Der große Sodoerah Brozeß in a gig Tam deutscher Wissenschaft zu schwingen und jemne Courage zu zeigen. Hättest du geschwiegen still, und den Doch, O si tacuisses! Mund gehalten fein! Der böse Windthorst, revanchelustig von gestern her, wo Grumbrecht ihn an seine hannoverschen Sün­ben erinnert hatte, lag auf der Lauer und schüttelte das arme Gießener Profefforchen arg ab, ihm nachweisend, daß es was auch ganz richtig nicht wisse, was Wissenschaft sei, daß es feine deutsche, teine französische, sondern nur eine allgemein menschliche Wissenschaft giebt.

Folgt ein fleines rhetorisches Duell zwischen dem freiwilligen Regierungskommissar Dunder und Herrn Reichensperger ( ultramontan). Dunder hatte nämlich sehr schlau bemerkt, der Staat sei das Volt, und wenn der Staat in Elsaß- Lothrin­ gen Einrichtungen getroffen habe, so dürfe sich Niemand aus dem Volfe darüber beklagen, weil somit das Volk selbst als Staat diese Einrichtungen in's Leben gerufen habe. Reichensperger entgegnete auf diese ultra- reaktionäre und dabei ziemlich blöd= sinnige Ansicht, daß es dann recht unrecht von ihm( Dunder) sei, wenn er irgendwie Opposition gegen eine Maßregel der Regierung mache, denn diese Maßregel sei ja vom Volke erlassen.

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Abg. Simonis erhielt nun zu einem weiteren Punkte des Etats für Elsaß- Lothringen ( Volksschule) das Wort. In derber Weise kritisirte er die Mischung" der Geschlechter in den Volks­schulen in Elsaß- Lothringen bei diesem Ausdruck, der nicht zweideutig war, lachten in unverschämter Weise die Nationallibe­ralen und unter ihnen zeichnete sich vorzüglich der Altkatholik Abg. für Duisburg , Professor von Schulte, aus; hier­durch wurde der Ausdruck zweideutig gemacht.

Abg. Simonis gab seiner Entrüstung darüber derben Aus­druck. Persönlich sucht Schulte sich zu entschuldigen, fand aber durchaus keinen Anklang, während Simonis dem höchst ehren­haften altkatholischen Zukunftspapst eine derbe Lektion wegen An­standsverlegung ertheilte.

Das Unterrichtswesen giebt dem freiwilligen Regierungs­Kommissar Dunder wiederholt Gelegenheit, Reden zu reden; als er eine solche langweilige gegen 1, Uhr wiederum leistete, entstand im Centrum große Bewegung; Dunder war ganz ver­gessen, denn Majunke war nach einjähriger Strafhaft in's Haus eingetreten. Der Verbrecher" wurde von seinen Parteigenossen lebhaft durch Händedrücken begrüßt auch die Augen der an deren Abgeordneten richteten sich auf die auffällige Erscheinung, und Duncker redete, wie gewöhnlich, sein Blech in den Wind. Die Berathung des Etats für Elsaß- Lothringen dauert fort.

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Nachdem der Berichterstatter darauf verzichtet, die hierher gehörenden Petitionen in die Besprechung zu ziehen und erklärt, fie für die zweite Berathung aufbewahren zu wollen, ist die erste Lesung des Gefeßentwurfs beendet.

2. Die allgemeine Rechnung des Reichshaushalts- Etat für das Jahr 1871 wird ohne Debatte angenommen.

3. Zweite Berathung des Gefeßentwurfs betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.

Abg. Müller hebt hervor, daß seit lange ein Rechtsschutz für alle Wissenszweige, nur nicht für die Kunst bestehe, es sei deshalb mit Freuden der vorliegende Gefeßentwurf zu begrüßen, damit von Deutschland die Schmach der gemeinen Nachahmung genommen werde.

Berichterstatter der Kommission, Wehrenpfennig, weist nach, daß der§ 1, zu dem der Vorredner gesprochen, nichts Neues enthalte, sondern das Gesetz schon seit 1857 bestehe.

Anlaß zu einer längeren Debatte geben die§§ 5 und 6, be­treffend die mechanische Nachbildung von Bildwerken.

Da die Abstimmung zweifelhaft bleibt, erfolgt Hammelsprung und ergiebt sich dadurch die Thatsache, daß der Reichstag be­schlußunfähig ist.

Jedenfalls ist dies bezeichnend genug, wie sehr sich die ge­bildeten Deutschen , das Volk der Denker, welches an der Spite der Civilisation marschirt, für die bildende Kunst interessirt, denn es waren nur 167 Abgeordnete anwesend, währenddem, als es fich um die Schutzzollfrage handelte, wo das reine materielle In­teresse maßgebend war, beim Hammelsprung 287 Reichsboten zugegen waren, eine Anzahl, welche wohl noch nie, oder sehr felten erreicht worden ist.

Schluß der Sizung 3% Uhr.

Politische Uebersicht.

Berlin , 11. Dezember.

Die bevorstehende Agitationsreise unserer beiden Abgeordne­ten Liebknecht und Reimer in dem neunten schleswig - holstei­nischen Wahlkreise macht die Liberalen, und Fortschrittler im Vor­

Ueber die Kost in öffentlichen Anstalten. ( Vortrag von Karl Voit.) ( Schluß.)

Die Kost in Volksküchen.

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von ben fetch Socien aus unendlich bange. Die grobe Lüge von dem Rückgange" der Socialdemokratie ist vor der Wahrheit der entgegengesetz­ten Thatsache zu Schanden geworden, und so bittet man jett flehentlich, eine energische Gegenagitation ins Werk zu setzen, um die ,, Grundlagen der Gesellschaft" zu retten und befürwortet zu dem Zwecke hauptsächlich die Errichtung von Vereinen auf Grund­lage der Hirsch Dunckerschen Statuten. In den Arbeiterkreisen aber dringt mehr und mehr die Erkenntniß von der Unzulänglich­keit dieser Vereine durch, fie erkennen ihre Halbheit und Unfähig= keit, die herrschende Calamität gründlich zu beseitigen und für immer unmöglich zu machen was Wunder, wenn sie die Hei­lung da ſuchen, wo sie einzig und allein zu finden ist? Diese Schmerzensrufe der liberalen und fortschrittlichen Blätter notifi ciren wir aber als einen Beweis der Sieghaftigkeit unserer Ideen, welchen auf die Dauer das phrasenhafte Heldenthum der Bour­geoisvorfämpfer à la Dunder nicht zu widerstehen vermag. Wür­den diese Bourgeois die Wahrheit ihrer Principien für über allen Zweifel erhaben halten, so würden sie sich auf solche Wohlwollens erbettelungen in den Arbeiterkreisen nicht einlassen.

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Die allseitigen Friedensversicherungen" erhalten er­neute Nahrung durch die Nachricht, daß die Festung Metz ein neues Fort erhalten wird. Was werden die Franzosen dazu fagen?

So wenig es dem Culturstaate ,, Preußen in anderer Beziehung gelingt, den Wettstreit mit den Nationen erfolgreich aufzunehmen, in seiner militairischen Organisation nimmt ihn sich alle Welt zum Muster, so jest wieder England in sei­nem neuen Mobili rungsplane. Ein trauriger Ruhm, den die vernünftigere Nachwelt gewiß in das Gegentheil verdrehen wird; mit dem Aufhören der Blut- und Eisen- Aera, mit dem Siege der Menschlichkeit ist sein Schicksal besiegelt.

Officiöse Berliner Correspondenten schreiben:" Der Kaiser von Rußland hat sich in dem Toast bei dem Georgsfeste über die Bedeutung und Festigkeit des Drei- Kaiser- Bünd­nisses womöglich noch bestimmter und emphatischer ausgesprochen, als bei früheren gleichen Angelegenheiten. Auch hierdurch werden gewisse Bestrebungen, diese Grundlage der gesammten auswärti­gen Politik, als weniger fest und sicher als in früheren Jahren darzustellen, wohl in authentischster Weise widerlegt." gegenüber müssen wir die Befürchtung aussprechen, daß uns wie­der der Frieden äußerst gefährdet zu sein scheint; denn wenn ein Umstand zu dieser Annahme berechtigt, so sind es die gegenseiti­gen Liebkosungen und völkerliebenden" Friedensbetheuerungen unserer Officiösen.

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Dem

Unsern Bericht über das große Schiffsunglück an der Themsemündung vervollständigen wir dahin, daß der Dampfer Deutschland " volle 28 Stunden an einer lebhaften Passage ohne jegliche Hilfe trotz aller Nothsignale gelegen hat. Der Brief eines geretteten Passagiers enthält darüber Folgendes: ,, Harwich , am 7. Dezember Nachmittags geschrieben und lautet im Wesentlichen: Heute drei Uhr Mittags durch ein Eng­lisches Schleppboot glücklich hier geladet. Wir fuhren Sonnabend Mittag halb 3 Uhr aus dem Hafen( Bremerhafen ) und kamen wegen dicker Luft und Schnee nicht in See, sondern gingen die Nacht über vor Anker. Sonntag gingen wir in See. Der Tag verlief ohne Bemerkenswerthes. In der Nacht vom Sonntag auf Montag fühlte ich plöglich zwei heftige Stöße des Schiffes, kleidete mich in Eile an und fand die Passagiere halb und ganz angekleidet in höchster Aufregung auf den nach Deck führenden Treppen. Draußen brach sich die See in den wüthenden Schlägen über das Schiff bei völliger Dunkelheit und heftigem Sturme. Wir bekleideten uns mit Rettungsgürteln und erwarteten jeden Augenblick den Aufbruch des Schiffes. Einzelne Passagiere stürzten sich in die Böte, auch einige Matrosen, denen dann ein stürzten sich in die Böte, auch einige Matrosen, denen dann ein Offizier zugetheilt wurde. Vielleicht ist eines der Böte irgendwo glücklich angekommen, wahrscheinlich sind aber drei verloren. In größter Aufregung wurde nun der Tag erwartet. Endlich wurde es hell und wir konnten nach Hülfe aussehen. Mehrere Dampfer und Segelschiffe passirten im Laufe des Tages. Alle möglichen Signale wurden gegeben, aber vergeblich. Wir sahen nun einer höchst trostlosen Nacht entgegen. Das Schiff hielt noch, wurde aber bei einem rasenden Nordsturme stark gestoßen und leckte. Wir Passagiere mußten den ganzen Tag an den Pumpen grbeiten. Als gegen Abend keine Hilfe zu sehen war und der Led stärker wurde, ergaben wir uns in unser Schicksal und sahen dem Schlimmsten entgegen. Das Schiff krachte fürchterlich und der Sturm nahm an Heftigkeit zu. Fast alle Passagiere verbrachten die Nacht wachend in der Cajüte. Um 2 Uhr Nachts hieß es: wer flettern fann, soll in die Masten gehen, denn das Schiff lief rasch voll Wasser. Sechs bange Stunden haben wir dort gehangen. Das Deck war ganz unter Wasser und die Wellen

für den Arbeitenden

für Pfründner

Eiweiß Fett Kohlehydrate 160

59 40

34

30

85 80

für Kinder von 6-15(?) Jahren 39 21

Es soll die Aufgabe in Volksküchen sein, einen guten Mit- Ich habe nun nach den Rechenschaftsberichten verschiedener tagstisch, das heißt die Hauptmahlzeit, zum Selbstkostenpreis ab= Volksküchen mit großer Mühe die Mengen der einzelnen Nah­zugeben. Der Unbemittelte erhält auf diese Weise eine Mittags- rungsstoffe berechnet, welche in einer von denselben verabreichten kost, die er sich in gleicher Güte nur zu einem wesentlich höheren Portion enthalten sind und dabei im Mittel gefunden: Preise verschaffen könnte, während er für das Frühstück und Abendbrod viel leichter das Nöthige zu besorgen vermag.

Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, daß in der Stadt München zuerst in größerem Maßstab ein Versuch der Art ge­macht worden ist, und zwar durch den Grafen Benjamin von Rumford ( 1797).

Es liegen viele Mittheilungen über das in den Volksküchen Gebotene vor, es ist jedoch von anderer Seite noch nicht unter­sucht worden, ob denn die Speise den Anforderungen an eine Mittagsmahlzeit entspricht, ob genügend gegeben wird, und ob die Nahrungsstoffe in dem richtigen Verhältniß sich barin befin­den, und wie es dabei mit der Ausnüßung, der Abwechselung und den Genußmitteln steht.

Ich hatte vor einigen Jahren den Auftrag, für den Münchener Magistrat ein Gutachten über die Kost in Volksküchen zu ver­fassen, und war in hohem Grade erstaunt, auch nicht einmal die Vorarbeiten für ein solches vorzufinden. Es war nämlich unbekannt, wie viel ein gesunder Mensch, der sich richtig, aber nach seiner Auswahl ernährt, von den im Tag zu einer Nahrung ihm nöthigen Nahrungsstoffen in seiner Hauptmahlzeit verzehrt. Es waren daher vorerst genauere Bestimmungen hier­über zu machen, und es hat sich dabei für Arbeiter herausgestellt, daß etwa 50 pCt. des Eiweißes, 61 pCt. des Fettes und 32 pet. Kohlehydrate in der Mittagskost aufgenommen werden. Später hat Dr. Forster noch einige Bestimmungen der Art an zwei Ar­beitern und zwei jungen Aerzten ausgeführt und ähnliche Zahlen­werthe wie ich( nämlich in Mittel 45 pбt. Eiweiß, 57 pet. Fett und 39 pCt. Rohlehydrate) erhalten. Danach läßt sich nun, wenn der Gesammtbedarf an Nahrungsstoffen für den ganzen Tag bekannt ist, das für den Mittagstisch Nöthige leicht be­rechnen.

380986

lungen waren sehr zahlreich besucht in den Mediern schlugen hoch darüber weg. Viele wurden herabgerijen, auf dent Deck vor unseren Augen umher geschleudert und schließlich ins Meer gespült. Manche konnten sich mit den erstarrten Händen nicht halten und fielen hinab. Die Nacht war fürchterlich. Die Kälte, das Schreien der Unglücklichen, die hinabfielen, und der Gedanke, auch bald hinabfallen zu müssen, machten die Stunden zu einer entsetzlichen Ewigkeit. Das Schiff hielt sich und endlich wurde es wieder Tag, Ebbe und der Wind schwächer, so daß wir auf einen Theil des Hinterdecks hinabklettern und die

steifen Glieder warm trampeln konnten. Man zählte, wer um­gekommen war, und sah nach der nun bestimmt erwarteten Hilfe aus. Dampfer kamen in Sicht, eben so Fischerboote, aber zu uns fam Niemand! Unsere Gefühle waren jetzt wirklich ver­zweiflungsvoll. Achtundzwanzig Stunden saß ein großer Dampfer mit 200 Personen an belebter Passage, hatte fortwährend signa­lisirt und Niemand brachte uns Rettung. Zu Essen hatten wir so wenig wie zu Trinken, da die Cajüten bis oben mit Wasser gefüllt waren. Endlich hieß es, ein Dampfer, ein Schleppboot

in Sicht! Er kam und nahm uns Alle auf..

Der Times" zufolge haben nach der Strandung zwei Boote das Schiff verlassen, in dem einen befanden sich vier, in dem anderen drei Personen, von Letzteren wurde eine gerettet. Mehrere Boote sind, wie die Passagiere aussagen, vom Verdeck gespült worden. Mannschaft und Passagiere stiegen der Sicher­heit wegen in die Takelung, eine große Zahl man spricht von fünfzig und mehr wurden aber von den Wellen fortgespült. Ein Kind wurde todt gelandet.

Alsdann erfahren wir zu demselben Schreckensfalle: Der Kapitän Bridenstein befand sich bereits vor dem Auflaufen des Schiffes in falscher Richtung. Er war zudem nur in dem Besize eines gewöhnlichen und nicht eines Patentlogs Fahrgeschwindigkeitsmesser). Als er die Brandung bemerkte,

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ließ er sofort Contredampf geben; da brach jedoch die Schraube und das Schiff wurde völlig ein Spiel von Wind und Wettern. Darauf wurden Nothsignale gegeben, die von den Harwichern zwar beantwortet wurden, denen sie jedoch wegen Mangels an einem Lifeboot nicht nachkommen konnten ein unverantwort licher Fehler, an einer derartigen Station fein Rettungsboot zu haben Fernere Signale waren unmöglich, da inzwischen das Pulver naß geworden war gleichfalls eine bedeutende Unvorsich= tigkeit, da dasselbe leicht durch wasserdichte Hülsen geschützt werden kann. Endlich befand sich unter den Schiffspapieren keine ge­druckte Passagierliste und der Zahlmeister, der im Besitze der geschriebenen war, ertrant: furzum, zum großen Theil Umstände, die den Unfall erst in seinen ganzen schrecklichen Um­fange möglich machten und deren fernere Vermeidung für die Folge auf das Energischste gefordert werden muß. Es handelt sich um Menschenleben, deren jedes allein den etwa zu machenden Kostenaufwand aufwiegt. Die Times" bemerkt ferner, daß nach der bisher erfolgten Beweisaufnahme sich heraus­gestellt hätte, es hätte kein Menschenleben verloren gehen dürfen, wenn die Harwicher Seeleute im Stande ge­wesen wären, Hilfe zu leisten. Der Verlust an Men­schenleben scheine hauptsächlich der schweren Vernach­lässigung eines wichtigen englischen Seehafens zuzu­schreiben zu sein. Harwich habe kein Rettungsboot und die dortigen Seeleute hätten sich daher nicht verpflichtet gefühlt, den Nothsignalen durch Hilfeleistung zu entsprechen. Aber da muß sich doch Jeder fragen: Konnten sich denn die Harwicher nicht in fürzerer Zeit in den Besitz eines Rettungsbootes setzen? Doch wozu die Frage? Etwa 60 Menschen sind todt und wir dürfen wohl mit Recht diesen Fall wieder einmal als einen Be­weis ansehen für den bekannten Saß, daß man heutzu tage in der Kunst der Menschenvernichtung sich in einem äußerst angestrengten Wettkampfe befindet, dagegen feineswegs in dem der Menschenrettung man dente nur einerseits an die Namen Woolwich, Krupp u. s. w. und andererseits an den Untergang des Schiller ", die Plimsollsche Interpellation im englischen Parlamente, die ernsten Mahnrufe des Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerervereins, die unzureichenden Schutzmaß­regeln für die Lebenserhaltung der Fabrikarbeiter, und mehr.- Herr Kapp hat im Reichstage dieses entsetzlichen Vorfalles wegen eine Interpellation an die Regierung eingebracht, betr. die Garantie aller Vorsichtsmaßregeln zum Schuße des Lebens deutscher Unter­thanen in derartigen Fällen. Das sieht gewiß ganz human aus; würde aber erst wirklich human sein, wenn die Inter­pellation einen durchgreifenden Erfolg hätte, einen solchen aber zu erwarten, berechtigt die heutzutage herrschende An­schauung von dem Werthe des Lebens der Individuen nicht und daher sind derartige humane Anwandlungen unnüß; der großen Masse gegenüber aber dienen sie für den Liberalismus als glän­zende Folie, die seinen innern Unwerth verdeckt.

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Nach Abfassung meines Gutachtens habe ich den Rechen­schaftsbericht über die Thätigkeit des Karlsruher Männer- Hülfs­vereins vom Jahr 1873 erhalten, in welchem Professor Dr. Birnbaum auf Grund meines Gutachtens die Leistungen der in Karlsruhe bestandenen Speiseanstalt prüfte. Die Karlsruher Anstalt gab zwei verschiedene Portionen aus, eine für 10 Kreuzer rechnung für 80 Gramm Brod für 1 Kreuzer: und eine für 7 Kreuzer; in diesen Portionen fand sich nach Zu=

für 10 Kr.( mit Brod 11 Kr.) für 7 Kr.( mit Brod 8 Kr.) Eiweiß Fett Kohlehydrate Eiweiß Fett Kohlehydrate

Eiweiß Fett Kohlehydrate

Münchener Suppenanstalt Volksküche in Leipzig

14

32

24

71

Dresden

37

10

100

" 1

"

" 1 "

Berlin

35

19

178

März

Egestorff in Hannover

35

210

58 Aug. u. Sept. 52.

16

10

In Köln ( mit Fleischertrakt) Speiseanstalt in Hamburg Volksküche in Hamburg Speiseanstalt in Karlsruhe Erforderniß

49

188

41

5

133

50

11

187

58

16

180

59

34

160

Aus dieser Zusammenstellung ersieht man mit wahrem Schrecken, wie viel bei den meisten Anstalten dieser Art zu einer ausreichenden Mittagsmahlzeit noch fehlt. Man giebt sich hier offenbar einer argen Täuschung hin; denn wenn die Leute von der Menge des Essens befriedigt sind und sich satt fühlen, so haben sie noch nicht nothwendig eine Nahrung für die Mittagszeit aufgenommen.

Nur ein kleiner Theil der Volksküchen liefert das für altersschwache Pfründner nöthige Maß, aber nicht das für einen arbeitenden Mann. Die Menge der Kohlehydrate ist zwar bei der Mehrzahl derselben genügend, aber nicht die des Eiweißes, am meisten und durchgängig fehlt es aber auffallen­der Weise an Fett, dessen Bedeutung man in den betreffenden Kreisen, wie es scheint, gar nicht zu schäßen weiß; eine gut ge­schmalzene Suppe gilt schon im Volksmund als etwas Begehrens­werthes. Man hat offenbar in solchen Anstalten bis jetzt mehr auf die wohlfeile Herstellung, als auf die richtige Zu­sammensetzung der Speise gesehen; es ist eben unmöglich, für den meist zu geringen Preis das nöthige zu liefern.

180 183

43 39

11 7

140

142

Die größere Portion für 10 Kreuzer kommt dem Erforderniß für Arbeiter wenigstens in etwas nahe, und es ist dieses der thatsächliche Beweis, daß man für eine mäßige Summe dem Be­darf genügen kann.

Es ist nicht schwierig, diejenigen Speisen zusammenzustellen, in welchen die genannten Mengen der Nahrungsstoffe enthalten sind. Ich habe meinem Gutachten 20 Rezepte der Art beigefügt, um eine Anzahl von Beispielen zu geben. Aus Unkenntniß der in einer Kost enthaltenen Nahrungsstoffe finden sich im Werthe der an verschiedenen Tagen von einer Volksküche abgegebenen Portionen ganz folossale Unterschiede; so betragen z. B. die Schwankungen des Eiweißgehaltes der Kost der Berliner Volfsküche 9-80 Gramm. Den Werth der Leguminosen( Hül­senfrüchte) als Eiweiß- Träger kennen die wenigsten. Bei einiger Kenntniß ist es leicht, die täglich ausgegebenen Portionen, trotz der verschiedensten dazu verwendeten Nahrungsmittel, nahezu gleichwerthig zu machen. Die Mehrzahl der von mir aufgestell­ten Rezepte ist auf Veranlassung des Münchener Magistrats genau nach meinen Angaben hergestellt, und das Essen, was die Quantität und den Geschmack betrifft, vortrefflich befunden wor­den. Sachverständige berechneten damals den Kostenpreis einer Portion auf 10 oder 11 Kreuzer( im Durchschnitt also 3 Sgr.).

Man muß auch hier bei der Zusammenstellung der Speisen darauf achten, daß sie nicht in zu großer Menge Substanzen enthalten, welche schwer auslaugbar sind und zu viel Roth er­