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,, Werden Sie Egler aufsuchen?" fragte Neumann noch als und dieser folgte ihm, von den widerstrebendsten Gefühlen durchBlumenthal ging. strömt.
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,, Ich werde es thun, sobald mein Hauptgeschäft erledigt ist. Und nun, Freund Neumann, grüßen Sie mir Marie und sagen Sie ihr, daß sie sich meines langen Ausbleibens wegen nicht ängstigen dürfe. Großes für uns alle stehe auf dem Spiele."| ,, Sell besorgt werden," sagte Neumann, ihm die Hand reichend.
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Es war noch sehr früh, als Blumenthal auf der Höhe stand. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und halb träumend noch lag der Wald da. Tiefer Friede herrschte darin. Wie immer, so zwitscherten und sangen die Vögel ihre Morgenlieder und lachenden Auges erwachte rings umher die Natur. Sonst hatte Blumenthal diesem Erwachen mit Vergnügen gelauscht, heute eilte er flüchtig daran vorüber und athmete ordentlich auf, als der Wald hinter ihm lag.
Schönenberg tauchte vor ihm auf, und aus dem dunklen Grün seines Parkes erhob sich jetzt auch Schloß Rabenberg. Hier und da blickte eine Zinne, ein Thurm, ein Fenster herüber, und mit jedem Schritte vervollständigte sich das Bild, bis der ganze alterthümliche Bau mit seinen hohen Mauern, Thürmen und Zinnen sich vor ihm ausbreitete.
Er hatte Marie von seiner Absicht erzählt, in den nächsten Tagen nach Schönenberg zu gehen, um Berner zu besuchen. Da hatte sie warnend den Finger erhoben und lächelnd gesagt, er möge sich nur vor dem Rabenberger Parke hüten, den eine so schöne, süße Zauberin bewohne, die den irrenden Rittern nachstelle, welche in ihr Heiligthum drängen, und sie nimmer wieder freigebe. Mit einem Kusse hatte er ihr den Mund geschlossen und ihr geantwortet, daß er mit einem Talisman ausgerüstet sich auf die Wanderung begebe, und dieser Talisman sei die Liebe, die alle Pfeile abprallen lasse.
Und nun lag der Park vor ihm, und sein Weg führte mitten hindurch. Die Sonne hatte sich zwar bereits erhoben, doch das Schloß schien noch im Schlummer zu liegen. So lief er wohl keine Gefahr, mit der Zauberin des Waldes zusammen zu treffen. Leichten Herzens näherte er sich dem Parke. Bald hatte er ihn erreicht und schritt nun unter den alten, ihm wohlbekannten Bäumen dahin. Wie ihn hier Alles anheimelte! Herrliche Stunden hatte er hier einst verlebt- und jeder Baum und jeber Strauch war in jenen Liebestraum verwebt, dem er sich hier sorglos überlassen, bis die Wirklichkeit ihn jäh daraus emporgeschreckt. Und nun war jener Stern, zu dem er mit begeisterter Bewunderung aufgeblickt, erblaßt. Aber wie er so dahinschritt, kehrten die alten Erinnerungen wieder, in süßen, einschmeichelnden Farben, und es war ihm, als sei er wieder in die alte Zeit mit ihren Hoffnungen und Träumen zurückversetzt. Hier und da blieb er sinnend stehen und betrachtete einen Baum, den er selbst einst gepflanzt, oder eine Blume auf den Beeten am Wege, die er früher schon gesehen zu haben glaubte. Auch nach den Nestern auf den Bäumen blickte er, und lauschte den alten bekannten Stimmen seiner geflügelten Freunde, oder folgte dem Laufe der Eidechsen, die zu seinen Füßen raschelten. So ging er weiter und weiter und merkte es nicht, daß er allmählich vom Wege abkam, und überrascht schaute er auf, als er den Schloßgärtner Thomas, einen alten freundlichen Mann, mit herzlichem Gruße auf sich zukommen sah.
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,, Nun, das ist mal schön, Herr Blumenthal, daß Sie wieder da sind," sagte er, ihm die Hand reichend. Hätte Sie kaum wiedererkannt. Wie sich das gnädige Fräulein freuen wird, daß Sie endlich wieder bei uns eingekehrt sind. Und Ihre Blumen sollen Sie sehen, die hat sie gepflegt viel mehr als die eignen. Letthin ist eine Rose ausgegangen, dieselbe, die Sie einmal aus der Stadt für sie mitgebracht, ja, das ist eine Trauer gewesen, als sei das größte Unglück geschehen. Das gnädige Fräulein ist ganz untröstlich gewesen. Aber ich will Sie doch gleich hinführen, daß Sie mit eignen Augen sehen, wie ordentlich die Blumen aussehen."
Ohne Blumenthal's Antwort abzuwarten, schritt er ihm voran,
Und wie sie so durch die Anlagen dahinschritten, schimmerte plötzlich vor ihnen ein weißes Gewand durch die Büsche.
Das ist das gnädige Fräulein," rief der Gärtner aus und beschleunigte seine Schritte, jedoch nicht, um Blumenthal nach dem Beete zu bringen, das er ihm zeigen wollte, sondern er ging direkt auf Fräulein von Rabenberg los, die mit einem Buche in der Hand sich ihnen näherte, plötzlich aber aufschaute und, schnell umkehrend, den Weg nach dem Schloffe einschlug. Der Gärtner blieb stehen und blickte fragend auf Blumenthal, als wolle er sich von ihm den Auftrag erbitten, seiner Herrin folgen zu dürfen, um sie von der Ankunft des Besuches zu unterrichten.
,, Lassen Sie es, lassen Sie es," sagte Blumenthal, der ihr lange nachgeblickt. Wollen Sie mir eine Freude bereiten, dann pflücken Sie mir eine Blume von meinem Beete. Ich komme wohl ein andermal wieder."
Der Gärtner eilte fort. Blumenthal blickte den Weg zum Schlosse hinauf, wo das Gewand Sidoniens ihm noch lange sichtbar blieb. Er fühlte sich sehr erregt, und einiger Augenblicke bedurfte er, um sich zu sammeln.
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,, Es ist besser so, daß wir einander nicht mehr gesprochen, murmelte er. ,, Vorüber für immer ist die Vergangenheit, für immer vorüber zu meinem, zu ihrem Glück!" Der Gärtner kehrte mit einer weißen Rose wieder. von Ihrem Lieblingsstrauch," sagte er, sie Blumenthal überreichend. Dieser nahm Abschied von ihm.„ Ich lasse Fräulein Sidonie um Verzeihung bitten, daß ich sie einer so schönen Blume beraubt." ,, Und wollen Sie das gnädige Fräulein gar nicht sprechen?" fragte der Gärtner verwundert.
,, Vielleicht ein andermal! Nicht wahr, Sie bestellen ihr meinen Gruß?"
„ Soll Alles besorgt werden," sagte der Gärtner kopfnickend Verwundert sah ihm der alte Mann nach, wie er raschen Schrittes dem Ausgange des Parkes zueilte. Auf einer Ban am Wege saßen zwei Männer. Er stürmte, von seinen Gedanken erfüllt, so hastig dahin, daß er sie nicht wahrnahm. Bei seinem Anblick sahen sie überrascht und erschreckt auf und rückten, als o sie sich verbergen wollten, eng aneinander. Es hielt schwer, i dem Einen von ihnen den Schloßwärter von Falkenburg, de griesgrämigen Heilmann, wiederzuerkennen. Er war mit einem feinen städtischen Anzuge bekleidet und in seinem Gesichte trug eine solche Würde und Wichtigkeit zur Schau, daß man ihn ehe für einen Junter als für einen Schloßdiener hätte halten können Er rauchte eine Cigarre und blies, als Blumenthal vorüberkam grade behaglich eine Rauchwolke in die Luft. Fast wäre ihm di Cigarre aus dem Munde gefallen, so sehr hatte ihn Blumenthal Erscheinen erschreckt. Sein Nachbar, der Pfarrer Lehnert, wa ganz blaß geworden.
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,, Gut, daß er uns nicht gesehen," sagte Heilmann aufathment als er vorüber war. ,, Das wäre ein verteufeltes Zusammen treffen geworden. Aber wo kommt er her? Sollte er gar Nacht auf Rabenberg zugebracht haben? Das ist eine seltsam Geschichte...."
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,, Die für uns aber sehr wichtig werden kann," ergänzte Pfarrer eifrig. Zunächst haben Sie das Ereigniß dem junge Grafen mitzutheilen und ihm die Zeit und das eigenthümlic Aussehen Blumenthal's zu schildern, ihm auch zu erzählen, ba er die ganze Nacht außerhalb des Schlosses zugebracht und wah scheinlich anderswo ein warmes Lager gefunden."
,, Das wird ein prächtiges Zugpflaster, Herr Pfarrer, u mit Vergnügen lege ich es auf," antwortete Heilmann grinsent Die junge Erlaucht wird rasend sein."
,, Schadet nichts schadet nichts," sagte der Pfarrer, rasender, um so besser, den Menschen müssen wir los werden er ist uns Allen gefährlich."
,, Jetzt aber, Herr Pfarrer, das Eisen geschmiedet, so lange warm ist."
,, Aber wie, lieber Freund? Jedes Drängen würde den alte Herrn mißtrauisch machen und das Gegentheil herbeiführen."