396

findlichen Person erkennen können, ist die ganze Geschichte höchst gleich gültig. Hochwürden hat sein heiliges Gesicht durch ein Lächeln verklärt, gewiß durch ein Lächeln der Befriedigung über das ,, treffliche" Werk, das vielfältige Wunder verrichten, das Dörflein zu einem Wallfahrtsort à la Revelaar und Marpingen   machen und ihm großen Ruhm, als einer Säule der Kirche und noch mehr Geld einbringen wird. Mit einem mephistophelischen Gesichtsausdruck sieht sich der Schöpfer des großen Werkes die ganze Szene an. Gewiß hat ihm seine Kunstthätigkeit noch nie so großen Spaß gemacht. Frohen Herzens wird er die blanken Markstücke, die der Finanzminister des Dorfes auf den Tisch zählt, einstreichen und seine Spekulationen auf die frommen Herzen und gläubigen Seelen in anderer Gegend fortsetzen.

N- r.

Ein neuer Kurirschwindel. Von ungefähr zehn Jahren tauchte in Italien   ein gewisser Graf Mattei auf, welcher vorgab, sieben Mittel entdeckt, resp. die Zubereitung von sieben verschiedenen Arzneimischungen erfunden zu haben, welche, innerlich in kleinen( homöopathischen) Dosen gebraucht, gegen alle nur erdenkbaren Krankheitsformen nüßlich seien. Er nannte diese Mittel: Antiscroholoso( Lymphdrüsenmittel), Antian­gioitico( Blutgefäßmittel), Anticanceroso( rebsheilmittel), Febrifugo ( Fiebermittel), Pettorale( Lungenmittel) 2c. 2c. und fügte später noch fünf weitere, äußerlich anzuwendende Mittel hinzu, die die Wirkung der innerlich genommenen unterstüßen sollten, welche er Elektrizitäts­mittel nannte. Da der Graf Mattei behauptete, die verloren ge­gangene Kunst der alten Alchymisten in Bezug auf die besonders heil­fräftige Zubereitung von Arzneimitteln wieder entdeckt zu haben, so fand er sehr bald Anklang mit denselben und wurde namentlich von dem sehr abergläubischen italienischen Landvolke überlaufen. Der Klerus, in seiner bekannten Neigung, den Aberglauben zu unterstüßen und für seine Zwecke zu mißbrauchen, bemühte sich nach Kräften, den Ruhm des Grafen zu verbreiten, und als ein deutscher, durch seinen Hang zum Mystizismus bekannter homöopathischer Arzt ihn in Rom   auf suchte und von dem klugen Italiener   eine Quantität dieser Mittel zur Prüfung erhielt, da fanden sie auch ihren Weg nach Deutschland   und machten sich, wie wir uns zu überzeugen Gelegenheit hatten, auch in der homöpathischen Literatur breit. Ein deutscher homöopathischer Apotheker übernahm sogar ein Depot dieser Mittel, deren Zusammen­setzung bisjeßt nicht vollständig bekannt ist und die daher als Geheim mittel zu betrachten sind. Wie alles Neue in der Medizin, so wurden sie auch von mehreren Aerzten begierig aufgegriffen, jedoch bald wieder verlassen, denn es stellte sich heraus, daß man nichts weiter, als einen plumpen Schwindel vor sich hatte, denn jene Reihe von Krankheits­formen, welche ohne jedwedes Zuthun oder unter dem Gebrauch von Arzneimitteln in jedem Falle geheilt oder gebessert werden, gelangten durch die Mattei'schen Mittel allerdings zur Heilung, während sie sich gegen die übrigen Krankheitsprozesse, gegen welche Mattei seine Mittel ebenfalls als unfehlbar empfohlen hatte, wie z. B. Krebs, Staar, Brüche, Lungenschwindsucht u. s. w., ohnmächtig erwiesen. Jener Apotheker gab deshalb infolge eines Protestes der deutschen   homöo­pathischen Aerzte das Depot wieder auf, umsomehr aber, als der Graf Mattei, der seine Schwindelmittel aufänglich nur gegen mäßige Ver­gütung aus purem christlichem Mitleid mit der leidenden Mensch­heit nach Deutschland   gesandt hatte, plötzlich die Krallen des ge­wöhnlichen Bauernfängers heraussteckte und für das Liter seines Gebräues achthundert Francs verlangte. Schon glaubte man die Geschichte ver­gessen, da tauchte sie vor wenigen Wochen von neuem auf und zwar nicht bloß in den Inseratenbeilagen der ,, Gartenlaube" und einiger anderen Zeitungen, in denen sich der jetzige Depoſitär Mattei's, ein genfer Apotheker, breit macht und ein Cylinderchen mit 200 Bucker­förnchen für 1 Francs ausbietet, sondern auch in dem redaktionellen Theile des bei Payne erscheinenden ,, Neuen Blattes". Die Redaktion. verwahrt sich zwar in einer Anmerkung gegen die Annahme, daß sie die in dem fraglichen Artikel niedergelegten Ansichten theile. Ob es aber nicht angezeigt gewesen wäre, jener offenbaren Reklame für eine Geheimmittelprellerei die Spalten der Zeitschrift überhaupt zu ver­schließen, das lassen wir dahin gestellt sein. Wir glauben aber die Leser der Neuen Welt" vor diesem neuen Schwindel warnen zu müssen. Dr. R.

" 1

Aerztlicher Briefkasten.

Chemnik. Th. D. Der üble Geruch aus dem Munde rührt entweder von Stoffen her, die bei vernachlässigter Mund- und Zahn­pflege im Munde faulen, oder auch von kurz vorher genossenen Speisen ( Rettig, Zwiebeln u. s. w.), welche während ihres Aufenthalts im Magen denselben verursachen, oder er ist das Symptom einer oder mehrerer anderweiter Störungen, wie z. B. chronischer Mund- und Rachenkatarrhe,

-

Mund- und Rachengeschwüre, Storbut, Knochenfraß der Zähne, chroni­scher Lungenleiden, Kehlkopfsgeschwüre, Magenkatarrhe u. j. w. Wenn Sie daher Ihre Mundhöhle und Zähne genügend pflegen, so muß eine der letztgenannten Störungen dem Leiden bei Ihnen zugrunde liegen, und wenn Sie uns mittheilen, ob Ihre Verdauung in Ordnung ist, oder ob Sie an Brustbeschwerden, Husten 2c. leiden, würden wir viel­leicht in der Lage sein, Ihnen einen Rath geben zu können. Bemerken wollen wir noch, daß das bloße Pußen der Zähne und Ausspülen des Mundes mit Wasser nichts hilft, sondern Sie müssen die in jeder Apo­theke käufliche medizinische Seife zum Reinigen verwenden und hinterher den Mund mit Salicylsäure- oder Thymolmundwasser ausspülen, denn durch letztere allein kann die Fäulniß in der Mundhöhle aufhältlicher Speisereste beseitigt werden.

Hausen. R. L. Schon die Gebrauchsanweisung, welche der Ver­fertiger der Dr. Sulzberger'schen Flußtinktur diesem Geheim­mittel beilegt, sollte nach unserer Meinung jeden Menschen, der denken gelernt hat, von deren Gebrauch abhalten. Sie besteht aus einer Auf­Lösung von 1 Theil Aloë in 2 Th. Weingeist und kostet viermal mehr als das gleiche Quantum der in jeder Apotheke käuflichen, ganz dasselbe leistenden Aloëtinktur. In nicht zu großen Dosen wirkt sie gelind ab­führend, und dies hat wohl dazu beigetragen, daß sie sich bei solchen Personen, die an Verstopfung des Stuhls leiden, zu fast täglichem Gebrauch eingebürgert hat. Solche Leute bedenken aber nicht, daß sie sich dadurch den Darm für die Dauer ruiniren. Wir warnen Sie des­halb vor dem Gebrauch dieses ekelhaft bitter schmeckenden Zeuges und rathen Ihnen, einen Arzt zu konsultiren, welcher den Fall genau mit Ihnen durchsprechen und Ihnen die besten Rathschläge geben kann.

Hamburg  . J. H. Lassen Sie sich durch Ihre gegenwärtige Be­schäftigungslosigkeit nicht zur Hypochondrie verleiten, sondern machen Sie Sich fleißig Bewegung im Freien und suchen Sie Sich zu zer­streuen, nicht dadurch, daß Sie Romane lesen, sondern daß Sie Sich nachhaltig mit Gegenständen beschäftigen, die Sie anregen, selbst etwas zu produziren, damit Ihr Gedankenkreis von dem engbegrenzten Ge­biete Ihres körperlichen Jchs abgelenkt wird. Sofern Sie durch Ihre Reise nach Queensland   Beschäftigung finden, rathen wir dazu. Mit der von Ihnen genannten Infektionskrankheit haben Ihre Beschwerden nichts zu thun, denn einestheils pflegen die sekundären Erscheinungen nicht zwölf Jahre nach vollständiger Beseitigung der örtlichen Affektion, sondern schon nach wenigen Monaten einzutreten, anderntheils würden die Jod- und Schmierkuren entschieden dagegen genügt haben.

Die übrigen, bis zum 3. Mai eingegangenen Briefe sind direkt beantwortet worden. Wir bitten in jedem Falle, auch da, wo öffentliche Dr. Rejau. Beantwortung gewünscht wird, um Angabe der Adresse.

Redaktions- Korrespondenz.

Zürich  . Stud. phil. S. K. Von allen höheren landwirthschaftlichen Lehranstalten in Deutschland   dürfte Eldena   bei Greifswald   immer noch die beste sein. Daselbst ist der theoretische mit dem praktischen Unterricht in zweckmäßigster Weise verbunden. Rob. S. Besten Dank. Sie werden bald Gelegenheit haben, zu bemerken, daß wir solche Fahr­lässigkeiten nicht dulden.

Kopenhagen  . G. H. Ihre Arbeiten werden balbmöglichst geprüft. Photographische Ansichten von Kopenhagen   und Gothenburg   zur eventuellen Reproduktion senden Sie gefälligst ein.

Leipzig  . Ht. K. Frdl. Dank für die Uebersendung der Bern'schen Deutschen Lyrit seit Goethe's Tobe"; wollen sehen, ob wir das Büchlein zur Anschaffung empfehlen fönnen. Bezüglich der Prämienbilder brauchen Sie keine Angst zu haben; denken Sie boch: 50000 gute Delgemälde", wie wir sie dem merkwürdigen Kauz in Mannheim   zu liebe ,, bestellt haben, repräsentiren, auch so billig gerechnet als möglich, ein Kapital von vielen millionen Mark und erfordern, da wir mit ihrer Ausführung( cf. Korr. d. Nr. 29) vorsichtigerweise nur einen Künstler ,, beauftragt" haben, einen Zeitaufwand von mehr als tausend Jahren.

Ried  ( Oberösterreich  . F. L. Briefe an Dr. Douai gelangen in des Genannten Hände, wenn sie gerichtet sind nach New- York U. S.  , Broadway between 44th and 45th Str. Ihre zweite Frage beantworten wir nächstens. Die Expedition hat Ihre

Wünsche erfüllt.

Goldap  . M. S.   Wir hatten Ihre Arbeit einer nochmaligen Durchsicht unterzogen, um uns zu überzeugen, ob wir mit dem Urtheil, Sie hätten ,, entschiedenes Talent", nicht vielleicht mehr gesagt, als strengste Gewissenhaftigkeit verantworten könnte. Indessen tönnen wir durchaus bei dem in Nr. 25 Gesagten beharren. Die Remission erfolgt am 7. d. M.

Gera  . Gracchus Caffena(!?!). Sie sind ein sonderbarer Herr, wie neben Ihrem schnurrigen Pseudonym auch die ganze Schachtel voller Gründe zu erkennen gibt, mit benen Sie motiviren wollen, warum Sie Sich trot unbändigster Freisinnigkeit der deutschen  Sozialdemokratie nicht angeschlossen haben. Wir werden Ihren Brief in einer der nächsten Nummern mit einigen fleinen Randbemerkungen unsererseits veröffentlichen; vielleicht furiren Ihre Bedenken andre gute Leute von der ,, Krankheit des Sozialismus".

Pösued. R. E. Ihr Roman ist angekommen. Hoffentlich kommen wir zur Prüfung desselben, ehe Sie selbst in Leipzig   eintreffen.

Köln  . E. V. W. Das von Ihnen eingesandte Gedicht ist hübsch. Sie haben jedoch das Pech, daß ein gewisser Heinrich Heine   ein Mensch, dem nichts heilig warun gefähr im Jahre 1821 wörtlich dieselben Verse gedichtet hat. Wenn der Mann nicht schon länger als 20 Jahre todt wäre, so müßten Sie ihn wegen eines literarischen Dieb stable belangen, der um so abscheulicher ist, weil er an Ihnen begangen worden sein muß zu einer Zeit, als Sie noch gegen solchen Frevel ganz wehrlos waren, nämlich vor Ihrer Geburt. ( Schluß der Redaktion: Montag, den 6. Mai.)

-

Komödiantenfahrten Weltausstellungs­Aerztlicher

Inhalt. Ein verlorener Posten, Roman von R. Lavant  ( Forts.). Der Frühling einst und jetzt( Schluß). zwischen Trapezunt und Fiume, von Dr. Mar Traufil. Die Sehnsucht nach Freiheit beim Thiere, von Dr. W. Gottweis. briefe.( II.) Das Serail. San Marino  ( mit Illustration). Das neue Altarbild( mit Illustration). Ein neuer Kurirschwindel. Briefkasten. Redaktionskorrespondenz.

-

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwizerstraße 20). Expedition: Färberstraße 12. II. Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .