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nature et le soutien de cette cause est indélible chez moi; j'ai agi jusqu'ici dans tout ce qu'elle pouvait avoir de rationalité en elle et poursuivrai cette cause jusqu'à mon extinction, malgré toute éventualité*). Ich bin Republikaner von Natur; die Anhänglichkeit an diese Sache ist unzerstörbar bei mir. Ich habe bisjezt in allem was sie Vernünftiges hat, für sie gewirkt und werde für sie wirken bis ich aufhöre zu sein komme was da wolle."
Er hat nicht gelogen.
Zur Erläuterung oder Ergänzung seines Portraits in der heutigen Nummer( das man mit dem Miniaturbildchen in Nr. 24 der Neuen Welt" vom Jahr 1876 vergleichen möge) lassen wir noch die Federzeichnung des schon erwähnten Feuilletonisten der Neuen Freien Presse" folgen, der ein Gespräch mit Courbet schildert: " Moi( ich)
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...," begann er, und der breitgeschlitte Mund öffnete sich weit und das schwarze Auge glänzte sanft. Ein Mund, der, auch stumm, von Troß und Uebermuth überfloß; ein Auge, der Spiegel unendlicher Sanftmuth. In diesem Gegen faze lag das ganze Geheimniß seiner Erscheinung, die zugleich abstieß und anzog, bezauberte und empörte. Welch ein Mund!... Welch ein Auge zumal! Ein stilles Meer von Ruhe und Schönheit. Man pflegt in der Thierwelt Umschau zu halten, um ähnliches zu finden. So melancholisch mild blickt der fraftstrogende Stier in die Welt hinein, oder, wenn das Gleichniß besser behagt, so träumerisch sinnt die arabische Antilope, gewöhnt an die Fernsicht über endlose Wüstenflächen, an den Blick
*) Wir werden in einer der nächsten Nummern ein Facsimile bringen.
in's Unermeßliche. Es war ein Malerauge und doch ganz frei von den herkömmlichen Attributen; weder Scharfblick noch Beobachtungslust, nicht einmal Neugier sprach daraus. Von dunklen Brauen beschattet, leuchtete es aus den mandelförmigen Augenhöhlen wie eine Naturkraft, die im Traume wirkt, ihrer selbst kaum bewußt, fast gedankenlos, alles Licht, das sie gleichgiltig einsog, gleichgiltig ausstrahlend. Der Gestalt nach war er halb Gott, halb Bauer: groß, start, breitschulterig, schon über das gute Maß hinaus beleibt, eine Figur wie für ein Jahrhundert aus dem Fels gehauen; in der Kleidung nachlässig, ja verwahrlost, an der Staffelei meist in Hemdärmeln, wie ein Schmied am Amboß . Der Kopf von auffallender Kegelform, die Backenknochen energisch vorspringend, der ganze untere Theil des Gesichtes ungleich breiter als die Stirne; die Haut glänzend, von gesunder Bergluft geröthet; die Nase leicht gebogen; ein ziemlich spärlicher Vollbart und der Schatten eines Schnurrbarts über den fleischigen, sinnlichen Lippen des lèvres lippues, sagt der Franzose mit deutschem Anklang. Halb Gott, halb Bauer, also alles in allem eine imponirende Erscheinung. Wäre nicht die kleine Holländerpfeife gewesen, die von seinem Munde unzertrennlich schien, man hätte denen Recht geben können, die seinen Kopf dem eines assyrischen Königs ähnlich fanden. Nemrod, Sardanapal, Sanherib so etwa, wie Courbet einherging, könnte man sich diese Helden aus dem Zeitalter der Keilschrift vorstellen."
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Die feile, feige Reptilienpresse hat nicht unterlassen können das Grab des sozialdemokratischen Künstlers mit Roth zu besudeln. Das kann ihn nur ehren. Das sozialdemokratische Volk wird den ersten sozialdemokratischen Künstler nicht vergessen.
Volkslieder und Lieder für das Volk.
Eine literargeschichtliche Plauderei von M. Wittich. ( Schluß.)
Gehen wir dem Volkslied geschichtlich zu Leibe, so finden wir, daß der Anfang aller Poesie eben Volksdichtung ist. Bei den Wilden haben Reisende beobachtet, wie einer im Kreise seiner Stammesgenossen in einfacher Gesangsweise, mit kräftigen, begleitenden Geberden seine eigene oder eine Heldenthat seines Stammes in einer Art Rezitativ berichtet und bei gewissen Ab schnitten der Chor refrainartig einfällt. Ja, nicht blos Text und Melodie werden so gewissermaßen durch gemeinschaftliche Arbeit gefunden: es tritt auch noch die Bewegung der Glieder hinzu, welche das Erzählte veranschaulichen soll und die sich zuweilen bis zum kunstmäßigen Tanz steigert. Solche Melodien hat man niedergeschrieben und hat sich nicht wenig gewundert, wie solche rohe Völkerstämme ohne Latein, ohne Schulen, ja ohne Schrift derartiges zu leisten im Stande waren. Recht bezeichnend für den gelehrten Bildungsdünkel ist eine Bemerkung, die Morhof ( 1688) über ein schönes lappländisches Liebeslied machte:" Da sehe mir einer diesen Lappländer an, wie artig er der Bewegungsfiguren zu gebrauchen weiß, sein Verlangen darzustellen. Dieses Lied kann sicher nach der Meistersingerkunst geschehen. Wer sollte meinen, daß unter den Lappen sich auch poetisches Feuer in Liebesdingen rege?"- Philister! Weil der Lappländer nicht auf der Lateinschule gewesen ist und nicht den Aristoteles studirt hat, soll er kein ergreifendes Liebeslied singen können.
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Der Franzose Montaigne macht über die Volkspoesie die treffende Bemerkung, es sei nicht wahr, daß die Kunst den Sieg davontrage über die große, mächtige Mutter Natur, die wir gewissermaßen erstickt und mit allerlei Kultur- und Kunstzuthaten getödtet hätten.
Auch theilt derselbe ein brasilianisches Liebesliedchen mit, in welchem ein Jüngling eine bunte Schlange anredet, daß er sie fangen und aus ihrer glänzenden Haut seinem Liebchen einen Schmuck machen werde. Das Lied hat Goethe später verarbeitet, wie er auch ein Lied eines gefangenen Kannibalen nachgedichtet hat. Der Gefangene kennt sein Schicksal, er weiß, seine Feinde werden ihn braten und ihrer Sitte gemäß verzehren. Da erhebt er sich zu einer Höhe, die erstaunenswerth ist, und ruft seinen Feinden zu:
Kommt und verzehret meine Glieder: Und verzehrt zugleich mit ihnen Eure Ahnherrn, eure Väter,
Die zur Speise mir geworden!
Das ist eine tragische Größe, wie sie nur bei Aeschylos oder Shakespeare wiederzufinden ist. Wie bei den Wilden, wie bei den analphabetischen, d. i. weder lesen noch schreiben könnenden Völkern des hohen Nordens, so entstanden überall und zu allen Zeiten die Volkslieder im Volke, und es ist gleichgiltig, ob einer oder mehrere die Form finden und die Weise anstimmen, welche darstellt, was alle gleich lebhaft berührt und mächtig erregt.
Was nun den Inhalt dieser Gesänge des Volks anlangt, so ist er so vielfältig und vielgestaltig als das Leben selbst. Zunächst die Thaten und Erlebnisse des Stammes, dann die allen Menschen gemeinschaftlichen Erlebnisse, Leid und Freud' des Lebens und Liebens, Freude an der erwachenden, Trauer über die absterbende Natur. Ihren Namen zu verewigen, das ist freilich ein Ziel, welches hier den Dichtern und Sängern garnicht vorschwebt, das ist eine Eigenthümlichkeit des Kunstdichters: dieser führt immer den horazischen Vers im Munde, daß er durch seine Lieder sich ein Monument erbaut habe, welches, härter als Erz, jahrhundertelang dauern werde!
In Bezug auf die Form müssen wir feststellen, daß solch' ein Lied sorglos und ohne beengende Rücksicht auf die„ Regeln der Kunst" im Augenblick des Erlebens frisch heraus gesungen wird; die Hauptmomente werden hervorgehoben, die einen inneren Zusammenhang haben; auf die äußere, logisch- grammatische Verbindung wird bei weitem weniger Werth gelegt. Daher erklärt sich die sprungartig fortschreitende Berichterstattung über die Vorgänge, die dem Pedanten und Kritikaster soviel Pein verursacht. Diesen Herren ist auch noch der sogenannte Refrain oder Kehrreim ein Dorn in den Augen; dieser besteht in der bei gewissen Abschnitten stattfindenden Wiederholung eines Sakes oder jener jodlerähnlichen Worte, welche beide Erscheinungen eben ihren Ursprung in dem musikalischen Elemente des Volksliedes haben: die knappen Verszeilen genügten nicht, im Gesang die Stimmung