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der Regierung zu allem Guten und Schönen erzogen werden müsse. Jahrhunderte, Jahrtausende hindurch dauert nun schon diese Erziehung: wann wird nach der Meinung der Landesfürsten und deren Komparsen denn endlich das Volk souverain und mündig werden? Die von oben auf uns drückende Moralerziehung hat den beschränkten Unterthanenverstand gezeugt und gezeitigt, die herrlichen sittlichen Vorbilder der Fürsten im achtzehnten Jahr hundert haben Sittenlosigkeit im Volte erweckt, der Kunstgeschmack eines Ludwig des Vierzehnten hat den Geschmack des Volkes an der Rococounnatur hervorgerufen, und was das Allerschlimmste ist, jener Erziehungsgrundsatz hat den Einfluß der Kirche und der Priester, welche sich den Regierungen unentbehrlich zu machen wußten, zu einem riesengroßen gemacht, so daß jetzt die preußische Regierung, wenn es überhaupt ihr ernster Wille ist, die selbstgeschaffenen Geister nicht mehr bannen kann.
,, Erziehung des Volkes! Man könnte über dieses Thema hundert Bände schreiben und darin beweisen mit unzähligen geschichtlichen Daten, daß die von oben eingeimpfte Moral mehr
An die Sozialdemokratie!
Wißt ihr es noch-
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es war in jenen Tagen, Da ihr die Bruderschlachten habt geschlagen Auf Böhmens Feldern und auf Rastatts Auen Es faßt das Herz ein namenloses Grauen, Wie schwer wir schmachten in der Knechtschaft Banden Da ist der neue Heiland uns erstanden.
Zwar nicht mit Pfaffen und mit Kreuzesträgern, Auch nicht durch Burschen mit den blanken Schlägern, Und nicht im Kampfe auf den Barrikaden,
Das würd' uns selbst und ihm am meisten schaden; Wir wollen Menschen sein, so tönt's in allen Landen, Es ist der neue Heiland auferstanden.
Und was durch Fleiß die Völker sich erwarben, Und wer erschafft, soll nicht im Hunger darben, Die Wissenschaft soll Allen frei gehören, Kein freier Mann Despoten Treue schwören; Da sich als Brüder wieder Menschen fanden, Da ist der neue Heiland uns erstanden.
Der Tag des Weltgerichts, er ist erschienen, Wo die Vergeltung naht mit ernsten Mienen; Nicht wird sein Kreuz nach Golgatha er tragen, Nicht wird er mehr zur Eühne dran geschlagen, Und inbelnd tönt's: Gesprengt die Sklavenbanden! Denn siegend ist der Heiland uns erstanden!
Sp.
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Friedrich Heinrich Alexander von Humboldt ( siehe das Bild Seite 468), ein äußerst begabter und thätiger Forscher auf allen Gebieten der Naturwissenschaften, ward geboren am 14. September 1769 zu Berlin . Nach dem üblichen Besuch der Schulen und Universität war er in den Jahren 1792-1797 Ober- Bergmeister in den fränkischen Fürstenthümern und ward dadurch gleich praktisch auf ein Feld gelenkt, auf welchem eine Menge seiner kleineren und größeren Abhandlungen so fruchtbar und fördernd wirkten. Noch bedeutend erweitert wurde sein Gesichtskreis durch große Reisen nach Südamerika und Cuba ( 1799 bis 1804) und nach Asien ( 1829), auf denen er mannichfaltige Beobachtungen und Entdeckungen von der höchsten Wichtigkeit machte. Mit allen Heroen seiner Wissenschaft sowohl, wie mit den meisten auf anderen Gebieten berühmten Männern stand er in persönlichen oder doch brieflichen Beziehungen, und dieser zum Theil schriftliche Meinungsaustausch, besonders der Briefwechsel mit Schiller, zeigt uns den edeln Menschen, den tiefen Denker und den scharfsinnigen Gelehrten. Alle diese Eigenschaften nehmen wir wahr in seinen lateinisch, französisch und deutsch geschriebenen Abhandlungen, sowie in den größeren Werken, die in ihrer sprachlich vollendeten Form ein hochzuschäßender Besiz auch unserer Literatur sind. Am vollendetsten tritt uns die innige Vermählung von wissenschaftlicher Bedeutung und Schönheit der Sprache, die nicht selten einen erhabenen dichterischen Schwung nimmt, entgegen in seinen beiden mit Recht am meisten gelesenen, weil auch populärsten Werken, dem„ Kosmos", einem„ Entwurf einer physischen Weltbeschrei bung", und den Ansichten der Natur". Ueber seine staatsmännischen Beziehungen, die ihm natürlich inmitten der Hauptpersönlichkeiten seiner Beit, bei seines Bruders langjähriger hoher Stellung im preußischen Staatsdienste nicht fehlen konnten, läßt sich wenig sagen. Sind ja doch über die politischen Hauptcharaktere jener Zeit die Aften durchaus noch
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Unheil im Volt als Heil gestiftet hat, weil eben jener moralische Geist nicht das natürliche Sittlichkeitsgefühl, welches jeder unverdorbene Mensch in seinem Gewissen beherbergt, ist, sondern der Herren eigener Geist, ein Absud aus Fürstenhochmuth, Souverainetätsschwindel, Gottesgnadenthum, Junterbornirtheit und Pfaffenscholaſtizismus. Wer uns jenen habgierigen, unbarmherzigen, egoistischen Mittelstand, gegen den jetzt alle edleren Geister und der gesammte unterdrückte Proletarier stand ankämpfen, geschaffen hat, wer ihn sich neuerdings erzogen hat zum Schutz und Schild der eigenen Macht, das ist wohl nicht schwer zu errathen. Und wenn jetzt von Regierungswegen Gedankenfreiheit und Humanität auf die Fahne geschrieben werden, so weiß man, was man davon zu halten hat. Alle jene Lehrer des Volks, sie stehen unter dem Banne der von der Regierung hochgeschätzten Ansichten und Moralgrundsäße; von einer Geltendmachung des latenten natürlichen Sittlichkeitsgefühls im Volte ist nirgends. die Rede. Und doch hat das Volk auf diese Nußbarmachung gewiß die unveräußerlichsten Rechtsansprüche."( Schluß folgt.)
nicht geschlossen, namentlich da jedenfalls viele wichtige Dokumente ihren Weg in die trüben Abgründe der königlichen Archive gefunden haben.
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wt.
Krieger eines aussterbenden Indianerstammes. Vermöge der , civilisirenden", bildenden und veredelnden Thätigkeit der Europäer finden sich von dem Indianerstamm der Delawaren, deren Repräsentanten unser Bild( Seite 469) uns vor Augen führt, derzeit nur noch gegen 800 Exemplare in Amerika . Im Jahre 1832 sagte ein Häuptling zu den Seinen: Brüder! Unser großer Vater spricht, er liebe seine rothen Kinder. Als er zuerst über das große Wasser kam, war er nur ein kleiner Mann. Er bat um etwas Land, er wollte seine rothen Brüder glücklich machen. Als sich der weiße Mann an dem Feuer der Indianer erwärmt hatte, ward er sehr groß: er ward unser großer Vater. Er liebte aber seine rothen Kinder und sagte: Gehet etwas weiter oder ich trete euch! Da er aber fand, daß sie sich zu langsam bewegten, schickte er seine großen Kanonen vor sich her, um seinen Weg frei zu machen. Brüder! Ich habe unsern großen Vater oft sprechen hören; er endigte aber immer mit den Worten:, Gehet etwas weiter, ihr seid mir zu nahe!" In diesen Worten, die übrigens auch der geborene Franzose und klassische deutsche Dichter Chamisso zu einem prächtigen Gedichte gestaltet hat, finden wir die Erklärung für die Thatsache, daß die Zahl der Eingebornen neuentdeckter Länder von Millionen auf Hunderte reduzirt worden sind. Mit Gewalt, Verrath, Blutbädern, Quellenvergiftungen, kurz, durch jede Art des Bruches des primärsten Völkerrechts hat man diese civilisatorische" Thätigkeit nach allen Seiten hin entfaltet. Den Missionsstationen schloß sich balb die unternehmende Kaufmannschaft an, welche sich besonders für ihr Feuerwasser" ein neues Absaßgebiet schaffte und durch diese und andere Segnungen der Kultur" den sittlichen und materiellen Untergang der Eingebornen herbeiführte. Auch das Wort divide et impera, b. h. entzweie und herrsche, wie es das treulose Rom von den ersten Zeiten seiner Entwicklung an bis zu seiner Weltmachtsstellung so gründlich befolgte, brachten die Kulturkämpfer" trefflich in Anwendung. Man trieb Opportunitätspolitik" in krassester Form: man schloß hinter dem Rücken eines Indianerstammes Bündnisse mit einem andern, den man auf den alten Bundesgenossen hezte, zu dessen Vernichtung. zur Bekämpfung ihrer Stammesgenossen aufgebotene Delawaren, in zum Theil europäischen Ausrüstung, führt uns unser Bild vor. weiß, unter welchen Vorspiegelungen die Föderation diese Armen zur Hülfsleistung bei Vernichtung ihrer Stammesverwandten gewonnen hat. Daß grade die Delawaren sehr gut zu brauchen sind, begreift man sehr leicht, wenn man weiß, wie sie ausgestattet sind mit außerordentlicher Schärfe der Sinne, mit unglaublich treuem Gedächtniß für Dertlichfeiten, selbst wenn sie dieselben uur einmal gesehen haben. Dazu kommt noch, daß sie ganz besonders weite Wanderungen unternehmen, von den Grenzen der„ Civilisation" bis fern nach Westen zum Stillen Dzean. Mit Entrüstung denkt der Menschenfreund an den unvermeidlichen Untergang solcher" Barbarenvölker", von deren zuweilen hoch entwickelter Kultur man eine Ahnung erhält aus mancherlei Berichten von Zeugen der Entschlossenheit, der Gastfreundschaft und des Edelmuthes, die unter ihnen gar häufig wahrgenommen worden sind, einer Kultur, die man hochachten muß, wenn man ihre Zeugnisse sieht in den Ueberresten z. B. aus der Infaherrschaft in Mexiko . Wie lange wird es dauern, bis die ganze Menschheit bricht mit jener oben ge nannten römischen Staatsmaxime und mit Worten und Thaten beipflichtet dem Worte Goethe's :
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,, Entzwei' und gebiete! Tüchtig Wort! Berein' und leite! Bess'rer Hort!"
wt.
Solche
Wer