auf den Lippen, und ihr Tod verschaffte dem Babismus immer neue Anhänger. Sollen doch selbst in Teheran nahe an fünftausend Menschen, darunter Beamte höchsten Ranges, dem Bunde angehören. Ja, man behauptet, daß der junge Mirza Fachja, den man zum Nachfolger Babs ernannt, von Bagdad aus, wohin er entflohen, die Bewegung leite. Selbst Freimaurerlogen, nach europäischem Muster, versuchte man in Teheran zu gründen.
Ein Beweis dafür, daß die Lehre Babs, und nicht blos seine bestechende Persönlichkeit und die Macht seiner Rede, ihm so todesmuthige Anhänger geschaffen, ist der Umstand, daß weder Gurret- ul- Ain, noch die beiden Muhamed Ali ihn persönlich gekannt, sondern nur aus seinen Schriften sich begeistert haben.
Bab hinterließ ein Tagebuch über die Pilgerfahrt nach Mekka und den Kommentar zur zwölften Sure des Koran , dann noch eine Menge kleinerer Schriften, die meist in sehr mystischer Sprache geschrieben sind.
Der Babismus richtet sich zunächst gegen die Macht des muselmännischen Klerus, und kann man sich leicht vorstellen, in welches Wespennest dadurch gestochen ward. Gleichzeitig bekämpft er aber auch die konservative Hofkamarilla, die jeder freiheitlichen Neuerung prinzipiell widerstrebt( nicht allein in Persien !).
Im allgemeinen eifert er gegen Willkürlichkeit, Erpressungen der Staatsbeamten und Richter, gegen den Steuerdruck und sucht die individuelle Freiheit zu heben und das unterdrückte weibliche Geschlecht zu emanzipiren.
Kehren in den Briefen Babs nun auch, mehr oder minder deutlich ausgesprochen, stets die pantheistischen Ideen des Sufismus wieder, so sind doch alle die eben flüchtig stizzirten Bestrebungen ganz moderne und mit geringen Modifikationen und andrerseits mit Verschärfungen: die bewegenden Ideen und Schlagworte des Heilsjahres 1848.
Rechnet man hierzu noch, daß Bab auch den Umgang mit den Ungläubigen gestattete und die Todesstrafe abgeschafft wissen wollte, so haben wir mit den nothwendigen Verschiedenheiten und Abweichungen, welche Erziehung und Landessitte bedingen, einen Vollblut- Achtundvierziger edelster Art. Auch sollten die Tortur und die Prügelstrafe abgeschafft werden.( Wem fällt da nicht das gesegnete Land Mecklenburg ein und der Graf Hahn, mit dem wohleingeweichten Haselrohr und dem„ unterthänigsten guten Morgen!")
Allerdings hatte Bab noch ein etwas verschwommenes Staatsideal. Er dachte sich nämlich die Gestaltung seines neuen Gottes
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reiches und die Regierungsform desselben als ein Gemisch von monarchischen, theokratischen und demokratischen Elementen. Der nominelle König hat seine Macht mit einem aus 19 Mitgliedern bestehenden obersten Priesterkollegium, an dessen Spize der Nachfolger Babs steht, zu theilen. Und da der König das Honorar für seine Bemühung aus den eingehenden Steuern erhält, mit Gewalt aber niemand zum Steuerzahlen gezwungen werden darf, würde dieser Tantième- König eben keinen sehr einträglichen Posten gehabt haben.
Für die Erhaltung der Märtyrergräber, vor allem aber für die Armen soll gut gesorgt werden. Die geplante Gleichstellung der Rechte von Mann und Frau, die Abschaffung der Polygamie und der willkürlichen Ehescheidung, eine verbesserte Kindererziehung würden jedenfalls die fruchtbringendsten Neuerungen gewesen sein. Außerdem stellte der galante Prophet die liebevollste Aufmerksamkeit des Gatten für die Frau als Norm auf. Die Ehefrau soll von allen anstrengenden Arbeiten und sogar von religiösen Uebungen dispensirt sein, damit sie allein der Liebe zu ihrem Gatten, der Sorge für die diesem Bunde entsprossenen Kinder und der eigenen geistigen Ausbildung und Veredlung leben könne.
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Das ist eine andere Frauenemanzipation als diejenige, welche einzelne extravagante Vorkämpferinnen für die Gleichberechtigung der Geschlechter anstreben und die schließlich nur darauf hinausläuft, daß zum Beispiel eine Mutter von neun Kindern als Professor Kollegia liest, als Doktor eine zahlreiche Praxis befriedigt, oder als politischer Parteigänger sich um ein Mandat bewirbt den Mußestunden jedoch dem Gatten abgerissene Knöpfe annäht, und beim Strümpfestricken sich gleichzeitig mit der Kindererziehung, dem Küchenzettel, den Toilettensorgen und ihrer eigenen geistigen Weiterbildung beschäftigt. herrliche Perspektive! Gepriesen sei daher Bab, der mit weiser Mäßigung dem Weibe just soviel Rechte und Freiheiten(?) gewähren wollte, als dasselbe bedarf, um glücklich zu sein und zu beglücken.
Beneidenswerthes Loos
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Hoffen wir, daß auch das Blut dieses Freiheitshelden aus dem Jahre 1848 nicht umsonst geflossen sei und ihm, wenn auch langsam, die Saat der wahren Freiheit entsprießen werde, die nicht den Mord und seine rohen Schergen zn Genossen hat, sondern mit den Waffen des Geistes streitet und damit jener vom gemeinen Egoismus freien Intelligenz sowie dem ächten Humanismus den Sieg erkämpft. E. v. W.
Der Erbonkel.
Novelle von Eruft von Baldow. ( Fortsetzung.)
Stadtrichter Melzer fuhr fort, zu lesen: ,, Ad VII. Meinem Bruder Sebastian vermache ich ein Kapital von 2000 Thalern, welches ihm der Notar Werner in Wolfsburg übergeben wird. Ferner soll mein Universalerbe gehalten sein, bei Herrn Jonas Wallfisch die Zechschuld meines Bruders Sebastian, bis zur Höhe von 20 Thalern allmonatlich, zu bezahlen, denn ich halte es für die Gesundheit dieses schwächlichen Mannes sehr dienlich, daß er nicht blos abends, sondern auch früh seinen Schoppen trinkt. Es ist ganz in sein eigenes Belieben gestellt, ob er diese Erbschaft verringern oder vergrößern will, indem er den, schwarzen Wallfisch selten oder oft besucht.
,, Ad VIII. Frau Edeltrud von Bartels, gebornen von Reckenstein, meiner geschätzten Schwägerin, kann ich mir nicht erlauben, ein Geschenk zu machen, das irgendwie einen Geldwerth reprä sentirte. Sie würde das von dem bürgerlichen Schwager als eine ungerechtfertigte Anmaßung befrachten. Um ihr aber ein kleines Andenken an mich zu hinterlassen, das zugleich ihrem Sinne für das Romantische entspricht, bestimme ich, daß der alte Eisenblechhelm und die verrostete Rüstung des weiland Raugrafen Gockel von Henneberg, genannt der Grausame, ihr ausgefolgt werden. Selbe Gegenstände befinden sich auf dem Oberboden meines Hauses in einer großen Kiste, die allerhand Gerümpel enthält. Ferner bestimme ich, daß der Frau Hofräthin von Bartels ein Werthpapier übergeben werde, welches die Unterschrift des letzten Grafen Gockel trägt und sich in meinem Geld
schranke vorfinden wird. Es ist dies ein Schuldschein, der nie eingelöst worden ist und den der Tod ungiltig gemacht hat; er befand sich im Besize meines Vaters und lautet auf 1000 Thaler. Wenn dieses Papier auch keinen Pfennig an Geldwerth hat, so wird es meiner Frau Schwägerin wegen der eigenhändigen Unterschrift eines so noblen Kavaliers und Standesgenossen doch sicherlich werthvoll sein."
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Die schwarze Straußenfeder auf dem edlen Haupte der geborenen von Reckenstein schwankte bedenklich hin und her, jedenfalls sollte die freudige Zustimmung ihrer Trägerin dadurch ausgedrückt werden die unbefangenen Zuschauer aber fanden, daß die hohe Dame mehr als je einem der Trauerpferde glich, die gestern den boshaften Testator hinausgeführt. Auf Röschen und Jakob, als die einzigen noch ungenannten Mitglieder der Familie, konzentrirte sich die allgemeine Aufmerksamkeit, freilich war da auch noch Adelgunde, die gleichberechtigt gewesen wäre, aber niemand blickte nach dem verblühten Mädchen, das noch dazu die unverzeihliche Thorheit begangen, sich in einen Diener des Hauses einen armen Commis zu verlieben und sich vor den Augen des sehr sittenstrengen Oheims zu kompromittiren.
Das kleine Röschen hob schon ordentlich stolz den hübschen Kopf, und allerlei verführerische Vorstellungen von einem Goldschmuck mit Steinen, einem himmelblauen Seidenkleide und einem türkischen Shawltuche kreuzten sich in demselben. Da tönten die schlimmen Worte an ihr Ohr: