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Wozu das, lieber Konrad? Ich bin es gewöhnt, rasch zu handeln." Auch da, wo das Theuerste auf dem Spiele steht, gnädiger Herr?" Aber was soll das Zögern nützen, lieber Konrad, verbessert es die Lage? Es kann im Gegentheil nur zur Verschlimmerung beitragen und das mübsam zu Stande gebrachte Werk zerstören." Ist diese Ehe ein Werk Gottes, dann wird sie auch bei einigem Aufschub zu Stande kommen," sagte Konrad etwas scharf. Doch ich habe Ihnen noch etwas mitzutheilen, gnädiger Hm, das Sie vielleicht ineinen Wunsch erfüllen lägt." Sie machen mich neugierig," sagte Herr von Rabenberg, von dem eigenthümlichen Ton betroffen, in dem Kvnrad sprach. Aber setzen Sie sich zu mir." Er machte ihm auf dem Sopha Platz, doch Konrad.nahm einen Stuhl und setzte sich ihm gegenüber. Sie erinnern sich wohl noch der meisten Diener, die auf Schloß Pleßburg angestellt waren, auf dem Ihr Herr Vater zu wohnen pflegte?" fragt? Konrad. Zum großen Theil wenigstens. Sie wissen ja, daß meine Reisen in's Ausland mich jahrelang von der Pleßburg fern- hielten, und daß ich seit meiner Verheirathung, die nicht ganz nach Wunsch meines Vaters ausfiel, eigentlich nur ein seltner Gast auf der Pleßburg war." Ja, ja, dem gnädigen Herrn gefiel es nicht, daß dero Frau Gemahlin katholisch war," sagte Konrad, den Erinnerungen des Schloßherni folgend.Er war noch ein strenger Protestant aus der alten Zeit, und das war ja auch die Ursache jener Unglück- lichen Aufwallung..." Die mich um die Güter brachte," ergänzte Herr von Raben- berg, während sein Gesicht sich verfinsterte.Aber Sie wollten mir etwas erzählen, lieber Konrad." Es handelt sich um die Diener, gnädiger Herr, die damals dort waren. Unter den Dienern, welche der Person Ihres Herrn Vaters in seinen letzten Lebenstagen sehr nahe standen, war auch Einer, der Heilmann hieß." Ich erinnere mich seiner nickt mehr genau," sagte Herr von Rabenberg nachdenklich,und doch ist es mir, als hätte ich diesen Namen schon öfter nennen gehört. Aber was ist es mit ihm?" Der Tagedieb wurde von Ihnen, gnädiger Herr, gleich nach dem Tode Ihres Herrn VaterS entlasten, weil er sich unverschämt betrug und ein Faullenzer erster Klaste war." Ah, jetzt erinnere ich mich er war ein dreister Bursche," rief Herr von Rabenberg lebhaft. Und ein Heuchler und Schleicher war er auch von jeher," sagte Konrad.Bis auf den heutigen Tag ist es mir unbegreiflich geblieben, wie Ihr Herr Vater, gnädiger Herr, diesem Schleicher ein so großes Vertrauen schenken konnte, er, der doch wie kein Anderer den Btenschen bis auf den Grund zu sehe» pflegte." Mein Vater war in der Wahl seiner Diener sehr sorgfältig; der Heilmann muß wirklich eine große Verstellungskunst besessen haben, daß er sich so lange in der Gunst meines Vaters be­haupten konnte." Nun komme ich zur Hauptsache. Dieser Heilmann wußte, wo der Nachtrag zum Testamente aufbewahrt war, und dieser selbe Heilmann kehrte mit Ihrem Herrn Bruder, gnädiger Herr, nach der Pleßburg zurück." Hm von Rabenberg begann sehr aufmerksam zu werden.Er war, wie Jedermann wußte, die rechte Hand Ihres Herrn Bruders. Eines schönen Tages aber verschwand er, unter Mitnahme einer bedeutenden Summe Geldes. Es geschah nicht das Geringste, ihn zu verfolgen." Eine neue Spur, auf die Sie mich bringen," sagte Herr von Rabenberg.Doch vollenden Sie." Wenn Einer, so dachte ich immer, hat der Heilmann den Nachtrag gestohlen," fuhr Konrad fort.Wer wäre denn auch außer ihm einer solchen Schandthat fähig gewesen?" Und weiter," drängte Herr von Rabenberg.Ich bin be- gierig auf das, was Sie mir noch zu sagen haben." Als sich mir gestern das Thor der Falkenburg öffnete, stand dieser Heilmann vor mir."
Nicht möglich!" rief Herr von Rabenberg, von seinem Sitze aufspringend. So dachte ich auch im ersten Augenblicke, aber es war keine Täuschung möglich, und wie ich ihn erkannte, so erkannte auch er mich auf den ersten Blick. Er wurde roth und blaß und stotterte einige Worte, die wie eine Begrüßung oder Entschul- digung sich anhörten. Ich selbst war so überrascht, daß ich ans seiner Bestürzung keinen Nutzen ziehen konnte. Später erfuhr ich denn, daß er vor einem Jahre von dem Herrn Grafen   eine lebenslängliche Anstellung als Schloßwärter erhalten habe. Das fällt aber mit der Zeit der ersten Werbung des Herrn Grafen um die Hand des gnädigen Fräuleins für seinen Sohn zusammen." Ihr altes Mißtrauen gegen den Grafen führt Sie zu weit," wehrte Herr von Rabenberg ab.Mein Bruder wird Heilmann nicht umsonst eine bevorrechtigte Stellung im Schlosse eingeräumt haben." Der Herr Graf von Falkenburg auch nicht," sagte Konrad. Es mag sein aber folgern wir ruhig, dann kommen wir doch zu dem Resultate, daß Heilmann seine Stellung auf der Pleßburg mit der Auslieferung des Nachtrags erkauft hat. Und damit ist jeder weitere Verdacht abgeschnitten, leider auch jede Aufklärung in der Hauptsache." Und die Bestimmung im Ehevertrage über die Güter und Schlösser, gnädiger Herr? Das ist doch zu auffallend." Sie muß aus eine Sonderbarkeit des Grafen zurückgefübrt werden. Nein, mein lieber Konrad, Ihre Liebe zu uns läßt Sie zu weit gehen." Ich bitte Sie, gnädiger Herr, die Unterzeichnung des Ehe- Vertrages noch einige Tage hinauszuschieben," bat Konrad. Wie einen Wink von oben betrachte ich meine Entdeckung. Wer kann denn auch sagen, dies oder jenes sei Gottes Fügung? Handeln wir, wie das Herz es uns eingibt, und Gott   wird mit uns sein. Vielleicht, gnädiger Herr, läßt sich doch das Unrecht aufdecken, das Ihnen zugefügt worden, und schweres Unheil von Ihrem Hause abwenden. Heilmann ist ein charakterloser Wicht, und für Geld wäre wohl Alles von ihm zu erfahren. Gelingt es mir, eine Aufklärung zu erzielen, dann soll wieder Freude und Froh- sinn auf Rabenberg herrschen. Aus der Unterzeichnung dieser Verträge darf dann nichts werden. Ich habe die besten Hoff- nungen, gnädiger Herr. Da bitte ich Sie denn recht sehr, schieben Sic die Unterzeichnung hinaus. Bei Allem, was Ihnen theuer ist, bitte ich Sie darum." Konrad hatte mit großer Wärme gesprochen, und mit leuch­tenden Augen blickte er Herrn von Rabenberg bittend an. Dieser reichte ihm die Hand.Wir sollten Gott   walten lassen," sagte er.Aber die Bitte sei gewährt, wenn auch nur, um Sie zu überzeugen, lieber Konrad." Der Himmel wird meine Bemühungen mit seinem Segen begleiten!" rief Konrad mit zufriedenem Gesichte. In diesem Augenblicke trat der Schloßgärtner mit einem Blumenstrauß ein.Ich hoffte, das gnädige Fräulein hier zu finden," sagte er. Lassen Sie die Blumen hier, lieber Thomas, ich bringe sie meiner Tochter. Haben Sie sonst noch etwas zu bestellen?" fragte Herr von Rabenberg, als der Gärtner stehen blieb. Thomas drehte etwas verlegen seine Mütze in der Hand herum.Der Herr Pfarrer kommt, gnädiger Herr," sagte er, und dann ist noch Einer da, mit dem er sprach. Das ist der Heitmann von der Falkenburg, der schon bei dem seligen Herrn Vater gewesen. Er sitzt auf der Bank am großen Wege." Konrad warf Herrn von Rabenberg einen bedeutungsvollen Blick zu.Es ist gut, lieber Thomas," sagte dieser.Ich er- warte den Herrn Pfarrer." Ein Wink von oben, gnädiger Herr," rief Konrad, als der Gärtner hinausgegangen war.Gott   läßt es Licht werden und führt Alles zu einem guten Ende." Herr von Rabenberg schwieg. Sollte Konrad Recht haben, und sollte die Vergangenheit sammt dieser Heirath nur eine Prüfung �gewesen sein?(Fortsetzung folgt.)