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Es sind enthalten 130 Gramm Eiweiß in 810 Gramm fetten Fleisches, 84 Grm. Fett in 240 Grm. fetten Fleisches, Kohlenhydrate garnicht. Dieses Beispiel zeigt zugleich für die ganze Klaffe der animalischen Nahrungsmittel, daß dieselben zur ausschließlichen Be friedigung des Nahrungsbedarfes nicht geeignet sind, infolge des Mangels an Kohlenhydraten. Und selbst wenn man diese, was ohne ernsthafte Störungen des Organismus nicht wohl angeht, vernachlässigen und lediglich den dem menschlichen Körper noth­wendigen Kohlenstoff in Berücksichtigung ziehen und ebenfalls in Form von Fleisch und Fett einführen wollte, so wären zu dessen Herbeischaffung 2564 Gramm Fleisch erforderlich, welches Quan­tum niemand in 24 Stunden verzehren kann; und hierin wären ca. 400 Gramm Eiweiß überschüssig.

Diese Zahlen, denen wir noch eine lange Reihe anderer an­fügen tönnten, beweisen, daß eine ungemischte Nahrung unter Umständen gradezu schädlich für den menschlichen Organismus ist, 1) weil in den meisten Fällen zu enorme Quanta verarbeitet werden müßten, und 2) weil ein ebenso enormes Quantum von Nahrungswerth als überschüssig vergeudet werden würde. Eine solche Ernährungsweise würde aber sowohl den Grundsäßen einer vernünftigen Privat- wie Volkswirthschaft direkt widersprechen. 3) aber wäre eine derart eintönige Nahrung deshalb unstatthaft, weil der Magen, wie bei toujours perdrix( stets Rebhuhn), sehr bald sich sträuben würde, sie bei sich zu behalten oder auch nur an zunehmen. Beide Unverträglichkeiten werden nun vermieden durch die gemischte Nahrung. Erseßen wir beispielsweise die im mageren Fleisch fehlenden Kohlenhydrate durch Brot, so ersparen wir da durch zugleich diejenige Menge Fleischeiweiß, welche im Brot vor­handen ist, und fügen wir die benöthigte Quantität Fett in Form von Butter hinzu, so haben wir alle drei erforderlichen Nahrungs­bestandtheile in dem möglichst kleinen Volumen. Diesem Verhält niß würde entsprechen eine Mischung von

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" 1

50 Butter

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49,00

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3,5 43,0

" 1

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" 1

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365 Gr. Fleisch 77,38 Gr. Eim. 45,7 Gr. Fett Kohlenhydrate 700 Brot 437 Gr. 0,3 126,38 Gr. Eim. 92,2 Gr. Fett, 437,3 Gr. Eine andere zweckmäßige Mischung würde sein: 250 Gramm Fleisch, 500 Gramm Brot, 100 Gramm Butter, 150 Gramm Linsen, 100 Gramm Kartoffeln, u. a. m.

Wir sollen also unsere Nahrung aus verschiedenen Bestand theilen mischen, um sie für unsern Körper ersprießlich zu machen, und wir begreifen unter Nahrungsmittel alles, was Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate( Zucker, Stärke), Salze, Wasser und nichts unserm Organismus schädliche enthält; wir entnehmen sie dem Thier­wie dem Pflanzenreiche.

Diesem Begriff von Nahrung fehlt indessen noch eins, das wir hier nachträglich noch zu besprechen haben. Zugleich mit den Empfindungen des Hungers und Durstes müssen unser Ge­schmack und Geruch befriedigt werden. Die beiden letztern Sinne werden nun aber nicht durch die Nahrungsstoffe im eigentlichen Sinne des Wortes berührt, sondern durch gewisse andere Körper, die sogenannten Genußmittel. Dieselben brauchen nicht in so großen Mengen aufgenommen zu werden, wie die erstern; es sind in der Regel minimale Quantitäten der verschiedenartigsten Stoffe, die entweder den Nahrungsmitteln an und für sich schon an­haften, oder erst durch deren Zubereitung gebildet, oder, außerhalb der Nahrungsmittel erzeugt, denselben willkürlich zugesetzt werden. Hierher gehören gewisse anorganische Säuren, wie Essigsäure, Buttersäure; dann Salze, besonders Chlornatrium( Kochsalz); Gewürze, ätherische Dele; ferner die eigenthümlichen Stoffe, welche durch das Braten des Fleisches, das Backen des Brotes in deren Kruste gebildet werden u. s. w. Die chemisch isolicten, reinen Nahrungsstoffe, wie Eiweiß, Stärke, Fett, Wasser sind, abgesehen vom Zucker, vollkommen geschmacklos. Wer aber jemals ge­kochtes also der Kohlensäure beraubtes oder gar destillirtes auch von den festen Kalk- und Alkalisalzen befreites Wasser

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getrunken, wird sich von der unerträglichen Fadheit auch jener Stoffe einen Begriff machen können.

Eine fernere, in ihren Wirkungen theils auf Geruch und Geschmack, theils auf Magen- und Darmnerven und andere Organe sich erstreckende Eigenschaft der Genußmittel ist die Fähigkeit, die Lebensthätigkeit in bemerkbarem Grade anzuregen. Es gehört hierher z. B. der Alkohol; wir werden noch mehrfach Gelegenheit finden, darauf zurückzukommen.

Nicht minder als Geruch und Geschmack verlangt unser ästhetisches Gefühl einige Berücksichtigung in dem Aeußern der Speisen. Häufig wird bei unbemittelten, aber mit einem natür­lichen Sinn für Schönheit begabten Leuten die Kärglichkeit der Nahrung theilweise verdeckt durch deren geschmackvolle Anordnung; der Appetit wird reger und läßt gern mit einfachen, aber reinlich bereiteten und zierlich geordneten Speisen fürlieb nehmen, während die feinsten Delikatessen, die durch Unsauberkeit das Auge, wohl gar Geruch und Geschmack beleidigen, voll Efel zurückgewiesen werden. Es gehört hierher der sogenannte Hautgout, d. h. der Geruch und Geschmack, die das Fleisch dadurch annimmt, daß man es durch längeres Lagern erst zum Theil in Verwesung übergehen läßt. Manche überraffinirte, urtheilslose und jeglichen feineren Schönheitssinnes baare, meist den begüterten Kreisen an­gehörende Individuen glauben denn durch das Verzehren solcher ekelhafter Substanzen, die der Bär wie viele andere Raubthiere angewidert liegen lassen würde, einen ähnlichen feinen" Geschmack an den Tag zu legen, wie durch ihre gourmandistische Vorliebe für die Erkremente von Schnepfen und andere derartige unästhetische Gegenstände.

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Es wurde bereits erwähnt, daß einige der eben besprochenen Genußmittel erst durch die Zubereitung der Speisen erzeugt würden. Dies ist jedoch nicht der einzige Zweck der letzteren; es soll durch sie auch, infolge äußerer wie innerer Umgestaltung der Nahrungsstoffe, diesen eine leichtere Verdaulichkeit beigelegt werden. Wir kochen und braten das Fleisch einestheils, um es unserm Geschmack angenehmer zu machen, anderntheils um unserm Magen einen Theil seiner Arbeit abzunehmen. Wir entfernen die Schalen der Kartoffeln, Erbsen, die salzigen Theile der Gemüse, weil sie unverdaulich und ohne Nährwerth sind; wir kochen alle stärkemehl­haltigen Substanzen, wir backen unser Brot, weil uns die Stärke nur in gequellter Form, in der sie Wasser aufgenommen und dies genießbar ist; wir machen Früchte geschieht nur in der Wärme­ein, um einen Theil ihrer Säure für unsern Geschmack zu mas­firen, sowie um sie haltbarer zu machen; wir lassen das Sauer­fraut in Gährung übergehen, weil hierdurch sich infolge der Ent­stehung von Buttersäure und anderen Stoffen der spezifische Ge­schmack ausbildet: kurz, jede Hausfrau wird im Stande sein, diese Liste beliebig zu vermehren. Jedenfalls ist somit die Koch­kunst, durch welche in fast nicht geringerem Grade als durch die persönliche Liebenswürdigkeit der Hausfrauen das Glück und be­hagliche Wohlbefinden der Familie befestigt und stets erneuert wird, ein nicht unwesentlicher Faktor in der allgemeinen Kultur­entwicklung, und wenn schon die raffinirte Ausübung derselben nicht sowohl eine Ueberkultur als vielmehr einen allzuschroffen Gegensatz zwischen Arm und Reich innerhalb eines Volkes be­zeichnet, kann doch andererseits mit Recht von dem durchschnitt­lichen Modus der Ernährungsweise eines Volkes in Bezug auf seine Kochkunst ein nicht ungerechtfertigter Schluß auf den Grad seiner Kultur gezogen werden.

Ich habe im Vorstehenden, wie ich hoffe in verständlicher Weise, die Fragen zu beantworten gesucht: Warum essen und trinfen wir? Welche Mittel haben wir zur Befriedigung dieser unserer Bedürfnisse? Und in welcher Weise werden dieselben für unsern Zweck verwendbar? Vielleicht werden wir später Gelegen­heit haben, uns über die weitern Schicksale unserer Nahrung, über die Verdauung und Resorption, über die Größe des Nah­rungsbedarfes bei Ruhe und Arbeit, jowie über die einzelnen Nahrungs- und Genußmittel zu unterrichten.

Komödiantenfahrten im Kankafus.

( Schluß.)

Nach zwei Rafttagen ging es per Post weiter nach Tiflis . Bei dem Worte Bost" bitte ich dich, lieber Leser, nicht etwa an die behäbige, alte Freundin, die gelbe Postkutsche zu denken, welche dich in ihre gepolsterten Arme schließt und mit sicheren

und wohlbedachten Schritten von Berlin nach Prenzlau trägt. Die kaiserlich russisch- georgische Post ist ein federnloser Marter­kasten, der dir alle Knochen im Leibe zusammenrüttelt und en miniature der Arche Noahs gleicht, wie sie auf neuruppiner