englischer und holländischer Silbergeräthe versucht, doch haben die letzteren cinen weit geringeren Werth. Abenteuerliche, höchst phantastische Formen haben die Ornamente der Indier, welche jedoch unserm modernen Geschmacke nicht so fremd sind, wie diejenigen der Chinesen. Die Gefäße aus Bronze, Kupfer und Zinn haben ebenfalls getriebene Ornamente. Diese Kunst wurde von altersher hauptsächlich in der indischen Stadt Madura und dem kleinen Dorfe Vizagapatam gepflegt. Daselbst wurden auch die Tempelglocken hergestellt. In der Damaszirung und Emaillirung waren und sind die Indier noch jetzt Meister der Kunst. Ein Tintenfaß in der Form eines Pfaus, dessen Federn in hundert Farben schillern, erregt die besondere Aufmerksamkeit und ist der Seltenheit wegen kaum mit Gold aufzuwiegen, Unzählige Waffen hängen und liegen in der Ausstellung, von der einfachsten hölzernen Streitkeule des wilden Eingebornen bis zu den damaszirten, skulptirten und mit Juwelen reich besetzten Schwertern, Schildern und Helmen der alten und neuen Fürsten hinauf sind alle Arten vertreten. Unter ihnen nimmt das große Schwert Sivahi's, des Gründers der Marattenherrschaft in In dien , lange vor Christi Geburt, den ersten Platz ein. Daneben liegen die Hausrathsgegenstände aus geschnißtem Schwarz- und Sandelholz, welches sich durch seine Härte auszeichnet. Die berühmten Gewebe und Nezarbeiten aus dem Städtchen Kaschmir erwähne ich nur nebenher. Noch jetzt gelten diese Gewebe, welche nur durch Handarbeit hergestellt werden, als die vorzüglichsten in der ganzen Welt. Aber ihre Herstellung erfordert auch Zeit und Arbeitskraft. Manche unserer vornehmen Damen, die im Besize eines ächten Raschmirshawls ist und denselben lässig von der Schulter hängen läßt, ahnt nicht, daß hundert fleißige Hände jahrelang an demselben haben arbeiten müssen. Alle diese Gegenstände aber werden verdunkelt durch den Schatz der Edelsteine, Diamanten, Saphire, Rubine, Brillanten, Perlen 2c., die, von der Sonne beschienen, ein Meer von Licht ausfluthen lassen. Das läßt sich nicht beschreiben, dieser Reichthum ist unnennbar groß und würde, zu Gelde gemacht, hunderttausenden armer Leute unter jetzigen Verhältnissen ein bequemes Dasein bis an ihr Lebensende gewähren können. Indien ist das Vaterland der Edelsteine, es hat der Welt auch den größten Diamanten geschenkt, den sogenannten ,, Kohinor "( zu deutsch ,, Berg des Lichtes"). Dieser ist nicht im indischen Schazze, sondern in der Kollektion der Diamanten der Königin von England ausgestellt. Er ist so groß, wie ein halbes Hühnerei und wiegt 800 Karat. Sein Werth wird beiläufig auf 40 millionen deutsche Reichsmark taxirt. Die Königin von England bekam diesen seltenen Edelstein im Jahre 1850 von der indischen Kompagnie, welche ihn bei der Eroberung des indischen Ländchens Penschab erbeutete. Wann der Kohinor gefunden worden, ist unbekannt geblieben, jedenfalls existirte er schon 500 Jahre vor Christi und hat mehrfach Anlaß zu kriegerischen Fehden zwischen indischen Fürsten gegeben. Er soll früher doppelt so groß gewesen, aber durch mangelhafte Schleiferei verkleinert worden sein. Den modernen Schliff hat der Kohinor bei einem holländischen Juwelier im Jahre 1851 erhalten.
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Westlich von Indien liegt Persien , welches sich ebenfalls an der Ausstellung betheiligt hat. Der einzige Aussteller dieses Landes ist der Sonnensohn", wie sich der Kaiser oder Schah von Persien stolz benennt. Er hat einen abscheulich häßlichen, grün und weiß angestrichenen Holzgelaß mit schmalen, langen Fenstern im Trocaderopark erbauen lassen, in welchem weiter nichts bemerkenswerth ist als der Spiegelsaal, ein Salon, dessen Decke und Wände vollständig mit kleinen Spiegelscheiben austapezirt sind. Glizern und glimmern thut dieser Salon zwar genug, aber bei längerem Verweilen in demselben verdirbt man sich die Augen. Der Schah hat mancherlei moderne und alter thümliche Waaren in diesem Palaste ausgestellt, unter denen besonders die prächtigen Seidenteppiche hervorzuheben sind, eine Spezialität der persischen Industrie, in welcher sie mit den Indern und Chinesen erfolg reich wetteifern. Welche Fülle anmushiger und frischer Farben schimmert uns entgegen! Sehr interessant sind auch die in Erz getriebenen Gefäße und Hausgeräthe, doch nach der Betrachtung der indischen Schäße dieser Art erscheinen sie weit weniger werthvoll als sie wirklich sind.
Von den sogenannten orientalischen Völkern haben sich dann noch Tunis , Algier und Marokko betheiligt. Ich las zwar neulich in einer Zeitung, daß auch Aegypten vertreten sei, habe aber nirgendwo etwas von demselben bemerkt. Was die andern drei Länder betrifft, se nimmt Algier mit einem ganzen Palais im Trocaderopark den größten Raum ein. Es ist ganz weiß angestrichen, besitzt einige Farbenornamente, die wenig originell sind, macht aber einen seltsamen Eindruck deswegen, weil sich fast gar keine Fenster in demselben befinden. Das ist übrigens eine Eigenthümlichkeit des maurischen Baustils, der in Aigier noch jezi bei Bauten verwendet wird. Die nackten weißen Wände eignen sich vortrefflich dazu, die glühenden Sonnenstrahlen zurückzuwerfen. Im Innern des Palastes sieht es dagegen desto bunter and lebhafter aus. Säulen, Treppen, Galerien, Fenster, Thüren, Springbrunnen, Blumen, Balmbäume finden wir im Hofe, der durch Zeltdächer vor der Sonne geschützt ist. Hier scheint das Paradies der Ueppigkeit und Schwelgerei, der lässigen Ruhe und poetischen Träumerei zur Wirklichkeit geworden zu sein. Wahrlich, die Muhamedaner verstehen es, ihr häusliches Leben sich so behaglich und poetisch wie möglich zu machen. Was die Waaren betrifft, die von den Eingebornen verfertigt und hier ausgestellt werden, so gleichen sie denjenigen, die auch Tunis und Marokko fabriziren. Große Feinheit, gute Arbeit, elegantes Aeußeres kann man ihnen nicht
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nachrühmen. Goldgewirkte Bekleidungsstücke von Seide, Leinen, Leder, Baumwolle 2c. sind in Unmasse vorhanden und zeichnen sich durch seltsame Formen und grelle Farben aus. Waffen, zum Theil sehr schöne, Sattelzeug, Teppiche, Sophas, Divans, Kaftans, Feze, Turbane beleidigen die Augen zum größten Theil durch schrille Farben. Aehnliches läßt sich auch von den vielen Kleinigkeiten aus Metall und Holz sagen. Da stehen und liegen unzählige, Kästchen, Federhalter, Ührgehäuse, Schalen, Schmucksachen, Rosenkränze und tausenderlei sonstiges herum. Die Tuneser und Marokkaner haben kleine Bazars in buntangepinselten Holzhäusern errichtet und verkaufen gegen leidlich billige Preise daselbst. Ein Spazirgang durch diese eigenthümlichen Verkaufshallen ist zwar recht amüsant, aber man lernt nicht viel dabei. Ein tunesisches und ein marokkanisches Kaffeehaus fehlen auch nicht, aber die Speisen und Getränke, welche man daselbst bekommt, sind so trocken und flau, als ob sie mit Saharastaub gewürzt wären. Die Musik, welche sechs Tuneser mit ihren Leiern und Trommeln machen, ist vielleicht Sphärenmusik für einen Neger, für uns Europäer aber gradezu nervenerschütternd schrecklich. Und dazu kommt noch das lärmende Ausbieten der Verkäufer und Verkäuferinnen, die weder hübsch noch jung sind,- entfernen wir uns schleunigst! Kade.
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Besuch deutscher Frauen in einem Harem zu Tunis. ( Bild Seite 484.) Der Encyklopädist Diderot sagt: Wer über Frauen schreiben will, sollte seine Feder in Regenbogenfarben tauchen und den Goldſtaub von Schmetterlingsflügeln über die Zeilen streuen." Der schneidige Hofprediger der Kaiserin Maria Theresia , Abraham a Santa Clara erwidert darauf: Im Frauenzimmer, da steckt der Teufel drin; es ist und bleibt ein nothwendiges Uebel." Wer von den beiden Antagonisten hat recht? Die Wahrheit liegt, wie immer, zwischen Verweber, den Besuch deutscher Frauen in einem Harem zu Tunis darherrlichung und Tadel. Unser Bild, eine Originalzeichnung von Leineſtellend, liefert den Beweis, daß die gebildeten Frauen des Occidents mit ihren ungebildeten orientalischen Schwestern zum mindesten eine Eigenschaft gemeinsam haben und zwar die Neugierde. Die pikante Szene spielt im Tandur, dem Versammlungssaal der Haremsfrauen eines tunesischen Gentlemans, den das unerbittliche Schicksal mit vier Frauen gesegnet. Der große Prophet möge ihm helfen, sein diesseitiges Loos im jenseitigen Paradiese zu vergessen. Die tunesischen Frauen, welchen der Fluch der Vielweiberei, dieser Krebsschaden des Islam, vor allen Anstrengungen Abscheu eingeflößt hat, kränkeln infolge dessen an einer chronischen Langweile und sehen in dem Besuch der deutschen Frauen eine erwünschte Unterbrechung des Haremeinerleis. Sie haben ihr Möglichstes gethan, um den Liebreiz des Körpers durch Toilettenkünste zu heben, denn sie wollen den Chriſtinnen imponiren. Die eng anliegenden Beinkleider von goldgesticktem Sammet umschließen das pralle Bein und sind wohl dazu angethan, mehr zu verrathen wie zu verhüllen. Ein kurzes Seidenhemd birgt faltenreich die schwellende Brust und eine Jacke von Goldbrokat umfängt die runden Schultern. Ein buntes Tuch, das Kopf und Hals vermummt, und der wallende Schleier, mit Perlenschnüren und aufgereihten Goldmünzen geziert, vervollständigt die bequeme Haustracht. Ist diese Gewandung, die nichts von Schnürleib und Stöckelschuhen weiß, nicht vernünftiger, wie die beengende Tracht unserer Frauen, welche sie noch obendrein durch fortwährenden Schnittwechsel zu Sklavinnen der Mode macht? Nach den stürmischen Empfangsfeierlichkeiten werden die lästigen Aufpasserinnen, die alten Negerweiber fortgeschickt. Ein reizender Backfisch, das 17. Kind des Hausherrn, präsentirt Tschibuck, Sorbet und Obst. Die Unterhaltung wird mit Hilfe der jüdischen Dolmetscherin eingefädelt. Man spricht über Puß und verirrt sich natürlich nur zufällig auf das Kapitel der Männer. Die ältliche Dame mit dem unverschämten Zwicker, eine Schwiegermutter wie sie im Buche steht, versenkt sich mit der vornehmsten Chanum, der ersten Hausfrau, in den lichtlosen Brunnen der Eifersucht, während die jüngeren Odalisken den falschen Zopf und die andern ,, ächten" Toilettegegenstände der jungen, deutschen Frau einer sorgfältigen Prüfung unterwerfen. Die dritte Deutsche kann das Schulmeistern nicht lassen und fühlt dem zukünftigen Ali Hadschi mit dem Einmaleins auf den Zahn. Nach einer halbstündigen Diskussion, während welcher wenigstens zwei Frauen zu die Visite gleicher Zeit gesprochen haben, umarmt und füßt man sich Man hat sich herrlich amüsirt. Die muhamedanischen ist zu Ende. Frauen haben für ein halbes Jahr Stoff zum Klatschen gesammelt und die Chriftinnen schreiben eine Haremsschilderung in die Modenzeitung. Dr. M. T.
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William Shakespeare. ( Porträt Seite 485.) Unter den strah lenden Firnen der Weltliteratur ist Shakespeares Granitsockel einer der höchsten. Die Worte rühren nicht etwa von einem bezopften Zunftfritiker her, sondern sind der Ausspruch eines gleichgearteten Dichterfürsten, Lord Byrons , dessen Füße, wie bei Shakespeare , in der Erde wurzeln, indeß die sturmbewegte Lockenfluth die Wolken streift. Shake speares größtes Verdienst besteht darin, daß er nicht Könige und Bettler, Helden und Gaukler, Narren und Schurken mit und ohne Flittertand schildert, sondern Menschen mit ihren Vorzügen und Schwächen. Sein Genius läßt der blutigen Wahlstatt des männermordenden Krieges duftige Blumen entsprießen, erweckt das Mitleid für den rasenden Othello, iegt dem Narren tiefsinnige Weisheit in den Mund und stellt als wirkungsvollen Kontrast den eigensinnigen König Lear daneben,