Fangen Sie es an, wie Sie wollen, aber geschehen muß es auf alle Fälle! Mitten in der Nacht trommelt mich der Graf aus dem Bette, spät noch hatte er Briefe aus der Stadt von dem verdammten Wucherer Silberberg erhalten, und die müssen verteufelt ernst gewesen sein. Er gab mir in sehr erregtem Tone den Auftrag, Sie in aller Frühe aufzusuchen. Er gebrauche, so sagte er, die Eheverträge so schnell wie möglich, und nicht eher solle ich heimkommen, als bis ich sie erhalten."
,, Wo sind denn aber die Verträge? Sie haben sie mir ja noch gar nicht gegeben!"
Ich sagte Ihnen doch schon, daß gestern Nachmittag die Vogelscheuche Konrad, der Mensch, der früher auf der Pleßburg gewesen-aber Sie wissen das ja nicht kurz, daß dieser Konrad, den sie bei allen feierlichen Gelegenheiten zum Gesandten herausputzen, im Schlosse war und im Auftrage seines Herrn mit Erlaucht die Verträge vereinbarte."
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Richtig, richtig! Der alte Konrad also kann den Menschen nicht leiden, Alter macht findisch, hat ein loses Mundwerk Lästermaul wie Berner und Blumenthal. Unausstehlicher Kerl." War immer ein Schulmeister," rief Heilmann geringschätzig. Beiläufig, Herr Pfarrer, wenn sich Herr von Rabenberg nach mir erkundigen und fragen sollte, wie ich eigentlich zu dem guten
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Dienste auf der Faltenburg gelangt bin, dann sagen Sie ihm eine Lebensrettung na, erfinden Sie, was Sie wollen oder so etwas. Ich habe meine Gründe dafür und Erlaucht kennt und billigt sie."
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,, Ei, ei!" sagte der Pfarrer, drohend den Finger erhebend. kleine Erinnerungen von der Pleßburg? Fast beginnt mir in der Angelegenheit ein Licht aufzugehen. Doch ich werde Ihren Wunsch nicht vergessen. Wie es nun aber anstellen, um die Verträge sofort zu bekommen?"
,, Teufel, das ist doch sehr einfach!" rief Heilmann aus. ,, Wo steckt heut Ihr Feldherrntalent? Blumenthal ist gesehen worden, Heirath wird dadurch schwankend, retten kann nur der schleunigste Vertragsabschluß. Das ist doch ganz klar, und nicht einen Augenblick zweifle ich daran, daß Sie in der Affaire neue Lorbeeren ernten werden."
,, Sehr gut!" sagte der Pfarrer zustimmend ,,, das könnte zum Ziele führen."
,, Noch Eins, Herr Pfarrer! An dem einfachen Inhalte der Es kommt darauf Verträge darf keine Silbe geändert werden. Aber Ihr an, sie ganz unverkürzt unterzeichnet zu erhalten. Mann wird nicht an Veränderungen denken." ( Fortsetzung folgt.)
Plandereien über das deutsche Theater und was dahin gehört.
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I.
( Schluß.)
Ach, ich bedachte zweierlei nicht: Erstens, daß die Gesinnungslosigkeit dem Glauben gleichkommt, der im buchstäblichen Sinne Berge verseßen kann; sie ist im Besitze des Zauberspruches: Tischlein deck' dich! Zweitens, daß gesinnungstüchtige Ehrenmänner, auch dann, wenn sie über größere Fähigkeiten und Talente disponiren, als die gewöhnliche Durchschnittssorte, schwer und lange ringen müssen, um ein klein wenig Anerkennung zu erringen, welche übrigens Erwerbslosigkeit nicht ausschließt, und daß sie auch sehr oft zu Grabe getragen werden, ohne daß die Leid tragenden selbst wissen, was für einen Schatz sie begraben haben. Wer hofft, verliert! Ich hoffte und verlor meinen guten Muth nicht, ich wollte meine Ueberzeugung nicht verstecken, ich wollte durch anscheinende Gleichgiltigkeit meine, bolde Königin Freiheit nicht verleugnen, und dieser Wille Kinder mit dem Willen, kriegen was auf die Brillen', heißt ein altes Sprüchfraß mein ganzes Vermögen im Laufe einiger Jahre auf, sodaß ich die Zeit schnell nahen sah, in welcher ich vis- à- vis de rien mich befinden würde.
wort
noch
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Es gibt gewiß Leute, welche an meiner Stelle nach Amerika gegangen und dort im fernen Westen Holz gefällt und ein Lied auf die verrotteten Zustände in der alten Welt gepfiffen hätten; , es gibt auch solche, die mit spartanischer Strenge gegen sich ihr Leben elendiglich weiter gefristet hätten, allen Versuchungen zum Hohn; es gibt endlich auch solche und es hat ohne Zweifel Millionen, ja Milliarden gegeben, die in ähnlicher Lage furzen Prozeß gemacht hätten, sich entweder physisch oder moralisch selbst getödtet hätten... ich hatte zu allen drei Projekten weder Lust Kraft. Deshalb versank ich in Apathie und wäre wahnfinnig geworden, wenn nicht eine meiner Liebhabereien mich vor diesem Schicksal bewahrt hätte. Von jeher, von Kindheit an war ich ein großer Theaterfreund gewesen, nicht nur in dem Sinne, daß ich ein Bewunderer der lebendigen Darstellung unserer klassi schen Meisterwerke eines Goethe, Lessing und auch moderner Dichter war, sondern das Theaterwesen selbst, sowie Schauspieler und Publikum interessirten mich ungemein und gaben mir viel Stoff zum Beobachten und Nachdenken. Außerdem kann ich nicht leugnen, daß mich die gütige Natur mit einer guten Dosis Humor begabt hat, der mich auch in denjenigen Momenten, wo man, dem Weltgeist näher ist, als sonst', in den gewichtigsten, ernstesten Augen
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ein
blicken, nicht ganz verläßt. In jener Zeit nun, wo ich ganz apathisch war und mir der Hungertob entgegenglotte, unterließ. ich nicht, mir häufig die Schnurren auf, vor und hinter der Bühne anzusehen. Ich begann, nachzudenken, und eines Abends, als ich oben im Himmelreich eines Nikotintheaters in Berlin mich über die Brüstung lehne, überfällt mich meuchlings Gedanke. Dieser war fruchtbringend und ihm verdanke ich es, daß ich heute mein gutes Auskommen habe, ohne daß ich meine kommunistische Gesinnung zu verleugnen brauche, daß ich ein Poffendichter geworden bin, ohne je von der Muse gefügt worden zu sein, ohne auch nur einen Funken Talent zu haben, von jener Sorte nämlich, deren sich Aristophanes , Molière und Beaumarchais bedienten."
,, Aber, mein lieber Wilhelm," wandte ich ein, du mußt doch Talent haben, sonst würden die Stücke dem Publikum nicht gefallen."
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,, Nein, ich habe kein angebornes, nur ein künstlich gezüchtetes, und das Merkwürdige ist, jenes ist in jetziger Zeit ganz unnüß, ein Bastardkind der Thalia- ist eine, milchdieses vielmehr gebende Kuh." ,, Nun," erwiderte ich ,,, vorläufig will ich nicht mit dir streiten, aber sage mir, welcher Gedanke überfiel dich so meuchlings?"
,, Davon später, jetzt muß ich dich verlassen, um zur Probe zu eilen. Ein neues Stück von mir wird einstudirt. Apropos, ich will dir doch noch eine kleine Frage vorlegen. Besagtes Stück spielt Vormittags; ein junges Mädchen, Tochter unbemittelter Eltern, spielt die Hauptrolle. Mademoiselle Angelika hat dieselbe übernommen, weigert sich aber, in einem einfachen, den Verhältnissen entsprechenden Kostüm zu erscheinen; sie pocht auf ihr schönes, tiefausgeschnittenes blauseidenes Kleid. Soll ich ihr erlauben, dasselbe in dieser Rolle zu benutzen?"
,, Gewiß nicht, das würde die Illusion stören," erwiderte ich. ,, Du hast kein Talent, bester Freund. Selbstverständlich erlaube ich's, denn das abwesende blauseidene Kleid könnte möglichenfalls meinem Stück zu einem Fiasko verhelfen.
,, Unmöglich!"
,, Nicht nur möglich, sondern höchst wahrscheinlich. Die Gründe meiner Vermuthung werde ich dir heute Abend auseinandersetzen, jetzt würde es zu weit führen, da ich nothwendig zuvor mit dir über den Konner zwischen Schauspieler und Publikum reben muß, um mich dir verständlich zu machen. Also auf Wiedersehen!"
Kade.