Und Herr Margentheim hatte geschmunzelt, schalkhaft den, welcher so sprach, angeblickt, ihm leise auf die Schulter geklopft, and Böser Schäfer!" hatte er in dem vertraulichen Tone, welchen er dem Grafen gegenüber anschlagen durfte, gesagt.
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Herr Banquier Margentheim," war darauf die Gegenrede des Oberlieutenants gewesen, was glauben Sie von mir, was halten Sie von der Ehre meines Standes, Herr Banquier Margentheim? Wenn ich Ihnen sage was wir sagen, ist gesagt, das ist giltig ein- für allemal!"
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Und Herr Margentheim hatte noch vergnügter geschmunzelt, nur einmal noch hatte er mißtrauisch emporgeblickt. Dann war sein ganzes Antlitz nur ein frohes Lächeln gewesen; er hatte voll Genugthuung über seinen feisten Leib gestrichen, endlich die Hand auf von Feldersberg's Schulter gelegt und diesem ganz im Vertrauen" gesagt, wie er sich eigentlich stets so einen Schwiegersohn, so einen Mann von Welt", so ein Muster jeglicher Galanterie und feiner Bildung gewünscht, wie es Herr von Feldersberg ohne Zweifel war.
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Und als dieser dann in aller Form bei dem Vater um die Hand Gertrud's angehalten, da hatte der alte Margentheim Pardon! der Herr Banquier Reinhold Margentheim! energisch eingeschlagen: Welchem Besseren könnte ich das Lebensglück meiner Tochter anvertrauen? Mein Ehrenwort: Sie erhalten Gertrud's Hand!"
Der Vater hatte ,, Ja!" gesagt, das war die Hauptsache. Man ist das in den ,, vornehmen Kreisen" der Gesellschaft so ge= wöhnt. Gertrud mußte schließlich einwilligen. Erst wir, dann ihr! Ihr habt nur ein Recht zum Leben, solange und soweit ihr uns leben helft, solange ihr uns das Leben angenehm macht!
Es ist derselbe herzlose Egoismus, dieselbe maßlose Selbstsucht: Wenn wir leben, könnt ihr darben, könnt ihr sterben,- und Kaiser und Könige spielen mit den Menschen, wie die Kinder mit ihren Bleisoldaten.„ Meine Herren, es gehört zur Sache!"
Wie nun heute erst die Stöpsel knallten und der Champagner schäumte und das Lob Gertrud's aus aller Munde erscholl! Aber Gertrud war ja in der That ein sehr schönes Mädchen, das wußte Graf Friedrich von Feldersberg recht gut: ,, ein Prachtmädchen".
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" Friz, du hast einen famosen Fang gemacht!" flüsterten mehrere Bekannte des Grafen diesem in's Ohr.
Und dann hatte man von den glänzenden Soiréen gesprochen, welche einst im Hause des Banquier Reinhold Margentheim stattgefunden; wie dabei der Wein in Strömen geflossen, und wie die pikantesten Delikatessen der Saison stets im Ueberfluß vorhanden gewesen. Und erzählte man weiter welch' präch tige Equipagen Herr Banquier Margentheim immer besessen, und die schönsten Pferde der Kaiserstadt habe er sein eigen ge= nannt; kurz, das Haus Margentheim und Kompagnie habe alle anderen an Glanz und Pracht überstrahlt.
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,, Hoch lebe das Haus Margentheim und Kompagnie!" rief es aus allen Kehlen, und die Gläser flirrten zusammen. Wie das den alten Margentheim Herrn Banquier Reinhold Margentheim entzückt hat! Ich glaube, er hat sich seine weiße Weste an diesem Abend schmutzig gestrichen, so oft glitt seine Hand über den wohlgenährten Leib, und wenn er das Gold von den Ringen seiner rechten Hand nicht abgezogen, weil er fort und fort selbstgefällig an denselben spielte, so mußte es ganz besonders fest das Messing überkleiden. Wenn er aus seinem Schnurrbart, den er an beiden Enden immerwährend kräuselte, nicht die Hälfte der Haare herausgerissen, so mußten sie sehr feste Wurzeln haben, und die Vorderschleife der Halsbinde war sicher nach hinten gerutscht während der stürmischen Umarmungen, mit denen man von Herr Margentheim Abschied nahm.
Als er dann zu Hause angekommen, da hatte er geplaubert von allem Möglichen, aber immer war es derselbe Refrain gewesen, der seine arme Frau nicht schlafen ließ. Ja, es war etwas ganz Besonderes".
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,, Denke dir, Mathilde, Herr Oberlieutenant Graf Friß von Feldersberg, eir Mann von Adel, ein Mann, dessen Besitz
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Millionen beträgt, hat um Gertrud's Hand angehalten! Denke dir, Mathilde, denke dir! Seine Erlaucht, Graf Fritz von Feldersberg! Millionen,
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Millionen!" Und wie dann die Wände schwankten, wie das ganze Zimmer in feligem Taumel um Herrn Margentheim's Haupt wogte, und er selbst mitten drinnen im seligen Taumel, mitten drinnen, als ob er tanze! Und wie hat er erst geträumt in dieser Nacht, Herr Margentheim, der Schwiegervater des Herrn Oberlieutenant Graf Fritz von Feldersberg auf Fürstenau!
Er war wieder auf dem Opernhausball, und seine Tochter strahlte als die Reichste und Schönste von allen; er war beim Banket in seinen Salons und führte die jungen Damen an das Büffet, um sie mit graziösen Bewegungen einzuladen, dies oder jenes zu nehmen. Er zog Tausendthalerscheine aus der Tasche und schloß mit der gleichgiltigsten Miene von der Welt mit seinen Gästen an einem Ecktischchen ein Geschäft ab, und von drüben, aus dem Damastsaal, wo die tanzenden Paare wogten, flang rauschende Musik herüber, die Stöpsel sprangen und die Gläser klirrten, und durch den parfümgetränkten Duft der Säle klang es:„ Hoch lebe das Haus Margentheim und Kompagnie!" Herr Oberlieutenant Graf Fritz von Feldersberg, Gräfin Gertrud von Feldersberg, Herr Banquier Margentheim, Schwiegervater des erlauchten Millionen, Millionen! Auf den Glanz Kompagnie Herr Margentheim schnarchte.
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hoch leben- Margentheim und
Millionen Millionen
Drittes Kapitel.
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Sie waren angekommen, die Eltern des Baumeisters Sollmans. Die schlichten Leute, welche nie weit über ihr einsames Dörfchen hinausgegangen, geriethen schier in Verwunderung durch das wogende Gewühl, den immerwährenden Lärm, das ununterbrochene Geräusch, welches sie in der Kaiserstadt umgab.
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Es war seltsam, wahrzunehmen, wenn die einfache Schweizerin Arm in Arm mit ihrem Gatten- er hatte in der That die ihm von seinem Sohne in Aussicht gestellte Hausmeisterstelle erhalten die belebten Straßen entlang wandelte und, an einem Uebergang angekommen, ihren Mann vor den vorübereilenden Pferde- Eisenbahnwagen, Omnibussen, Equipagen und Wagen aller Art zurückzuhalten suchte, und immer wartete und wartete, bis endlich einmal der Weg leer werden würde, ach, er wurde nie leer, und die gute Frau mußte sich entschließen, voll Todesangst, sorglich nach allen Seiten spähend und den Gatten hastig mit sich ziehend, durch das Drängen und Rennen über die Straßen zu eilen.
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Und ihr hättet sie sehen sollen, wenn sie an einer Affichensäule mit all' den bunten Zetteln Vergnügungs- und anderen Anzeigen stand und den Kopf schüttelte, sich mühend, die vielen fremden Namen herauszustudiren: Colosseum, Villa nova, Orpheum, Villa Colonna, Théatre Variété, und wie sie alle heißen.
In den urwüchsigsten Worten ihres fernigen Heimathdialektes machte sie dann ihrer Verwunderung Luft, und wenn sie die Personenverzeichnisse der zahlreichen Theater las, von den königlichen Bühnen an bis zu den Schauspielhäusern der Vorstädte herab, so sagte sie stets kopfschüttelnd:
,, Aber es ist doch großartig, wie viele Komödienspieler es in Berlin gibt!"
Einst führte Johannes, der mit den Eltern auch zuweilen, besonders des Sonntags, die Theater oder Concerte besuchte, seine Mutter ahnungslos in eins der besuchtesten Lokale, wo das florirte, was man ,, Tingel- Tangel" zu nennen gewöhnt worden ist. Johannes war schon zu sehr ein Bürger der Weltstadt ge= worden, als daß er an dergleichen Aufführungen noch Anstoß genommen hätte; zudem war ihm der Ort, wohin sie heute gegangen, als einer der nobelsten seiner Art bekannt.
Aber, du lieber Gott ! Als die gute Frau das frivole Gebahren der leicht und unzüchtig gekleideten Sängerinnen sah und