So war Alles geordnet. Und der junge Offizier reifte nach einer benachbarten Provinzialstadt, wo der Truppenkörper in Gar­ nison   lag, dem er angehörte und von dem er kürzlich zum General­stab kommandirt worden. Man empfing ihn dort ziemlich kühl, man hatte schon gehört, und auf besondere Theilnahme hatte er um so weniger zu hoffen, als seine Berufung zum Generalstab nicht ohne Neid empfunden worden. Er hatte Urlaub nur auf einige Tage erhalten, pünktlich kehrte er in die Residenz zurück mit was für Gefühlen! Wenn er auf seinem Wege vom

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Bahnhofe ab von ferne einen Degen klirren hörte, wich er beiseite in den Schatten der Häuser oder der Bäume. Sonst und jetzt! Vor der zeitigen Einkehr in seine bescheidene Wohnung schreckte es ihn auch ab, zu schrecklich waren ihm die stummen Zeugen seiner zeitweiligen Geistesverwirrung, der sein Gemüth ja jetzt noch nicht so fern stand, und darum suchte er dieselbe Ecke in der freundlichen Weinstube, in welcher er auch diesmal des Doktor Hauderer Humorquelle über Welt, Leben und Zeit lustig plätschern hören konnte. ( Fortseßung folgt.)

Fingerzeige zum gesunden Leben.

Von H. V.

1. Die Schädlichkeit des Kohlendunstes.( Schluß.) Dies wird erst dann möglich sein, wenn aus den Beobachtungen praktischer Aerzte nicht allein Material zu einer Statistik der plötz lichen durch Kohlendunst verursachten Todesfälle, sondern auch des Siechthums und derjenigen Krankheitsdispositionen geliefert wird, mit welchen die langsame Einwirkung des Kohlenorydgases die Menschen heimsucht. Man schiebt das Schreien und die Schlaflosig­keit des nahe dem Ofen gebetteten Säuglings dem Zahnen" in die Schuhe, die blasse Farbe, das Abmagern und die Mattigkeit des ältern Bruders ,, den Würmern", dem ,, vielen Lernen" oder ,, den Stropheln"; die Mutter meint, vom Nachtwachen und von den vielen Sorgen ganz wirr im Kopf zu werden; und der Vater flagt, er müsse sich erkältet" haben, eine solche Wüstheit und solches Brennen habe er im Kopf und dabei schlechte Verdauung und häufige Uebelfeit. So lautet das gewöhnliche Urtheil, und sehr schwer ist es, die Betreffenden zu überzeugen, daß ihre Leiden doch ganz andere Ursachen haben. Wessen Aufmerksamkeit aber erst auf den Kohlendunst als frankmachenden Faktor gelenkt worden ist, der findet sehr bald, daß in den allermeisten Fällen die ge­nannten und zahlreiche andere Leiden der Einwirkung des Kohlen­dunstes entweder ausschließlich oder im Zusammenwirken mit andern krankmachenden Ursachen ihre Entstehung verdanken.

Wie, müssen wir jetzt fragen, verhält sich dem gegenüber die berufene Hüterin des öffentlichen Wohls, die Staatsbehörde mit ihren verschiedenen Organen, der Exekutiv  , der Sanitäts- und der Baupolizei, wie ihre Auftraggeberin, die heutige bürgerliche Gesell schaft? Dies, lieber Leser, wollen wir jetzt untersuchen.

Wenn man die Aufgabe hat, einen Uebelstand zu bekämpfen und ich denke, die Sanitätspolizei hat diese Aufgabe in Bezug auf die Kohlendunst- Unglücksfälle und Erkrankungen, so kann man nur dann auf Erfolg rechnen, wenn man die Umstände ver­hütet, unter denen sich das Uebel entwickeln kann, im vorliegenden Falle also der Entstehung von Kohlendunst und dem Eintritt desselben in den Raum, wo Menschen athmen, vorbeugt. Nun entsteht der Kohlendunst allerdings meistens durch zu frühzeitigen, wenn auch nur theilweisen Verschluß der Ofenklappen. Es bildet sich dann mehr Kohlenorydgas, dasselbe findet im Ofen nicht Raum und entweicht durch Spalten und Ofenthüre in das Zimmer. Aber er entsteht auch auf andere Weise. Häufig ist das Rohr durch Ruß verstopft oder der Ofen schadhaft, schlecht verkittet, hat Risse und Löcher, die Röhren, besonders die eisernen, sind alt, dünn und löcherig geworden und passen nicht mehr dicht in einander, ebenso die häufig vorhandenen eisernen Ringe. Wird ein solcher Ofen geheizt, so tritt zwar stets eine gewisse Menge Kohlendunst ins Zimmer, ganz besonders stark ist dies aber der Fall, wenn der Ofen außerdem auch nicht ordentlich gereinigt ist und deshalb schlechten Zug hat. Auch Holzgegenstände erzeugen, wenn sie sich dem Ofen zu nahe befinden, giftige Dünste und entwickeln Kohlenorydgas, auch schon bevor sie sich bräunen, so namentlich Balken, Rahmen, Holztäfelung an Thüren und Nischen, Schränke und zum Trocknen auf den Ofen gelegtes Holz. Auf diese Weise kann schon lange Zeit eine Bildung von Kohlen­oryb stattfinden, das Holz kann selbst anfangen zu verkohlen, ehe es bemerkt wird, da wegen des Anstrichs die Bräunung des Holzes oft nicht gesehen werden kann. Die über Bäckereien gelegenen Wohnungen sind besonders in dieser Weise gefährdet. Wenn die

Ofenthüren schlecht sind und durch herausfallendes Brennmaterial die Dielen anfengen, können sich auch beträchtliche Mengen von Kohlendunst im Zimmer bilden. Dies kann auch eintreten, wenn durch Windstöße der Rauch durch den Schornstein ins Zimmer getrieben wird. Das Plätten( Bügeln) ist ebenfalls eine häu­fige Gelegenheit zur Bildung von Kohlenoryd resp. Kohlendunst, wenn auch bei vorsichtigem Verfahren in geringer Menge. Plät­terinnen sollten nie bei ganz geschlossenen Fenstern arbeiten. Da sie dies der Regel nach versäumen, klagen sie meist über Kopf­gicht, häufige Uebelkeit 2c., ganz besonders aber, wenn sie Plätt­eisen mit Selbstheizung benutzen; diese sind die gefährlichsten, weil bei ihnen aller entwickelte Kohlenrauch im Zimmer bleibt. Die in Neubauten zum schnellen Trocknen derselben aufgestellten Coaksöfen entwickeln massenhaft Kohlendunst; die Arbeiter, die gezwungen sind, sich in der Nähe derselben aufzuhalten, haben dann oft sehr darunter zu leiden. Aber schon durch die Wan­dung jedes eisernen Ofens strömt- wie durch die Versuche von Trost und Deville festgestellt wenn dieselbe glühend ist, Kohlenoxydgas. Besonders viel haben vom Kohlendunst die Berg­leute zu leiden. Erstens entwickeln viele Kohlengruben schon von selbst schädliche Gasarten, die bei unzureichender Ventilation für die Bergleute oft tödtlich werden. Dann bildet sich durch Inbrandgerathen der Holzverzimmerungen in den Grubengängen zuweilen gefährlicher Kohlendunst, der manchmal erst nach längerer Zeit entdeckt wird und von den Bergleuten unter dem Namen Brandwetter" gefürchtet ist. Auch die bei Sprengungen in den Minen sich anhäufenden Verbrennungsgase des Sprengpulvers enthalten wie Prof. Poleck in Breslau   nachgewiesen trächtliche, der Gesundheit schädliche Mengen Kohlenorydgas.

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In Vorstehendem sind die hauptsächlichsten aber lange noch nicht alle- Entstehungsgelegenheiten des Kohlendunstes angegeben. Du wirst nun, lieber Leser, fragen: was haben die Behörden gethan, was thun sie, um den durch Kohlendunst ver­ursachten Unglücksfällen und Erkrankungen vorzubeugen? Ich weiß darauf weiter nichts zu antworten, als: das Polizeipräsi= dium in Berlin   und einige andere Regierungsbehörden, z. B. der Hamburger Senat   haben ,, Warnungen" in den Amts- und einigen anderen Blättern erlassen, die Ofenröhren nicht zu früh zu ver­schließen, weil dadurch schon häufig Unglücksfälle vorgekommen sind. Das ist Alles, was von dieser Seite aus ge­schehen ist. Wir haben oben gesehen, daß die Ofenklappen, ſchadhafte Defen, Ofenthüren, eiserne Röhre und Ringe, Glühend­werden der eisernen Oefen und zu große Nähe von Holzgegen­ständen die meisten Kohlendunstvergiftungen herbeiführen. Läge es nun nicht nahe genug, der Bauordnung, die über ganz un­wesentliche Dinge lange Bestimmungen enthält, einen Paragraphen einzufügen, der etwa lautet:

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,, An keinem zur Heizung dienenden Ofen darf eine Vorrich­tung zum Verschluß des Rohres angebracht sein. Der Besitzer des Hauses ist hierfür verantwortlich, sowie für den guten Zu­stand dieser Defen, für den luftdichten Verschluß der Ofenthüren, der Röhren und Ringe, für die gehörige Reinigung der Defen, für genügende Entfernung der Balken und Holzrahmen vom Ofen, sowie dafür, daß nur solche eiserne Defen zum Heizen benutzt werden, welche durch Vervielfältigung der Wände eine Garantie gegen das Glühendwerden des Heizrohres bieten."