wählten Vorstand haben, durch welchen sie gerichtlich und außergerichtlich vertreten wird.Arbeitgeber, welch« Zuschüffe zu der Kasse leisten, haben Anspruchaus Vertretung im Vorstand unter Berücksichtigung des Maßesihrer Zuschüsse. Mehr als ein Drittel der Stimmen darf ihnenjedoch im Vorstande nicht eingeräumt werden.§ 17.Die Zusammensetzung des Vorstandes, sowie jede in der Zusam-■mensetzung des Vorstandes eingetretene Benderung ist der Gemeinde-behörde, in der die Kass' ihren Sitz hat, anzumelden. Ist"die Anmeldung nicht geschehen, so kann eine in der Zusammensetzung«ingetretene Aenderung dritten Personen nur dann entgegengesetztwerden, wenn bewiesen wird, daß sie letzteren bekannt war.Zur Legitimation des Vorstandes bei den das Hypotheken-wesen betreffenden und allen sonstigen Geschäften, welchebeglaubigte Akte erfordern, genügt das Zeugniß der Ge-meindedehörde, daß die darin bezeichneten Personen als dieMitglieder des Vorstandes angemeldet sind.8 17 a.Die Befugniß des Vorstandes, die Kaffe nach Außen zuvertreten, wird durch die in den Statuten enthalten« Voll-macht bestimmt.Turch die innerhalb der Grenzen dieser Vollmacht imNamen der Kaffe vom Vorstande abgeschloffenen Geschäfte,wird die Kasse verpflichtet und berechtigt.ij 18.Dem Vorstande kann zur Ueberwachung der Geschästsleitung einAusschuß zur Seite gesetzt werden, welcher durch die Generalversamm-lung zu wählen ist.8 19.Soweit die Angelegenheiten der Kasse nicht durch den Borstandoder Ausschuß wahrgenommen werden, steht die Beschlußnahme darüberder Generalversammlung zu.Aie Generalversammlung kann dritten Personen ihre Befugnissenicht übertragen.Abänderungen des Statuts bedürfen, mit der durch Z 14 gegebenenMaßgabe, ihre Zustimmung.s 20.In der Generalversammlung hat jedes anwesende Mitglied, welchesgroßjährig und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist, eine Stimme.Mitglieder, welche mit den Betträgen im Rückstände sind, können vonder Theilnahme an der Abstimmung ausgeschlossen werden.Die Generalversammlung kann auch aus Delegirten gebildetwerden, welche aus der Mitte der stimmfähigen Mitglieder zu wählensind; die Zaht der zu wählenden Delegirten muß jedoch mindestensdreißig betragen.Arbeitgeber, welche Zuschüsse zu der Kasse leisten, haben Anspruchauf Stimmberechtigung. Daß Maß dieser Stimmberechtigung ist unterBerücksichtigung ihrer Zuschüsse festzustellen; die Zahl ihrer Stimmendarf jedoch die Hälfte der den Mitgliedern der Kaffe zustehenden Stim-men nicht übersteigen.8 21.Generalversammlungen können nur innerhalb des deutschenReiches an einem Orte abgehalten werden, in welchem dieKasse eine Zahlungsstelle besitzt. Bei der Berufung ist derGegenstand der Berathung anzugeben.Wird von dem Ausschuß oder von dem zehnten Theile der stimm-sähigen Mitglieder die Berufung der Generalversammlung beantragt,so muß der Vorstand die letztere berufen.8 21».'.Für diejenigen Kassen, in Ansehung derer«ine Beitritts-pflicht der Arbeiter begründet ist, kann der Vorstand derGemeinde oder des größeren Kommunalverbandes, auf derenAnordnung die Beitrittspflicht beruht,1. so lange die Wahl des Vorstandes oder Ausschussesnicht zu Stande kommt, so lange ferner Vorstandoder Ausschuß die Erfüllung ihrer Obliegenheiten ver-weigern, mit der Wahrnehmung dieser Obliegenheitengeeignete Personen betrauen;2. so lange die Generalversammlung oder eine durch dasGesetz oder das Statut vorgeschriebene Beschlußfassungder Generalversammlung nicht zu Stande kommt, dieBefugnisse derselben wahrnehmen.8 22.Die Einnahmen und Ausgaben der Kasse sind von allen denZwecken der Kasse fremden Vereinnahmungen und Verausgabungen ge-trennt festzustellen und zu verrechnen; ebenso sind Bestände gesondertzu verwahren.Verfügbare Gelder dürfen, außer in öffentlichen Sparkassen, nurebenso wie die Gelder Bevormundeter angelegt werden.8 23.In jedem fünften Jahre hat die Kasse die wahrscheinliche Höheihrer Verpflichtungen und der ihnen gegenüberstehenden Einnahmendurch einen Sachverständigen, welcher bei der Verwaltung der Kassenicht betheiligt ist, abschätzen zu lassen und das Ergebnih nach demvorgeschriebenen Formulare der Aufsichtsbehörde mitzutheilen und derKenntnißnahme aller Mitglieder zugänglich zu machen.8 24.Wenn nach dem Ergebnisse der Abschätzung die Verpflichtungender Kasse die ihnen gegenüberstehenden Einnahmen übersteigen, so muß,Mangels anderer Deckungsmittel, entweder eine Ermäßigung der Un-terstützungen bis auf den gesetzlichen Mindestbetrag oder eine Erhöhungder Beiträge eintreten, derart, daß nach dem Gutachten des Sachver-ständigen die Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Verpflichtun-gen und Einnahmen der Kasse bis zür nächsten Abschätzung zu erwarten ist.8 25.Die Kasse ist verpflichtet, in den vorgeschriebenen Fristen und nachden vorgeschriebenen Formularen Ueberschriften über die Mitglieder,über die Krankheits- und Sterbesälle, über die verrechneten Beitrags-und Unterstützungstage der höheren Verwaltungsbehörde, sowie einenRechnungsabschluß der Aufsichtsbehörde einzusenden. Sie hat der Auf-sichtsbehörde auf Erfordern das Ausscheiden der zur Betheiligungan einer Kasse gesetzlich verpflichteten Mitglieder anzuzeigen.8 26.Kassen, in Ansehung deren eine Beitrittspflicht der Arbeiter nichtbegründet ist, können durch Beschluß der Generalversammlung unterZustimmung von mindestens vier Fünstheilen sämmtlicher vertretenenStimmen aufgelöst werden.. 8 27.Die Schließung einer Kasse erfolgt auf Betreiben der höhe-ren Verwaltungsbehörde oder des vierten Theiles der Mit-glieder durch Urtheil des Gerichtes, bei welchem die Kasseihren ordentlichen Wohnsitz hat:I. wenn mehr als ein Viertheil der Mitglieder mit der Einzahlungder Beiträge im Rückstände ist und trotz ergangener Auf-forderung der Aufsichtsbehörde weder die Beitreibungder fälligen Beiträge noch der Ausschluß der säumi-gen Mitglieder erfolgt;2. wenn die Kasse trotz ergangener Aufforderung derAufsichtsbehörde vier Wochen mit Zahlung fälligernicht streitiger Beiträge im Rückstände ist;3. wenn die Generalversammlung einer gesetzwidrigen Verwendungaus dem Vermögen der Kasse ihre Zustimmung ertheilt hat;4.»enn im Fall des§ 24 innerhalb einer von der höherenVerwaltungsbehörde angemessen zu bestimmendenFrist für die Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Ver-pflichtungen und Einnahmen der Kasse nicht Sorge getragen ist.Das Gericht kann während des Verfahrens auf Antragder höheren Verwaltungsbehörde die Aufsichtsbehörde ermäch-tigen, die Mitglieder des Vorstandes und Ausschusses zuentlassen und die Obliegenheiten derselben durch von ihrernannte Personen wahrzunehmen; in gleicher Weise kanndasselbe anordnen, daß neue Mitglieder nicht ausgenommenwerden dürfen.Die Eröffnung des Konkursverfahrens über ein« Kaffe hat dieSchließung kraft Gesetzes zur Folge.8 28.Bei der Auflösung einer Kasse wird die Abwickelung der Geschäfte,sofern die Generalversammlung darüber nicht anderweitig beschließt,durch den Vorstand vollzogen. Genügt dieser seiner Verpflichtung be-schließt, durch den Vorstand voTzogen. Genügt dieser seiner Verpflichtung nicht, oder wird die Kaffe geschlossen, so hat die Aussichtsbehördedie Abwickelung der Geschäfte geeigneten Personen zu übertragen undderen Namen bekannt zu machen.8 29.Von dem Zeitpunkte der Auflösung oder Schließung einer Kasseab bleiben die Mitglieder noch für diejenigen Zahlungen verhaftet, zuwelchen sie das Statut für den Fall ihres Austrittes aus der Kasseverpflichtete.Das Vermögen der Kasse ist nach der Auflösung oder Schließungzunächst zur Deckung der vor dem Zeitpunkte der Auflösung oder Schlie-ßung bereits eingetretenen Unterstützungsverpflichtungen zu verwenden.8 30.Bis zum Ablaufe eines Jahres nach Auflösung oder Schließungeiner Kasse kann einer für die gleichen Zwecke und für denselben Mit-gliederkreis oder für einen Theil desselben neu errichteten Kasse die Zu-lassung versagt werden.8 31.Die Kassen unterliegen in Bezug auf die Befolgung dieses Gesetzesder Beaufsichtigung durch die von den Landesregierungen zu bestim-Menden Behörden.Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit die Bücher der Kasse einsehen.Sie beruft die Generalversammlung, falls der Vorstand der durch8 21 begründeten Verpflichtung nicht genügt.Sie kann die Mitglieder des Vorstandes und die im Falle derAuflösung oder Schließung einer Kasse mit der Abwickelung der Ge-schäfte betrauten Personen zur Erfüllung der durch§ 25 begründetenPflichten durch Ordnungsstrafen bis zu einhundert Mark anhalten.8 32.Mitglieder des Vorstandes oder des Ausschusses, welche den Be-stimmungen dieses Gesetzes zuwider handeln, werden mit Geldstrafe biszu dreihundert Mark gerichtlich bestraft. Haben sie absichtlich zumNachtheil der Kasse gehandelt, so unterliegen sie der Strafbestimmungdes Z 266 des Strafgesetzbuches.8 33.Eine Vereinigung mehrerer Kassen zu einem Verbände behufs ge-genseitiger Aushülfe kann unter der Zustimmung der Generalversamm-lungen der einzelnen Kassen und auf Grund eines schriftlichen Statuteserfolgen.Der Verband ist durch einen aus der Wahl der Vorstände oderAusschüsse der betheiligten Kassen hervorgegangenen Vorstand zu ver-walten. Seine Pflichten und Befugnisse bestimmt das Statut. SeinSitz darf nur an einem Orte sein, wo eine der betheiligten Kassen ihrenSitz hat.Der Verband unterliegt nach Maßgabe des 8 31 der Aussicht derhöheren Verwaltungsbehörde desjenigen Bezirkes, in welchem der Vor-stand seinen Sitz hat.Auf die Mitglieder des Vorstandes und die sonstigen Organe desVerbandes finden die Bestimmungen des 8 32 Anwendung.8 34.Die Verfassung und die Rechte der auf Grund landesrechtlicherVorschriften errichteten Hülfskassen werden durch dieses Gesetz nicht be-rührt; die Kassen können jedoch durch die Landesregierungen zur Ein-sendung der im 8 25, Abs. I, bezeichneten Uebersichten verpflichtetwerden.In Ansehung der Kassen der Knappschaftsvereine verbleibt es beiden dafür maßgebenden besonderen Bestimmungen.8»5.Landesherrliche Bestimmungen, durch welche Hülfskassenauf Gegenseitigkeit nur mit Genehmigung einer Staatsbe-Hörde errichtet werden dürfen, werden hinsichtlich solcher Kran-kenkassen, deren Unterstützungen nicht über die durch 8 12bestimmten Grenzen hinausgehen, aufgehoben.Politische Ueberficht.Berlin, 16. Dezember.Mit dem Todtschweigen geht es nicht mehr, mitleidigesAchselzucken und hochnäfigc Verachtung haben auch Nichts ge-fruchtet, und so fängt man denn mit Lamentationen an. Manhöre nur das Winseln der„M. Ztg.", das in allen liberalenBlättern seinen Nachhall gefunden hat;„Angesichts der großenZahl wichtiger Tagesfragen von unmittelbar actueller Bedeutungist die öffentliche Aufmerksamkeit von der socialdemokrati-scheu Agitation seit einiger Zeit in größerem Maße abgelenktworden, als für die auf dem Spiele stehenden Interessen zuträa-lich ist. Die unangenehmen Ucbcrraschungen, welcheden Vertheidigern der bestehenden Gesellschaftsordnung im Laufedieses Jahres durch die Vorgänge bei einzelnen Ersatzwahlen zumReichstage bereitet sind, würden(warum nicht„werden?" Anm.d. Red.) sich ohne allen Zweifel bei den nächsten allgemeinenWahlen in ganz anderem Umfange wiederholen, wenn die anti-socialistischen Parteien den Anstrengungen der Gegner in derBearbeitung der Wählerschaft nicht ihrerseits mit der Anspannungaller Kräfte entgegentreten. Vor Allem darf nicht außer Achtgelassen werden, daß die Organisation der socialistischen Elementein Deutschland seit den letzten allgemeinen Wahlen ungleichkräftiger(also doch!) geworden ist. Die einheitliche Leitung,welche durch die Verschmelzung der Lassalleaner und der Eise-nacher erreicht wurde, hat sich, so viel der Außenstehende beurthei-len kann, trotz der zahlreichen Rivalitäten vollkommen bewährt;die Häupter der beiden Richtungen sind im Reichstage zu einerförmlichen Fraction zusammengetreten und handeln überall miteinheitlichem Willen. Für die nächsten Wahlen, obschon dieselbenvoraussichtlich erst im Januar 1877 stattfinden werden, ist derFeldzugsplan bereits entworfen; in den Blättern der Parteiwerden schon die Termine für den Beginn der Agitation bekanntgemacht. Und im Zusammenhange mit der rührigen Organisa-tionsfähigkeit fällt doppelt schwer die außerordentliche Ent-wickelung der s»cialistischen Presse in's Gewicht."'„Vor einiger Zeit fand sich im„Neuen Socialdemokrat" eineZusammenstellung, nach welcher die in Deutschland erscheinendensocialistischen Blätter sich auf 26 beliefen. Zu dieser beträcht-lichen Zahl sollen, wie es heißt, am 1. Januar vier neue poli-tische Organe hinzu kommen. Außerdem wird von dem gleichenTermine an neben den bereits bestehenden kleineren Unterneh-mungen ähnlicher Art von der Leipziger Genossenschaftsdruckcreiein helletristisches Blatt in großem Stile unter dem Titel„Dieneue Welt" herausgegeben werden. In Fonn von Romanen,Novellen, Gedichten, volksthümlich-wissenschaftlichen AbhandlungenSkizzen u. s. w. soll dies Blatt dem Volke die„Neue Welt"der Jdeen erschließen, aus der die neue Welt der That undder Wirklichkeit hervorgehen wird.— Neben dieser vielver-zweigten Preßthätigkeit wird die mündliche Agitation in Volks-Versammlungen mehr als je gepflegt. Früher soll es vorae-kommen sein, daß man freche Burschen von guter Lunge, aberohne jegliche Vorbildung mit auswendig gelernten Vorträgen indie Provinz sandte; heute soll in Berlin eine förmliche Akademiebestehen, in welcher junge, intelligente Leute durch die Führer„wissenschaftlich" hieb- und sattelfest gemacht werden.— Ausalle dem erhellt zum mindesten so viel, daß das Gift der socia-listischen Theorien unserem Volke durch immer zahlreichere Kanäleund immer verführerische Formen zugeführt wird. Die liberalenParteien können nicht dringend genug ermahnt werden, dieseThatsache bei Zeiten und mit dem ganzen von ihr gebotenenErnst zu beachten."—Da haben wir weiter Nichts hinzuzufügen, als unserenfreundlichsten Dank für diese unfreiwillige Empfehlung!Unsere braven Katheder-Socialisteu haben entschiedenesPech! Nicht nur, daß man in Deutschland von ihnen nirgendsetwas halten will, auch in Frankreich haben sie gelegentlich einesDiners bei dem italienischen Unterhändler des Handelsvertrages,Herrn Luzzati, seitens dieses Herrn ein äußerst scharfes Dementierhalten. Die Leutchen erinnern an die Fledermäuse, von denendie Fabel erzählt, daß sie in einem Kriege zwischen den Thierenund den Vögeln es beiden Seiten recht zu machen suchten undhinterher nach Beendigung des Krieges, zum Lohne für ihre zwei-deutige Thätlgkeit, in die Mitte zwischen Licht und Dunkel,.Erdeund Licht, freud- und haltlos, verkümmert und verachtet, viel-leicht theilweise bemitleidet— verurtheilt wurden.Unsere deutschen Musensöhne vertreten die sogenanntedeutsche Bildung in einer eigenthümlichen Weise. So wirdder„Germania" aus Wien unterm 11. Dezember geschrieben:„Professor Billroth hat vor einiger Zeit eine Broschüre her-ausgegeben, in welcher über die große Zahl jüdischer Studentenan der Wiener medizinischen Fakultät gerade nicht in schmeichel-hafter Weise abgeurtheilt wird. Seit der Veröffentlichung dieser„kultur-historischen" Studien des Herrn Professors theilten sichdie Studenten förmlich in zwei Lager, in Juden und Nichtjuden.Scandalscenen wurden schon längst erwartet, jedoch gelang esnoch immer durch Herbeiziehung von Studenten der übrigen Fa-kultäten den Nichtjuden die Majorität im Hörsaale zu verschaffen.Gestern scheinen die Juden in der Mehrzahl gewesen zu sein.Sie benutzten die Gelegenheit und begrüßten Professor Billrothbei seinem Eintritte in den Hörsaal mit Zischen, Schreien,Pereat- Rufen. Die Nichtjuden versuchten den Lärm mit Bei-fallsklatschen zu übertäuben— jetzt ging der Scandal erst rechttos. Rufe:„Juden hinaus!" ertönten, die Fäuste mischten sichin die Menge und es gab eine ganz artige Prügelei. Erst nach-dem die Juden aus dem Saal hinausgeprügelt worden waren,konnte Professor Billroth seinen Vortrag beginnen."Solche Vorgänge bedürfen keines Kommentars! Es istübrigens gut, daß die Wiener Polizei diesem Treiben ruhig zu-sieht, die Arbeiter wissen dann am besten, wie gerecht man imDonaustaate die Justiz übt.Die Verurtheilungen von ehemaligen Communekämpfernvor dem Pariser Zuchtpolizeigericht haben noch immer kein Endeerreicht. Vorige Woche ist wieder einer dieser Unglücklichen, Na-mens Ernst Mejean, zu zehnjähriger Zwangsarbeit verurtheiltworden.Der Bruder des russischen Kaisers, Großfürst Nicolaus,ist auf vier Monate nach dem Kaukasus verbannt worden. DerGrund dieser Maßregel sind die kolossalen Schulden dieses edlenPrinzen. Desgleichen ist eine Tänzerin, die eine bedeutendeRolle in dem„noblen" Leben des Prinzen gespielt hat, verhaftetworden. Eine neue Steuer dürfte also für Rußland in den näch-sten Zeiten nicht zu den Unmöglichkeiten gehören.Die socialistische Bewegung in Rußland nimmt, wieüberall, einen erfreulichen Aufschwung, und da sie dort demkrassesten Absolutismus entgegensteht, da also dort keine liberali-sirende Hämmlingspartei durch phrasenhafte Halbheiten ihr denWeg verstellt und die schwankenden Geister und furchtsamenCharaktere im Schach hält, so läßt sich von ihr vielleicht eherals anderwärts der Uebergang von der Theorie in die Praxis,aus dem Gedanken in die Wirklichkeit erwarten. Die Extremeberühren sich; das ist eine alte Erfahrung, und möglicherweisewird aus dem Lande der Knute ohne„konstitutionelle" Ver-Mittelung sofort ein Land des Socialismus. Das Beispielunseres Konstitutionalismus ist für unsere Ostnachbaren jedenfallsnicht verlockend, ljni vivra verra(wer leben wird, wird's sehen.)� Der soci ald cm okratische Arbeiterverein zu Altonaist in Folge öffentlicher Debatten, die über Organisationsfragenin Versammlungen stattgefunden haben, und aus welchen derüberwachende Beamte Verbindungen konstatirte, von der Polizei-behörde angeklagt, mit anderen Vereinen gleicher Bestrebungenin Verbindung zu stehen und war heute, am 13. d. M., Termin;das Urtheil lautete für die vier Vorstandsmitglieder auf 60 Rm.event. 14 Tage Haft und Schließung des Vereins.* In ihrer letzten Sonntagsnummer bringt die„Kreuz-Zeitung� folgende Notiz, die uns selbst bei diesem Blatte be-fremdet hat.„Das Summen der Bienen an Weihnachten.Philipp Dietz, Bienenzüchter in Hunspach(Elsaß), bringtnochmals den Lesern und Bienenzüchtern Folgendes zur Kennt-niß: das Summen der Bienen an Weihnachten, nämlich in derNacht vom 24. auf den 25. Dezember, betreffend. Da Etlicheüber ihn spotten und er doch mehr als hundert schriftliche undmündliche Zeugnisse hat, ivelche diese Thatsache bestätigen, sobittet er nochmals, an nächster Christnacht auf das Treiben dieserThierchen Acht zu geben und ihm dann das Resultat schriftlichoder mündlich mitzutheilen. Selbst der große Bienenzüchter HerrRothe aus Netschau in Schlesien bestätigt diese Thatsache. HerrDietz will mit diesem sagen, daß das Summen der Bienen zumLobe des erschienenen Sohnes Gottes geschehe und daß es dieUngläubigen zum Nachdenken bringen möchte, obschon es Men-scheu giebt, dre das Alles nicht glauben und darüber spotten.Hunspach bei Sulz unterm Wald(Elsaß), den 8. Dzbr. 1875.Philipp Dietz."Wenn ein Dietz oder Kunz das Summen der Bienen zuWeihnachten nicht anders zu erklären vermag, so läßt sich diesvielleicht mit seiner bijotten Erziehung, die in dem MenschenAlles Denken erstickt, entschuldigen, wenn aber eine größere Ber-liner Zeitung sich derartig vergißt, daß sie solche Ansichten ab-druckt und somit größeren Kreisen übergiebt, so ist dies etwas„starker Taback". Die„Kreuzzeitung" zetert häufig über volks-vergiftende Kolportage-Romane; es wäre jedoch besser, wenn siedies vor der Hand berufenen Leuten überließe und ihre Spaltennicht mit Artikeln füllte, die offenbar eine Verhöhnung des ge-sunden Menschenverstandes sind.* Wer ist nun der kränkere von den beiden„krankenMännern", der Sultan oder der Papst? Beide setzen mitihren Verlegenheiten die europäischen„Kultur"-Staaten in Be-wegung, beide durch ihr ungeschwächtes Non possumus, zu deutsch:Wir können nicht! Der Papst näinlich glaubt nicht Verstand an-nehmen zu können, jedenfalls der richtigste Theil seines Glau-bens, und der Sultan kann nicht— seine Schulden bezahlen.Unsere Leser verzeihen uns daher folgende Knittelverse:Der Papst versteht nicht mehr die Welt,Dem Sultan fehlt es stets an Geld.