tige, einen Umriß derjenigen Zustände zu zeichnen, welche in Peru  herrschten, ehe die spanischen   Abenteurer dort erschienen und derart wirthschafteten, daß uns heute nur Ruinen von der einstigen Blüthe des Landes zu erzählen vermögen. Eine kurze Beschrei­bung jener Mordbrennerthaten, die man ,, Eroberung von Peru" nennt, gedenke ich später gelegentlich zu liefern.

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Die Hochthäler der Cordilleren, welche das peruanische Gebiet durchziehen, waren nicht nur ihrer schon oben erwähnten Eigen­schaft hinsichtlich der Verschmelzung mehrfacher Klimate, ihres natürlichen Reichthums an fruchtbarem Boden und vielverzweigtem Gewässer und ihrer daraus resultirenden, ebenso üppigen als mannichfaltigen Vegetation zur Veredelung und wie ich mich ausdrücken will natürlichen Civilisirung ihrer Bewohner außer­ordentlich geeignet, sondern auch aus dem Grunde, weil die sie umgebenden Gebirgszüge den anderweit Wohnenden den Zugang versperrten, Festungen bildeten und die Störung des Friedens mehr oder weniger unmöglich machten. Die noch vorhandenen Ueberreste von Bauten lehren auch, daß sich die Eingebornen ohne Zweifel lange Zeit ausschließlich im Gebirge aufhielten und daß sie erst, nachdem hierselbst jede weitere Ausbreitung schlechterdings unmöglich war, an die Meeresküste hinabstiegen.

Zur Zeit der Entdeckung Perus  , nämlich Anfangs des sechs­zehnten Jahrhunderts, herrschten über dieses Land absolute Des­poten, Inkas  . Dieselben nannten sich ,, Söhne der Sonne" und schrieben sich alle Kultur des Landes zu. Daraus schloß man hauptsächlich auf eine einstmalige Einwanderung indischer Pfaffen, die sich schlauer Weise zu Herrschern aufzuwerfen gewußt hätten. Aber der Despotismus ist ja tein spezifisch asiatisches Gewächs, wenn er auch unter dem Zusammenwirken vieler, hier nicht näher zu bezeichnender Umstände in Asien   besonders gut gedich; es ist vielmehr eine unumstößliche Thatsache, daß diese Regierungsform bei einem gewissen Kulturgrade sozusagen von selbst entsteht, eine Zeitlang wohl auch ein unentbehrlicher Hebel der Civilisation sein kann, später aber zwecklos, kulturfeindlich und deshalb auf die eine oder die andere Weise beseitigt wird. Anders kann man es sich wenigstens nicht erklären, daß alle halbkultivirten Völker Despoten an ihrer Spitze haben und stets hatten. Und höherer Abstammung wollten die Despoten aller Zeiten und aller Länder sein; dies liegt im Despotismus selbst, in der auf die Spitze getriebenen persönlichen Autorität. Man sagt oft, von Haus aus sei jedes Volk nichtsnutzigen Charakters und müsse gewaltsam zur Arbeitsamkeit und Ordnung gewöhnt werden, während ein­zelne intelligente Personen, indem sie dies begriffen, ganz von selbst berufen würden, die Rolle von Zuchtmeistern zu spielen. So entstand aber in Wirklichkeit der Despotismus nicht, vielmehr verdankte derselbe gerade einem edleren Zuge der Menschen sein Dasein in erster Linie. Zum Unterschiede von den Theologen und Absolutisten, welche sagen, alle Menschen seien schlecht, ist im Gegentheil zu sagen: die Menschen haben von Hause aus den Fehler, zu gutmüthig zu sein. Die angeborene menschliche Gutmüthigkeit bringt es mit sich, daß die Menge Jedem, der- oft nur scheinbar etwas Hervorragendes oder Wohlthätiges leistet, große Dankbarkeit zollt und hohes Vertrauen schenkt, oder mit anderen Worten: daß sie geneigt ist, Personenkultus zu treiben. Dieser Kultus ist vielleicht die einzige Quelle des Des­potismus; weshalb dies bei den Peruanern anders gewesen sein sollte, vermag ich nicht zu begreifen. Man wird im alten Beru eben auch, wie anderwärts, zunächst die Männer des allgemeinen Vertrauens an die Spitze des Gemeinwesens gestellt, sie zu Häuptlingen gemacht haben; im allzu großem Vertrauensdusel wird man allmählich die Erweiterung der Machtbefugnisse der Herrscher, zuerst für deren Personen und später wohl bis über das Grab hinaus zugelassen haben; und bei günstiger Gelegen heit wird sich irgend ein Herrschergeschlecht auf die Dauer an der bevorzugten Stelle, auf der Spitze der Staatspyramide feſt­gesetzt haben. Die Inkas dürften also entstanden sein, wie alle ähnlichen Erdengötter fraft der souveränen Volksdummheit! Will man aber wissen, wie es möglich war, daß das Volk all­gemein an deren göttlichen Ursprung glaubte, so muß man nur in Betracht ziehen, welche Bären sich heutzutage, im Zeitalter

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de: Buchdruckmaschinen, der Eisenbahnen, des Telegraphen und de: allgemeinen Schulpflicht, die Völker noch aufbinden lassen!

Genug: die Inkas waren ein Despotengeschlecht, man hielt fie für höhere Wesen und vergötterte sie. In gerader Linie ver­erbte sich der Thron, und die ganze Verwandtschaft der Herrscher handhabte den militärischen, pfäffischen und bureaukratischen Appa­ra. Ohne mich nun den Bewunderern eines solchen Patriarcha­lismus anzuschließen, will ich nicht unterlassen, zu bemerken, daß ohne allen Zweifel die Bewohner Perue dabei besser fuhren als bei dem nachfolgenden spanischen   Regiment. Dies beweist nicht nur der Umstand, daß heute noch, also nach 3 1/2 Jahrhunderten, die Indianer mit schwermüthiger Sehnsucht des vergangenen Zeit­alters gedenken und mit Begeisterung von ihren Inkas erzählen, sondern auch manche Einrichtung damaliger Zeit selbst. Wir werden sehen, daß die Inkas   in vielen Stücken unerhörte Vor­züge genossen, wir werden aber auch sehen, daß sie ihre Macht nicht bis zu dem Grade mißbrauchten, den Volksmassen das Leben zu verkümmern.

Grund und Boden war im Inkareiche unveräußerliches Staats­eigenthum; ein Theil war für die Inkas  , also die regierende Klasse, reservirt, sonst erhielt jede Familie sofort nach der Verheirathung eine gleiche Parzelle zugewiesen, die später, je nach der Kinder­zahl, vergrößert wurde, nach dem Absterben der Familie aber wieder an den Staat zurückfiel. Alle Steuern bestanden in per­sönlichen Leistungen, indem jeder arbeitsfähige Einwohner sich je nach Bedarf für einen Theil des Jahres dem Staate zur Ver­fügung zu stellen hatte. Vermittelst dieser Arbeitskräfte wurden die Landesvertheidigung, der Anbau der Inkaländereien, die Ver­fertigung der für die Inkas bestimmten Verbrauchsgegenstände, die öffentlichen Bauten von den Inkapalästen und Sonnen­tempeln bis zu den Landstraßen, die Wirthschaft der Arbeits­unfähigen, kurzum alles Dasjenige vollbracht, was außer der Familienwirthschaft das Gemeinwesen an Arbeit erheischte. War demnach jeder Peruaner ein Bauer, der neben dem Acker- und Gartenbau beides war schon sehr frühzeitig hoch entwickelt sein aus Ziegelsteinen errichtetes sauberes Wohnhäuschen in Stand zu halten, seine wollenen und baumwollenen Zeuge selbst zu spinnen, zu weben und zu Kleidungsstücken( Männer wie Frauen trugen eine Art von Tunika) zu verarbeiten hatte, und der sidy mancherlei Geräthschaften mit eigener Hand verfertigte, so war er obendrein noch der Allerweltskünstler des Staates. Wie weiter unten noch erwähnt werden wird, haben diese Bauern sich als Bildhauer, Goldarbeiter, Kunstgärtner, Bauhandwerker 2c. in einer wahrhaft staunenerregenden Weise bewährt und damit den Beweis geliefert, daß die Ausübung mannichfaltiger Berufe die Virtuosität in den einzelnen Fächern nicht ausschließt.

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In viel

Heute noch bewundert der Reisende die zahllosen Terrassen, welche freilich gegenwärtig, dank den verrotteten Zuständen, wie sie namentlich durch die spanischen   Pfaffen erzeugt worden sind, ihrem Zerfalle entgegen gehen, die aber Zeugniß dafür ablegen, wie sehr der altperuanische Bauer nicht allein jedes Fleckchen Land auszunuzen wußte, sondern auch seine Kunstanlagen in einer für das Auge wohlgefälligen Form ins Werk zu setzen verstand. Einzelne solcher terrassenförmig angelegten Werke sollen lebhaft an die hängenden Gärten" der Semiramis erinnern. höherem Grade als diese künstlichen Feld- und Gartenbauten erregen jedoch die monumentalen Riesengebäude aus der Inkazeit - jetzt flagen nur noch deren Ruinen über den Vandalismus, welchen das Erobererpack daran geübt!- das allgemeine Er­staunen. Machen es auch die Bruchstücke, welche sich noch davon vorfinden, nicht möglich, daß man sich die cyklopischen Schöpfungen menschlicher Arbeit in ihrer ganzen ehemaligen Pracht vergegen­wärtigt, so sind die vorhandenen Trümmer in Verbindung mit den Beschreibungen, welche über diese Bauten Aufschluß geben, immerhin geeignet, ein wenn auch nur schwaches Bild zu liefern, das unsere Bewunderung herausfordert. Um aber die Kunst, welche sich in diesen Baudenkmälern verkörperte, ganz zu würdigen, muß man sich deren Gefüge etwas genauer ansehen. Da findet man, daß die Steine ohne Mörtel mit einander verbunden sind und gleichwohl so dicht aneinander schließen, daß man kaum

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