und die Aussicht in eine ruhmreiche Zukunft ihn oft sehr heiter sein. Er schreibt um diese Zeit an Guzzkow:

,, Lieber Freund!

,, War ich lange genug stumm? Was soll ich Ihnen sagen? Ich saß auch im Gefängniß und im langweiligsten unter der Sonne, ich habe eine Abhandlung geschrieben in die Länge, Breite und Tiefe. Tag und Nacht über der ekelhaften Geschichte, ich begreife nicht, wo ich die Geduld hergenommen. Ich habe nämlich die fire Idee, im nächsten Semester zu Zürich einen Curs über die Entwicklung der deutschen Philosophie seit Cartesius zu lesen; dazu muß ich mein Diplom haben, und die Leute scheinen gar nicht geneigt, meinem lieben Sohne Danton den Doktorhut aufzusetzen.

,, Was war da zu machen? ,, Sie sind in Frankfurt und unangefochten!

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,, Es ist mir leid und doch wieder lieb, daß Sie noch nicht im Rebstöckel( Straßburger Gasthaus) angeklopft haben. Ueber den Stand der modernen Literatur in Deutschland weiß ich so gut als nichts; nur einige versprengte Broschüren, die, ich weiß nicht wie, über den Rhein gekommen, fielen mir in die Hände. ,, Es zeigt sich in dem Kampfe gegen Sie eine gründliche Niederträchtigkeit, eine recht gesunde Niederträchtigkeit, ich begreife gar nicht, wie wir noch so natürlich sein können! Und Menzel's*) Hohn über die politischen Narren in den deutschen Festungen und das von Leuten! mein Gott, ich könnte Ihnen übrigens er­bauliche Geschichten erzählen.

*) Menzel, der Franzosenfresser", den Börne so gründlich ab­gethan. Er ist vor nicht langer Zeit gestorben, nachdem er in seinen alten Tagen noch Bismärcker geworden.

Mirabean. Originalzeichnung.( Siehe Seite 60.)

,, Es hat mich im Tiefsten empört; meine armen Freunde! Glauben Sie nicht, daß Menzel nächstens eine Professur in München erhält?

,, Uebrigens, um aufrichtig zu sein, Sie und Ihre Freunde scheinen mir nicht grade den flügsten Weg gegangen zu sein. Die Gesellschaft mittelst der Idee, von der ge­bildeten Klasse aus reformiren? Unmöglich! Unsere Zeit ist rein materiell; wären Sie je direkter politisch zu Werke gegangen, so wären Sie bald auf den Punkt gekommen, wo die Reform von selbst aufgehört hätte. Sie werden nie über den Riß zwischen der gebildeten und ungebildeten Gesellschaft hinauskommen.

Ich habe mich überzeugt, die gebildete und wohlhabende Minorität, so viel Conzessionen sie auch von der Gewalt für sich begehrt, wird nie ihr spizzes Verhältniß zur großen Masse auf­

geben wollen. Und die große Masse selbst? Für die gibt es nur zwei Hebel, materielles Elend und religiöser Fanatismus. Jede Partei, welche diese Hebel anzusetzen ver­steht, wird siegen. Unsere Zeit braucht Eisen und Brod*)

und dann ein Kreuz oder sonst so was. Ich glaube, man muß in sozialen Dingen von einem absoluten Rechtsgrundsatz ausgehen, die Bildung eines neuen geistigen Lebens im Volke suchen, und die abgelebte moderne Gesellschaft zum Teufel gehen lassen. Zu was soll ein Ding, wie diese, zwischen Himmel und Erde herumlaufen? Das ganze Leben der­selben besteht nur in Versuchen, sich die entsetzlichste Langeweile zu vertreiben. Sie mag aussterben, das ist das einzig Neue, was sie noch erleben kann.

*) Blut und Eisen", sagte Bismarck .