leifer, bald voll stolzen Selbstgefühls rufend, bald unbewußt murmelnd: Lappalien!" Und dann plötzlich einmal: Ha, ha! Banquier Reinhold Margentheim hat noch eine Tochter!" ,, Gertrud, mein Herzenstäubchen! Noch etwas vom Hammelbraten!"
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,, Ja, Vater!" Und Gertrud trug das Gewünschte wie ge
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wöhnlich herbei und warf nur ganz schüchtern einen Blick auf das erregt aussehende Antlitz des Vaters. Dann ging sie wieder still vom großen, in der Mitte des Zimmers stehenden runden Tisch hinweg, an jenes kleine Tischchen neben dem Fenster, auf dessen grüne Decke durch das leicht darüberhin gebreitete Spitzengewebe schon manche Thräne niedergesunken.( Fortsetzung folgt.)
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Statt zu handeln, beschloß das Parlament, als ob es nicht schon viel zu viel geredet, noch einmal zu reden, und zwar in einer Proklamation an das deutsche Volk". Eine Kommission wurde niedergesetzt, und diese brachte zwei Entwürfe ein, wovon der der Majorität von Uhland redigirt war. Beide waren matt, saft und kraftlos, und drückten nur die eigne Rath- und Muthlosigkeit und das böse Gewissen der Versammlung selbst aus. Am 26. Mai zur Debatte gestellt, gaben sie unserm Wolff den Anlaß, den Herren Parlamentlern ein- für allemal seine Meinung zu sagen. Der stenographische Bericht über diese Rede lautet:
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,, Wolff von Breslau:„ Meine Herren, ich habe mich gegen die Proklamation an das Volk einschreiben lassen, die von der Majorität verfaßt und hier verlesen worden ist, weil ich sie für durchaus unangemessen den jetzigen Zuständen halte, weil ich sie viel zu schwach finde geeignet, blos als Journalartikel in den jenigen Tagesblättern zu erscheinen, welche die Partei vertreten, von der diese Proklamation ausgegangen ist, aber nicht für eine Proklamation an das deutsche Volt. Da nun jetzt noch eine zweite verlesen ist, so will ich nur so beiläufig bemerken, daß ich mich gegen diese noch viel mehr erklären würde, aus Gründen, die ich nicht anzuführen brauche.( Stimme im Centrum: Warum nicht?) Ich spreche nur von der Majoritätsproklamation; sie ist allerdings so mäßig gehalten, daß selbst Herr Buß nicht viel dagegen sagen könnte, und das ist doch gewiß die schlimmste Empfehlung für eine Proklamation. Nein, meine Herren, wenn Sie irgend und überhaupt noch einen Einfluß auf das Volk haben wollen, müssen Sie nicht zum Volfe sprechen in der Weise, wie in der Proklamation geschieht; Sie dürfen da nicht von Gesetzlichkeit, von gesetzlichem Boden und dergleichen sprechen, sondern von Ungesetzlichkeit in derselben Weise wie die Regierungen, wie die Russen, und ich verstehe unter Russen die Preußen, die Desterreicher, Bayern , Hannoveraner.( Unruhe und Gelächter.) Diese sind alle unter dem gemeinsamen Namen Russen zusammengefaßt.( Große Heiterkeit.) Ja, meine Herren, auch in dieser Bersammlung sind die Russen vertreten. Sie müssen ihnen sagen: So, wie ihr euch auf den gesetzlichen Standpunkt stellt, so stellen wir uns auch darauf. Es ist der Standpunkt der Gewalt, und erklären Sie in Parenthese die Gesetzlichkeit dahin, daß Sie den Kanonen der Russen die Gewalt entgegenstellen, wohlorganifirte Sturmtolonnen. Wenn überhaupt eine Proklamation zu erlassen ist, so erlassen Sie eine, in welcher Sie von vornherein den ersten Volksverräther, den Reichsverweser, für vogelfrei erklären.( Zur Ordnung! Lebhafter Beifall von den Galerien.) Ebenso alle Minister!( Erneuerte Unruhe.) Oh, ich lasse mich nicht stören. Er ist der erste Volksverräther.
,, Präsident Neh: Ich glaube, daß Herr Wolff jede Rücksicht überschritten. Er kann den Erzherzog Reichsverweser nicht vor diesem Hause einen Volksverräther nennen, und ich muß ihn deshalb zur Ordnung rufen....
,, Wolff: Ich für meinen Theil nehme den Ordnungsruf an und erkläre, daß ich die Ordnung habe überschreiten wollen, daß er und seine Minister Verräther sind.( Von allen Seiten des Hauses: Zur Ordnung, das ist pöbelhaft!)
,, Präsident: Ich muß Ihnen das Wort entziehen.
Volks hier sprechen wollen, und sagen wollen, wie man im Volke denkt. Ich proteſtire gegen jede Proklamation, die in diesem Sinne abgefaßt ist."
Wie ein Donnerschlag fielen diese wenigen Worte in die erschrockene Versammlung. Zum ersten Mal war die wirkliche Sachlage den Herren klar und unverhohlen ausgesprochen worden. Der Verrath des Reichsverwesers und seiner Minister war ein öffentliches Geheimniß; Jeder der Anwesenden sah ihn sich vor seinen Augen vollziehen; aber keiner wagte das, was er sah, auszusprechen. Und nun kommt dieser rücksichtslose, kleine Schlesier und wirft ihnen ihr ganzes konventionelles Kartenhaus mit einem Mal über den Haufen! Sogar die entschiedene Linke" konnte nicht umhin, gegen diese durch einfache Konstatirung der Wahrheit begangene unverzeihliche Verletzung alles parlamenta rischen Anstands sich energisch zu verwahren durch den Mund ihres würdigen Vertreters, des Herrn Karl Vogt ( Vogt- man hat ihm im August 1859 Frcs. 40,000 übermacht, sagen die 1870 veröffentlichten Listen der von Louis Napoleon an seine Agenten gezahlten Summen). Herr Vogt bereicherte die Debatte mit folgendem, ebenso lumpig verlegnen wie infam verlognen Protest:
,, Meine Herren, ich habe mich zum Worte gemeldet, um den krystallhellen Strom, der aus einer Dichterseele in diese Proklamation geflossen ist, zu vertheidigen gegen den unwürdigen Schmutz, welcher in denselben geworfen oder(!) gegen denselben(!) geschleudert worden ist, um diese Worte zu vertheidigen gegen den Roth, der aufgehäuft worden ist in dieser letzten Bewegung und dort alles zu überfluthen und zu beschmutzen droht. Ja, meine Herren! Das ist ein Koth und ein Schmutz, den man auf diese(!) Weise an alles, was nur Reines gedacht werden kann, heranvirft, und ich spreche meine tiefste Entrüstung darüber aus, daß so etwas(!) geschehen konnte."
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Da Wolff von Uhland's Redaktion der Proklamation gar nicht gesprochen, sondern nur ihren Inhalt zu schwach befunden, so begreift man gar nicht, woher Herr Vogt seine Entrüstung und seinen Schmutz" und Roth " eigentlich bezieht. Aber einerseits war es die Erinnerung an die rücksichtslose Weise, mit der die Neue Rheinische Zeitung " die falschen Brüder von der Sorte Vogt's stets behandelt, andererseits Wuth über die grade Sprache Wolff's, die diesen selben falschen Brüdern das bisherige achselträgerische Spiel fernerhin unmöglich machte. Zwischen der wirf lichen Revolution und der Reaktion zur Wahl genöthigt, erklärt sich Herr Vogt für die letztere und den Reichsverweser und seine Minister für ,, Alles, was Reines gedacht werden kann". Leider wollte die Reaktion von Herrn Vogt nichts wissen.
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Noch denselben Tag ließ Wolff Herrn Vogt durch den Abgeordneten Würth von Sigmaringen auf Pistolen fordern, und als Herr Vogt es ablehnte, sich zu schießen, ihm körperliche Züchtigung androhen. Herr Vogt, obwohl förperlich ein Riese gegenüber Wolff, flüchtete sich nun unter den Schutz seiner Schwester, ohne deren Begleitung er sich nirgends mehr sehen ließ. Wolff ließ den Maulhelden laufen.
Jedermann weiß, wie, wenige Tage nach der Scene, die Versammlung selbst die Richtigkeit von Wolff's Aeußerungen anerkannte, indem sie sich vor ihrem eignen Reichsverweser und
,, Wolff: Gut, ich protestire; ich habe im Namen des seiner Regierung durch die Flucht nach Stuttgart rettete.