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Die Gesammtzahl der Kalab'schen Marken konnte natürlich nicht ermittelt werden; er selbst wollte zwar nicht mehr als 600 Gulden durch das Ablösen und Wiederaufkleben der Marken verdient haben; allein diese Ziffer ist bei weitem zu niedrig, denn an einem einzigen Nachmittag wurden um jene Zeit im Durchschnitt 40-70 Gulden, und an Sonntagen, wenn die sogenannte türkische Post fiel, circa 200 Gulden an Portogebühren eingenommen.
Nach einer von der Postbehörde aufgestellten Schadenrechnung hat Kalab an den Wochentagen, an denen er den Frankodienst verrichtete, im Ganzen jährlich für 2080 Gulden von ihm präparirter Marken absetzen und an den 78 Sonntagen, an denen er fungirte, mehr als 10,000 Gulden für seine Marken einnehmen können. ( Fortsetzung folgt.)
Major Davel.
Eine biographische Skizze aus der Schweizergeschichte des vorigen Jahrhunderts. Von Robert Schweichel .
( Schluß.)
Davel bestieg das Blutgerüst. Mit ruhigem Blick schaute er auf die unzähligen Köpfe hin, die ihn umringten. Nach dem Berichte eines Augenzeugen trug er eine reiche rothe Uniform. Er hatte um Erlaubniß gebeten, noch eine letzte Ansprache an das Volk halten zu dürfen; sie war ihm unter der Bedingung geworden, gegen seine Souveräne nichts Aufregendes zu sagen. Davel hatte es versprochen. Die Tambours waren zu schlagen angewiesen, sobald er sein Versprechen bräche.
An den Rand der Blutbühne vortretend, ermahnte er nun das Volk, von seinen Lastern und Sünden, seinem Trinken, Fluchen und Prozessiren abzulassen. Der Tod machte seine sonst so schwere Zunge beredt, und mit einfachen aber eindringenden Worten zeichnete er seinen Landsleuten noch einmal die Betrügereien der Advokaten, das Elend der Bauern, denen man das Getreide aus den Scheuern oder schon vom Halm nehme, und manchmal selbst ihre Kleider und Betttücher." Dann schilderte er den Lurus und die schwelgerischen Mahle der Reichen und Mächtigen, die schreckliche Unwissenheit des Volks und selbst vieler Geistlichen, die mehr Zeit auf Ausschweifungen, als auf den Unterricht jenes wie ihrer selbst verwendeten. Ebenso tadelte er den anstößigen und ungeregelten Lebenswandel der Studenten. Schließlich ging er auf sich selbst über, pries sich glücklich, zur Ehre Gottes sterben zu dürfen und bat dann seinen Schöpfer, daß sein Tod zur Abschaffung der gerügten Mißbräuche beitragen möge.
Die zahllose Menge hörte ihn in feierlicher Stille, die nur von Weinen und Schluchzen unterbrochen wurde, an.
Sobald er geendet, fragte ihn der Prediger von Saussure, ob er gegen die Herren von Lausanne irgendwelchen Groll hege. Davel antwortete: Ich erkläre im Angesichte des Himmels und der Erde, daß ich gegen Niemand übel gesonnen bin und durch aus keinen Groll gegen die Herren von Lausanne hege; denn Gott allein hat Alles so geleitet, wie es mich getroffen hat, in unzähligen gefährlichen Ereignissen mich erhaltend, um sich meiner zum Troste seines Volkes zu bedienen. Ich schulde ihm unzählige Gnadenakte, und da ich ihn während meines Lebens dafür nicht genug rühmen konnte, so will er, daß ich sie durch meinen Tod verherrliche."
Von Saussure's Ermahnungen an das Volt, die gewöhnlich der Hinrichtung vorausgingen, waren eine Lobrede auf Davel. Er pries seine christlichen und militärischen Tugenden, wie die edle Gesinnung, welche ihn zu dem Befreiungsversuche seines Vaterlandes veranlaßt hätte. Das Gebet, mit dem er schloß, hörte Davel knieend an.
Dann nahm er von den Geistlichen, die in Thränen zerflossen, Abschied. Ruhig und kaltblütig begann er sich zu entfleiden. Nach einigen freundlichen Worten an den Henter setzte er sich auf den Stuhl, gegen dessen Lehne er sich fest anstemmte, während man ihm die Augen verband. Eine Sekunde und sein Kopf fiel. Dem Urtheil zu genügen, nagelte der Henker den Kopf an den Galgen und verscharrte den Körper am Fuße desselben.
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Am folgenden Morgen war der Kopf verschwunden; statt dessen fand man dort einige Verse angeheftet, deren Spott, mochte er auch gegen Bern gerichtet sein, schlecht genug mit dem tragischen Ereignisse übereinstimmte. Hier", heißt es darin, starb der edle und muthige Davel durch die Taze unsers Bären, weil er ihn etwas zu stark gekitzelt hatte."
Die sorgfältigen Forschungen Berns nach dem Diebe blieben erfolglos. Erst ein Jahr später entdeckte man den Kopf durch Zufall. Ein Apotheker von Lausanne ward wegen Falschmünzerei verhaftet, und bei der Haussuchung fand man den Kopf in seinem Laden in einer Büchse. Auf Befehl Berns ward derselbe dann am Galgen durch den Henker verbrannt.
Und hatte Davel's Tod die Folgen, die der Märtyrer von ihm so zuversichtlich hoffte?
Bern ließ auf das Ereigniß eine goldene Medaille prägen, die Stadt Lausanne darstellend, die unter einem Baume schläft, den sie umschlungen hält, mit der Inschrift:„ Umbram quietae tenaci et coronam." Dieser Baum sollte Bern sein. Seine goldenen Früchte entschädigten die Stadt für die Unkosten des Prozesses. Der Kontroleur von Crousaz erhielt für seinen Theil 8000 Livres und Davel's Pension zur Belohnung.
Wie schlagend Davel die Fehler der Berner Regierung in seinem Manifeste gezeichnet hatte, erhellt daraus, daß Bern dasselbe nach Beendigung des Prozesses aus den Akten herausreißen ließ und in seinen Archiven verbarg, wo es erst in diesem Jahrhundert wieder aufgefunden wurde. Einige Reformen in der Verwaltung, die Abschaffung einiger Mißbräuche, so die gänzliche Aufhebung des Konsensus und des damit verbundenen Eides war Alles, was dem Ereignisse folgte.
Der Rath von Lausanne fuhr fort, jährlich einige Säcke Getreide an die Armen zu vertheilen, seine kleinen inneren Angelegenheiten zu schlichten und seine Märkte zu regieren, während das übrige Land seinen gewöhnlichen Gang ging. Wie war es auch anders von einem Volke zu erwarten, das eine fast 200jährige Fremdherrschaft seiner Rechte und Freiheiten beraubt und moralisch in den Koth getreten hatte? Für den Patriotismus gibt es sicher kein demüthigenderes Geständniß als:„ Wir konnten frei sein, aber wir selber wollten nicht!" Die waadtländer Historiker sprechen es nicht aus, allein es liegt in der Bitterkeit, mit der sie die unmittelbare Erfolglosigkeit der That Davel's hervorheben, es liegt in den Worten Olivier's:„ Und das friedliche und treue Lausanne beharrte in seiner Ruhe im Schatten."
Dennoch ist kein Zweifel, daß Davel's Unternehmen und tragisches Ende in der Stille Manchen zum Nachdenken veranlaßt und somit beigetragen hat, jenen Geist zu zeitigen, durch den die Berner Herrschaft glücklich gestürzt ward. Sein Andenken lebte im Volte aber ungeschwächt fort, bis ihm, etwa 30 Jahre nach seinem Tode, durch Gibbon die vorderste Stelle in den Jahrbüchern der Geschichte angewiesen wurde. Das freie Waadtland entrichtete dann dem Märtyrer eine Schuld, die von den Zeitgenossen anerkannt worden war, indem es ihm in der Kathedrale von Lausanne eine Gedächtnißtafel errichtete.
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