bei dem es keiner Kette bedarf, um ihn, wie den Affen, am Ausreißen zu hindern, nur sehr wenig Beachtung schenkt. Ja, Undank ist auch der Hunde Lohn, trotzdem oder wohl grade weil sie so treu und so anspruchslos sind.
Das vegetabilische Pergament und seine Anwendungen.
Die Geschichte der Erfindungen bietet vielfache Beispiele dafür, daß Eigenschaften von eminenter Nüglichkeit oft unter einem ganz unschein= baren Aeußeren verborgen liegen, daß nur ein glücklicher Gedanke des Forschers, oft auch nur ein glücklicher Zufall diese Eigenschaften von daher an's Licht zieht, wo man es am wenigsten erwartet hätte.
Wer hätte geahnt, daß eine ganz einfache und fast nur augenblickliche Behandlung mit einem der alltäglichsten Chemikalien das un= geleimte Papier in Wesen und Aussehen so verändern kann, daß es dem thierischen Pergament in Aussehen und Eigenschaften fast gleich wird? Das ist aber Thatsache! Dies geschieht, indem man starkes, ungeleimtes Papier( Filtrir- oder Fließpapier) einige Sekunden in Schwefelsäure taucht, die zur Hälfte mit Wasser verdünnt ist, und dann das so behandelte Papier in faltem Wasser auswäscht, in verdünnte Ammoniafflüssigkeit bringt, um etwaige Spuren freier Säure zu entfernen, und wieder mit Wasser abspült. Die Säure bringt( nach Untersuchungen von Hoffmann in London ) keine chemische Veränderung in der Masse des Papiers hervor, sondern bewirkt lediglich eine neue Molekularanordnung der Elemente desselben. Das Pergamentpapier ist fünfmal stärker als das Papier, aus dem es hergestellt wurde, hat drei Viertel der Festigkeit des thierischen Bergaments und ist unempfindlich auch gegen Einwirkung des kochenden Wassers.
Diese Beobachtung, die W. E. Gaine 1857 in England machte*), hat eine blühende Industrie hervorgerufen: die Fabrikation des Pergamentpapiers oder vegetabilischen Pergaments, das schon fast unentbehrlich geworden ist für Haushaltungszwecke, für technische und pharmazeutische Chemie, als Stellvertreter des thierischen Bergaments und der thierischen Blase, welche das Pergamentpapier an Billigkeit und Sauberfeit weit übertrifft.
Beim Eintauchen in Wasser wird es weich und biegsam, siedendes Wasser wirkt, wie schon erwähnt, nicht darauf, sondern nach Behandlung mit solchem und nach dem Trocknen erscheint es wie vorher. Es ist undurchdringlich für Wasser, Alkohol, Aether, Benzin und viele andere Flüssigkeiten, sodaß es mit Vortheil zum Zubinden von solche Flüssigfeiten enthaltenden Gefäßen dienen kann. Vielfach ist es an Stelle des Gummizeuges in Krankenhäusern angewandt worden.
Vollkommen entspricht es allen Anforderungen bei der von dem englischen Chemiker Graham erfundenen analytischen Methode, der Dialyse, bei welcher die krystallisirbaren Substanzen von den nicht krystalli sirbaren getrennt werden, was vor Erfindung der Dialyse oft fast unüberwindliche Schwierigkeiten bot.
Der vielseitigen Verwendung des Pergamentpapiers stand lange der Uebelstand im Wege, daß sich dasselbe auf Holz und Pappe sehr schlecht, auf sich selbst aber garnicht verleimen ließ. Ebermayer befeuchtete das Pergamentpapier auf der Seite, auf welcher es verleimt werden sollte, zuerst mit Alkohol oder starkem Branntwein, legte das mit Leim bestrichene Material darauf und rieb es mit einem Falzbein an. Will man Bergamentpapier mit sich selbst verleimen, so behandelt man die beiden sich berührenden Flächen in der angegebenen Weise. Farbiges Pergamentpapier fann nach der Driginalmethode der Darstellung nicht schön bereitet werden, weil die wenigsten Farben die Einwirkung der Schwefelsäure vertragen. Dagegen nimmt das fertige Papier Anilinfarben gut auf, wenn man es in die heiße, wässerige Lösung derselben bringt. Man kann es gelb färben mit pikrinsaurem Natron, orange mit Pikrinsäure und Anilinroth, grün mit Pikrinsäure und Indigokarmin.
Das ungefärbte Pergamentpapier kann man mit Vortheil verwenden zum Verbinden von Flaschen und Töpfen statt der bedeutend kostspieligeren thierischen Blase. Beim Verbinden der Einmachgefäße mit Pergamentpapier ist sehr zu beachten, daß dieses bisweilen das Wasser des Obstes und auch einen Theil des Aromas hindurchdunsten läßt, sodaß völliges Eintrocknen erfolgen kann. Auch kommt es wohl vor, daß im Papier sich seine Deffungen befinden, und dann tritt Verderben der eingemachten Früchte ein, weil die Luft Zutritt hat. Einmachflaschen sollte man nur durch Korkstöpsel oder Glasplatten verschließen.
Auch künstliche Därme hat man aus Bergamentpapier dargestellt. Im Jahre 1870 tam die berliner Erbswurstfabrik mit der Beschaffung natürlicher Därme, die sie in immensen Massen verarbeitete, in Verlegenheit. Die Papier - und chemische Fabrit in Helfenberg bei Dresden stellte darauf künstliche Därme aus Bergamentpapier her und hat den früheren mangelhaften Handbetrieb durch Maschinen ersetzt. Während früher zu einer täglichen Herstellung von ca. 8000 Meter 50 Personen nöthig waren, liefert die neue, von einer Dampfmaschine getriebene Maschine in derselben Zeit dasselbe Quantum bei einer Bedienung von nur drei Personen. Das auf einer Papierdrehbank in Streifen ge
*) De la Rue( 1859) schreibt die Ehre dieser Erfindung im J. 1847 J. A. Boumarede und 2. Figuier zu, aber die genaue Feststellung der Darstellungsmethode ist Gaine's Wert.
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Der
schnittene endlose Pergamentpapier läuft in die Maschinerie, wird daselbst genäßt, in Darmform gebracht, geklebt, getrocknet, geglättet und in Hundert- Meter- Ringen mittels Zählapparats abgemessen. tünstliche Darm findet Anwendungen, an die man bei dem natürlichen nie gedacht hat. So zu Einhüllung von Wichse, zum Einpressen der künstlichen Schmalz oder Faßbutter, zum Abfüllen des Biers in Brauereien. Der künstliche Darm, wenigstens in den dünneren Arten, ist zwar noch etwas theurer als der natürliche, aber die frische Wurst hält sich länger in ihm gut. Das Kochen hält er aber so gut wie der thierische aus, da die Naht vollständig unlöslich ist, nur darf das Unterbinden nicht mit zu dünner Schnur geschehen. Hölzer( Zustecker) können ganz fortfallen.
Zum Verpacken von Kaffeesurrogat, der nichtsnußigen Cichorie*), hat sich Pergamentpapier nicht bewährt.
Erst die letzten Jahre haben die vielseitigen guten Verwendungen des Pergamentpapiers es in Aufnahme gebracht, und es ist wohl sicher anzunehmen, daß sich der Kreis derselben erweitern wird. Dr. Heinrich Böhnke- Reich.
*) S. Böhnte- Reich: Der Kaffee in seinen Beziehungen zum Leben. Leipzig , bei Thiele und Frese.
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Nachtrag zu dem Artikel ,, Der Dichter des Atheismus und Sozialismus. Durch eine freundliche Mittheilung des Hrn. Dr. Dulk erfahre ich nachträglich Näheres über Shelley's Tod. Die Times ( und nach ihr deutsche und italienische Zeitungen) veröffentlichten 1875 einen Brief der Tochter Trelawney's, Rom , 22. November 1875, worin diese als Geständniß eines sterbenden Matrosen von Spezzia tundgab, das Boot mit Shelley und Williams sei im Juli 1822 in der Meinung, den reichen Byron auf ihm fangen zu können, gekentert worden, aber gegen die Absicht, an der der Matrose theilgenommen, gesunken.( Ausführlicher im stuttgarter, Beobachter' vom 17. Dezember 1875.)" Eduard Berz.
Mittel, brennendes Petroleum zu löschen. Das beliebteste Feuerlöschmittel, Wasser, ist bekanntlich für brennende Dele nicht zu brauchen; Erde, Sand, Asche nur dann, wenn es sich um so geringe Quantitäten des Brennstoffs handelt, daß man sie gänzlich damit be= decken und darin ersticken kann. Ein belgischer Apotheker schlägt nun vor, zu gedachtem Zweck das Chloroform zu benußen. In der That erwies sich, daß, wenn man in brennendes Petroleum den zwanzigsten Theil Chlorform goß, die Dämpfe desselben die Flamme sofort verlöschten; sogar der sechzigste Theil zeigte sich noch wirksam. Ein Gemisch der Dämpfe beider Flüssigkeiten ist nicht explodirbar. Es dürfte danach eine empfehlenswerthe Sicherheitsmaßregel sein, in Petroleummagazinen und Schiffsräumen Gefäße mit Chloroform aufzubewahren, die, durch entstandenes Feuer gesprengt, durch ihren Inhalt als Löschmittel wirken. Als Hausmittel ist dieses jedoch nicht gut verwendbar, weil einmal der Preis zu hoch und dann auch das Chloroform als Gift nicht jedermann zugänglich ist. Dafür kann man sich mit ähnlichem Erfolg der Ammoniakflüssigkeit( Hirschhorngeist) bedienen, deren nicht brennbare Dämpfe gleichfalls ein Berlöschen der Flamme bewirken. R.-L.
Petroleum- Fälschung. Das gegen die frühere Delbeleuchtung so erheblich billigere und hellere Petroleumlicht gehört zu unseren Kulturförderungsmitteln, die wir nicht missen möchten. Leider nur fordert daffelbe alljährlich eine nicht geringe Zahl von Opfern, Es geschehen häufig Explosionen von Petroleumlampen oder von Aufbewahrungsbehältern, die in der Nähe befindliche Personen verlegen, oft sogar tödtlich. Gewöhnlich soll Unachtsamkeit die Schuld haben: es liegt aber vielleicht in den mehreren Fällen an Fälschung des Brennmaterials mit Naphta ! Dieses ist ein leichteres Destillationsprodukt des Petroleums, das einen viel niedrigern Siedepunkt hat und sich schon bei gewöhnlicher Temperatur verflüchtigt. Die Fälschung wird noch dadurch be günstigt, daß die Naphta ganz wasserhell ist. In Amerika wurde zur Verhütung der Unfälle ein Gesetz erlassen, wonach Brennpetroleum unter einem bestimmten Siedepunkt nicht in den Handel gebracht werden darf. In unsern Hafenstädten lagern gewöhnlich übergroße Vorräthe von Naphta , die, da es für sich nur in sogenannten Ligroinelampen verbrannt werden kann, nur schlecht Abgang finden. Da mischt sich nun so manche überschüssige Quantität Naphta wieder mit dem stammverwandten Petroleum nur um nicht müssig zu lagern. Die Herren und Besizer beider leiden ja auch keinen Schaden dabei, denn Naphta kostet in der Regel 2 bis 3 Thaler der Zentner, Petroleum aber 7 bis 8 Thaler. Wenn aber so häufige und gefährliche Explosionen von Betroleum statthaben, so wird der ,, unverantwortliche und unverbesserliche Leichtsinn der Leute" solange die Schuld haben, bis jedermann, nur mit einer Wage bewaffnet, den wirklich Verantwortlichen zu Leibe gehen könnte, gestüßt auf ein kleines Spezialgeseß, das etwa so lautete: § 1. Petroleum, das als Brennstoff verkauft werden soll, muß 820-830 Gramm der Liter wiegen und einen Siedepunkt nicht unter 150 Grad haben.
§ 2. Zusatz von Naphta( leichtem Del, im Gewicht von 715 bis 750 Gramm der Liter und Siedepunkt von 60 Grad) wird wie LebensR.-L. mittelfälschung bestraft.