im großen Publikum und noch weniger unter den Männern der Wissenschaft; in Bezug auf die Giftigkeit des Kohlendunstes kann man dies jedoch nicht sagen.
Beschäftigt haben sich zwar Chemiker und Aerzte sehr viel mit demselben; die zahlreichen, sich jeden Winter wiederholenden Unglücksfälle sorgten dafür, daß er nicht in Vergessenheit gerieth. Eine wissenschaftliche Gesellschaft, die„ Harlemer holländische Gesellschaft der Wissenschaften" stellte im Jahre 1829 in Bezug hierauf folgende Preisfrage: Da die schädliche Wirkung der an der atmosphärischen Luft erloschenen Kohlen, wenn sie wieder angezündet werden und während sie noch gänzlich im Zustande der Verkohlung sind, weit gefährlicher ist, als diejenige der durchaus brennenden Kohlen, so zwar, daß die Menschen, welche sich dabei in nicht sehr geräumigen Zimmern befinden, in Ohnmacht fallen oder das Leben verlieren, und da diese Wirkung der geringen Menge des Kohlendunstes nicht zugeschrieben werden kann, der sich während des Brennens in so furzer Zeit gebildet hat: so ist es wünschenswerth, daß durch entscheidende Erfahrungen zu bestimmen gesucht wird, worin die Ursache der tödtlichen Wirkung 2c." Der bald darauf ausbrechende Krieg zwischen Holland und Bel gien verhinderte aber eine vielseitige Bearbeitung dieser Preisfrage. Auch war störender Weise die Benutzung der deutschen Sprache für dieselbe ausgeschlossen.
Die hauptsächlichsten Bestandtheile des Kohlendunstes sind zwar seitdem mit ziemlicher Sicherheit festgestellt worden. Leblanc fand in hundert Raumtheilen desselben 75,62 Stickstoff, 19,90 Sauerstoff, 4,64 Kohlensäure, 0,54 Kohlenoryd und 0,04 Kohlen wasserstoff.( Die Untersuchungen anderer Chemiker ergaben kein wesentlich verschiedenes Resultat, nur Orfila fand mehr Kohlensäure.) Als man die Wirkung der genannten Gasarten auf den thierischen( und menschlichen) Organismus prüfte, waren die meisten Chemiker überrascht von der außerordentlichen Giftigkeit, welche man bei dem Kohlenorydgas entdeckte, und glaubten, daß dieses der eigentliche Träger der Giftigkeit des Kohlendunstes sei. Es wäre diese Ansicht wohl bald allgemein als feststehend angesehen worden, wenn nicht Berzelius anderer Meinung gewesen wäre. Dieser Chemifer, dessen Namen bis heut der feines zweiten Chemikers gleichgestellt werden kann, erklärte: Dieser schädliche gasförmige Körper ist weder Kohlensäure noch Kohlenorydgas, sondern ein brenzlicher Stoff von eigenthümlicher Zusammen
Der Pont du Montblanc( siehe Abbildung S. 64) ist eine der vornehmsten Sehenswürdigkeiten der größten und reichsten Stadt der schönen Schweiz , des zu beiden Seiten der Rhone entzückend gelegenen Genf . In zwölf fühnen, ausschließlich aus Eisen und Stein fonstruirten Bogen überspannt sie den Strom, kurz vor der Stelle, wo er aus dem Genfersee heraustritt, und verbindet das auf dem linken Ufer gelegene Aristofratenquartier mit dem Quartier St. Gervais , in dem eine zahlreiche Arbeiterbevölkerung haust. Dem über sie Hinwandelnden bietet sich eine prachtvolle Aussicht dar; die hochliegende Altstadt überragen imposante Alpenhäupter, als deren mächtigstes der mit ewigem Schnee bedeckte Gipfel des Montblanc sich präsentirt. Zur Seite liegt die auf unserem Bilde ebenfalls dargestellte Rousseauinsel mit dem Monumente des philosophischen Menschenfreundes Jean Jacques Rousseau . Die an den Stromufern sich entlangziehenden Quais sind Straßen, die an Großartigkeit und Eleganz mit den schönsten der modernen Weltstädte rivalisiren. Erbaut wurde die Brücke von den Ingenieuren Chantre und Blonişti unter der Oberleitung des Genfer Baudirektors Platiaud. Das Totalgewicht der Eisenkonstruktionen beträgt 900,000 kilogramm oder 18,000 Ctr; das des zur Pflasterung verwandten Asphalts 180,000 Kilogramm oder 3600 Ctr. Xz.
*
*
"
Aschenbrödel. Unser Bild( Seite 65) zeigt uns eine Scene aus dem allbeliebten deutschen Volksmärchen Aschenbrödel". Das arme Kind, dem die hartherzige Stiefmutter und die bösen Stiefschwestern den Spottnamen Aschenbrödel gegeben, hatte den Wunsch zu äußern gewagt, mit Mutter und Schwestern auf den Hofball gehen zu dürfen. " Da aber", erzählt das Märchen, wurde die böse Stiefmutter voller Galle, nahm eine Schüssel voll Linsen, schüttete diese in die Asche und sagte:„ Nun, meinetwegen magst du mitgehen. Erst aber liefest du mir diese Linsen aus der Asche heraus. Bist du jedoch in zwei Stunden nicht fertig damit, so bleibst du zu Hause.". Vor dieser Arbeit erschrak das arme Mädchen keineswegs. Es öffnete die Hinterthür der Küche und rief alle seine getreuen Freunde herbei, damit sie ihm helfen sollten. Da famen denn augenblicklich eine Menge Täubchen und allerlei andere
Verantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht in Leipzig.-
72
|
ſegung." Seitdem sind noch zahlreiche Untersuchungen über die Frage angestellt worden, ohne daß es möglich gewesen wäre, dieselbe zum Abschluß zu bringen. Noch im Jahre 1874 theilte Prof. Hünefeld aus Greifswald auf der Naturforscherversammlung in Breslau mit, daß seine Versuche ihn zu der Ueberzeugung gebracht hätten, daß das Kohlenorydgas nicht der einzige giftige Bestandtheil des Kohlenbunstes sein könne. Seine Untersuchungen hierüber sind noch nicht beendet, so wenig wie( nach brieflicher Mittheilung an mich) die des Medizinal Assessors Busch in Dessau , der durch seine bisherigen Untersuchungen( wie er auf der letzten Generalversammlung des Deutschen Apothekervereins im vorigen Jahre in Hamburg mittheilte) im Wesentlichen zu derselben Annahme kommt, als Professor Hünefeld. Aber wenn auch neben Kohlenoryd noch andere giftige Gase im Koblendunst enthalten sind, wenn dieser überhaupt je nach dem Heizmaterial verschieden sein kann, so ist durch die angestellten Untersuchungen doch erwiesen, daß Kohlenoryd in den meisten Fällen vorhanden ist, daß diese Beimischung eine außerordentliche Giftigkeit besitzt, indem schon eine Beimischung von einem Raumtheil Kohlenoxyd zu zweihundert atmosphärischer Luft beim Einathmen tödtlich wirkt( Dr. H. Friedberg und Eulenberg), daß also der durch Kohlendunst bewirkte Tod kein Erstickungs-, sondern ein wirklicher Vergiftungstod ist; daß dieses gefährliche Gas an sich ganz geruchlos ist, daß man also irrt, wenn man glaubt, es sei keine Gefahr vorhanden, wenn man in einem Zimmer keinen Ranch oder üblen Geruch bemerkt; daß es sich immer bei schlechtem Zug im Ofen bildet; daß es dann nicht nur durch die Löcher und Rite des Ofens in das Zimmer strömt, sondern daß es auch durch dichte glühende guß- oder schmiedeeiserne Wände durchströmt( festgestellt durch Versuche von den französischen Chemikern St. Claire, Deville und Troost); daß es sich überhaupt bei den meisten heut gebräuchlichen Heizvorrichtungen, wenn auch nur in kleinen Meugen, stets bilden und im Wohnraum verbreiten muß, und daß auch diese kleinen Mengen auf die Dauer die Gesundheit des menschlichen Organismus schädigen müssen ( Dr. Dittmann). Dies ist von der Wissenschaft positiv festgestellt. Die ganze Tragweite der chronischen Kohlendunstvergiftungen für die Krankheitsverhältnisse der menschlichen Gesellschaft ist jedoch noch gar nicht zu übersehen.( Schluß folgt.)
Vögelein geflogen und boten ihre Dienste zum Linsenlesen an. ,,,, Die guten"", sagte Aschenbrödel ,,,,, kommen ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen." Da ging es an ein Nicken und Picken, daß man faum so schnell sehen konnte, und kaum war eine Stunde vergangen, so lagen die guten Linsen im Töpfchen und die schlechten im Kröpfchen. Das aber hatte die böse Stiefmutter nicht erwartet, sondern vielmehr geglaubt, Aschenbrödel werde mit dieser mühsamen Arbeit die ganze Nacht zubringen. Sie hielt deshalb auch ihr Wort nicht, sondern nahm jezt zwei Schüsseln voll Linsen, schüttete sie in die Asche und sagte: ,,,, Wirst du diese beiden Schüsseln voll Linsen noch binnen einer Stunde zusammenlesen, sollst du mitgehen."" So sehr schenbrödel über die neue, noch weit schwierigere Aufgabe erschrat, ließ sie doch den Muth nicht sinken, sondern winkte aufs Neue ihren lieben Freundinnen. Und siehe da, die guten Täubchen famen jezt in doppelter Menge herbeigeflogen, machten sich über die Linsen her und lasen die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen, Aschenbrödel aber saß dort, die Hände in den Schoß gelegt, und sah ihnen stillvergnügt zu. Noch ehe eine Stunde verging, war auch diese Arbeit vollbracht."
Aschenbrödel ist eine Verkörperung leidender Unschuld und geduldiger Ohnmacht, und darum kann ihr im Märchen die schließliche märchenhafte telohnung nicht fehlen. Die schlimme Stiefmutter nimmt sie zwar trop der guten Vögel Beistand nicht mit auf den Ball, aber neue Wunder sorgen für die Erfüllung ihres Wunsches und verhelfen ihr im Verein mit ihrer Schönheit, zu unsäglichem Aerger für Stiefmutter und Stiefschwestern, sogar zur Liebe des Königjohns, dessen Gattin sie wird. So werden die Guten belohnt und die Bösen bestraft im Märchen! Im wirklichen Leben ist es freilich ein wenig anders! Hier siegt die leidende Unschuld nicht so ohne Weiteres, weil sie eben die Unschuld ist und leidet und geduldig hofft. Im Märchen wird geträumt, geharrt und geglaubt das genügt; im Leben muß klug gedacht und fühn gehandelt werden und so ist's recht; denn, wenn es im Leben wäre wie im Märchen, so wäre die Menschheit in den Kinderschuhen stecken geblieben, welche sie trug in einer Zeit, die uns auch das rührendste, schönste Märchen nicht mehr als die goldene einzubilden vermag. Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig .
Xz.