Tempelresten der Concordia, bestehend aus 19 Säulen im reinsten dorischen Styl.
Am andern Tage verschaffte mir mein garibaldisches Rothhemd einen Platz in dem bequemen Korbwagen eines Fleischers, der mich über Caltanisetta nach Catania brachte.
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Zwei Rasttage in einer nach sizilianischen Begriffen ziemlich reinlichen Locanda( Herberge) hatten mich soweit gekräftigt, daß ich, auf einen Knotenstock gestützt, nach dem nahen Nicolosi humpeln konnte.
Die Straße steigt ziemlich steil zwischen den catanesischen Gartenhäusern, die, von den gefiederten Zweigen der Dattelpalmen überragt, sich hinter Feigen- und Johannisbrotbäume verbergen. Oliven, Citronen- und Orangenpflanzungen wechseln mit Weizenfeldern ab, in denen noch Reihen von Weinstöcken stehen. Mais und Wein, Obst und Korn wächst den Menschen so recht in die Fenster hinein. Die außerordentliche Fruchtbarkeit der schnell verwitternden Lava erspart hier jegliche Anstrengung und zeitigt Mitte Juni die Ernte. Granat und Mandelbäume bilden in den höheren Regionen den Uebergang zu unserem heimischen Laubholz. Eine knorrige Steineiche bezeichnet den höchsten Punkt des Vorberges. Von da senkt sich die Straße nach Nikolosi, welches zwischen zwei Eruptionskegeln erbaut ist. Die Lavaspuren der jüngsten Eruption glichen Gießbächen mit erstarrten Wellen. Nicolosi ist ein armseliges Nest, in dessen engen Gäßchen die Schweine frei umherlaufen. In den dumpfen Zimmern sah ich nur Frauen und Mädchen emsig hantiren. Die " Herren der Schöpfung" standen auf dem holperigen Marktplatz um einen antifen Brunnen gelangweilt in Gruppen herum. Das nennt man in Italien Sonntagsvergnügen. Ein Paar schreiende und lachende Kinder, deren üppiger Haarwuchs noch nie die Befanntschaft eines Kammes gemacht zu haben schien, zeigten mir den Weg zu meinem Pfleger. Mir wurde angst und bange beim Anblick der windschiefen Baracken, deren Wände der durch die Thüren seinen Ausgang suchende Rauch gebräunt hatte. Aber freudiges Erstaunen belebte meinen gesunkenen Muth, als die halbnackten Knirpse vor einem weißgetünchten Hause mit hellen Fensterscheiben hielten. Gegen die Landessitte war die Hausthür mit dem blankpolirten Messinghammer geschlossen und auf mein Bochen öffnete eine bildhübsche Magd. Auf ihre scharfgebogene Nase und ihre blizenden Augen, schwarz wie die Nacht, hätte eine maurische Königstochter stolz sein können. Als ihre fragenden Blicke in den meinen brannten, glaubte ich eine alte Bekannte, die Madonna von Murillo, wiederzusehen. Sie schien auf meine Ankunft vorbereitet, denn auf meine Frage nach dem Herrn des Hauses führte sie mich an der brgtenduftenden Küche vorbei über einen reinlichen Hof in das Erdgeschoß des Hinterhauses. Meine hochgespannten Erwartungen befamen eine gewaltige Ohrfeige beim Anblick des dielenlosen Estrichs, des roh gefügten Dachgebältes und der verschimmelten Tapeten des mir angewiesenen Zimmers. Wohl präsentirten mir von einem Büchergesteü die Heren Dante und Boccaccio , Petrarca und Ariost ihren schweinsledernen Rücken, aber die Stühle waren wackelig und die Schränke wurmstichig.
Weltausstellungsbriefe.
IV.
( Schluß.)
Nachdem wir Japan und China auf der Ausstellung besichtigt haben, werfen wir schnell einen kurzen Blick auf Indien . Dieses alt= berühmte Land hat zwar die Ausstellung nicht aus eigener Initiative beschickt, ist aber dennoch in der englischen Abtheilung durch die herrlichsten seiner Industrieobjekte vertreten. Dec großen Mehrzahl nach sind es Geschenke, welche dem Prinzen von Wales auf seiner leßten Reise durch Indien von den einheimischen, tributpflichtigen Rajahs ( Herrschern) gemacht worden sind. Die Sagen sowohl wie geschichtlich beglaubigte Urkunden erzählen uns von einem fabelhaften, prunkvollen Reichthum, der in den verschiedenen kleinen Distrikten, die von Selbstherrschern regiert wurden und zum Theil noch werden, gefunden worden ist. Während das arme Volk oft vor Hunger und Elend nach hunderttausenden hinstirbt, können sich noch jetzt einzelne Rajahs rühmen, die Besizer des größten Reichthums zu sein. Die Arbeit des Volfs trägt ihnen und der englischen Regierung in Indien die rohen und fabrizirten Produkte des Landes zu, und der Profit aus letzteren beträgt Milliarden. Kein Wunder, daß England, wie jezt augenblicklich, mit dem größten Mißtrauen die Gefahr überwacht, welche für seine indischen Besitzthümer aus der Annäherung der Russen erwächst. Der überaus interessante ,, indische Schatz des Prinzen von Wales" befindet sich auf dem Ehren plage der indischen Ausstellung in der großen Halle, die den Industrie
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Die Ankunft der Magd mit einer Suppenschüssel machte meinen düsteren Betrachtungen ein Ende. Sie stellte die rauchende Schüssel auf die Erde, lehnte den dreibeinigen Tisch an die Wand und deckte ihn mit einem Tischtuch, dessen zweifelhafte Farbe mich vermuthen ließ, daß es bereits geraume Zeit dieselben Dienste geleistet. Das graziöse Neigen und Beugen, Heben und Senken des holden Wesens bestärkte mich immer mehr in der Ansicht, daß sie aus dem Goldrahmen irgend eines Altarbildes hernieder gestiegen sei, um uns Sterbliche zu beglücken. Als ich meine Hand um ihre Taille legte, natürlich nur um mich von ihrer Göttlichkeit" zu überzeugen, gab sie mir einen unzweidentig menschlichen Rippenstoß und entfloh. Ich sah ihr nach bis sie in der Küche verschwand. Als ein langgezogenes Ritornell von ihren schwellenden Lippen zu mir herüber schallte, stellte ich mein einziges Gepäck, den Knotenstock, in die Ecke und die Suppenschüssel auf den Tisch, in deren Bauch in einer schwarzen Brühe Kopf und Füße eines undefinirbaren Geflügels schwammen. Wer aber, wie ich, wochenlang Vegetarianer wider Willen war, dem mundet jedes Fleisch wie Ambrosia. Kaum hatte ich einige Bissen aus der starkgewürzten spartanischen Suppe herausgefischt, da schienen plößlich die Wände des Zimmers zu wanten und mit einem Krach berührte mein Sitzfleisch sehr unsanft den hartgestampften Estrich. Im ersten Augenblick dachte ich an ein Erdbeben. Als ich aber, meine Knochen befühlend, mich überzeugt hatte, daß nur der wackelige Stuhl die Schuld meiner Depossedirung war, stieß ich ein weithinschallendes Heiliges Himmelkreuzdonnerwetter" aus. Hierauf erschien eine ältliche Frau, troß ihrer stattlichen Leibesfülle mit jugendlicher Schnelligfeit wie aus der Erde gewachsen, in der offenen Thür. Als sie mich mit dem Löffel in der Hand auf der Erde sizen sah, stemmte sie ihre fleischigen Hände in die Hüften und lachte, daß ihr die hellen Thränen über die Wangen liefen. Ich muß ein sehr verdußtes Gesicht gemacht haben, denn als ich aufsprang, um ihr meine Reverenz zu machen, brach bei ihr immer wieder der zurückgestaute Lach strom hervor und hinter ihrem Rücken von ungewöhnlicher Schulterbreite ficherte schadenfroh die Magd. Am liebsten wäre ich auf und davon gelaufen. Meine verzweiflungsvolle Miene schien ihr Mitleid zu erwecken, denn treuherzig sagte sie im ächten tyroler Kehlton:" Hab' ich vorhin recht gehört, daß Sie deutsch geflucht haben?"
,, So ist es, meine Dame!" erwiderte ich ermuthigt.
„ Ei, da sind wir ja Landsleute," rief sie mit blizenden Augen und wischte ihre mehlbestaubte Rechte an der weißen Küchenschürze, um mir im nächsten Augenblick die meine zu drücken. Auf ihren Ruf erschien ihr Mann, Doktor-
Entschuldige, liebenswürdiger Giftmischer, daß ich nach achtzehn Jahren deinen Namen, aber nicht deine Wohlthaten vergessen habe, aber tröste dich damit, wenn dir jemals diese Zeilen zu Gesicht kommen sollten, daß die undankbare Welt die Namen ihrer größten Wohlthäter, wie z. B. die der Erfinder des Pfluges und Dreschflegels, auch nicht kennt. ( Schluß folgt.)
palast nach der Seineseite zu abschließt. Es ist in derselben eigens ein kleiner indischer Sommerpalast aus braunein Holz erbaut, der eigen thümlich genug in der Bauart ist, denn er besteht aus lauter kleinen schachtelartigen Räumen und Kabinetten, die enge über-, unter- und nebeneinander zusammengepreßt sind. In diesem kleinen Palais sowohl wie auf einigen mit Glas überdachten Tischen stehen die herrlichsten Gold- und Silberwaaren zur Schau, die meistens ein sehr altes Datum der Herstellung haben. Manche derselben stammen sogar aus Zeiten, die vollständig in geschichtliches Dunkel gehüllt sind und von denen nur uralte Sagen nebelhaft zu erzählen wissen. Umsomehr ist die treffliche Industriearbeit zu bewundern. Wir finden Silbergeschirre, welche alte Erbstücke der indischen Fürstenfamilien sind, die durchaus in gediegenen Metallen gearbeitet und dabei centnerschwer sind. So sah ich eine Tischplatte, in welcher ein Jagdzug in getriebenem Silber dargestellt ist. Selbst unter der Lupe, die den alten Indern ganz fremd war und die sie demnach nicht benutzen konnten, ist kaum eine Ungenauigkeit zu entdecken, die Physiognomien der einzelnen Jäger und tanzenden Baja deren sind in feinster Bartheit modellirt worden. Es gibt in der ganzen modernen Silberindustrie kein Fabrikat, welches dieser Tischplatte zur Seite gesetzt werden könnte. Wunderbar effektvoll sind auch die Metallfarben verwendet worden, besonders prächtig wirkt das tiefgelbe Gold im Gegensatz zu dem matten, weißen Silber. Tausenderlei größere und kleinere Silber- und Goldgefäße blizen uns entgegen, Schalen, Kämme, Die modernen Indier Rauchapparate und Utensilien für Betelfauer. haben sich auch mit Glück in der Nachahmung moderner, namentlich