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Beiden Gewaltigen mußte man Quecksilber in die Halsadern sprißen, um ihre verblichene Hülle vor Wurmfraß zu wahren. Ihr wahnbethörten Eintagsfliegen! Hat sich eure Thatenspur nicht in des Volkes Herz gesenkt, so seid ihr morgen vergessen und wenn sich Pyramiden über eurer Asche thürmten. Glaubt ihr, daß das Häuflein Erde   im Pantheon, welches einst Raphael Sanzio   hieß und aus welchem der beste Töpfer nicht eine Schüssel mehr zu drehen vermag, sein Andenken aufrecht er­hält? Seine Madonnen sind es, welche das Christenthum überdauern werden, ebenso wie Homers   Gesänge den Olymp überlebten. Wenn Raphaels Trabanten, Papst Leo X.  , Cardinal Bembo e tutti quanti, längst verschollen sind, wird noch immer sein Ruhm wie ein Sirius von den Wänden der sirtinischen Capelle auf die spätesten Geschlechter her­niederstrahlen. Wie lange wird noch die Reaktion, diese Wunderdoctorin für die Einrenkung freiheitlich verstauchter Regierungsorgane, die Mensch­heit zum eigenen Schaden mit ruhmestrunkenen Phantasien der Welt­verwüster berücken? Das größte Unglück der Menschheit besteht darin, daß sie liebgewordene Irrthümer nicht gerne aufgibt.

Zwei, in unserem. verschwommenen Jahrhundert unschätzbare Eigen schaften besaß Viktor Emmanuel wie auch Pins; Beide waren kernhaft und rücksichtslos. Daß Pius nicht gehalten, was Mastai Feretti ver­sprochen, kommt auf das Kerbholz der alleinseligmachenden" Kirche. Auf den Isolirschemel der Unfehlbarkeit gesetzt, ist jeder Papst dem Contact der elektrischen Zeitströmung entrückt. Der römische Pontifex Marimus wie der schismatische Papst, der Czaar, mit fortschrittlichen Marimen ist gleich dem fliegenden Elephanten eine Unmöglichkeit, weil er damit anfangen müßte, seinen Thron in die Luft zu sprengen. Pius der Neunte war ein kluger Feldherr der ecclesia militans und nahm aus dem gegnerischen Lager alle Erfindungen herüber, die er brauchbar fand. Und was hat er mit seiner strategischen Leistungs­fähigkeit im Streite der Geister bewerkstelligt? Neue Dogmen! Der französische   Naturforscher Buffon sagt mit Recht: Le style, c'est l'homme."( Der Styl kennzeichnet den Menschen). Zwei Aussprüche genügen um den Vater des ,, Non possumus", dieser Devise des geistigen Bankerottes, zu charakterisiren.

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Im Jahre 1846, kurz nach seiner Inthronisation, nahm er, wie so viele seiner Vorgänger einen kühnen Anlauf zu Reformen und be­willigte dem pfaffenverpesteten Kirchenstaate eine Consulta, eine Art Volksvertretung. Aber auf den Ruf des vor dem Quirinal   versam melten Volkes nach einer Constitution, antwortete er mit geradezu tindischem Troß: Non voglio, non debbo, non posso!"( Ich will nicht, ich mag nicht, ich kann nicht.) Als ihm im Jahre 1870 Cardinal Guidi an den Widerspruch der päpstlichen Unfehlbarkeit mit der demo­kratischen Tradition des Christenthums erinnerte, rief der vom Jesuiten­general beeinflußte Greis entrüstet: Die Tradition bin ich!"

Der aufrichtige Grundsatz der Rechtsgleichheit, sowie alle humanen Einrichtungen, welche den Völkern Erleichterung vom geistigen und materiellen Joch bringen sollen, wurde immer von den Baalspriestern auf Betris Stuhl bekämpft, ist aber auch in der katholischen Gemeinde zur Mythe geworden. Die Mission, Pflegerin des christlichen Gleich­heitsgedankens zu werden, ist der Kultur auf sozialdemokratischer Basis zugefallen, welche dem Syllabus für ewige Zeiten den Fehdehandschuh hinwirft.

Mastai Feretti's Nachfolger, der Dichter und Alterthumsforscher Gioachino Pecci, mag von den redlichsten Absichten beseelt sein, aber nach der Adoration  ( Anbetung), dem heidnischen Kniefall vor einem Menschen, transfigurirt sich Leo XIII  . zum Dalai Lama  , d. h. der gött­lichen Verkörperung auf Erden. Wie alle anderen Statthalter Gottes  " wird er sich mit dem letzten Rest der schwindenden Kraft an den Speichen des rollenden Rades festzuklammern suchen. Aber vergebens! Ihn be­rührt zwar die rasch wechselnde Gestaltung des Lebens in dem Schnecken­haus der Unantastbarkeit nicht, aber die stählerne Spannkraft des Lind­wurms, der über tausend Jahre auf päpstlichen Befehl das Erdenrund mit blutigen Krallen umfangen hielt, ist gebrochen. Der absterbende geistliche Cäsarismus ist der Vorbote zum Heimgang des weltlichen Cäsarismus. Vivat sequens! Dr. Max Trausil.

Bacharach.( Bild Seite 340.) Philosophen und Physiologen mag es überlassen bleiben, die wissenschaftlichen Gründe für die Thatsache zu ermitteln, daß ein jeder geistige oder seelische Genuß hunger- und dursterregend wirkt. Die Richtigkeit dieser Thatsache dürfte wohl jeder an sich selbst erfahren haben, der den Rhein   bereist hat. Die ruinen­gekrönten Rebenhügel, die den stattlichen Strom umrahmen, sehen noch einmal so schön aus, wenn sie sich im vollen Weinpokale spiegeln. Nicht umsonst reimt sich Rhein   auf Wein. Das zierliche, aber düstere Bacharach  , das troß seines Alters wie eine züchtige Maid im Bade mit den hochgegiebelten Häusern aus den Rebenranken lugt, erfreut sich zwar nicht der Genugthuung, die Wiege eines so berühmten Tropfens, wie seine Nachbavorte Rüdesheim   und Aßmannshausen zu sein, aber an jeder Straßenecke ,, streckt unser Herrgott den Arm aus", um dem Fremden ein gemüthliches Wirthshaus zu weisen; und der Muskateller, der hier wächst, ist verführerisch genug, wenn er auch seinen alten Ruf, zu den besten Rheinweinen zu gehören, nachgrade verloren hat. Den engen Gassen des Städtchens und den windschiefen, altersschwachen Häusern sieht man ein respektables Alter an, und in einem Stein, der während sehr trodener Zeit im Rheine   bei Bacharach   sichtbar wird, soll

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eine zu Römerzeiten dem Weingotte Bacchus geweihte Opferstätte, ein Bacchusaltar Bacchi ara( daher angeblich der Name der Stadt) erhalten sein. Der dreißigjährige Krieg hat Bacharach   schwere Leiden gebracht. 1632 fielen die Schweden  , 1639 die Truppen Bernhards von Weimar, 1644 die Franzosen   darüber her; nicht weniger als achtmal ward es belagert und geplündert. Auch zu Ende des 17. Jahrhunderts, 1689, fanden sich hier französische Kriegsvölker sengend und raubend ein. Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts- am 26. März 1793 und am 1. Jan. 1814 unter Blücher   überschritten die Preußen bei Bacharach   den Rhein  , um ihrerseits in Frankreich   einzubrechen.

Darum keine Feindschaft nicht.( Bild S. 341.) Ein altes Sprüchwort sagt: Mit dem Hut in der Hand, kommt man durch's ganze Land", aber nachgerade kann man sich auf die Unfehlbarkeit der alten Sprüchwörter auch nicht mehr verlassen, wie unser Bild zeigt, denn den Bruder Leim, einen ehrsamen Tischlergesellen, hat der Hut in der Hand" ins Loch gebracht. Wegen Mangel an jeglicher landes­üblichen Scheidemünze zum Fechten gezwungen, wurde ,, er von dem stets wachen Auge der ,, Gerechtigkeit" auf frischer That ertappt und nach hochnothpeinlichem Verhör zum vier- und- zwanzigstündigen Brummen verdonnert. Da es nun sehr heiß ist und Bruder Leim sich zwischen Basel   und Freiburg   einige sehr unangenehme Fußblasen gelaufen hat, kommt ihm der fühle Kerker mit Naturalverpflegung nicht unerwünscht. Vor seiner gähnenden Pforte bietet er mit freundlichem Kopfnicken dem Cerberus eine Priese. Dieser stußt und schwankt, denn er ist ein passionirter Schnupfer, schon frümmt sich Daumen und Zeigefinger zur Entgegennahme der prickelndduftigen Prise doch endlich siegt die souveräne Beamtenwürde über die sinnliche Begehrlichkeit und sich mit einem barschen ,, Danke" in die Brust werfend lehnt er ab und rasselt bezeichnend mit dem Schlüsselbunde. Darum keine Feindschaft nicht" erwidert Leim mit feinem diplomatischen Lächeln und verschwindet in dem kühlen Düster des Gefängnisses.

Rösselsprung von A. Fr.

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Aerztlicher Briefkasten.

T.

Bockenheim. A. D. Die Ursachen des Wechselfiebers kennt man bis zur Stunde nicht genau, sondern man vermuthet nur, daß giftig wirkende Zerseßungsproducte vegetablischer Substanzen( das sog. Malaria­gift), welche eingeathmet werden, dasselbe hervorrufen. Diese Zer­segungsproducte entwickeln sich besonders in der warmen Jahreszeit in feuchtem, sumpfigen Boden, daher das häufige Auftreten des Wechsel­fiebers im Frühling und Herbst, so wie der Volksglaube, daß Fieber­tranke nicht an's Wasser gehen sollen. Das beste Heilmittel ist schwefel­saures Chinin, welches Ihnen jeder Arzt verordnet. Verschwindet das Fieber dadurch nicht, so thun Sie am besten, in eine gesunde, fieber­freie Gegend zu reisen und sich dort einige Zeit aufzuhalten.

Leipzig  . F. A. Was wir von den Wasserdoctoren" halten? Die­selben können unter Umständen dem Kranken eben so viel nügen, als schaden. Daß manche Krankheitsprocesse durch den vernünftigen und curgemäßen Gebrauch von hydrotherapeutischen Proceduren geheilt und besser geheilt werden können, als durch Arzneimittel, steht fest, nament­lich wenn damit eine entsprechende diätetische Behandlung verbunden wird. Von einem intelligenten und erfahrenen Manne ausgeübt, selbst wenn derselbe kein Arzt von Fach ist, kann deshalb die Wasserheilkunde viel