Nr. 152.

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Freitag, den 24. Dezember 1875.

Neuer

Social- Demokrat.

Organ der Socialistischen Arbeiter- Partei Deutschlands .

5. Jahrgang.

Redaction n. Grvebition: Berlin , SO.,

Raiser Franz- Grenadier- Pl. 83. 74

Jaserate

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Petroleum unserer Zeit zu werden."

Der Weihnachtsfeiertage halber fällt die unten. Das scheint die artige Devise Sonntags- Nummer aus und es erscheint die Diesen Ausspruch that die Deutsche Landeszeitung" nächste Nummer deshalb Mittwoch, den im Hinblick auf die massenhaften Brände von Fabriken, 29. Dezember.

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und derjenige muß wahrlich wenig Wiß haben, welcher nicht daraus ersieht, daß jenen untersten Schichten des Volkes", das heißt den Arbeitern, hier Mordbrennerei mit Petroleum angedichtet wird.

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ferner für den Bourgeois ein Kalauer, der ihm in Fleisch Petroleum" als Sinnbild der Social- Demokratie ist ferner für den Bourgeois ein Kalauer, der ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist.

schiedenheit diese Verdächtigung der Arbeiter, speziell der Wir wiesen daher in der Sonntagsnummer mit Ent­socialistischen zurüd. Jegt aber fehlt uns in der That der gebührende Ausdruck für die Heßerei der Deutschen Landes­ohne jede Scheu, nochmals die Verläumdung der deutschen Zeitung", denn auf unseren Artikel hin wiederholt sie, Arbeiter, sie seien es, welche die Fabrikbrände verschuldet hätten.

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liften im Auge gehabt zu haben, als sie das Petroleum" Wenn jene Zeitung sich entschuldigt, nicht die Socia­angezogen habe, denn Petroleum sei nicht gleichbedeutend mit social demokratischer Partei" so ist das eine Aus­so ist das eine Aus­flucht, billig wie Brombeeren. Denn wenn ununterbrochen Wigblätter und Journale die Socialisten mit dem Petroleum karrikiren und denunziren, wenn die Hanswursten der modernen Theater mit Knüttel und Petroleum den Bourgeois zum Lachen reizen, dann ist Derjenige, welcher die An­spielung nicht merkt, ein armer Tropf.

Wir können aber ganz außer Acht laffen, daß unsere Partei beschimpft ist, die Hauptsache ist, daß die Arbeiter verläumdet werden. Die Deutsche Landes- Zeitung" be­

Derselbe ist in der Zeitungspreis- Lifte pro 1876 unter hauptet nämlich erneut: Nr. 2605

eingetragen.

Die Expedition.

Inhalt.

Die Arbeiter nochmals als Mordbrenner. Politische Uebersicht: Der italienische Botschafterposten. Sur Eisenbahnfrage.- Arbeiterelend. Rüdwanderung nach dem Elsaß .

Aus Frankreich .

Belgisches.

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Pio nono und die orientalische Frage. Der Bischof'sche Antrag. Sieben Millionen Soldaten. Bur Bremerhafener Katastrophe. Bourgeoisinteresse für die Arbeiter. Spiele nicht mit Schießgewehr. Bourgeoishumanität. val. Straßburger Bombardements- Entschädigungen. Junere Parteiangelegenheiten.

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-Hof- Carne­

Berlin.

Altona .

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Daß im unteren Volfe unter dem Bourgeois- Ne giment die Verwilderung und die Verbrechen zu­nehmen, ist eine durch die Statistik bewiesene Thatsache; die Schuld aber liegt nicht beim Volfe, auch nicht bei der Social- Demokratie, sondern in der geradezu verrückt zu nennenden Großbörsen- und Industrie- Sonderschaft alias in dem Reichsjudenthum", welches indirekt Alles be­herrscht.

, Einzelne im Volke und zwar schon ein ganz ansehnlicher Bruchtheil, nämlich alles das, was sich jetzt aus Gnaden und unter drückenden Bedingungen in Arbeit beschäftigt oder wohl gar arbeitslos doch durch die Gründer- Glanzepoche hierher als irregeleitet sich fühlt: denkt in der That unmuthig und finsteren Geistes über diese Zustände. Gründerwirthschaft, wenn sie ihren Weg unge Fenilleton: Gieb uns unser täglich Brod. Aus Strousberg's hindert weiter läuft, führt ohne Gnade zu Petroleum und Glanzepoche.

Korrespondenzen: Flensburg . Nienstedten . Hamburg .

Bremen .

Meißen .

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Dsnabrück.

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Verden .

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Die Arbeiter nochmals als Mordbrenner.

Dem Deutschen wohnt eine wahre Lammesgeduld inne; wenn ihm so arg mitgespielt wird, daß den Angehörigen jeder anderen Nationalität das Blut in Wallung gerathen würde, es sei denn ein thrantrinkender Eskimo, singt er: Freund, ich bin zufrieden, geh' es, wie es will." Gerade in der Gegenwart erleben wir dies, so daß es ein Jammer mit anzusehen ist. Keine Arbeit, kein Brod, Bankerott und Exekution überall; die Noth guckt durch die Thür; Parole von oben: Fleißiger sein und weniger genießen"; dabei keine Aussicht auf Besserung der socialen Lage und doch giebt es noch ungeheure Massen von deutschen Arbeitern, welche, fromm, voll Milch der frommen Denkungsart, diese Schickung Gottes " still hinnehmen, bereit sind, ihrem Nächsten die Schuhe zu pußen, nota bene wenn er einen wohlgefüllten Geldsack hat, und höchstens ihrem Grimm in blindem Haß gegen den Franzosen" Luft machen.

Am deutlichsten aber zeigt sich dieser trübselige Charakter­zug des Deutschen , wenn das Volf nicht nur leidet und schweigt, sondern zum Schaden sich noch Spott und Hohn mit Duldermiene gefallen läßt, die Hand füßt, welche es in's Geficht schlägt. Und in der That leistet die Presse in dieser Hinsicht gegenwärtig Beispielloses. Sie schämt sich nicht, dieselben Arbeiter, welche trop eines Nothstandes, der feines Gleichen sucht, sich bis heute jeder Gewaltthat ent­halten haben, in's Blaue hinein als eine Rotte von Mör­bery. Räubern und Mordbrennern hinzustellen und mit eherner Stirn diese Berläumdung aufrecht zu erhalten.

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In Her Nummer vom vorigen Sonntag wiesen wir eine nicht mißzuverstehende Schmähung der Deutschen Landeszeit ung" zurück, welche wir des Zusammenhanges halber hier nochmals folgen lassen. Sie lautete:

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Niemand in Berlin verschließt sich vor dem Gedanken, daß ein finsterer, unheimlicher Geist des Unmufhs. und Ver derbens in den unteren Schichten des Voltes herrscht wer ihn heraufbeschworen, das wissen unsere Herren National Liberalen nur zu gut. Gründer oben,

zur Pariser Commune .....

,, Also kurzweg: Wir haben die Social- Demokratie im obigen Satz gar nicht gemeint, noch weniger sie für etwaige wortlich gemacht." Ausschreitungen Einzelner aus dem Volke verant­

Die Deutsche Landes- Zeitung" macht durch diese Aus­sprüche die Sache schlimmer statt besser. Und wenn es ,, Einzelne im unteren Volke" sein sollen für welche die Verantwortlichkeit unserer Partei nicht aufgebürdet wird

die jene Fabriken mit Petroleum angezündet haben sol­len, so ist und bleibt das eine Verläumbung der Ar­beiter. Mögen gewisse Verbrecherklassen durch die heutige Gesellschaft Schrecken erregend zunehmen, so ist es anderer­seits Thatsache, daß die Organisation der Arbeiter im Kampf seits Thatsache, daß die Organisation der Arbeiter im Kampf gegen das Kapital fie fittlicher macht und ihr Chrgefühl er­wedt. Die Verwilderung des Volkes" ist eine unbewiesene Beleidigung desselben.

Wer aber, zum Teufel, kann den mindesten Beweis da­für erbringen, daß Arbeiter Urheber der Fabrikbrände find? Wenn in der jeßigen Zeit des Krachs" irgend einem halb oder ganz bankerotten Fabrikanten der rothe Hahn" auf dem Dache seiner gut versicherten Fabrik fräht, muthmaßt der Kriminalist einen brandstiftenden Ar­beiter? nein, der Attentäter wird dort gesucht, wo der Fabrikbrand. Bortheil schafft. Und wenn also ab= sichtlich angelegt Brande in der letzten Zeit entdeckt werden, dann hat man die Uebelthäter in den oberen Klassen" der Gesellschaft zu suchen. Auch der Verbrecher Thomas, der Attentäter zu Bremerhafen , war ein speku lativer Bourgeois.

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Noch bei keinem socialistischen Aufstande, so viele deren auch die Geschichte kennt, haben die kämpfenden Arbeiter geplündert; sie dachten an die Errichtung einer Arbei­terregierung, nicht aber an's Beutemachen. Und was in den Stürmen der Revolution, in Mitten des brausenden Schlachtenlärms der Arbeiter stets verabscheut hat das feige Verbrechen, dadurch sollte in diesem Augenblick, wo er sich der friedlichen Ausbreitung des Socialismus weiht, sein Thun beflecken? Sicherlich nicht!

Mit schärfstem Protest also schleudern wir die Ver­leumdung des deutschen Arbeiters zurück, er habe sich zum Brandstiften" herbeigelassen; mag die Deutsche Landes­zeitung" den bankerotten Gründern" auf den Zahn fühlen, dort vielleicht findet sie das Gesuchte. Der Arbei­ter, socialistisch und nicht- socialistisch, aber hält auf Ehre,

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* Die Deutsche Landeszeitung" behauptet, der Bolks­staat" babe sich in seiner Nummer vom 12. Dezember in gleicher bemerken dazu, daß wir in der beregten Nummer desselben überhaupt Weise, wie sie selbst über die Ursache der Fabrikbrände geäußert. Wir teine Notiz über jene Brände gefunden haben. Als sicher ist aber an­zunehmen, daß der Volksstaat" sie nicht den Arbeitern zugeschrieben haben wird.

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Politische Uebersicht.

Berlin , 23. Dezember.

Für den deutschen Botschafter in Nom sollen weitere 100,000 Mark jährlich bewilligt werden. Hm! Die Kaiser= gekostet und jetzt gar eine jährliche Mehrbelastung unserer Aus­reise nach Italien hat bereits eine erfleckliche Summe Gelbe gekostet und jetzt gar eine jährliche Mehrbelastung unserer Aus­gaben um 100,000 Mart. Da werden uns die freundschaft­lichen Beziehungen" zu Italien doch gar zu theuer und obendrein trauen wir ihnen eben so wenig, wie allen anderen. stolze deutsche Reich verlangt eine entsprechende Repräsentation und für unsere Kammermajorität ist dieser Grund hinreichend,

Aber das

selbst, wenn sie weiß, wie sehr nöthig wir anderwärts das Geld brauchen.

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Zur Eisenbahnfrage, d. h. dem projektirten Ankaufe sämmtlicher Bahnen durch das Reich, bemerkten wir bereits in unserer vorigen Rummer, daß sie den reichskanzlerischen Absich ten, betreffs einer festen Gentralisation und dadurch herbei­geführten Schwächung aller Einzelstaaten, durchaus extspräche und die reichstreuen Blätter, voran die edle Magdeburgerin, haben sich beeilt, unsere Ansicht zu bestätigen. Sie sagen, nicht allein finanzielle Rücksichten sind entscheidend, sondern nicht minder politische. Es handelt sich hier um einen Befiz, der die Auto­rität, die Aktionsfähigkeit und die Festigkeit des Reiches in mächtiger Weise erhöhen würde. Neben der einheitlichen Armee und dem gemeinsamen Parlamente würden die Eisenbahnen dem Reiche den stärksten Zusammenhalt gewäh ren: die vielen Schienenstränge würden recht eigentlich wie eiferne Klammern das große Vaterland umspannen. ( Wie eiserne Klammern"! Der Bergleich ist treffend. D. R.) Das größte Hinderniß aber, welches der Ausführung dieses vom nationalen Standpunkte nur zu billigenden Planes entgegensteht, ist das Selbstgefühl der Partikularstaaten, welche wohl wissen, daß sie einen Theil ihres Machtbesiges opfern, wenn sie die ihnen gehörigen Bahnstrecken dem Reiche überlassen. Preußen will Beispiele vorangehen,( Weil seine Großmächtigkeit dadurch nur zwar nach den Aeußerungen des Fürsten Bismard mit gutem gewinnen kann; weil dann nicht Preußen im Reiche, sondern, wie freilich zumeist jetzt schon, das Reich im pickelbehaubten Breußen aufgeht! D. R.) und auch Camphausen, der früher ein Gegner des Planes war, scheint die überwiegenden politischen Nüglichkeitsgründe, welche das Reich geltend machen kami, anzuerkennen. Db aber Sachsen , Würtemberg und namentlich Bayern sich gefügig zeigen werden, scheint uns zweifelhaft." Uns auch!

H

Zu wiederholten Malen ist von Arbeiterblättern darauf hin­gewiesen worden, wie nothwendig es sei, daß die arbeitende Klasse der Bevölkerung ihre Vertreter in Magistrat und Ge­meinde Vorstand haben müsse, speziell in der Einschätzungs­Behörde, weil viele dieser Herren oft mit der größesten Nach­lässigkeit ihr Amt verwalten, die begüterte Klaffe zu gering ein­geschätzt wird, und eine wahrhaft erdrückende Steuerlaft die ärmere Bevölkerung trifft. Eine Zeitungsnotiz aus Dresden scheint jedoch dieser Sache die Krone aufzuseßen. Als Kurio­sum wird nämlich darin berichtet, daß es sich durch die Volks­zählung herausgestellt hat, daß es in Dresden 200 Häuser giebt, welche nicht im Brandkataster eingetragen waren und von denen deshalb auch keine Miethssteuern gezahlt wurden. Der dadurch entstandene jährliche Ausfall an Steuern hat ca. 6-7000 Thlr. betragen. Die Herren, welche diese Thatsache als ein ein­faches Kuriosum bezeichnen, thäten gut, gleichfalls dabei zu be merken, wie viel Steuer- Gretutionen erfolgt sind bei der ärmeren Klasse, deren Häuser Niemand im Wege stehen, die man aber trotzdem bei der Steuererhebung, wenn auch nicht bei den Ge­meindewahlen, zu finden wußte.

Die letzte Volkszählung hat uns trübe Bilder aus unse­rem socialen Leben vorgeführt. So berichtet, um nur einen Fall sprechen zu lassen, im Graudenzer ,, Geselligen" ein Volkszähler aus dem Kreise Marienwerder( Provinz Preußen ) schauerliche Einzelheiten: Ein entfeßliches Bild westpreußischer Kultur ent­rollt sich da vor unseren Augen. Herr Dr. Engel, der Direktor des statistischen Bureaus, hätte der Wissenschaft ganz gewiß einen sehr wesentlichen Dienst erwiesen, wenn er zu den freilich schon vielen Frage auf seinen Zählblättchen, auch noch die hinzu ge fügt hätte: Wie viel Wohnzimmer waren überhaupt geheizt der Arbeiterfamilien( wir fanden wahrhafte Löcher" von Stuben), Wie viel betrug der Rauminhalt des Wohn- und Schlafzimmers

und wie sah es darin mit der Reinlichkeit aus? Und endlich: Wie viel Zählblättchen hatten die Haushaltungs- Vorstände selbst ausgefüllt oder auch nur durch ihre Namensunterschrift vollzogen? Von allen diesen wichtigen Dingen will Herr Dr. Engel nichts.