und die Trommel ruft zum Sammeln, zum Todesgang, denn fein Sieg fann ihnen aus diesem Kampfe erblühen. Sie sind mit Säbeln und Gewehren bewaffnet, die man den Soldaten abgenommen. Der Doktor ist heiter, Berner nachdenklich, in Egler's Augen leuchtet der alte Troß. Vor den Feinden war er in Waldau gewesen, sein Haus hatte er verödet gefunden, sein Weib ist seiner Martha gefolgt. Ein dumpfer Schmerz hatte ihn gepackt, jetzt aber ist er wieder ruhiger. Auf Erden hat er nichts mehr zu suchen; er will sterben, aber nicht unfruchtbar, nicht allein sterben.

Jetzt werden Sie sehen, lieber Berner, wie man die Liebe übt," sagte der Doktor. Danken den Göttern, wenn wir nicht lebend in die Hände unserer Feinde fallen."

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Berner nidte mit dem Kopfe, dann erwiderte er lächelnd: ,, Scheltet den Unverbesserlichen, aber Haß lasse ich nur gelten, so lange wir unterdrückt sind. Als Sieger wollen wir Menschen sein, und nicht die Kinder für die Sünden der Väter büßen lassen."

,, Wenn wir nicht wollen, daß unsere Kinder für unsere Sünden büßen sollen," rief Egler, dann müssen wir hassen, so lange noch einer von diesen Schuften am Leben ist!"

Die Kanonen donnerten, die Feinde setzten sich in Bewegung. ,, Ich schlage vor, vermittelte der Doktor, die Entscheidung über diese Streitfrage einem andern Geschlechte zu überlassen. Wir haben keine Zeit dazu. Und nun, Abschied genommmen, Und nun, Abschied genommmen, Freunde! Wer den Henkern entrinnt, der trage das Evangelium des Hasses unter die Völker und belehre und bekehre die Un­gläubigen und Heiden!"

Sie schüttelten einander bewegt die Hände. ,, Und wenn Keiner von uns übrig bleibt," sagte Berner, ,, dann mag unser Blut dazu beitragen, die Saat der Zukunft frischer und schneller grünen und blühen zu lassen."

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,, Das sei das Schlußgebet der Geist der Menschheit wird es erhören!" rief der Doktor.

Der Kampf war entbrannt, auf und nieder wogte er und lange blieb er unentschieden. Mit Heldenmuth vertheidigten die Armen ihre junge Freiheit, ihr Leben; den ersten Ansturm schlugen fie fiegreich zurüd, aber immer neue Bataillone rückten heran, bis das Häuflein der Helden von der furchtbaren Uebermacht

erdrückt war.

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Die Stille des Friedhofes ist den erregten Tagen gefolgt, in ihr Hungerjoch sind die Armen von neuem geschmiedet, und mit unerbittlicher Strenge waltet die Gerechtigkeit der Genießen­den. Festung, Zuchthaus, Peitschenhiebe ahnden den Friedens­bruch der Hungernden, ihren Verzweiflungsschrei nach Brot. Ein reiches Arbeitsfeld fand der Polizei- Agent Hieber; eine inter­nationale Verschwörung wollte er aus der natürlichen Regung der Armen machen; überall spionirte er, Briefe fing der Hallunke auf, und jedes deutungsfähige Wort darin wurde zur hochverrätherischen Gesinnung. Die Post war ihm ganz er­geben, wie alle Polizei- und richterlichen Behörden des Landes. Die internationale Verschwörung aber wollte trotz aller Anstren­gungen nicht herauskommen. Wohl ging damals ein revolu­tionärer Zug durch Europa  , und kaum einen Industrieort in Deutschland   gab es, wo nicht die Zündstoffe, die Ausbeutung und Unterdrückung gehäuft, explodirt wären. Aber die Zuckungen des Hungers waren zusammenhanglos, und grade, weil der Be­wegung die Organisation fehlte, wurden die einzelnen Regungen von den Gewalthabern blutig unterdrückt.

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Goldene und eiserne Ketten harrten der Ueberlebenden. Sollen wir die Orden und Ehrenzeichen aufzählen, die es auf die ge­Es wurde treuen Diener des Staates in jenen Tagen regnete? Keiner übergangen und selbst Heilmann erhielt einen Orden. Am vorzüglichsten wurde Konsistorialrath Lehnert ausgezeichnet, der so unerschrocken für Staat und Christenthum eingetreten war. Die Falkenburg und Silberberg's Fabriken wurden auf Staats­kosten wieder aufgebaut, und Graf Hugo's Schulden bezahlte der bankbare Monarch. So glättete sich Alles wieder, und neues Leben blühte aus den Ruinen. Auch dem unermüdlichen Polizei­Agenten, der hier seine Sporen verdiente, erschloß sich eine reiche Zukunft, er wurde die Vorsehung der Dynastie, und als im Lande große Staatsmänner an's Ruder kamen, die für ihre politischen Zwecke so elender Kreaturen bedurften, wie der würdige Polizei­Agent einer war, wurde er Chef aller Polizei.

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Und unsere Freunde? Nur Egler hatte das Glück gehabt, im Kampfe zu fallen, Doktor Wieser und Berner aber beschlossen ihr Leben im Zuchthause; Jörg allein war ent­fommen.

Die Gerechtigkeit der Genießenden hatte einen glänzenden Triumph gefeiert, trauernd aber verhüllte der Menschheitsgeist sein Haupt.­

III. ( Schluß.)

Pfingsten im Harz.

Wandererinnerungen von Robert Schweichel  .

Dieselbe Sage wird auch von dem Mägdesprung   im Selke­thal erzählt. Dort ist der Verfolger ein Jäger, Namens Helwig, wohl aus Helweg  ( Weg zur Hel, der Göttin der Unterwelt) ver­dorben, und statt des Roßhufes zeigt der Stein den Abdruck eines riesigen Fußes.

Der wilde Jäger, der noch heute mit großem Getöse im Harz   jagt, und zwar nicht nur Wild, sondern auch schöne Frauen, ist längst, als Wodan erkannt worden. Das Wüthen ist schon in seinem Namen( Wodan, Wuotan  ) angezeigt, und bereits an einer früheren Stelle haben wir erzählt, daß seiner Vermählung mit der Frühlingsgöttin Freya   ein stürmisches Werben voraus­ging. Es lag nun nahe, dieses Werben in die Verfolgung schöner Frauen zu verwandeln. Wenn sich in der Sage des Mägde­sprungs die Gestalt Wodan'  s als wilder Jäger deutlicher erhalten, so tritt in der Sage des Bodethals in Brunhildens Walküren­namen die schöne Götterbraut erkenntlicher hervor. Da wir dieser letteren auf unserer diesmaligen Harzwanderung wohl nicht mehr begegnen werden, so mag gleich hinzugefügt werden, daß nicht nur unser deutsches Zeitwort freien, sondern auch das Wort

Nr. 46, 1876.

Frau von dem Namen der Göttin Freya   abgeleitet ist. Unsere Frauen tragen also einen Titel, der aus dem Himmel stammt.

Dem Wodan   wurden Pferde geopfert. Mit diesen Opfern in Beziehung steht es, warum man dem Teufel einen Pferdefuß zuschreibt, während die Bocksgestalt des Teufels nicht auf Wodan  , sondern auf den Donnergott Thor   deutet. Thor   fuhr in einem Wagen, vor den zwei Ziegen gespannt waren. Ob die Hufspur der Roßtrappe von heidnischen Priestern eingemeißelt wurde, um die Klippe als eine Wodan geheiligte Stätte, einen Opferaltar zu bezeichnen, oder ob sie aus einer späteren Zeit stammt, etwa von Bergleuten, wird wohl nie ausgemacht werden. Bemerkens­werth ist indessen der Aberglaube, daß bei Herenmahlzeiten aus Noßhufen getrunken wird. Vielleicht liegt noch eine Aufklärung über die Noßtrappe in der Dreskanzel verborgen, dem von einem Gitter eingeschlossenen äußersten Vorsprung der Klippe. Das Wort kehrt wieder in Treseklippe und Treseburg  . Was heißt Dres, oder Trese? Die Bedeutung dieses Wortes ist noch nicht erklärt. Vielleicht ist es aus Thurs( Niese) verdorben.

Es wird übrigens nicht mehr allzulange dauern, so sind die Spuren von Brunhildens Roß verschwunden. Die tausend und aber tausend Menschenfüße, welche in jedem Jahre darüberhin