen könnten, daß man sie mit ihren Beschwerden abzuweisen hätte. Ich bin vielmehr der Meinung, daß wir recht sorgfältig zu prüfen haben, ob und wie wir die Lage dieser Männer, die zum Theil wirklich unglücklich sind, verbessern könnten. Und da weiß ich allerdings nur das Mittel, daß wir zum Theil in den Staatssäckel greifen, um eine Aufbefferung herbeizuführen, daß wir anderntheils bemüht sind, die Zahl der Beamten, so weit irgend möglich, zu verringern. Es ist das, ich weiß es, sehr leicht ausgesprochen und nicht so leicht gethan, aber das muß ich nach den Erfahrungen, die ich gesammelt habe, sagen, wie es mir vorkommt, daß bei dem System der preußischen Verwaltung und das wird mehr oder minder auf ganz Deutschland übertragen die Zahl der Beamten ganz außerordentlich wächst und mehr wächst, als das in den anderen Staaten der Fall gewesen ist. Ist glaube, es liegt etwas mit daran, daß man zu vielerlei Kontrole und auch zu vielerlei Schreiberei hat. Das ist es, was ich heute im Allgemeinen sagen will. Ich bin hiernach der Meinung, daß die Lage der betreffenden Beamten eine gedrückte ist, daß sie gebessert werden muß und daß wir nach dem Wege zu dieser Besserung suchen müssen.
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Ich enthalte mich heute, in Beziehung auf die Beamten, die hier in Frage sind, und andere Beamte der Post bestimmte Anträge zu stellen. Ich weiß, daß eine Reihe von Petitionen an den Reichstag gekommen ist, und ich wünsche, daß wir den Inhalt dieser Petitionen hören, ehe wir zu einem Beschluß kommen. Ich habe den Herrn Präfidenten der Etatkommission privatim gefragt, wie es mit diesen Petitionen stehe, und der verehrte Herr Präsident hat die Güte gehabt, mir zu sagen, daß dafür Referenten aufgestellt seien, daß diese aber bei der gegenwärtigen Berathung darüber zu referiren noch außer Stande wären, weil die Petitionen zu kurze Zeit in ihren Händen feien; bei der nächsten Berathung werde aber dieser Bericht erfolgen. Bis dahin enthalte ich mich also, auf das Detail weiter einzugehen. Ich würde überhaupt gar nicht gesprochen haben, wenn, nachdem die Sache so angeregt worden, wie sie angeregt ist, es beim Schweigen nicht leicht den Anschein finden könnte, als ob man nicht ein genügendes Interesse für diese Männer habe. Ich bin überzeugt, daß für die Berbesserung der unteren Beamten auch in der Post hier im Hause ein allgemeines Einverständniß bei allen Parteien ist.
Präsident: Es ist der Schluß der Diskussion beantragt von dem Herrn Abgeordneten Valentin. Ich ersuche diejenigen Herren, aufzu stehen, welche den Schlußantrag unterstügen wollen.( Geschieht.) Die Unterstüßung reicht aus.
Nunmehr ersuche ich diejenigen Herren, aufzustehen, welche die Diskussion schließen wollen.( Geschieht.)
Es ist die Majorität; die Diskussion ist geschlossen. Also Tit. 9. Widerspruch ist nicht erhoben; der Tit. 9 ist be willigt.
Sigung vom 9. Dezember.
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Beginn der Sigung 11% Uhr. Vor Eintritt in die Tagesordnung fragt Bamberger an, ob er seine neuliche Differenz ( bei Gelegenheit der Eisenzolldebatte) mit dem Abgeordneten Stumm den er fordern, aber nicht todtschießen wird Sprache bringen könne. Der Präsident antwortet für heut verneinend, will aber erst nach Durchlesung der betreffenden stenographischen Berichte eine definitive Entscheidung abgeben. Im Allgemeinen sei er gegen Erklärungen von Mitgliedern vor Eintritt in die Tagesordnung oder nach Erledigung derselben.
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Es ergreift nun das Wort der Abgeordnete Hofmann ( Fortschrittspartei) zur Begründung seines Antrags, den ersten Absatz des Artikels 31 der Verfassung wie folgt abzuändern: Ohne Genehmigung des Reichstags kann kein Mitglied desselben während der Situngsperiode verhaftet oder wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen werden. Ausgenommen ist allein die Verhaftung eines Mitgliedes, welches bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird."
Jezt lautet Artikel 31:
Ohne Genehmigung des Reichstags kann kein Mitglied desselben während der Sigungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen
wird.
,, Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden erforderlich.
Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungsoder Civilhaft für die Dauer der Sigungsperiode aufgehoben."
Die beiden letzten Absätze bleiben vom Antrag Hofmann unberührt. Die Verbesserung besteht darin, daß durch das Wort ,, verhaftet" jegliche Verhaftung eines Reichstagsmitgliedes wäh rend der Session von einem Beschluß des Reichstags abhängig gemacht wird.
Der Antrag Hofmann ist genau auf den bekannten MajunkeFall zugeschnitten und das schwächliche Kind der schwächlichen Hoverbeck Resolution, durch welche vor einem Jahre die von ihrer famofen Erhitung furirte und kaßenjämmerlich gewordene Reichstags- Majorität mit ihrem parlamentarischen WürdenGefühl und Gewissen abzufinden versuchte.
Der Fall von Abgeordneten, welche bei Zusammentritt des Reichstags bereits in Strafhaft sind, wird durch den Antrag nicht berührt.
Seitens der Social- Demokraten wurde darum folgendes Amendement eingebracht:
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Nach dem Worte ,, verhaftet" des Antrags Hofmann einzuschalten:
,, oder in Strafhaft gehalten".
Durch diese Fassung wird dem Reichstag das unum= schränkte Recht über die Freiheit seiner Mitglieder während der Dauer der Session gegeben.
Der zweite Absatz des Hofmann'schen Antrags wurde von Seiten der social- demokratischen Abgeordneten in nachstehender Fassung amendirt: ,, Ausgenommen ist allein die Verhaftung eines Mit
doch ist in diesem Falle sofort dem euysay remunip zu geben und seine Genehmigung einzuholen."
Die Bedeutung des Amendements springt in die Augen. Erstens wird das Ergreifen auf der That zeitlich schärfer umgränzt und zweitens wird den Behörden unmöglich gemacht, die Haft eines auf der That ergriffenen Abgeordneten dadurch in die Länge zu ziehen, daß die Mittheilung an den Reichstag verspätet wird.
Wir lassen nun den Bericht der Debatte folgen.
Der Abgeordnete Hofmann greift zunächst auf die Entstehungs- Geschichte der Resolution Hoverbeck und seines eige nen daraus hervorgegangenen Antrags zurück. Er führt aus, welche Sensation die Verhaftung Majunke's vor einem Jahr erregt, wie die That allgemein im Hause als ein Attentat auf die Würde des Reichstags empfunden worden sei und eine wie große Majorität für die Anträge Becker und Hoverbeck, welche beide eine Abänderung resp. Deklaration des Artikel 31 der Verfassung veranlassen wollten, sich ergeben habe. Der Bundesrath habe sich bei der Ablehnung darauf gestüßt, es werde ein Pri vilegium verlangt wie es sonst kein Staat befize. Dies sei aber unrichtig. Redner führt den Beweis, wie in England, Amerika , Norwegen , Portugal die Abgeordneten des gesetzgebenden Körpers nur wegen gemeiner Verbrechen belangt werden können. Selbst in Deutschland hätten die meisten Staaten schon vor 1848, wo man doch so ängstlich gegen die Volksvertretung gewesen, ein derartiges Privilegium den Mitgliedern der Landesvertretung gewährt.
Abgeordneter Lucius( das Sprachrohr Bismarcks) bekämpft die Ausführungen Hofmann's; es sei durch den Abgeordneten Gneist festgestellt worden, daß ein solches Privilegium, wie das verlangte, in der ganzen Welt nicht eristire und daß, wenn ein solches für den Reichstag angenommen würde, es ein Privilegium Ruriosum sein würde. Es sei überhaupt kein Bedürfniß für einen derartigen Antrag vorhanden. Denn was die Abgeordneten Liebknecht und Hasselmann in der vorigen Session bei Begründung ihres Antrages gesagt, spreche gegen einen Antrag, wie den jetzt vorliegenden(?). Die Würde des Hauses erheische eher ein Vorgehen in entgegengesetter Richtung; sie würde jedenfalls besser gewahrt, wenn der Reichstag Mitglieder, welche sich und ihn kompromittirten, welche politische Verbrechen begangen, die vielleicht an Landesverrath anstreiften, aus dem Reichstag ausschließe.
Sein Freund, der Abgeordnete v. Minnigerode, spricht hierauf für den Antrag Lucius, weil der Reichstag , wenn ihm berartige Sachen unterbreitet würden, voraussichtlich zu milde urtheilen werde, man solle nur an die regelmäßige Ablehnung von Beleidigungsklagen und die ebenso regelmäßige Annahme von Anträgen zur Einstellung des Strafverfahrens gegen Mitglieder denken. Lieber möge man den Wahlspruch zu viel" als„ zu wenig" hier in Anwendung bringen.
Abgeordneter Banks spricht darauf gegen den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung"; er wirft den Abgeordneten Lucius und Miningerode vor, die Geschäftsordnung ,, umgangen" zu haben, indem sie beide für den Antrag zum Uebergang zur Tagesordnung gesprochen hätten, während die Geschäftsordnung nur einen Redner zulasse.
Auf Antrag Windthorst's findet nun namentliche Abstimmung über den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung statt, was vielen Reichsboten offenbar nicht angenehm ist. Für den Antrag stimmten 112, dagegen 168 Mitglieder. Die Berathung wird mithin fortgesetzt.
( Die Liste dieser namentlichen Abstimmung werden wir, da dieselbe für die Ansichten der Mitglieder des Reichstages sehr bezeichnend ist, später veröffentlichen.)
Nach Wiederaufnahme der Debatte für Verweisung des Antrages vor die Justizkommission, spricht zunächst der Abgeordnete Laster und dann der Abgeordnete Bebel .
Letterer begründet die sozialistischerseits vorgeschlagene erweiterte Fassung des Antrages Hofmann, wobei Redner scharfe Schlaglichter auf die politischen und Justiz- Zustände fallen läßt. Redner weist auf mehrere Verfassungen unter anderen auf die gegenwärtig in Frankreich in Kraft befindliche von 1848hin, welche der Volksvertretung das in dem sozialistischen Amendement geforderte Recht einräumten. In Bezug auf die Verhaftung Majunke's greift er den Reichskanzler scharf an, was zu einem Ordnungsruf führt. Er bemerkt noch, daß ihm selbst und Liebknecht wegen Privat- Angelegenheiten Urlaub aus der Saft ertheilt worden sei. Dagegen sei eine Eingabe, die er gemacht, ihn während der Reichstagssession zu beurlauben, Samit er sein Mandat erfüllen könne, abschläglich beschieden worden, ein Beweis, daß man in den maßgebenden Kreisen Privatgeschäften mehr Werth und Gewicht beilege als den Reichstags= geschäften.( Wir werden, wie immer, die Rede nach dem stenographischen Bericht bringen.)
Abgeordneter Windthorst und Beseler, sowie ein Regierungsfommissar sprachen hierauf noch unter allgemeiner Unaufmerksamkeit des Hauses. Nach einer( bis auf einige mißglückte Träger wurde zur Abstimmung geschritten. Für das soziaRedeblumen am Schluß) sehr guten Schlußrede des Abgeordneten listische Amendement stimmten die Sozialdemokraten und einige Mitglieder der Fortschrittspartei, sowie die Elsässer und Polen . Der Antrag Hofmann wurde in namentlicher Abstimmung mit 142 gegen 127 Stimmen verworfen( 17 enthielten sich der Abstimmung), und die Sigung dann( nach 4 Uhr) bis 18 Uhr Abends vertagt, nachdem der Präsident mitgetheilt hatte, daß, wenn das Haus mit seinen Arbeiten vor Weihnachten fertig sein wolle, dies nur durch Abendfizungen zu ermöglichen sei.
Politische Nebersicht.
Wir haben wieder schöne Aussichten. In diesen Tagen gelangte nämlich an den Reichstag eine Anzahl von Vorlagen, die dazu angethan sind, den deutschen Steuerzahler nicht ge= rade in die beste Stimmung zu versetzen. Die eine dieser Vorlagen betrifft einen Neubau am Generalstabsgebäude, eine andere einen Artillerieſchießplay, andere wieder Kasernen und die Ausrüstung der Reserve und Landwehr, alles Dinge, für die sich schwerlich Viele erwärmen werden, selbst wenn sie noch so national- friegswüthig wären; denn auch bei unseren Liberalen geht der Patriotismus blos bis zum Portemonnaie. Aus Nummer 86 der Drucksachen der jeßigen Reichstags- Seffion ersehen wir nun das Nähere. Da heißt es nämlich im§ 1:
Die zur Erwerbung und Herrichtung eines Schießplates für die Artillerie- Prüfungskommission durch Artikel III. des Gefetzes vom 8. Juli 1872( Reichs- Gesetzbl. S. 289) zur Verfügung gestellte Summe von 1,375,000 Thalern wird auf 1,630,100 Thaler 4,890,300 m. erhöht und der Mehrbetrag von 765,300 M. dem Reichskanzler aus dem gemeinsamen Reſtbe
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desselben diejenigen 35,501 M. mit verwendet werden, welche an den durch Artikel 1 des bezeichneten Gesetzes bewilligten Mitteln erspart worden sind." und in§ 2:
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Die zur Erweiterung des Dienstgebäudes des Generalstabes der Armee in Berlin durch Artifel 1 unter 2 des Gesetzes vom 12. Juni 1873( Reichs- Gesetzbl. S. 127) bewilligte Summe von 475,000 Thalern wird auf 1,000,000 Thaler 3,000,000 M. erhöht und der Mehrbetrag von 1,575,000 M. dem Reichskanzler für das Jahr 1876 aus dem Antheile des vormaligen Norddeutschen Bundes, Württembergs, Badens und Südhessens an der französischen Kriegskosten- Entschädigung zur Verfügung gestellt." Der§ 3 trägt folgende Fassung:
Die gemäß Artikel 1 des Gesetzes vom 2. Juli 1873 ( Reichs- Gesetzblatt S. 185) zur Verfügung gestellten Beträge von 1,500,000 M. zum Neubau einer Kaserne für ein InfanterieRegiment in Leipzig und von 750,000 M. zum Neubau einer Kaserne für zwei Infanterie- Bataillone in Baugen werden auf 2,200,000 M. und bezw. 1,250,000 m. erhöht und der Mehrbetrag von 700,000 M. und 500,000 M., in Summe 1,200,000 M., dem Reichskanzler für das Jahr 1876 aus dem Antheil des vormaligen Norddeutschen Bundes an der französischen KriegskostenEntschädigung zur Verfügung gestellt."
Unsere liberalen Blätter jammern zwar ziemlich über das Mehr", das gar kein Ende nehmen will, aber sobald die Lasker und Genossen vor die Alternative sich gestellt sehen, Entweder Oder zu sagen, nun dann beugen sie sich doch in Demuth vor den Kürassierstiefeln.
In Nr. 82 der Drucksachen wird die Ausrüstung der Reserve und Landwehr dadurch motivirt:
In Folge der Veränderungen in den Bestimmungen über die fünftigen Kriegsformationen und Kriegsstärken treten indeß jetzt noch neue, in den bisherigen Bedarfsanschlägen nicht vorgesehene Ausgabebedürfnisse hervor, die sich auf 4,870,694 Mark berechnen und, wie folgt, begründen: 3,871,715 Mark zur Beschaffung des Mehrbedarfs an Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken für die nothwendig gewordenen Erweiterungen der Kriegsformationen, sowie für die künftig im Felde zu verwendenden, bisher zu Besatzungszwecken bestimmten Truppentheile.
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Die in den Friedensgarnituren der Truppen vorhandenen geeigneten Stücke, so wie die verfügbar zu machenden, für den Feldgebrauch verwendbaren Bestände derselben sind auf den Bedarf in Anrechnung gebracht. Außerdem soll auf die, nur für den Garnisondienst geeigneten Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke der Truppen auch ferner im Interesse der Besatzungstruppen zurückgegriffen werden, so daß die angemeldete Mehrbeschaffung sich nur als eine durchaus gebotene Ergänzung des Vorhandenen
darstellt.
Diese Ergänzung erst bei dem Eintritt einer Mobilmachung bewirken zu lassen, ist nicht angängig. Die Aufstellung beziehungsweise Mobilmachung eines Theils der Truppen würde hierdurch Verzögerungen erleiden, welche sehr nachtheilig werden könnten. Die vorsorgliche Beschaffung ist daher nicht zu umgehen.(?)
,, 661,479 Mark zur Beschaffung und Aptirung der Ausrüstungsstücke Futterale, Patronenbüchsen und Kartuschen für den, zur Bewaffnung der Kavallerie und der berittenen Trainmannschaften bestimmten neuen Karabiner.
Diese 4,533,194 Mark für Bekleidung und Ausrüstung würden der Uebersicht von den Netablissementskosten unter Kapitel I. als neue Position hinzuzusetzen sein.
,, 337,500 Mark für die Vervollständigung der kriegsmäßigen Ausrüstung der Armee mit Sanitätsmaterial, durch Ausstattung der neuformirten Truppentheile und Sanitätsbranchen.
,, Eine Beschaffung der bezüglichen Ausrüstungsstücke, insbesondere der Truppen- Medizinkasten, Krankentragen, Apparate für Eisenbahnwagen zur Vermehrung der Sanitätszüge u. f. w. findet bei dem Eintritt einer Mobilmachung große Schwierigkeiten; fie muß daher vorsorglich schon im Frieden geschehen.
,, Dieser Mehrbedarf würde der Retablissementskosten- Ueberficht als Erhöhung der Position I. im Kapitel III. hinzutreten. " Es wird beabsichtigt, mit diesen Beschaffungen sofort in der Art vorzugehen, daß die Kosten noch 1876 zur Verrechnung gelangen.
,, Der Bedarf für das Retablissement des Heeres erhöht sich hiernach auf 325,411,124 Mart."
Ja, da reißt allerdings der Michel die Augen auf und schlägt sich vor die Stirn. Geschieht's ihm aber in einer Beziehung doch auch recht, wenn er mal ein bischen tief in's Por temonnaie greifen muß. Hätte er bei den letzten Wahlen sich nicht von den Herren Bürgermeistern, Landräthen, Kommerzien räthen u. s. w. freundlich die Hand drücken lassen, um dann für sie und ihre Freunde seine Stimme abzugeben, er könnte jest ruhig ein Glas Bier mehr trinken und den Weihnachtstisch reicher ausschmücken; nun aber geht es nicht und Michel kann höchstens die Faust in der Tasche ballen und sich einen Efel
nennen.
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Ein großes Schiffs- Unglück wird wiederum von de englischen Küste gemeldet. Der Dampfer Deutschland ", dem Norddeutschen Lloyd in Bremen zugehörig, ist ungefähr in demselben Breitengrade an der östlichen Küste Englands gestran det, in welchem der Dampfer ,, Schiller" von der Hamburger Adlerlinie an der westlichen Küste vor einigen Monaten zu Grunde ging. Die Ratastrophe, welcher 50-70 Menschenleben zum Opfer fielen, erfolgte bei den Riffen von Longhand, in der Nähe von Harwich , dem Hafenplatz, von welchem die großen Dampfer der englischen Great Eastern Bahn den Verkehr nach Holland und dem Rhein vermitteln. Die Strandung erfolgte am Morgen des 6. Dezember. Die betreffenden Riffe führen den speciellen Namen Kentish Knock". Die geretteten Passagiere und Mannschaften find am Dienstag um 3 Uhr in Harwich gelandet. 70 Personen find ertrunken. Der Deutschland " ist verlassen, voll Wasser und über den Kentish Knock" weggefest, in 4%, Faden Waffer anscheinend mitten durchgebrochen. Von Harwich aus wurden sofort Schritte gethan, um die Ladung zu retten. Augenblicklich sind nach den neuesten Depeschen vier Fischerböte bei dem ,, Deutsch land " beschäftigt. Nach einem aus Sheerneß abgegangenen Telegramm ist daselbst ein Boot des Deutschland " angekommen. Auf demselben befanden sich der zweite Steuermann, August Bed , und zwei Todte. Das Boot war 38 Stunden auf See. Nach Angabe Beck's betrug die Zahl der auf dem ,, Deutschland " befindlichen Passagiere und Mannschaften 150, so daß ungefähr die Hälfte derselben ihren Tod in den Wellen gefunden haben dürften. Wem die Schuld an dem Unglücksfall beizumessen ist, bleibt abzuwarten. So viel steht aber wohl schon fest, daß, wenn nicht ganz besondere Umstände obgewaltet haben, irgendwo eine schwere Pflichtversäumniß vorliegen muß. Die Liste der Zwischendeckpassagiere und der Mannschaft ist noch nicht zu ermitteln gewesen.
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