so schnell' rausgebracht." Da laff' ich mir den Hals abschneiden, wenn's nicht wahr ist, daß der da mit seinem dicken Schädel unter der Frankenthaler Bande ist, die alle Fürsten zum Teufel jagen und alle Menschen gleichmachen will; wenn's ihm aber nur nicht geht, wie dem Sand, den sie selbigmal, ich hab's zug'sehen, in Mannheim um einen Kopf kürzer gemacht haben." Solche und dergleichen Aeußerungen mehr mußte ich mir zu Gemüth führen lassen. Jetzt ergriff aber auch der Schmerzerlöfte, der sich inzwischen beseligenden Verzückungen überlassen, zu folgenden Herzensergießungen das Wort: D,' 8 ist mir jetzt, meiner Seel', so leicht um's Herz, als wenn ich fliegen könnt', ja,' s ist mir grad', als wenn ich auf der Kirchweih ein paar Schoppen getrunken hätt' und mein Lisbeth schon wieder bei mir wär'. Drum kommt mir's aber auch so vor, als wenn Sie der liebe Herrgott zu mir geschickt hätt', weil er ja gewußt hat, daß ich unschuldig bin und doch so Angst gehabt hab'; ich wär' ja heut noch gestorben an dem dummen Wort; jetzt bin ich aber froh, jetzt kann ich wieder schnaufen und will auch dem lieben Herrgott und Ihnen danken." Ehe ich mich's dann versah, war er mir nochmals um den Hals gefallen, mir mit einer Haftigkeit vornehmlich Nase und Ohren küssend, daß es mir ganz schwül und bange wurde. Laß doch das sein," rief ich ihm halb verdrießlich zu ,,, ich brauch' keinen Dant, und nicht dein lieber Herrgott hat mich in diese Schmutzhöhle gesandt, sondern die königliche Gerechtigkeitsverwalterschaft, und da hab' ich blos zufällig Gelegenheit gefunden, dich von deinem Irrthum zu erlösen. Sorge nur, daß einst deine Kinder mehr lernen, wie du, dann werden sie auch nicht wegen eines Semikolons in Todesangst ge= rathen." Aber schon ehe ich ganz ausgesprochen hatte, grunzte der Kupfernäsige in gewohnter cynischer Weise dazwischen:„ Der dumme Bauer weiß noch nicht einmal, daß wir hier Alle gleich und lauter Brüder sind; der sagt ja immer zu dem neuen Schlafkamerad, der an dem Esel den Narren gefressen hat ,, Sie' Der fann und niemals, du'. mir den Buckel' naufsteigen." Der grübelnde Leineweber aber sagte, indem er auf mich hindeutete: Der da hat's, glaub' ich, grad' wie ich, der glaubt auch an keinen Gott, denn wenn's einen Herrgott gäb', so könnten ja nicht so unvernünftige und boshafte Menschen auf der Welt herumlaufen, thäten die fleißigen Leute nicht im Elend, die Faullenzer im Fett sitzen und hätten die vornehmen Schurken nicht das Heft in der Hand, um die armen Teufel bis auf's Blut abzuschinden. Die Franzosen haben damals ganz Recht gehabt, daß sie den Herrgott abgeschafft haben; drum haben sie aber auch gleich, wie sie ihn wieder eingesetzt haben, einen Kaiser zum Tyrannen bekommen, und der hat sie gehörig gezwiebelt und an Jesus Christus glauben lernen."
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" Der Freiheit Hauch zieht mächtig durch die Welt, Ein freies, frohes Leben uns wohlgefällt.""
Und wenn uns dann die Gensdarmen in den Weg kommen, da hauen wir auf sie los, daß ihnen die Schwart' kracht." Der Bruder Lambsheimer hatte jedoch, wie es schien, die lustige Befuchsankündigung gar nicht vernommen, denn er war wieder ganz in sich gekehrt und ließ abermals so ziemlich den Kopf hängen. Niemehr hatte ich es, wie hier, so gründlich erfahren, wie schwer es ist, gegen falschen Wahn anzukämpfen. Meine frischen Besorgnisse um den Schlotterherzigen sollten sich auch keineswegs als grundlos erweisen, denn er begann, mich in gar weinerlichflehentlichem Tone zu fragen: 3st's aber auch ganz gewiß so mit dem Semikolon, wie Sie gesagt haben? Ach, ich hab' jetzund gar zu große Angst, Sie könnten sich vielleicht auch einmal geirrt haben." Aber ehe ich noch antworten konnte, riefen gleichzeitig mehrere Stimmen:„ Ja, freilich hat es so seine Richtigkeit!" Und der Ladendiener sagte:„ Das kann dir ja jest jed' Schulkind
sagen, was ein Semikolon ist." ,, Das will ich wissen," fügte der Haufirerfritz bei,„ daß es so richtig ist mit dem Buchzeichen; o, wie hab' ich immer soviel davon gesehen, wenn ich die Geschicht' von der heiligen Genoveva oder vom Schinderhannes Aber auch der gelesen hab'." Leinenweber wollte noch sein Deputatchen zur Beleuchtung der Frage beitragen, und, indem er die Hände nach beiden Seiten ausstreckte, sprach er ernsten Tones: ,, Alles in der Welt geht ganz natürlich zu; die Semikolon kann man hundertweis' sehen in jedem Wochenblatt, ohne daß Einer Angst davor zu haben braucht. Nur die Leute, die so dumm sind, daß sie sich wie die Hämmel von den Pfaffen in die Kirche treiben lassen, und dort an die Fabel vom Herrgott glauben lernen, haben Angst vor jeder Fledermaus und Furcht vor jedem Irrwisch." Um endlich auch die letzte Spur noch etwa vorhande= nen Zweifels im Herzen des schon so maßlos gepeinigten Mannes zu zerstören, nahm ich mir vor, ihm das unschuldige Wesen des Semikolon augenscheinlich zu machen. Als ich sodann zu diesem Behufe nach irgendeinem Buch oder Schreibzeug verlangte, erfuhr ich zu meinem Erstaunen und Leidwesen, daß solche Sachen in diesen heiligen Hallen" zu den strengst. verbotenen gehörten. Kein Bleistift und Feßchen Papier war da zu finden. Um nun doch einige Säße bei Anbringung mehrerer Semikolon an die weiße Gefängnißwand schreiben zu können, suchte ich nach irgendeinem spißigen Instrument, das sich dann endlich auch in Gestalt eines Zahnstochers bei unserm Wechselisaak vorgefunden. So zeigte ich denn der so lange entsetzlich geängstigten Hufschmiedsseele deutlich und handgreiflich Form und Verwendungsart des Semikolon, so daß er wohl nie und nimmermehr vor solchem Hirngespinst erzittert sein wird, und dann drängte es ihn, mit sichtbar innerer Befriedigung laut auszurufen:„ Jetzt hab' ich's los und weiß ich's ganz; so Dinger hab' ich ja schon oft in der Bibel gesehen, und bei Juhäh, Gottes Wort können sie doch nichts Böses bedeuten. wie bin ich jetzt aber so froh! Nur wollt' ich, daß dies Alles jetzt auch meine Lisbeth wüßt'."
Jaroslas Dombrowski, der Feldherr der Pariser Commune , geboren den 13. Oktober 1837 zu Zytomir in Volhynien ; gestorben den 23. Mai 1871 an Wunden, empfangen im Kampf für die Befreiung der Menschheit. ( Originalzeichnung.)
Mit weniger philosophirendem Geist ließ sich dann der immer frohmüthig thuende Küferbursche vernehmen:„ Horch, du Hufschmied, wenn ich wieder draus bin, da besuch' ich dich einmal in Lambsheim , und da mußt du mir deine Lisbeth weisen und hernacher saufen wir uns toll und voll vor Freud ', singen das Freiheitslied, wo ich heut schon ein Stück hergesagt hab', ganz
aus, wo es drin heißt:
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einige Jahre später an ihm eine urkomische Geschichte, die ich Der gute Mann wurde bald freigesprochen, und ich erlebte