Graf von den treuen Diensten zu erzählen, welche der Pfarrer ihm bereits geleistet, was dieser wieder durch zahlreiche Verbeu­gungen und die Betheuerung beantwortete, daß seine kleinen Dienste viel zu hoch veranschlagt würden und daß er sich glücklich schätzen würde, seine Treue durch neue Dienste bethätigen zu können. ,, Kann Rath werden, Pfarrer. Deshalb ließ ich Sie rufen. Sagen Sie, Lieber, gibt es über die Wiesen noch irgend ein Papier außer dem, das ich von Ihnen erhalten?"

Des Pfarrers Gesicht veränderte sich plötzlich; das Lächeln erstarb darin und machte dem Schrecken Platz. Er blickte den Grafen einige Augenblicke sprachlos an, dann stotterte er:

,, Es ist doch nicht Erlaucht besitzen doch noch...." Gewiß, gewiß, Pfarrer," antwortete der Graf ungeduldig. Frägt sich nur, ob noch ein zweites da ist."

,, Soviel ich weiß, gibt es nur das Eine, das sich in Ihren Händen befindet, Erlaucht."

,, Soll aber doch noch Eins geben, Pfarrer. Müssen überall umherforschen begreifen, es liegt mir viel daran."

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,, Mit ganzem Eifer will ich an's Werk gehen, der Herr wird meine Schritte segnen aber..."

Habe da den Blumenthal auf dem Halse, arroganter Mensch bürgerliche Kreatur..."

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,, Und der hat" unterbrachy ihn der Pfarrer. ,, Dreiftigkeit, mir zu sagen, wenn auch Hauptexemplar von Vertrag verloren wäre doch noch Nebenausfertigung da- hätte sie vor zwei Jahren noch gesehen."

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Der Pfarrer athmete sichtbar erleichtert auf. ,, Glauben Erlaucht ihm nicht," sagte er, der Mensch will sich nur ein Ansehen geben, es gibt kein zweites Exemplar. Er ist ein Sohn der Lüge, der höllischen, von ihm kann nichts Anderes als Lüge kommen. Ein loser Mensch, ein schädlicher Mann, gehet mit verkehrtem Munde, winket mit Augen, deutet mit Füßen, zeiget mit Fingern und trachtet allezeit Böses und Verkehrtes in seinem Herzen und richtet Hader an."

,, Erdreistet sich, weiter zu behaupten, Wald, in dem schon Urväter der Falkenburgs gejagt, gehöre Bauern oder Familie Egler Kerl, der Peitsche geschmeckt."

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,, Das wolle Gott   verhüten, Erlaucht!" rief der Pfarrer, mehr überrascht als bestürzt aus. Doch," fügte er nach kurzem Sinnen hinzu ,,, wer ist jemals zu Schanden geworden, der auf ihn ge­hoffet hat? Wer ist jemals verlassen, der in der Furcht Gottes geblieben ist? Oder wer ist jemals verschmähet, der ihn ange= rufen hat?"

Hilft alles Bitten und Anrufen nichts, Pfarrer," sagte der Graf etwas ungeduldig. Müssen Umschau halten, ob alter Ver­trag noch da ist."

Der Pfarrer nahm eine Prise, was er sonst in so vornehmer Gesellschaft nie zu thun pflegte.

,, Will vor einigen Jahren Vertrag bei Egler selbst gesehen haben," fuhr der Graf fort. Soll Schwarz auf Weiß drin stehen, was Mensch behauptet."

( Fortseßung folgt.)

Die Schwalbe.

Von R. Schulz. ( Schluß.)

In langen Linien streichen die Eltern über den Boden. Unsicher sind zwar noch die Nachübungen der Jungen, werden aber immer schneller und schneller. Da bricht die Mutter plötzlich zur Seite ab und durchschneidet die Luft in Biegungen, Schwenkun gen und Kurven. Anfangs stutzen die Jungen, versuchen aber zu folgen und schon nach einigen Abenden sind sie die geschickten Beherrscher der Luft, als die wir sie alle kennen. Aber auch jetzt noch nehmen sich die Eltern sorgfältig ihrer Kinder an.. Al­abendlich kehren die Jungen zu dem Neste zurück, um in dem engen Raume neben und übereinander zu ruhen. Bei Tage tragen ihnen die Eltern noch unermüdlich Futter zu, das sie ihnen in der Luft im Fliegen übermitteln. Schwächere Thiere setzen sich auch wohl auf die Dächer der Gebäude und lassen sich die Nahrung zutragen. Ist die erste Brut selbstständig geworden, so schreiten die Schwalben noch einmal zum Brüten, wobei es vor kommt, daß sie zu spät dazu Anstalten treffen und dann vom vanhen Herbst überfallen werden.

ab

Zu Anfang September sammeln sich die Schwalben des Dorfes, um gemeinsame Flugübungen anzustellen. Dort sitzen sie zwitschernd in langen Reihen auf dem Kirchenbach und puzen ihr schwarzblaues glänzendes Gefieder. Plötzlich erhebt sich der Schwarm und kreist in weitem Bogen und in unzähligen Zickzack­linien dahin, kehrt aber bald wieder zurück, um von neuem diese Ausflüge zu unternehmen. Immer rauher weht der Wind, die Blätter und Bäume färben sich roth und gelb und fallen schon und immer weiter entfernen sich die Schwalben, um aber nach einiger Zeit wieder zurückzukehren. Wird ihnen der Abschied so schwer? Plötzlich bleiben sie fort, sie haben die Reise nach dem Süden angetreten. Wo die Schwalben ihr Winterquartier aufschlagen, ist noch unbekannt. Jedenfalls ist es tief in der heißen Zone und wahrscheinlich noch weit über den Aequator hinaus zu suchen. Zwar überwintern alljährlich in Ostindien viele Schwalben, aber dieselben sind jedenfalls nicht von uns bahin gekommen. Früher war allgemein die Ansicht verbreitet, daß die Schwalben garnicht fortzögen, sondern im Schlamme der

,, Wo Schwalben flattern, brüten und verweilen, Ist lind und lieblich stets die Luft."

Shakespeare  .

Teiche und Erdhöhlen einen Winterschlaf hielten. Es läßt sich zwar nicht leugnen, daß man zuweilen in Erblöchern an Ufern und unter Thurmdächern in England, Frankreich   und den ver­schiedensten Theilen von Deutschland   einzelne Exemplare erstarrt gefunden hat. So berichten auch die Gebrüder Müller in ihren bei Spamer in Leipzig   erschienenen ,, Wohnungen 2c." von einer Schwalbe, die sie in ihrer Knabenzeit im Winter erstarrt in dem Wandloche eines gemauerten Ziehbrunnens gefunden und die durch die Wärme wieder soweit in's Leben gekommen, daß sie, auf die ausgebreiteten Flügel sich stützend, aufrecht sitzen konnte, aber doch sehr bald starb. Aehnliches berichtet auch die All­gemeine Jagd- und Forstzeitung" im Aprilheft 1863: in dem Astloch einer hohlen Eiche hielten drei dieser Thiere ihre Winter­ruhe und trotz aller Mühe verblieben dieselben in einem Zustande zwischen Leben und Tod. Ja Bronn weiß sogar von einer Berghöhle im Thale   von Maurienne  , auf der Straße von Frankreich   nach Italien  , zu erzählen, woselbst regelmäßig alle Jahre viele Schwalben wie Bienenschwärme an der Decke auf­gehängt im Winterschlafe zu finden sind; aber immer sind diese Fälle nur Ausnahmen, die sich meist durch lokale und individuelle Eigenthümlichkeiten erklären lassen werden.

Der Hausschwalbe nahe verwandt ist die Rauch schwalbe, die ganz in ihrem Wesen der erstern gleichkommt, sidy aber durch den rothen Brustfleck und die nackten Zehen und Läufe auf den ersten Blick von ihr unterscheidet. Sie legt ihr Nest stets inner­halb der Gebäude( am liebsten in Schornsteinen und auf Balken in Scheuern) an, kommt auch früher zu uns und zieht später fort, ist überhaupt nicht so weichlich als die Hausschwalbe. Die aschgraue Uferschwalbe ist beiden eng verwandt. Sie legt ihr Nest an Uferabhängen und Steinbrüchen an und gräbt es mit ihrem Schnabel oft fast 1 Meter tief in den Boden. Gleichfalls gehört die fast fußlose Mauer- oder Thurmschwalbe mit braunschwarzem Gefieder und weißer Kehle zu dieser Familie, und auch die Salangane des südlichen Asiens  , von der die eßbaren indischen Vogelnester( Tunkinnester) herstammen.