können. Thomas, bringen Sie Thon herauf. Hier, vor unseren Augen werden Sie zeigen, mein Kind, ob Sie im Stande sind, ein Figürchen zu modelliren, das diesem an Naturwahrheit ähnlich ist. Ich bin wirklich neugierig, setzte er, sich die Hände reibend, hinzu.
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,,, Wir auch, wir auch! Das wird sehr interessant!' riefen Alle. ,, Ich glühte vor Verlangen, meine Kunst zu zeigen; nie in meinem Leben hatte ich mich so zuversichtlich gefühlt. Der Thon ward gebracht, und ich begann sogleich. Rund um mich herum blitzten neugierige Augen; ich ließ mich nicht irre machen, und in einer halben Stunde hatte ich den Herrn von Menzel selbst, wie er behaglich lächelnd vor mir stand, auf mein Brettchen hingestellt.
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,, Ach, ihr könnt euch gar nicht denken, wie das alles erstaunt war, wie diese Leute, die mich vorher so unverschämt fanden, nun mich priesen und lobten, wie sie alle der jungen Künstlerin ja, sie nannten mich so die Hand drücken wollten.
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,, Es war mir bald zu viel. Herr Menzel mochte es bemerken; er nahm mich bei der Hand: Ich bitte, mein Fräulein, auf ein Wort, sagte er und führte mich in das anstoßende Zimmer.
,, Er nahm dort aus einem Kästchen diese Goldstücke und übergab sie mir. Ich hoffe, Sie überlassen mir für diesen Preis die Gruppe, die Sie vorhin so energisch als Ihr Eigenthum reklamirten, und was Sie fünftig in diesem Genre arbeiten, das
bringen Sie mir, ich bitte darum, mein Fräulein, ich werde es gut bezahlen. Er sprach darauf noch mehreres Andere; sehr freundlich, sehr gut sprach er mit mir, und wollte mich dann wieder in das Zimmer zurückführen.
,, Ich dankte ihm, mich drängte es nach Hause, ich lief hierher, so schnell ich konnte; ich wollte dem Vater mein großes Glück erzählen, ich wußte nicht, daß ein viel größeres mich hier erwarte."
Sie schlang ihre Arme um den Hals des jungen Mannes, der sie mit dem leidenschaftlichsten Entzücken an sich preßte. Nun konnte sie nichts mehr trennen, sie war sein.
,, Du wirst eine große Künstlerin werden," sagte Dent nach einer Weile, sein Mädchen mit einem stolzen Lächeln betrachtend. Ich werde alles thun, um dir noch die gehörige Ausbildung zu verschaffen; vielleicht schicke ich dich sogar in die Schule."
,, Wenn du dich nicht schämst, ein Schulmädchen zur Frau zu haben, meinetwegen," lachte Mieß. Herr Menzel hat auch gesagt, ich soll in die Schule, aber nach einem Jahre soll ich nach Rom gehen."
,, Wer weiß, was geschieht," meinte Dent, ebenfalls lachend. Der Vater war, nachdem er das Geld in ein Beutelchen ge= than und es unter sein Kopfpolster gesteckt, wieder eingeschlafen. Draußen stürmte und schneite es.
Die Beiden merkten es nicht, in ihrem Herzen war's Frühling geworden.
Plaudereien über das deutsche Theater und was dahin gehört.
III.*)
Wilhelm fuhr bei unsrer nächsten Zusammenkunft in seiner Philippika also fort:
sehen. Hinter einer Zauberhede liegt Apollo verstedt wie ein minnigliches Dornröschen und wartet geduldig auf den Tag, an welchem das gefnechtete und irregeleitete Volk wie ein Mann, wie ein ächter königlicher Prinz von Gottes Gnaden, die Ketten abschütteln wird. Und dieser Bring wird bie Zauberburg ersteigen, friedlich, ohne Kampf und ohne Bajonette, weil er aufrichtig fühlt und denkt.
Bis dahin aber vegetiren die im Fleische wandelnden Jünger Apollo's in wehmüthiger Erinnerung und freudiger Hoffnung dahin, während eine andere kleine Schaar thatkräftiger Männer mit Wort und That den Weg des Heils ebnet. Von ihnen erwartet auch der deutsche Apollo Erlösung aus der Gefangenschaft.
,, Das Jahr 1871! Wie jubeln die guten Philister, wenn sie an dieses Jahr des Heils zurückdenken, den Beginn der unsterblichen Aera des neuen deutschen Reichs der Bajonette und der Freiheit, der faulen Aktien und patriotischen Begeisterung für deutsche Wissenschaft, deutsche Prügel und deutsche Kunst. Ja, man kann wiederum sehen, daß die Deutschen ein Volk von Idealisten sind, die sich lieber für dasjenige, was nicht da ist oder karrikirt umherläuft, begeistern, als für etwas wirklich Bestehendes. Abergläubische glauben an Gespenster , aber niemals an einen Gott, den großen allmächtigen Gott, vor dessen Sonnenschein alle Dunkelmänner verschwinden ,, Unterdessen erschallt das laute Tohuwabohu der deutschen müssen, und in der wahren ewigen Kunst redet ein Gott, der keine Krämer, Junker, Kapitalisten und Soldaten. Auch sie haben Bajonette nöthig hat, um sich auf die Beine zu helfen, und ich ihren Parnaß, auf welchem ihre Dichter sitzen wie schreiende wette, es ist ihm sogar ganz gleich giltig, ob unser gutes Vater- Papageien in einem zoologischen Garten. Wo liegt dieser Parland ein einiges großes polizeilich fontrolirtes Militärreich ist naß? Ich glaube zu Leipzig im Schüßengarten, und wenn man oder eine Kollektion zerrissener kleiner Tyrannenländchen. Aber eine neue deutsche Reichsmark bezahlt, kann man ihn an jedem schönen das wollen die gelehrten Herrn Politiker, besonders die in Berlin Sommerabend mit rothen Laternen erleuchtet sehen. Bisweilen - der kleine sächsische Junker Treitschke, welcher so große Worte sieht man Herrn Hofrath Rudolf Gottschall, Ritter hoher Orden, in den Mund nimmt, an der Spiße nicht mehr haben. nicht mehr haben. Sie dort oben in schöner Beleuchtung stehen, und neunundneunzig unter behaupten, die Politik des Herrn Bismarck sei die beste Amme hundert ehrlichen Leuten schwören darauf, daß er der leibhaftige der Deutschen und eine äußerst gesunde derbbrüstige Amme, die ewige Apoll sei. Fehlgeschossen, meine Lieben, er ist ein armes man direkt von den gesunden Krautfeldern Preußens hergenommen sterbliches Wesen und überlebt höchstens seine alten Gedichte, er habe; sie behaupten, Graf Moltke sei der beste Hauslehrer; unter hat Geistesverwandtschaft mit dem nachgemachten Berge Parnaß, seiner Leitung müßten deutsche Wissenschaft und Kunst die der bekanntlich nur Blech ist. Mögen die Leipziger noch so laut leiblichen Geschwister geistig und körperlich stramm auswachsen. und selbstbewundernd ausrufen beim Anblick ihrer blechernen GeUnd sie thäten's jetzt schon. Hosianna! rufen die guten Bourgeois. birgslandschaft: ,, Ganz wie die Natur!" Ganz wie die Natur- Ich fann's nicht glauben! Spicherer Höhen können die Blech bleibt Blech, Gottschall bleibt Gottschall, und Natur und Deutschen stürmen unter dem Kommando rüder Unteroffiziere, aber Kunst lassen sich nicht kommandiren, wie preußische Soldaten, nicht den Parnaß. Noch hat der alte Befehlshaber dieses Berges, Sie werden sich euch freiwillig hingeben, wenn ihr ein freies - eher nicht. der alte Gott Apollo, so viel Ehre im Leibe, daß er lieber mit Volk seid seiner getreuen Garde stirbt, als mit königlich preußischen Unteroffizieren und Partnern à la Felix Dahn und Oskar von Redwitz kapitulirt. Er wird aber nicht sterben, denn erstlich ist er ein unsterblicher Gott und zweitens hat er die Gabe, sich und den ganzen Krieg mit einem zauberischen Dunkel zu umgeben, in welchem die blöden Augen der militärischen Gardejunker nichts *) Siehe Nr. 36 der Neuen Welt".
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,, Ich meine nicht, daß das deutsche Volk niemals mit wahrem Gefühl und Verständniß aus dem Born der Poesie getrunken hätte. Es gab eine Zeit, die den älteren Leuten noch sehr gut erinnerlich ist( die gute alte Zeit!), wo es eine große Sünde der Unterthanen war, über den politischen und moralischen Werth ihrer Landesväter nachzudenken; es gab eine Zeit, wo man die Freiheit auf Erden auch dem Namen nach nicht kannte, und deshalb