die Stätte des Komforts. Der Staubbach bleibt noch sichtbar und jetzt trifft ihn ein Sonnenstrahl, daß die zerstäubenden Tropfen wie Diamanten funkeln.
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Einige Minuten später wölbt eine Brücke ihren grauen Steinbogen über die Ofer, die sich hier mit der Kalbe vereinigt. Die schöne breite Straße nach Klausthal bleibt der Ofer getreu. Wir schreiten links über die Brücke am Rande einer Schonung bergan. Das Brausen der Oker verhallt hinter uns. Je höher wir steigen, und mancher Tropfen Schweiß tränkt dabei den Waldpfad, je einsamer erscheint die Natur. In dem Okerthale war es den Vögeln zu geräuschvoll. Hier oben fingen und zwitschern sie lustig und zu den feinen Diskantstimmchen gurgelt ein unsichtbares Rinnfal in der jungen Pflanzung einen bescheidenen Baß. Wie wir nach einer Weile aufathmend zurückschauen, liegen die querdurchbrochenen Ränder des Oferthales unter uns. Andere, langgestreckte Bergrücken heben sich zum Himmel empor. Endlich winkt unter den dunklen Tannen ein rothes Dach. Es ist die Wildmeisterei Ahrensberg. Vor dem Hause ist ein schmales Gärtchen voll blühender, duftender Blumen, und Blumen blühen in Töpfen hinter allen glitzernden Fenstern. Auf dem Hofe ist| man mit Zubereitungen zum Feste beschäftigt. Ein Kalb ist eben geschlachtet worden.
Ein hübsches Mädchen mit dunklen freundlichen Augen führt uns in die Wohnstube und bald dampft ein Kaffee vor uns. Die köstlichste Zuthat zu demselben ist der fette Rahm. Sein Bergkräuter- Geschmack sagt uns, daß wir auf der Höhe sind.
Es war gar traulich in der Stube des Wildmeisters. Auch ein Klavier war vorhanden. Und als wir uns umschauten in der traulichen Wohnung, in der es gar still war, und einen Blick hinauswarfen auf die Föhren ringsum, da regte sich der Wunsch in dem Herzen: in dieser Einsamkeit, stundenweit entfernt von den nächsten Wohnungen der Menschen, möchtest du wohl ein Jahr deines Lebens hinbringen in Träumen, Denken, Dichten. Das Leben rollt uns mit athemloser Haft unter den Füßen fort, und wer nie den Wunsch gehegt, sich auf einige Zeit aus seinen Strudeln in das Alleinsein mit der Natur und seinen Gedanken zu flüchten, der hat nie gelebt, denn er hat sich selbst nie besessen ,, Aber den Einsamen hüll' In deine Goldwolfen! Umgib mit Wintergrün,
Bis die Rose wieder heranreift, Die feuchten Haare,
O Liebe, deines Dichters!"
Die Liebe wird auch in diese Waldeinsamkeit eines Tages ein reizendes Idyll hineinweben. Zwei liebliche Rosen blühen im Forsthause.
Ein Jäger führt uns auf Richtsteigen von der Wildmeisterei nach dem Torfhause. Es ist eine kräftig elastische Gestalt mit blondem Vollbart und strahlenden blauen Augen. Bergab und bergauf geht die Wanderschaft durch der Tannen ewiges Grün,
das
David Livingstone ( sprich Liwingſtohn), der berühmte englische Afrikareisende, dessen Porträt sich Seite 345 befindet, wurde im Jahre 1817 zu Glasgow geboren; früh von dem„ Wandertrieb" erfaßt, ging er 1840 als Missionär nach Südafrika , in's Kapland, wo er sich mit außerordentlichem Fleiß und Erfolg die Sprachen der Eingebornen aneignete. Bald ward die Bekehrung der Heiden ihm Nebensache: das Innere Afrika's zu erforschen, die Quellen des Nil zu entdecken war das große Ziel, welches ihm vorschwebte, das all' seine Gedanken beherrschte. Im Jahre 1851 trat er seine erste große Reise an, und seitdem hat er, bis zum Tag seines Todes, unablässig, mit kurzen Unterbrechungen, an der Lösung seiner Aufgabe gearbeitet. Auf Monate, auf Jahre war mitunter seine Spur verloren, bis er plöglich wieder an irgendeinem unerwarteten, unbekanntem Punkt auftauchte zahl= losen Gefahren, wilden Thieren, wilderen Menschen, giftigen Sumpffiebern troẞte er, so daß er ein gefeites Leben zu führen schien. Viel, unendlich viel verdankt die Wissenschaft dem bescheidenen, heldischen Mann. Am 15. August des Jahres 1875 traf ihn endlich der Tod bei Lobisa in Südafrika fern von der Heimath, fern von der Familie und von Freunden, in wilder Natur, umringt von Wilden, die den„ weißen Fremdling" mit rührender Anhänglichkeit pflegten, starb er auf dem " Schlachtfelde der Wissenschaft", dem Feld der Ehre.
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die das Laubholz allmählich vom Harz verdrängen. Ueberall, wo Laubholz gefällt wird, werden wegen ihrer leichteren Kultur und größeren Nutzbarkeit für den Bergbau Tannen nachgepflanzt. Es wird in späteren Tagen wie eine Sage klingen, daß einst in diesen Thälern, auf diesen Höhen die schwanke Birke gelispelt, die mächtige Buche gerauscht habe.
Hin und wieder treffen wir auf frische Spuren von Hirschen. Unser Begleiter erzählt von der Noth der armen Thiere während des letzten Winters. Da waren die Thiere gar zahm und ließen den Jäger nahe an sich herankommen. Sie wußten, daß er als ihr Freund kam und ihnen Nahrung brachte, welche die harte Natur versagte. Das Futterstreuen war aber keine leichte, gefahrlose Arbeit, denn der Schnee lag nicht selten zehn bis zwölf Fuß hoch, und der Jäger selbst bedurfte des Beistandes und mußte zuweilen von seinen Begleitern ausgegraben werden. Nun hat die schöne Jahreszeit eine neue Noth gebracht. Die Hize und Dürre des Monats Mai hat das Gras auf den Halden und Weiden gelb gebrannt. Da sind auch die Kühe übel daran. Die abgestimmten Glocken der weidenden Heerden tönten sanft melodisch, fast klagend zu uns her.
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So erzählte der Waidgeselle, unsern Sprachschatz mit manchem Jägerausdruck gefällig bereichernd. Endlich that er die Pfeife aus dem Munde und begann zu jodeln. Das hallte prächtig durch den Wald. Wir kommen höher und höher, der Rundblick erweitert sich. Nun haben wir die Chauffee erreicht, welche von Harzburg herauf, am Torfhause vorüber nach dem Brocken führt. Hinter uns verschwimmt die Ebene im bläulichen Duft, Bergrücken und Höhen, die weiter und weiter hinter einander zurücktreten, begrenzen den Blick, der ringsum über ein Meer von grünen Wipfeln schweift, und jetzt zeigt sich zu unserer Linken ganz nah in völliger Klarheit der Brocken. Wir sehen die Fenster des Brockenhauses in der Sonne blinken. Eine Wolke schwebt hoch über dem weißen Brockenthurm.
Der Förster im Torfhause heißt uns in herzlich schlichter Weise willkommen. Seine Frau kommt dazu, um den Küchenzettel für das Abendessen zu machen, das ist unsere erste Sorge, denn wir haben einen so rechtschaffenen Hunger, wie er nur in der frischen Bergluft nach tüchtigem Steigen gedeiht. Das Essen läßt glücklicherweise nicht lange auf sich warten, und die Frau Försterin wird uns das Zeugniß geben, daß wir ihrer Küche alle Ehre angethan haben. Sie sind ein hübsches, noch junges Paar, unsere Wirthe, schlank und hochgewachsen und markig wie die Harztannen. Ihr freundlicher Empfang, die gute Küche, das gute Bier lassen uns unseren anfänglichen Vorsatz aufgeben, auf dem Brocken zu übernachten. Hier ist gut Hütten bauen. Die Fenster des Familienzimmers, in dem wir tafeln, und dessen Wände mit unzähligen Hirschgeweihen, den Jagdtrophäen des Försters, geschmückt sind, lassen uns immer den Brocken im Auge behalten. ( Schluß folgt.)
Sprüche aus dem Munde der Völker. Gesammelt von J. I.
( Spanisch.)
Mas quiero asno que me lleve, que cavallo que me derrueque. Mehr ist ein Esel, der mich träget, werth, Als wenn es mich herunterwirft, ein Pferd.
Mucho pide el loco, mas loco es el que lo da. Ein Narr, wer allzuviel begehrt; Ein größrer Narr, wer es gewährt.
Embia al sabio a la embajada, y no le digas nada. Schick' als Gesandten einen Weisen, Und laff' ihn ohne Auftrag reisen.
La mano cuerda no haze todo lo que dice la lengua loca. Hand des Weisen thuet nicht, Was des Thoren Zunge spricht.