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geht, wenn nur das Volk in Aufregung, in Bewegung gebracht wird; der verbissene, beschränkte Feind aller besser und höher Gestellten, der Die, welche über ihm stehen, zu sich herabziehen, nicht aber Die, welche unter ihm sind, zu sich erheben möchte; der ehrliche Demokrat, der bereit ist, alle unbedeutenden Meinungs­verschiedenheiten und Streitpunkte in dem Streben nach dem einen großen Ziel aufgehen zu lassen, und der mit Freuden Gut und Leben hingeben würde für das Beste seiner Sache und Klasse, der aber blind wie ein Maulwurf ist in Bezug auf die Wahl der Mittel alle waren vertreten. Josua kannte sie Alle und ließ Alle gelten mit seiner umfassenden, weitherzigen Menschenliebe und Duldsamkeit, durch welche er sich auszeichnete. Es sind gute Elemente, die nur schlecht gemischt sind, pflegte er zu sagen. Heißt es nicht mit Recht, Schmutz ist nur nüßlicher Stoff am unrechten Plaze? Kein Zweifel, diese Männer würden als Führer verderblich sein, weil am unrechten Platz- aber wenn man sie an den richtigen Platz stellt, werden sie nüßlich sein. Auch für den verkommensten Menschen gibt's eine nützliche Verwendung, geschweige denn für diese Männer, die immerhin über das Durch­schnittsmaß moralischer und geistiger Bildung emporragen."

Diese Anschauungsweise Josua's wurde die Ursache, daß er sich mit dem Hauptführer der Londoner Sektion veruneinigte. Dieser war ein Purist, der das Unkraut unerbittlich ausrotten wollte. Josua dagegen meinte, viel von dem Unkraut sei nur auf schlechten Boden gesäter, verkümmerter Waizen, den man nicht wegwerfen dürfe; er glaubte an die größere Macht des Guten als des Bösen. Er bekämpfte jene engherzige Parteisektirerei, die stets in einem und demselben Geleise steckt, schablonenmäßig denkt, fühlt und handelt. Besonders lebhaft eiferte er gegen die Thor­heit, Jedem, der nicht Arbeiter im engern Sinne des Worts ist, die Fähigkeit ächt demokratischer, sozialistischer Gesinnung abzu­sprechen. Es heißt das in den Fehler der Gegner verfallen, an die Stelle eines Klassenvorurtheils ein anderes setzen. Was wir wollen, ist nicht, die besitzende Klasse von der Herrschaft ver­drängen und die arbeitende Klasse auf den Thron setzen wir wollen überhaupt keine Herrschaft, keine Throne. Unsere Sache ist nicht eine Rastensache, sie ist Menschheitssache. Und darum ist jeder Mensch, der dieses begriffen hat, zur Mitwirkung berufen, welcher Klasse er auch angehöre."

Das ungefähr waren seine Worte in der Sitzung, wo er den Zorn jenes Puristen erregte. Flourens war augenblicklich nicht

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in London , sonst wäre der Bruch vermieden worden. Josua zog sich indeß nicht zurück; und obgleich er vorläufig mit seiner An­schauungsweise nicht durchbringen konnte, so hatte er doch nach wie vor Einfluß in der Gesellschaft.

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Lebte er noch, mein armer Freund, er wäre auch noch Mit­glied der Internationalen, so wie ich es bis zum heutigen Tage bin, und es mit Stolz bin. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß ich bei diesen Debatten auf Josua's Seite stand. Es ist verkehrt, Menschen deshalb der Schlechtigkeit zu zeihen, weil ihnen durch die Verhältnisse, in denen sie leben, Anschauungen ein­geflößt wurden, die den unsrigen entgegengesetzt sind und sie zu unseren politischen Gegnern machen. Der Regel nach ver­fechten die Menschen nicht eine Sache, die sie für schlecht halten. Die ungeheure Mehrzahl Derer, die für die schlechteste Sache kämpfen, thun es, meiner Ueberzeugung nach, in gutem Glauben. Man nehme den stockreaktionärsten Junker, den geldprozigsten Fabrikanten wenn Jener das Volf, welches sein Recht ver­langt, niederschießen läßt, wenn Dieser eher seine Fabrik schließt und Hunderttausende zum Fenster hinauswirft, als daß er seinen ,, Händen " ein paar Pfennige mehr Lohn gibt, so glauben sie unzweifelhaft im Recht zu sein. Die Menschen, welche uns wider besseres Wissen anfeinden, sind vergleichungsweise selten, wenn auch leider noch immer viel zu häufig, und diese Verräther an ihrer eigenen Ueberzeugung sind freilich der Auswurf der Mensch­heit und verdienen in vollstem Maße den Haß und die Ver­achtung des Volks. Es ist ein Unglück, daß die Anhänger der verschiedenen Parteien einander so falsch beurtheilen, so falsche Vorstellungen von einander haben. Kennten unsere Gegner die Sozialisten, die Umsturzmänner", die ,, Revolutionäre ", die ,, Blut­hunde", so würden sie finden, daß dieselben, mit wenig Aus­nahmen, achtungswerthe Charaktere find.

Weg mit den Persönlichkeiten! Der Prinzipienkampf soll und muß ausgekämpft werden; aber er kann es nur auf dem Boden des Prinzips. Da die Prinzipien in Personen verkörpert sind, ist der Prinzipienkampf allerdings bis zu einem gewissen Grade ein Personenkampf, aber die kämpfenden Personen sollen das prin­zipielle Kampfobjekt nie vergessen. Bisher ist es nie geschehen und ich zweifle manchmal, ob es überhaupt möglich ist. Allein das weiß ich wenn es geschähe, würden uns furchtbare Katastrophen erspart, würde das ,, blutige Chaos" vermieden werden, das unseren Gegnern als Schreckgespenst vorschwebt.( Fortsegung folgt.)

Der Mensch.

Von J. Most.

Einst galt es für ausgemacht, daß die Erde das Centrum der ganzen Welt sei, und dies stimmte vollkommen zu der bibli­schen Erzählung, nach welcher erst ,, Himmel und Erde" und nachher Sonne, Mond und Sterne"" geschaffen" wurden. Kopernikus , Keppler, Galilei und Andere haben diesen Unsinn gründlich abgethan, so zwar, daß allenfalls noch Leute wie Knaak sich vor aller Welt durch sonnenschieberische Be­hauptungen lächerlich machen können, in jeder Dorfschule aber darüber mindestens geschwiegen werden muß. Die nämliche Rolle, welche aber verkehrterweise der Erde gegenüber der Welt ange­dichtet worden war, die nämliche Rolle haben unsere Fabeldichter dem Menschen gegenüber der Erde zugetheilt. Er soll Herr der Erde" sein, während alles Uebrige nur zu seinen speziellen Zwecken da ist! Man sollte denken, ein achtjähriges Kind müßte das Unsinnige dieser Annahme einsehen, denn es bemerkt in seiner nächsten Umgebung so Vieles, was den Menschen nicht nur nicht erfreut, sondern ihm äußerst lästig fällt. So einfältig indeß die Hypothese ist, so schwer fällt es der modernen Wissenschaft, sie mit Stumpf und Stiel auszurotten. Freilich sind die diesbezüg­lichen Thatsachen, wie sie durch die neuesten Forschungen fest­

III.

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Den wahren Ursprung des Menschen erkannt zu haben, ist für alle mensch lichen Anschauungen eine so folgenreiche Entdeckung, daß eine künftige Zeit dieses Ergebniß der Forschung vielleicht für das größte halten wird, welches dem Menschen zu finden beschieden war." Schaafhausen.

gestellt worden, so schlagend, daß man erwarten darf, sie werden endlich den Ammenmärchen das Lebenslicht ausblasen.

Das Alter der Menschheit wird von den Juden und Christen auf ungefähr 6000 Jahre angegeben, und wenn vielleicht auch schon in sehr früher Zeit Mancher in diese Jugend der Welt gelinde Zweifel setzte, so war es doch nicht leicht, unwiderlegliche Gründe ins Treffen zu führen. Was die eigentliche Geschichte anlangt, so wird sie von ihrer allgemeinen Ungenauigkeit ganz abgesehen

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desto verschwommener, je weiter man in ihr zurückblättert. Und was vor circa 3000 Jahren passirte, das schwebt schon völlig im Dunstkreise der Sagen. Demnach kann uns die geschriebene Historie über die ältere Vergangenheit gar keinen Aufschluß geben und wir müssen ihn anderswo suchen: wir müssen die Erdoberfläche durchwühlen! Dies leuchtete bereits vor längerer Zeit manchen Wissensdurstigen ein; sie suchten und fanden Allerlei, was auf ein äußerst hohes Alter des Menschen­geschlechts hindeutete, so namentlich ganz rohe Werkzeuge in bedeu­tender Tiefe; aber das Vorurtheil verlachte derartige Bestrebungen.

Erst im Laufe dieses Jahrhunderts, wo immer zahlreichere Forscher immer eifriger sich der Sache annahmen, gelang es, den