festen Entschlusse kommen. Aber ich tröstete mich schließlich mit der allerdings schwankenden Hoffnung, daß die Anwesenheit des ,, Demagogenwolfs" vielleicht doch nicht mir gelte, womit ich es endlich zu kurzem Schlafe gebracht, denn kaum hatte die Sonne ihre morgenröthlichen Strahlen auf die Dachgiebel der benach barten Häuser geworfen, so war ich auch schon wieder aufgewacht. In meinem Herzen aber sah es noch düster aus und in meinem Kopfe wollte mir noch kein rechtes Licht aufgehen über die Dinge, die an diesem Tage an mich herantreten sollten. Gesenkten Haupts ging ich in die Werkstätte und setzte mich stumm zwischen meine Arbeiter, die sonst gewohnt waren, gleich nach dem Morgengruß etwas Neues von mir zu erfahren und in den Prinzipien der Freiheit und Gleichheit, sowie in den praktisch- revolutionären Bestrebungen möglichst unterrichtet zu werden. Ob meines stummen Dahinbrütens verhielten sich Alle ebenfalls nachsinnend und schweigsam. Doch wurde ich inzwischen viel gefaßter, mich fest ent
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schließend, mich auch ferner auf striktes Leugnen zu verlegen, da ich ja fest überzeugt war, daß es bei der damaligen Volksſtimmung der Staatsbehörde nicht gelingen werde, selbst gegen Bestechung, Belastungszeugen aufzutreiben. Jeder fürchtete sich vor der Volksrache. So befand ich mich im Geiste schon wieder an der Seite des Herrn Mollitor, als es, etwa um 7 Uhr, derb an die Thüre pochte und sogleich ein Gensdarmerie- Brigadier mit einem Verhaftsbefehl in der Hand hereintrat.„ Es gilt also doch wieder dem Jean Philipp," dacht' ich. Ich nahm alsdann das Papier ganz gelassen zur Hand, hatte am ersten Worte schon genug gelesen und sagte:„ Ich werde mitkommen." Hierauf gab ich meinen Arbeitern einige Geschäftsweisungen, wobei mich einer derselben( ein Schlesier und Freiwilliger von 1813) leise fragte: Sollen wir den Kerl dort mit seinem großen Schleppsäbel abmuden?" ( Fortseßung folgt.)
alten und der neuen Welt.
Aus der alten
( Dieses Gedicht stammt aus dem Ende des Jahres 1841, es fällt in die Zeit des Becker'schen Rheinlied-( ,, Sie sollen ihn nicht haben, den freien(!) deutschen Rhein ") Dusels( dieses schwachen Vorläufers der Schneckenburger'schen ,, Wacht am Rhein "-Drehfrankheit, und knüpft an die nationale Komödie an, welche in jenen Tagen von dem pfiffigen Louis Philippe mit der Asche Napoleon's gespielt worden war.[ Um sich die Sympathien der chauvinistischen Esel zu erwerben, hatte der auf alle gemeinen Instinkte sich wohl verstehende Bürgerkönig" die Leiche des ,, Märtyrers von St. Helena " nach Paris schaffen und unter theatralischem Schaugepränge im Invalidendom beisezen lassen.] Man muß dies wissen, um das Gedicht ganz zu verstehen. Die Insel Ufnan[ 5. das Bild S. 160], auf der Hutten begraben ward, liegt nicht weit von Zürich , im Zürichersee.)
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I.
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Laut mit dem Schwall der Wogen ringend, Durchzieht den See der stolze Dämpfer, Und braust, das Schweizerbanner schwingend, Dahin, ein zornentbrannter Kämpfer.
Wenn wir an Ulrich Hutten's Grabe, Dort bei des Seees größter Breitung, Dann rufe mich, mein Schifferknabe!" Und weiter träumt' ich in der Zeitung.
Die Zeit, wie sich gebührt, in Ehren, Kann mich die Zeitung nie erfreuen; Doch mag der Teufel sie entbehren, Der Mensch will nun einmal vom Neuen!
Frankreich ! Ha- was wird dort verhandelt? Gift? Dolch? Ementen? Carbonaris? Die Scene wiederum verwandelt? Das Stück heißt Helena und Paris !
Sie haben ihren Unvergeßnen Geraubt dem Schoß krystallner Wogen, Den Helden aus dem Unermeßnen In ihres Babels Koth gezogen.
Sie famen über ihn im Schlafe, Wie Simson über die Philister; Es triumphirt der große Sklave Und pfiffig lächelt sein Minister.
Was Albion heilig, wird man lesen, Das hat der Franken Volk vernichtet: England ließ ruhig ihn verwesen, Wo ihn der Weltgeist hingedichtet; Wo ihn des Meeres Flut umschäumte. Wo mit dem All er im Vereine Wohl oft von jenem Gothen träumte, Deß Grab doch sichrer, als das seine.
DSpott! es schleppt in ihre Mauern Ein Hänfling dieses Adlers Leiche; Nicht Jubelschall, nur banges Trauern Sollt' herrschen in der Franken Reiche.
Das eigne Bolf saß zu Gerichte, Des Kaisers Zauber ist geschieden; Es schläft die fränkische Geschichte Mit ihm im Dom der Invaliden!
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II.
Ufnau! Hier modert unser Heiland, Für's deutsche Volk an's Kreuz geschlagen; Ein deutsches Mekka wär' dies Eiland, Hätt' ihn kein deutsches Weib getragen.
Der Hutten ist's und ihn erkür' ich Zu meines Herzens erstem Helden; Mein Weltmeer sei dein See, o Zürich ! Von seinen Mären laß mich melden.
Der Hütten ist's, ob den Despoten Verachtet ihr des Volkes Vesten; Ihr buhlet täglich mit den Todten, Ach! und vergesset Eure Besten.
Ihr weintet jener Hieroglyphe Im Ozean manch verlorne Thräne, Und ahntet nicht die Wundertiefe Der reinen deutschen Hippokrene.
Der Hutten ist's, ihr Männer tretet Heran zum Hügel des Verbannten! Der Hutten ist's, ihr Männer betet, Und lernt ihn kennen, den Verkannten!
Die Freiheit schwanket zwischen Klippen Umher auf steuerlosem Boote, Schon nah'n sich ihr mit efeln Lippen Zum Kusse die Ischariote.
Wir brauchen einen großen Schatten, Deß Geist um unsre Waffen schwebe, Der, wenn im Kampfe wir ermatten, Uns Blut von seinent Blute gebe. Oglaubet nicht, daß ihr ihn fändet Auf jenem Fels im fernen Meere; Hier ist ein Grab, noch ungeschändet, Hier ist der Stein der deutschen Ehre! Wie zitterte manch stolzer Giebel, Als donnernd einst in böser Stunde, Gleich Schwerterklang zu Luther's Bibel, Das Wort erscholl aus Hutten's Munde! Das Wort, das, als die Welt geknechtet, Als finstrer Wahn sie unterjochte, So fühn für alle Welt gerechtet, So einsam an den Himmel pochte. Ließ er sich von den Kutten meucheln, Und hat er darum sterben müssen, Daß nun die Enkel sonder Heucheln Den Mantel von Marengo füssen?
Wie lang mit Lorbeern überschütten
Wollt ihr die korsische Standarte?
Wann hängt einmal in deutschen Hütten Der Hutten statt des Bonaparte?
Herwegh . Drat und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig .