der Natur". Seine Popularität überdauerte sogar den blutro Schrecken der versailler Communeschlächter.

"

Der Krieg, welcher zu Ende der dreißiger und zu Anf der vierziger Jahre in Paris zwischen den Klassikern" und Romantifern" tobte, dehnte sich auch auf das Gebiet der Malerei aus. Man schlug um so wilder auf einander los, je weniger man sich und dem Gegner zu sagen vermochte, was man eigentlich wollte. Prügeleien im Dunkeln sind immer die hißigsten und gefährlichsten. Courbet blieb nicht neutral; er fand, daß die Romantiker wenigstens in das lebendige Leben der Gegenwart griffen, nicht, gleich den Klassikern, in das todte der Vergangen­heit, und wurde wüthender" Romantiker und Hugolâtre"- Anbeter Victor Hugo's , des Führers der Romantifer, des Mannes des himmelstürmenden, scheinrevolutionären Worts. Aber Courbet war zu sehr Realist und Naturkind, um nicht bald hinter die Nebel­haftigkeit und Unnatur dieses Romantismus zu fommen; er riß sich theoretisch los praf­tisch hatte er es nicht nöthig und schrieb, was als Glaubens­bekenntniß und Pro­gramm Courbet's des Malers gelten kann: " Ich habe die Kunst der älteren und neueren Meister ohne Vorurtheil und Parteigeist studirt. Ich wollte weder die einen nachahmen, noch die anderen topiren; ebensowenig strebte ich

-

nach dem ernsten Ziele des l'art pour l'art ( der Kunst um der Kunst willen das Schlag­wort der Klassiker"). Nein! Aus der vollen Kenntniß der überlie­ferten Kunstwerke wollte ich einfach das richtige Gefühl meiner selbst, ein freies Selbstbewußt­sein schöpfen. Wissen, unt zu können, war mein Wahlspruch, und meine Absicht ging da­hin, die Sitten, die Gedanken, das Gesicht meiner Zeit nach mei­nem Urtheil und Er­messen darzustellen, nicht blos ein Maler, son­dern auch ein Mensch zu sein, mit Einem Worte, ein lebensvolles

SMEETON TILL, Sh

Zeitalter der angeblich ausgebildeten Mechanik, die doch stark genug ist, den Menschen vom Frohndienst zu befreien. um, das Grab zu Ornans' schaaren sich Todtengräber mit viehi­schen Gesichtern, Chorknaben mit schlechten Wihen auf den Lippen, Leichensänger in weintrunkener Laune, rohe Pfaffen, die ein, De profundis mit demselben Stumpfsinn plärren, wie einen Gassen­hauer, gleichgiltige, gelangweilte, Leidtragende, die, vom Brauche gezwungen, der Beerdigung beiwohnen ist das nicht ein er­greifender Protest gegen die Fühllosigkeit und Indifferenz, womit die Heiligkeit des Todes nachgrade allüberall entweiht wird? Und man rede nichts von Realismus, denn hier wirkt der höchste Idealismus auf den Betrachter, der Idealismus der Idee, der endlich einmal Herr werden muß über den Idealismus der Form, welcher die Kunst zum Sporn gemeiner Triebe, zur Magd

Gustave Courbet .

Kunstwerk zu schaffen." Und ein andermal schrieb er: Hin­weg mit der akademischen, konventionellen, verlogenen Afterkunst, die Kunst muß ein Kind ihrer Zeit sein, und das Schöne liegt nicht im deal, sondern in der Natur, in der Wirk­lichkeit, und ich, ich male nur, was mein Auge ge­sehen."

Und so malte er. Was er malt, ist aus dem Leben ge­nommen, es lebt. Seine Bilder:" Die Walpurgisnacht"," Nach­mittag in Ornans"," Die Bauern von Flagny"," Die Stein­flopfer"," Das Begräbniß zu Ornans"," Die Rückkehr von der Konferenz"( siehe Nr. 20 der Neuen Welt" vom Jahre 1876) und andere mehr haben ihm die Unsterblichkeit errungen. Sein Landsmann Proudhon vertheidigte ihn gegen die Angriffe der erbosten Zunft und Schulmaler." Courbet ", sagte er, regt zum Denken an, ohne es zu wissen. Seine Bilder bedeuten , Die beiden Steinklopfer sind ein sozialdemokrati­sches Gemälde, ein Schmerzensschrei des Proletariats, ein Hohn auf den eingebildeten Fortschritt, ein Spottgedicht auf

etwas.

des Luxus und der Wollust, zu einer Kupp­lerin gemacht hat. Und erst, Die Rückkehr von der Konferenz( das Bild, welches 1855 den Ausschluß Courbet's

aus der Akademie be= wirkte), soll das viel­leicht nur ein Rudel weinseliger Pfaffen dar­stellen, die sich beim Disput über das Wort Gottes die Kehle mehr als billig feuchteten? Ein so armseliger Stoff wäre des Künstlers faum würdig gewesen; dieser zielte höher,- nach dem Herzen der Kirche, er wollte zeigen, wohin die Welt gerathen muß, wenn die ächte Frömmigkeit zur schalen Ceremonie abgestorben ist.

Im Jahre 1870 stellte Courbet einen " Bettler" aus, ein zer­lumptes Opfer der heu­tigen Gesellschaft, einen gemalten Protest gegen die herrschende soziale Mißwirthschaft. Son­derbarerweise zog dieses Bild ihm seitens der na­poleonischen Regierung das Ritterkreuz der Ehrenlegion zu, das er jedoch dem Geber mit Protest zurücksandte. Der Krieg unterbrach Cour bet in seinen fünstleri­schen Arbeiten. Bei der Belagerung von Paris

fämpfte er tapfer mit, am 18. März 1871 war er auf dem Posten und als die Commune proklamirt ward, gab er sich voll und ganz der Sache des arbeitenden Volks hin und that seine Schuldigkeit bis zu Ende. Sein Antheil an der Niederwerfung der Vendome­säule, dieses Denkmals des Massenmords und Völkerhasses" ist bekannt und sichert ihm ein Denkmal im Herzen jedes freiheit liebenden, von Chauvinismus und Nationalitätsdusel emanzipirten Menschen. Nach dem Fall der Commune wurde er gefangen, fand aber Fürsprecher, und konnte ein Jahr später, aus dem Kerker entlassen und seines Vermögens beraubt, ein Asyl in der Schweiz , am schönen Genfersee , aufsuchen. Dort schuf er noch verschiedene Kunstwerke, unter andern die herrliche Büste der Freiheit", von der wir in Nummer 25 der Neuen Welt" vom Jahre 1876 eine Abbildung gebracht haben. Am 31. Dezember vorigen Jahres, wie schon mitgetheilt, starb er.

Neun Monate vor seinem Tod richtete er an einen Partei­genossen einen Brief, der uns vorliegt, und in welchem er sein politisches Glaubensbekenntniß ablegt: Je suis républicain de