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Hamburg  . G. Kopfkongestionen können die verschiedensten Ursachen haben und entweder von Fehlern in der Lebensweise oder von sonstigen, von außen auf den Körper wirkenden Schädlichkeiten abhängen; oder aber sie entstehen durch Krankheitszustände, deren Er­forschung Aufgabe eines am Orte befindlichen Arztes sein muß. Es läßt sich deshalb gegen Ihre durch Kopfkongestionen verursachte Schlaf­losigkeit nicht gut ein Arzneimittel anrathen. Vermeiden Sie vor der Hand einmal alle alkoholischen Getränke, Wein, Bier, Kaffee u. s. w., trinken Sie viel Wasser und sorgen Sie für regelmäßige Leibesentleerung. Auch müssen Sie den Hals frei tragen und nicht durch zu enge Hemd­kragen und Binden fest einschnüren. Der enge Halskragen verursacht z. B. beim Militär sehr häufig Kopfkongestionen, resp. er erschwert den Rückfluß des Blutes aus dem Kopfe, namentlich auf den Märschen, wo mancher dann am sog. Sonnenstich zugrunde geht.

restau. R. S. Die mikroskopische Untersuchung des Schweine­fleisches auf Trichinen gewährt nur einen relativen Schutz. Denn wenn man auch jene Muskeln genau kennt, in denen sich erfahrungs­gemäß die Trichinen in größeren Mengen ansiedeln, und wenn man deshalb vorzugsweise diese bei der Untersuchung berücksichtigt, so können doch Fälle vorkommen, wo sie grade dort nicht so zahlreich vertreten sind und daher übersehen werden. Ganz sicher gehen Sie, wenn Sie Fleisch nur gekocht oder gut durchbraten essen, denn die Trichine ver­trägt keine Siedehize und ist in dergleichen Fleisch absolut unschädlich. Die mikroskopische Fleischschau wird wieder abgeschafft werden können, wenn jene Menschen, deren Schutz vor Trichineninfektion man im Auge hat, so vernünftig geworden sind, kein rohes Schweinefleisch mehr zu genießen.

dieses abstoßende Zerrbild menschlicher Verkehrtheit. Götter und Dämonen, Gevatter Tod und Prinz Karneval, geflügelte Amoretten und giftgeschwollene Drachen, Ariel und Caliban sind nur Handlanger seiner Phantasie, die heute auf den Falterschwingen des Zephyrs und morgen im Sturmzug des Boreas zwischen Grabesdunkel und den lichten Aether  räumen schwebt. Er erzählt uns Blumenmärchen in der Räuberhöhle und predigt Mord im Brautgemach, aber das Wunderbare, Unbegreif­liche an dem Seher, welcher der Mitwelt und kommenden Geschlechtern| in verzehrendem Harm und überschäumender Lust einen Spiegel vor­hielt, ihr gesammtes Denken und Empfinden reflektirend, ist, daß er in dem Maß erlernter Kenntnisse hinter den meisten Dichtern der Welt literatur zurückstand. Von Freiheit und Liebe, dem Schwingenpaar der rollenden Kugel Fortunas gehoben, schwebt sein prophetischer Geist über allen Gebieten des Lebens in Ernst und Scherz. In den Tiefen der Menschenseele ist er zu Hause und spricht die Sprache aller Stände, aller Geschlechter, jedes Lebensalters mit psychologischer Wahrheit, und diese Sprache ist Musik, noch im Donnern melodisch. Seine Frauen­gestalten haben die Sonne im Blick und Morgenroth umspielt ihr Lächeln. Wer nicht mit Julia geliebt und mit Desdemona getrauert, der kann nicht behaupten, den Krösus an Gedanken und Leidenschaft verstanden zu haben. Wie der römische Geschichtsschreiber Tacitus   stellte Shakespeare  dem ,, Königthum von Gottes Gnaden" die ,, Gottesgeißel eines durch eigene Schuld dem Verderben geweihten Geschlechtes" entgegen. Wie fast alle Ritter vom Geiste hat er nicht in goldener Wiege geschlummert, denn sein Vater hat, laut noch vorhandenen Urkunden, Landwirthschaft und allerlei städtische Hantirungen nebeneinander getrieben. Am 23. April 1564 erblickte William Shakespeare  , als der älteste von acht Geschwistern, in Stratford am Avon das Licht der Welt. Den ersten und letzten Unterricht gewährte ihm die lateinische Freischule- seines Geburtsortes. In seinem 18. Jahre vermählte er sich mit der 8 Jahre älteren Anna Hathaway. Dies wohl der Grund, warum er fünf Jahre später nach London   ging, sein Glück zu suchen. Mit dem genialsten Mimen des damaligen England, Richard Burbadge, der ihn in Londons  Künstlerkreise einführte, leitete er das Blackfriarstheater. Von 1589, dem Gebursjahr seiner Erstlingsarbeiten, bis 1613 schrieb er 36 Stücke, in denen er selbst als Schauspieler, jedoch nur in untergeordneten Rollen auftrat. Troß hochangesehener Lebensstellung vergaß er nicht Weib und Kind, baute ihnen in Stratford, wohin ihn regelmäßige Jahresbesuche führten, ein schönes Haus und sorgte für reichlichen Unterhalt. Nach der stilleren Führung des Lebens begehrend, zog er sich im Jahre 1614 von London   in die Heimath zurück, wo ihn zwei Jahre später an seinem 52. Geburtstage der Tod ereilte. Was an ihm sterblich war, bestattete man in der Kirche von Stratford. Die im Jahre 1623 über seinem Grabe errichtete, wohlgetroffene Büste zeigt ihn, wie unser Bild, als einen stattlichen Mann von gewinnendem Aeußern mit einer göttlichen Stirne, für Daphnes Laub, den Lorbeer wie geschaffen, von welcher der Stempel der Geistesmacht leuchtet. Im Jahre 1741 ehrte Englands Volk das Andenken seines größten Dichters durch ein Denkmal in der Ruhmeshalle der Westminster- Abtei. Aus dem unerschöpflichen Schacht seiner Werke schürfte die ganze Welt Edelmetall. Mit Ausnahme der erzählenden Dichtungen ,, Venus und Adonis" und ,, Lukrezia  " nebst einer Sammlung von Sonetten schuf er nur Dramatisches, ein Weltwirrwesen von allem was zwischen Himmel und Erde lebt und webt. Die Ueberladung des Tragischen mit dem Gräßlichen, die aufdringliche Deutlichkeit des Trivialen und die chrono­logischen Schnißer abgerechnet ist er ein Muster für die Dramatiker. Mit seinen Meisterstücken Romeo und Julie, Sommernachtstraum, Kauf­ mann von Venedig  , Richard III.  , die lustigen Weiber von Windsor   ,,, vieles Unverständliche" enthalten? Sie meinen, was wir dort von der Ehe sagen, gelte Othello  , Hamlet  , Macbeth  , Sturm und Wintermärchen hat er durch instinktive Genialität, harmonische Architektonik, schlichte Natürlichkeit, verbunden mit tragischer Kühnheit, unvergänglichen Ruhm erworben. Dr. M. T.

Aerztlicher Briefkasten.

Sprottau  . W. D. Größere Mengen Salicylsäure in Speisen und Getränken können allerdings dem menschlichen Körper nachtheilig sein, und wir widerrathen Ihnen deshalb den Zusatz dieses Mittels zum Käse. Um Fäulniß zu verhindern, sind übrigens ziemlich große Mengen Salicylsäure nöthig, wie dies Versuche mit sehr konzentrirten Lösungen dieses Mittels in Bezug auf die Lebensfähigkeit von Bakterien und anderen Fäulnißerregern erwiesen haben. Man schwärmt deshalb für die Salicylsäure lange nicht mehr so sehr, wie vor einigen Jahren. Meerane  . E. H. Kuhmilch gibt man kleinen Kindern nicht roh, sondern abgekocht. Auch Eier ißt man besser weichgekocht als roh; denn der Magen muß das Eiweiß roher Eier erst zur Gerinnung bringen und letztere werden daher von manchen Personen nicht ver­tragen. Hartgesottene Eier dagegen sind immer unverdaulich.

erlin. Schuhmacher P. Geben Sie Ihre Profession auf und ergreifen Sie einen anderen Beruf, der Sie nicht den ganzen Tag zu sigen nöthigt. Die Schmerzen in der Lebergegend sind bei Ihnen wahr­scheinlich durch das gesundheitswidrige Einseßen des Leistens in jene Gegend entstanden. Der Bauch des Menschen ist kein Holzklog, der sich nach Belieben malträtiren ließe. Großvater Schuhmacher   hat zwar den Leisten auch so eingesetzt und ist mitunter ein alter Mann geworden; viel häufiger aber ist er in den vierziger oder fünfziger Jahren an einem schweren Unterleibsleiden gestorben.

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Nicht beantworten lassen sich ohne persönliche Untersuchung oder aus anderen Gründen die Briefe von J. N. in Solingen  , Adolf L- r in Berlin   und G. T. in Rottbus. Frl. F. S. in Altona  wird um ihre Adresse gebeten; Max K. in Berlin   wolle aus früheren Nummern dieses Jahrgangs ersehen, daß wir die öffentliche Ertheilung von Rathschlägen in Geschlechtskrankheiten ablehnen; R. in Berlin  findet seine, Finnen im Gesicht betreffende Anfrage in früheren Num­mern d. Bl. beantwortet.

Direkte Antwort wurde sonst, wenn es thunlich, auf die bis zum 28. Juni eingegangenen Briefe ertheilt. Dr. Resau.

Redaktions- Korrespondenz.

Forst. P. H.   Wie das Bessere der Feind des Guten, so ist das Begehren der Feind des Begehrten. Und daß im Sturm und Drang   der Gegenwart die Vielen ihr Augenmerk nicht auf bloßen Zeitvertreib richten, werden Sie Sich denken tönnen. In­

dessen sollen auch Sie befriedigt werden,

Dresden  . V. W.   Die eingesendeten fünf Gedichte sind recht hübsch, aber nicht gedankenreich, daher für die N. W.  " nicht verwendbar.

Leipzig  . De la Ch. Ihr poetisches Räthsel ist ein Spiel von allerlei hellen Gedanken und gesuchten Wendungen ohne faßbaren Inhalt. Auf solch' merkwürdige Poesie müssen wir verzichten.

Berlin  . 2. V. Ihnen hat unsre Korrespondenznotiz unter Berlin  . A. in Nr. 39

, von jeder Gemeinschaft zweier oder mehr Menschen", daß sie nämlich insofern von höchster sittlicher Bedeutung sei, als sie Eltern und Kinder anhält, die Besonderheiten anderer Menschen kennen und respektiren zu lernen und den ordinären Egoismus des ganz auf sich selbst beschränkten Menschen zu Gunsten der edleren Sorge für nächststehende andere aufzugeben". Aber Sie sind im Irrthum! Die sittliche Bedeutung, welche das Neben­einanderleben mehrerer Menschen befißt, hängt, abgesehen von der sittlichen Qualität der in Frage kommenden Menschen, wesentlich von der Art der Berührungen ab, zu welchen es den Anlaß gibt. Die Beziehungen, in welchen zwei Minister eines und des­felben Staates, zwei Subalternbeamte eines und desselben Bureaus, zwei Arbeiter einer und derselben Werkstatt zu einander stehen, find, gleichviel in welchen Formen sie zutage treten, im allgemeinen ganz grober, oberflächlicher Natur und daher sittlich ohne Belang; dagegen haben jene zarten und zartesten Beziehungen zwischen Mutter und Kind, Mann und Weib, die nicht an der Oberfläche des menschlichen Bewußtseins dahingleiten, sondern ihre Schwingungen bis in das Innerste des Gemüthslebens senden, grade deswegen ihren unermeßlichen Werth. Und deswegen auch wäre es Wahnsinn, wenn man die Ehe ersetzen wollte durch, freien Geschlechtsverkehr und die Familie durch Staatserziehung ber Kinder. Wenn der Berkehr der Geschlechter nicht geheiligt wird durch die Treue und Würde dauernder Berhältnisse, dann behält das thierische Element die Oberhand und muß sittenverschlechternd, kulturstörend wirken; wenn den Kindern nicht die Wohlthaten der Elternliebe zutheil werden, wenn sie heerdenweise von Menschen erzogen werden, die ihnen bestenfalls mit äußerlichem Wohlwollen gegenübertreten, und nur mit Kindern umgehen, mit denen sie durch kein anderes Band, als das desselben Lehrstalles verbunden find, so können aus ihnen in der Regel nur rohe Menschen, d. i. schlechtes Material zum Aufbau vernünftiger, edler Menschengemeinschaften werden. Die Benfionate unserer vornehmen Welt, die Kadettenhäuser unserer Militärstaaten, die Waisenhäuser, in der die verlassenen Kinder der Armuth geistig und gemüthlich verkrüppeln müssen, sie alle liefern die schlagenden Beweise für diese Behauptung zu tausenden. ( Schluß der Redaktion: Montag, den 1. Juli.)

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Inhalt. Ein verlorener Posten, Roman von R. Lavant  ( Forts.). Modern- russische Zustände. Das Märchen, literarhistorische Stizze von M. Wittich( Schluß). Bei Garibaldi und am Aetna  , von Dr. Max Trausil. Weltausstellungsbriefe.( IV. Schluß.) Besuch deutscher Frauen in einem Harem zu Tunis  ( mit Illustration). W. Shakespeare  ( mit Porträt). Aerztlicher Briefkasten. Redaktionskorrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwizerstraße 20). Expedition: Färberstraße 12. II. Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .