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der das seltne Glück hat, von dir protegirt zu werden, wir können ja aber nachher Bapa anbohren wenn von seinem Engländer die Rede ist, kommt er ordentlich in Feuer und wird sofort mittheilsam."
Da mischte sich zum ersten male Modesta in's Gespräch und sagte:
" Ich bin zufällig auch im Stande, einen kleinen Beitrag zur Charakteristik des Herrn Hammer zu liefern, da Leontine ein frisches Interesse für ihn an den Tag legt. Er hat ein gutes Herz, er ist wohlthätig und er ist es, was mehr sagen will, in aller Stille. Ich war dieser Tage einmal bei der Frau Berthold, die ja viele Jahre bei uns gedient hat, weil ich hörte, daß sie frank sei. Die Leute haben viele Kinder und einen alten ganz hinfälligen Vater zu ernähren, und da der Mann sich kürzlich in der Fabrik die Hand erheblich gequetscht und statt des Wochen lohnes nur das knappe Strankengeld bezieht, so waren sie recht kümmerlich daran. Während ich mir das von Frau Berthold erzählen ließ, kam der eine Bube, ein hübscher, sonnenverbrannter Flachskopf mit großen, offenen, graublauen Augen, ganz echauffirt angetrabt und rief in's Zimmer: Mutter, Mutter ich habe ein Stück goldenes Geld." Und vorsichtig öffnete er über dem Bett der Mutter die kleine, braune, krampshaft geschlossene Faust und ein Zehnmarkstück fiel auf die Zudecke. Der Kleine war in der Fabrik gewesen, um sich bei dem alten gutmüthigen Portier zu erkundigen, ob er nicht einmal wieder einen Arm voll Holz bekommen könne; der Herr, der bei der Feuerwehr den rothen Busch auf dem Helm trägt," war dazu gekommen, hatte ihn
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freundlich gefragt, wer er sei und dann mit dem Portier gesprochen. Als er nachher schon wieder nahe an der Stadt war, war ihm der Herr entgegen gekommen, hatte ihm das Geld ge= geben und ihm gesagt, er solle es ja nicht verlieren und seinen Eltern einfach sagen, ein fremder Herr hätte es ihm geschenkt. Darauf hat der Kleine dreist erwidert:„ D, ich kenne Sie Sie haben Sonntags einen blanken Helm mit einem feuerrothen Busch auf!" Der Herr hatte gelacht und war davon gegangen." Fräulein Emmy war ein wenig gerührt und sehr erstaunt über die lange„ Rede" sie fragte neugierig:" Du kennst ihn lange, Rede" also nur par renommée?"
Martha lächelte, aber es war, als werde ihre sonstige ruhige Sicherheit durch einen Hauch von unerklärlicher Befangenheit getrübt, als sie erwiderte:" Nein, ich habe sogar schon mit ihm gesprochen und kann versichern, daß er durch Takt und GewandSie machte eine kleine heit jedem Salon Ehre machen würde." Pause, als zaudre sie, ob sie weiter erzählen müsse, ja, als bereue sie sogar, so viel gesagt zu haben, aber während Emmy in gespanntester Neugier rief:„ Aber weiter, weiter!" und Frau v. Larisch sich ganz unmerklich und flüchtig auf die Unterlippe biß, wie man es wohl thut, wenn man etwas recht unerwartetes und nicht blos Willkommenes erfährt, kam der Bedrängten der galonnirte Diener zu Hilfe, dessen Phantasieuniform alle Welt sehr abenteuerlich fand, nur der Herr Kommerzienrath nicht, und meldete gravitätisch:" Der Herr Kommerzienrath erwarten die Damen zum Thee." ( Fortsetzung folgt.)
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Ein Besuch in Miramar.
Von einem Naturforscher. ( Bild S. 160.)
Während wir im Pero d'oro in Triest das Mittagessen zu uns nehmen, kommt mein Freund H., ein junger, vielversprechender Gelehrter, um uns bei der köstlichen Septemberwitterung zu einer improvisirten Fahrt nach Miramar einzuladen. Wir zwei anderen beides Naturforscher kannten das Zauberschloß nur aus der Ferne, sah ich es doch während des mehrwöchigen Aufenthalts von meiner Villa" aus jeden Morgen, wenn ich an's Fenster eilte, um meinen Blick über das leicht vom Morgenwind bewegte Meer hinweg und gegen Norden an die felsigen Abhänge des schauerlichen Karstgebirges gleiten zu lassen. Dort steht das Schloß am Meer, leuchtend wie ein Märchen, räthselhaft wie das Verhängniß. Wir wollten es in der Nähe kennen lernen und nahmen also die Einladung unseres Freundes an.
In früher Nachmittagsstunde trafen wir uns alle Freund H. tam mit seiner Gemahlin in der Via del Torrente und mietheten einen Wagen, der uns alsbald dem Weichbild der Handelsstadt entführte. Außerhalb des Bahnhofes biegt die Straße nach links ab und zieht sich von da an bis Miramar dicht am Meeresufer hin. Was ist herrlicher, als eine Fahrt längs der adriatischen Küste, dort, wo sich nach rechts die unwirthbaren Felseinöden des Karst erheben, während links, hart am Wege, die rhythmischen Wellen des Meeres ihre Gedichte flüstern!
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Das Ufer ist steil; dicht neben uns ragen die sonderbar geschichteten Steinmauern empor. Nur an wenigen, von Erde bedeckten Stellen und Vorsprüngen finden sich da und dort noch fräftige Pflanzen, unter denen namentlich die malerisch schlanken Riesenhalme von Arundo Donar( fälschlich auch spanisches Rohr" genannt), einem unserem Schilfrohr ähnlichen Gras, das hier wild wächst, ganz auffallend von der Umgebung absticht. Die mageren Rasenplätze sind verdorrt, die kleineren Sträucher zumeist Schmetterlingsblüther welk und herbstlich gelb. Nur die Robiniensträucher haben die tropisch- afrikanische Hiße der letzten paar Wochen unbeschadet ausgehalten und sind lebhaft grün geblieben. Alle übrige Vegetation verräth den zerstörenden Einfluß der Glühhiße des August.
Aber auf der linken Seite der Straße grüßt das weite, schim mernde und ewig bewegte Meer, das gegen Süden nur durch den Himmel begrenzt wird, während im Osten und Südosten die istrischen und dalmatiner Höhenzüge ihre fahlen Häupter und
( Nachdruck verboten.)
Rücken erheben, indeß im Westen langsam die Lagunen von Grado und die sumpfigen Striche von Aquileja hervortreten. Wir haben Miramar immerwährend vor uns; aber näher und näher rückt es heran, und ehe wir's uns recht versehen, stehen wir vor dem Eingangsthor zum Park. Vor faum zwei Jahrzehnten war hier noch Wüste; jetzt ist sie zum Paradies geworden, ein irdisches Baradies aber für den Schöpfer desselben ein verlorenes Paradies.
Schon gleich am Thor grüßt uns eine räthselhafte Sphing in Gestalt eines malerisch lumpigen Bettlers: die Grazie in Lumpen gehüllt; arm, alt, gebückt, gesenkten Hauptes, auf eine Krücke gestützt ein depossedirter Fürst? Wir wissen's nicht und frügen nicht; aber es berührt sonderbar, am Eingang eines irdischen Paradieses das Symbol der Misère, die Kehrseite unserer sozialen Ordnung, einen in Lumpen gehüllten Bettler zu von amtlicher Seite zu sehen, der soviel wir erfahren seinem Berufe legitimirt und sogar im Stande ist, bei ausbleibendem Fremdenbesuch in Miramar selbst Reklamationen zu machen, daß sein Geschäft nicht genug rentire, um leben zu können. und der Bettler am Die Umgebung ist so malerisch
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Barkthor eine so frappante Staffage. Unten schlagen die Wellen an die Grundmauern des Schlosses, Felstauben zanken sich auf der Terrassenmauer. Wir treten ein.
Rechts und links grüßen uns die immergrünen Büsche von Pittosporum Tobira, von Arbutus Unedo( dem Erdbeerbaum), die Laubkronen von Lorbeerbäumen, Oliven, immergrünen Eichen und dunkeln Cypressen, Kinder des üppigen Südens und des kalten Nordens sie stehen schweigsam mit ihren glänzenden Blättern; wir achten ihrer noch nicht mit dem Interesse, das sie. verdienen; denn auf schußweite Entfernung steht vor uns das Schloß, unbewohnt, verlassen Schloß, unbewohnt, verlassen nur von einigen Beamten und Dienern bewacht. Schattengänge und Guirlanden mastiren den Eingang. Das Mauerwerk des Erdgeschosses ist von schwarzgrünem Epheu ganz bedeckt und macht den Eindruck, als hätte die Natur ungefünstelt das schwarze Leichentuch gespannt, um dem Nahenden zu sagen, daß die Trauer, die Melancholie, die Verzweiflung in diesem Schlosse eingezogen.
Wer hat denn diesen Wunderbau hergezaubert? Wer aus der Du weißt es: Maximilian, Einöde ein Eden geschaffen?- ein Erzherzog von Oesterreich und nachmaliger Kaiser von Merifo,