seine Gegner einfach bemerken, man habe gegen das Ende des Feldzugs seine Talente anerkannt. Welcher Natur diese besondere Rolle auch gewesen sein mag, unehrenhaft war sie gewiß nicht, denn sonst hätte Bern diesen Umstand später sicher benutzt, den Charakter Davel's in den Augen seiner Landsleute herabzusetzen. Sein Entwurf zur Befreiung des Waadtlandes rechtfertigte aber das anerkennende Urtheil seiner Feinde in politischer wie militä­rischer Beziehung. Mochte nun diese confidentielle Stellung dem Major Davel zur Schärfung seines politischen Blicks gedient haben, so gewährt ein anderes Ereigniß des villmerger Kriegs eine Einsicht in seinen Charakter und sein Gefühl, die für die Begründung seines spätern Entschlusses wichtig ist.

Die verbündete Armee der Berner und Züricher war nach der Schlacht bei Bremgarten vor Baden an der Limmat , die gewöhn­liche Residenz des östreichischen Gesandten Trautmannsdorf , gerückt. Am 29. Mai 1712 begann ein furchtbares Bombardement auf den rings eingeschlossenen Ort, welches von den Katholischen fräftig erwidert wurde. Diese erklärten, sich lieber unter den Trümmern der Festung begraben zu lassen als sich zu ergeben. Zwei Tage dauerte schon die Beschießung, da schickte der Graf von Trautmannsdorf , der nicht aus der Stadt gewichen war, einen Parlamentär an Sacconay, den General en chef des Berner Heers, mit der Bitte, den Kampf für einige Stunden einzustellen, damit die Gesandtschaft den Platz ungefährdet verlassen könne. Davel, für seinen Heldenmuth bei Bremgarten zum Unterstabs­major ernannt, erhielt den Auftrag, den Abzug des Grafen zu bewerkstelligen und zugleich sich mit dem Zustande Badens bekannt zu machen. Während die Gesandtschaft sich zur Abreise rüstete, ward Davel von dem Magistrate in ehrenvoller Weise begrüßt. Er benutzte die Gelegenheit, der Behörde die Unhaltbarkeit des Platzes begreiflich zu machen; er forderte sie auf, mit ihm in das Lager zu kommen, um sich von der Wahrheit seiner Behauptung zu überzeugen, indem er hinzufügte: ,, Wir sind keine unversöhnlichen Feinde. Nur mit Schmerz befolgen wir einen Befehl, der die Stadt in einen Aschenhaufen verwandeln muß.".

Davel's Vorschlag wurde angenommen, und Sacconay be­willigte den Abgeordneten eine Verlängerung des Waffenstillstandes, um ihre Kollegen für die Kapitulation zu gewinnen. Allein der Kommandant des Züricher Armeekorps erklärte ihnen, daß er

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sich in keine Unterhandlungen einlassen könne und die Beschießung wieder aufnehmen würde, wenn Baden sich bis 10 Uhr Abends nicht auf Gnade und Ungnade ergeben hätte.

Diese Eröffnung verbreitete einen panischen Schrecken in der Festung. Die Besatzung wollte die Vertheidigung fortsetzen; allein die Bürger bemächtigten sich eines Stadtthors und ließen die Züricher ein. Baden mußte den Verbündeten den Huldi­gungseid leisten, 100 Louisdor für die Kirchenglocken der Stadt bezahlen, die nach Kriegsrecht der Artillerie der Belagerer gehörten, das Geschütz und sämmtliche Kriegsmunition ausliefern. Ihre Privilegien und ihr Glaube wurden den Einwohnern gegen die Verpflichtung gelassen, außerhalb der Vorstädte eine protestantische Kapelle zu errichten. Endlich wurden trotz des heftigen Wider­spruchs Sacconay's und aller seiner strategischen Einwendungen die Festungswerke geschleift. Selbst das alte Schloß wurde | niedergerissen und nur die Kapelle desselben blieb verschont, in welcher der Landtag des alten Bundes seine Sitzungen gehalten hatte. Davel konnte sich nicht verhehlen, daß seine Zureden zumeist das unglückliche Schicksal Badens verschuldet hatten. Denn bei dem guten Zustand der Festung unterlag es wohl keinem Zweifel, daß eine fortgesetzte Vertheidigung wenigstens zu einer günstigen Kapitulation geführt haben würde. In einem Briefe, den er hierüber an den General von Sinner, einen Berner Senator und seinen ehemaligen Waffengenossen richtet, erinnert er mit einer schmerzlichen Resignation an die Versprechungen, die er den Baden­fern gemacht, verwendet sich für sie und beklagt die verlorene Unabhängigkeit des Volkes. Zugleich warnt er den Patricier vor den Gefahren, welche der Hochmuth der Gewalt herauf­beschwören müsse. Er sagt: Baden ist sehr hart behandelt worden. worden. Dennoch würden die Interessen des Souveräns nur um so besser sich befinden, wenn man die Stadt menschlicher behandelt hätte. Die mehr als 100 Mann starke Besatzung hat sich nur auf meine Empfehlung hin ergeben, als ich Verordneter in der Stadt war. Ich hatte den Badensern eine sanftere Behandlung versprochen, wenn sie sich ergeben wollten. Ich fürchte, das Glück unserer Waffen verleitet uns zu einem Uebermuthe, der in seinen Folgen gefährlich werden kann. Aber ich darf mir keine Betrachtungen gestatten, die meine Stellung überschreiten." ( Fortseßung folgt.)

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Land und Leute in der Union.

Für die Neue Welt" von A. Douai .

( Schluß.)

Allein umsomehr sollte man von ihnen selbstständiges Denken, feste Ueberzeugungstreue, uneigennützige Hingabe an edelmenschliche Zwecke und gründliche Durchbildung erwarten. Und grade daran fehlt es ausnehmend, während es den Engländern daran nicht gebricht. Daß sie noch kein einziges größeres Kunstwerk hervor­gebracht haben, Nachahmungen und Werke Eingewanderter aus genommen, und daß auch bei ihren größten Männern der Wissen­schaft die neuen Gesichtspunkte und fruchtbaren Gedanken, die Ursprünglichkeit und Vielseitigkeit der Auffassung fehlen, ist höchst bezeichnend. Vielleicht noch bezeichnender aber ist ihr unbegrenztes Verbeugen vor Autoritäten, ihr Mangel an sittlichem Muth, ihr Liebäugeln nach allen Seiten, welches sich unter dem Vorwand der Duldsamkeit( Toleranz), wie sie unter einer freien Ver­fassung nöthig sei, verbirgt, ihr Mitmachen aller Modethorheiten und ihre Scheu vor allen mißliebigen Ansichten und deren Be­fennern. In der Geschichte dieser Nation gibt es zahlreiche be­wundernswerthe Züge von Willenskraft und Selbstvertrauen, wes­halb auch die selbstgemachten Männer"( Autodidakten) höchst häufig sind. Allein es nimmt nicht nur mit jeder neuen Generation die Willenskraft ab, sondern weitaus die meiste Energie hat sich im ,, Geldmachen" erschöpft oder an unmöglichen Leistungen zu­grundegerichtet, wie die Zehntausende patentirter Erfindungen beweisen, welche mehr gekostet als eingetragen haben und nie

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versucht worden wären, wenn die Erfinder von Haus aus mehr wirkliche Kenntnisse und Lerneifer besessen hätten. Um nur einige Beispiele anzuführen: es gab bis vor kurzem nicht einen ein­gebornen Modelleur oder Zeichner für Kunstsachen; es gibt noch heute unter den Hunderttausenden fähiger Redner höchst wenige, welche richtig betonen könnten; ohne Kulissenreißerei gefiel kein Schauspieler; es gibt keinen durchgebildeten Lehrer, der Anfängern ein sicherer Wegweiser sein könnte, wie man unterrichten muß; die Menge der Perpetuum mobile, welche patentirt sein wollen, übersteigt allen Glauben, und im Laufe der letzten Monate sind schon wieder zwei neue Naturkräfte entdeckt worden, deren wunder­bare Leistungen vielen Glauben finden. Kurz, die Oberflächlich­feit und der Hang zur Einseitigkeit rächt sich an den Amerikanern durch eine ganz unbeschreibliche Kraft- und Güterverwüstung, und die Anlage der Nation ist sichtlich im Abnehmen, wozu die ganz allgemeine Verweichlichung und Willenlosigkeit der Eltern bei der Kindererziehung ebenso sehr Ursache, als sie selbst eine Wir­kung der eignen Charakterlosigkeit ist. Wir könnten darüber ein dickes Buch voll Beweisen schreiben; aber erklären wir lieber aus der Natur der Sache, warum es gar nicht anders sein kann.

Boden und Klima aller großen Festländer sind kulturfeindlich, außer wo stark und mannichfach vom Meere ausgebuchtete Küsten mit vielen vorliegenden Inseln vorhanden sind; und auch da sind