,, nein, behalten Sie ihn immerhin und lassen Sie ihn ein Unterpfand ferneren freundlichen Verkehrs sein; ich würde jezt in seiner Zurücksendung die Ankündigung erblicken, daß Sie nie wieder über Ihren Garten und Ihre Rosen mit mir plaudern wollen, wie Sie es heute gethan haben."

" Dann kann ich ihn also wohl als mein unveräußerliches Eigenthum betrachten, denn über diesen Punkt werden Sie mich vermuthlich stets gesprächig und mittheilsam finden, da Sie ein warmes Naturgefühl und Sinn für einfache Schönheit haben." Sie waren umgekehrt und eben nicht angenehm überrascht, als ihnen Frau v. Larisch entgegenkam; schon von weitem rief sie ihnen scherzend zu:

" Also Martha entführt mir unsern tollkühnen Feuerwehr hauptmann, der mir vor einer Stunde mit sehr ernster Miene eröffnet, daß er eine Bitte an mich zu richten habe freilich, wenn zwei Waldschwärmer zusammen kommen, finden sie so leicht fein Ende."

Nicht Buchen und Birken des Herrn Kommerzienraths Rosen tragen die Schuld, und Sie können immerhin ein Examen mit Fräulein Hoyer anstellen: Sie weiß jetzt ganz genau, welche Rosen Gloire de Dijon, welche Malmaison, welche Boule de Neige, welche Paul Néron und Maréchal Niel heißen; es ist fraglich, ob Sie eine gleich wißbegierige Schülerin gewesen

wären."

" In der That bin ich viel neugieriger auf die bewußte Bitte- ist es Ihnen gleichgiltig, ob Sie dieselbe unter vier Augen oder vor Zeugen aussprechen?"

Wolfgang errieth wohl, daß es Frau v. Larisch am erwünsch­testen gewesen wäre, Martha abzulösen und sich von ihm durch den Garten führen zu lassen, aber er verstand sie absichtlich nicht und erwiderte, daß seine Bitte sehr wohl auch von Fräulein Hoyer gehört werden könne; sie nahmen in der den Ausgang aus dem Gartensalon flankirenden, von Schlinggewächsen über­wucherten Veranda Plaz und auf Frau von Larisch's etwas ironisch klingende Aufforderung warf Wolfgang die Frage auf, ob sie in der Lage sei, ein junges Mädchen, für das er sich bis zu einem gewissen Grade interessire, entweder selbst in ihren Dienst zu nehmen oder es in W. in einer Familie unterzubringen, die sie human behandle und ihr Gelegenheit biete, noch etwas zu lernen. Frau v. Larisch warf einen neugierigen Seitenblick auf Martha, und war ein wenig überrascht, dieselbe fast theil­nahmlos und ohne sichtbare Zeichen einer Anwandlung von Eifer sucht zu finden; sie fragte, den Nachsatz leicht betonend: Kann man die Person sehen und- ist sie hübsch?"

" Ich werde Ihnen, wenn Sie erlauben, meinen Schüßling schicken; für einen Menschen, dem man das Leben gerettet hat, interessirt man sich immer ein wenig, und die Kleine ist hier nicht in Verhältnissen, die ihr zuträglich wären ich möchte, daß sie von hier fortkäme. Ob sie hübsch ist mein Gott, ich glaube es ist wenigstens möglich, aber ich kann nichts bestimmtes darüber sagen."

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Frau v. Larisch brach in ein herzliches Gelächter aus und schlug Wolfgang mit dem Fächer leicht auf die Hand; es war ihr nicht möglich, die Aufrichtigkeit dieser Versicherung in Zweifel zu ziehen, und dennoch war es gewiß äußerst komisch, daß dieser junge Mann über das Aeußere des jungen Mädchens, das er auf seinen Armen durch Rauch und Flammen getragen, nur so unvollständige Auskunft zu geben vermochte.

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Sie sind in der That ein Original, Herr Hammer aber da die Dinge eine solche Bewandniß haben, ist es selbstverständlich, daß ich mich der kleinen annehme. Schicken Sie dieselbe zu mir ich werde sie, wenn ich nach W. zurückreise, gleich mit nehmen und das Weitere lassen Sie meine Sorge sein. Das ist gewiß das Mindeste, was ich thun kann, um Ihnen zu beweisen, welchen aufrichtigen Antheil wir alle an ihrem beherzten Rettungs­werk genommen haben, namentlich aber Martha, die sich in vollem Ernst für die allerdings sehr unschuldige- Ursache Ihrer Verwundung hielt. Und doch ich wette hat sie Ihnen während Ihrer langen Promenade kein Sterbenswörtchen über Ihre kühne That gesagt. Das gilt freilich auch von uns, von Emmy und. mir, aber Sie dürfen überzeugt sein, daß sich im ganzen Städtchen niemand lebhafter über Ihre Genesung gefreut hat, als wir drei, und daß wir nur bedauerten, so garnichts für Sie thun und uns nicht einmal persönlich nach Ihnen erkundigen zu können."

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Martha hatte sich schon von der geflissentlichen Hervorhebung ihrer Theilnahme peinlich berührt gefühlt, und sie erröthete über

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diese unnöthige Lüge ihrer Gefährtin bei jenem bangen und doch so wohlthuenden Abendgang, und es war ihr sehr lieb, daß Wolfgang dieses für sie fast peinliche Gespräch rasch beendete. Sie glauben nicht, wieviel mir daran liegt, nicht wieder an jene sogenannte heroische That erinnert zu werden. Ich habe es Fräulein Hoyer aufrichtig Dank gewußt, daß sie es mir erließ, von jener für mich wirklich sehr ungemüthlichen Nacht zu sprechen, die ich zu den vergangenen Dingen rechne, und wenn Sie noch ein paar Minuten für mich haben, so lassen Sie uns lieber von anderem plaudern."

"

, Es steht Ihnen, ein wenig den stolzen Sonderling zu spielen, das wissen Sie jedenfalls ganz genau, aber wir müssen, wie Sie sehen, zu plaudern aufhören; hören Sie nicht die ersten Takte der Aufforderung zum Tanz"? Von allen Seiten drängt man nach dem Saal die paar Noten thuen Wunder und beflügeln alle Füßchen. Auf Widersehen also in der Kolonne, die zur Polonaise antritt."

"

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Wolfgang erwiderte nichts, aber er warf einen fragenden Blick auf Martha und es berührte ihn wohlthuend, daß er ihre Kleidung, die er bisher nicht beachtet hatte, feineswegs ballmäßig fand sie war, ohne gesucht frauenhaft zu sein, ein stummer Protest gegen die Vermuthung, als wolle auch sie noch zu den tanzlustigen jungen Mädchen gerechnet sein, und man würde es ihr durchaus nicht haben verübeln können, wenn sie sich eine Nuance jugendlicher gekleidet hätte.

Sie beabsichtigen natürlich ebenfalls, sich nun nach dem Saal zu wenden?" fragte er. Ich tanze nicht und auch das passive Busehen macht mir kein Vergnügen, ich suche also lieber wieder den Garten auf und genieße den schönen Abend."

Martha sah ihn, schmerzlich überrascht, fast bittend an: Ich hatte gehofft, Sie würden mich nicht meinem Schicksal überlassen. Ich muß allerdings hinüber, aber ich werde so wenig als möglich tanzen, und wir hätten also plaudern können, vorausgesetzt, daß Ihnen das noch Vergnügen macht."

"

Wenn Sie meine Unterhaltung dem Tanzen vorziehen, ist es ja selbstverständlich, daß ich bei Ihnen bleibe, aber ich hatte eben daran gedacht, daß niemand an der Seite einer tanzluftigen Dame überflüssiger ist, als ein Herr, der selbst nicht tanzt und es verschuldet, daß sie nicht engagirt wird."

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Sie traten in den Saal, in welchem die Polonaise bereits begonnen hatte, und Martha hatte mit raschem Ueberblick bald ein Pläßchen ausgespäht, das abgelegen war ohne versteckt zu sein und ihnen die Möglichkeit zusicherte, sich nach Wunsch zu isoliren. So hatte die Plauderei, die sich sofort entspann und die sehr bald den Charakter jener Vertraulichkeit annahm, die sich zwischen wahlverwandten Naturen oft in der ersten Viertel stunde der Bekanntschaft entwickelt, feine Zeugen es war freilich auch eine Plauderei, die sich in diesem Ballsaal ausnahm, wie eine Tropenblume in einem märkischen Föhrenwalde, eine Plauderei, die Fräulein Emmy sicherlich ennuyant zum Sterben gefunden hätte. Ein Austausch von Bemerkungen und Reflegionen über jene kleinen Liebhabereien und Aversionen, aus denen man sich oftmals den ganzen Menschen konstruiren kann nichts weiter, und dieser Austausch ward nicht einmal durch das Zutagetreten von Gegensäßen pikant gewürzt. Martha sah oftmals ein Lächeln auf Wolfgang's Lippen, wenn sie ihm wieder mit den Schluß­worten einer Gedankenreihe entgegen kam und ihm so bewies, daß ihr diese Gedankenreihe längst vertraut geworden war, und sie traf oftmals mit einem Wort das Wesen des erörterten Gegen standes so glücklich, daß der ernste junge Mann nicht in Zweifel darüber sein konnte, ein Mädchen vor sich zu haben, das ebenso rastlos und ebenso energisch nachgedacht hatte, wie er selber, wenigstens auf allen den Gebieten, auf die ihr bescheidener, eher zaghafter als unternehmender Sinn sich gewagt hatte. Wolf­gang, dem es schon schwer geworden wäre, dem flachen Fräulein Emmy eine von den banalen Schmeicheleien zu sagen, bei denen man sich nichts denkt und mit denen man bewußt falsche Münze ausgibt, die aber doch begierig als ächtes Gold genommen werden, würde sich Martha gegenüber jedes Kompliments und jedes An flangs an die alltägliche Kurmacherei geschämt haben, und was er ihr aus Ueberzeugung hätte sagen können, unterdrückte er ge­waltsam, und mit einer Besorgniß, die etwas höchst unbehagliches hatte, unterwarf er jedes Wort einer peinlichen Censur und fragte sich, ob er nicht vielleicht bereits zu weit gegangen sei. Er hätte so gern sich gehen lassen, er hätte so gern vergessen, daß Martha gewissermaßen der Kompagnon seines Chefs war, er hätte so gern nur das einsame Mädchen in ihr gesehen, das an ihm die